Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/1987 16.04.2013 (Ausgegeben am 18.04.2013) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Dorothea Frederking (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Sachstand Nerzfarm Heideblick GmbH in Söllichau Kleine Anfrage - KA 6/7805 Vorbemerkung des Fragestellenden: Bei der Novellierung des Tierschutzgesetzes ist das Verbot der Pelztierhaltung zur Pelzgewinnung trotz einer Vielzahl von Bundesratsanträgen beim Beschluss des Bundesrates am 1. Februar 2013 nicht berücksichtigt worden und damit nicht im neuen Tierschutzgesetz enthalten. Es existieren aber strenge gesetzliche Vorschriften zum Halten von Pelztieren zur Pelzgewinnung. Im Jahr 2006 haben Bundestag und Bundesrat erstmals Haltungsvorgaben für Tiere auf Pelzfarmen beschlossen. Nach fünf Jahren Übergangsfrist ist am 11. Dezember 2011 die dritte Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) in Kraft getreten. Gemäß § 33 TierSchNutztV dürfen Nerzkäfige seitdem nicht mehr übereinandergestapelt werden und jedem Nerz muss mindestens ein Quadratmeter, bei einer MinimumKäfiggröße von drei Quadratmetern, zur Verfügung stehen. Das Veterinäramt des Landkreises Wittenberg hatte gegenüber der Nerzfarm Heideblick GmbH in Söllichau am 24. Oktober 2011 unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 20.000 Euro die Haltung von Nerzen in Haltungseinrichtungen, die nicht § 33 TierSchNutztV entsprechen, ab dem 11. Dezember 2011 untersagt und bei einer Nichtanpassung der Käfiggrößen eine Auflösung des Nerzbestandes angeordnet. Hiergegen legte die Heideblick GmbH am 28. November 2011 Widerspruch ein, der vom Landesverwaltungsamt am 8. Dezember 2011 zurückgewiesen wurde. Daraufhin reichte die Heideblick GmbH die Klage beim Verwaltungsgericht Halle ein (3 A 924/11 HAL). Darüber hinaus gab es im Mai 2012 eine Strafanzeige der Tierrechtsorganisation PETA gegen die Nerzfarm Heideblick GmbH in Söllichau wegen Verletzung des Tierschutzgesetzes in Verbindung mit der TierSchNutztV und des unerlaubten Betreibens einer Anlage. Sowohl der Landrat von Wittenberg als auch die Kreisverbände der Parteien wurden von PETA darüber informiert. 2 Auf eine Anfrage der tierschutzpolitischen Sprecherin der Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Situation dieser Nerzfarm versicherte der zuständige Minister mit Schreiben vom 3. April 2012, dass der Landkreis Wittenberg als zuständige Tierschutzbehörde Maßnahmen ergriffen hätte, die tierschutzwidrigen Zustände abzustellen und dass in Sachsen-Anhalt die Bestimmungen der TierschutzNutztierverordnung konsequent umgesetzt würden. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt 1. Ist dem zuständigen Ministerium bekannt, dass die Unterbringung der in Söllichau gehaltenen Nerze den geltenden Bestimmungen der TierschutzNutztierhaltungsverordnung nicht entspricht? Wenn ja, welche genauen Verstöße liegen vor? Inwiefern wurden die zuständigen Behörden zur Aufklärung der Angelegenheit einbezogen? Wurden entsprechende Verstöße auch durch behördliche Kontrollen festgestellt? Wenn ja, welche Behörden haben diese Verstöße festgestellt? Wie werden die Verstöße unabhängig vom Ausgang eines Verfahrens geahndet? Dem Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt ist dieser Sachverhalt bekannt. Die Haltungseinrichtungen weisen nicht die nach § 33 Absatz 5 Nummer 1 Tierschutz -Nutztierhaltungsverordnung vorgeschriebenen Grundflächen für Nerze auf. Der für den Vollzug der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung zuständige Landkreis Wittenberg hat in dem oben genannten Betrieb verschiedene amtliche Kontrollen durchgeführt. Widerspruch und Klage gegen den genannten Bescheid des Landkreises Wittenberg haben hinsichtlich eines Vollzuges dieses Bescheids aufschiebende Wirkung. 2. Hat das Verwaltungsgericht Halle bereits über die Klage des Betreibers der Nerzfarm Heideblick GmbH entschieden? Wenn ja, mit welchem Ergebnis ? Das Verwaltungsgericht Halle hat einen Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 20. Juni 2013 anberaumt. 3. Falls das Urteil noch nicht ergangen ist, wird die Landesregierung dafür sorgen, dass das Gericht darüber informiert wird, dass mit der Nachzucht der Pelztiere voraussichtlich im Februar und März 2013 begonnen wird und unnötiges Tierleid durch eine zügige Rechtsprechung verhindert werden kann? Die Landesregierung ist nicht Verfahrensbeteiligte. 4. Ist der Landesregierung bekannt, ob das Veterinäramt Wittenberg unab- hängig vom Ausgang des Klageverfahrens und dem damit verbundenen Urteil des Verwaltungsgerichtes Halle einen vorfristigen Vergleich mit dem Betreiber anstrebt, der zur Schließung der Farm vor Ablauf der Saison 2013 führen soll? Wenn ja, hat das Veterinäramt vor, die Schließung kurzfristig mit dem Betreiber zu verhandeln, damit eine Nachzucht in die- 3 sem Jahr verhindert wird und keine Jungtiere (im April und Mai) geboren werden, die mangels Unterbringungsmöglichkeiten nach Schließung der Farm wahrscheinlich ebenfalls getötet würden? Besteht die Möglichkeit, Tiere in Wildgehege oder Freigehege bei einer möglichen Schließung zu überführen? Eine vergleichsweise Einigung über die Schließung der Nerzfarm ist derzeit nicht in Sicht. Erkenntnisse zu Unterbringungsmöglichkeiten der Tiere in Wildoder Freigehegen im Falle der Schließung der Nerzfarm liegen nicht vor. 5. Falls die Nerzfarm im Jahr 2012 wegen Nichteinhaltung der Mindest- flächen für die Tiere illegal betrieben wurde, ist von den zuständigen Behörden vorgesehen, einen Teil der Gewinne aus dem illegalen Betrieb der Nerzfarm im Jahr 2012 zu verlangen? Wurde zusätzlich zu dem angedrohten Zwangsgeld nach Ablauf der Frist ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet und wurden das festgesetzte Zwangsgeld oder ein etwaiges Ordnungsgeld vollstreckt? Wäre eine sofortige Vollziehung zur Auflösung des Nerzbestandes durch eine behördliche Ersatzvornahme durchzusetzen ? Ein Ordnungswidrigkeitenverfahren wurde nicht eingeleitet; siehe auch Antwort zu Frage 1. 6. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung über die Strafanzeigen von PETA und etwaigen weiteren Anzeigestellern gegenüber dem Betreiber der Nerzfarm in Söllichau? Laufen wegen des monatelangen illegalen Weiterbetriebes derzeit noch strafrechtliche Ermittlungen? Wenn ja, wann ist mit einer Anklage zu rechnen? Der PETA Deutschland e. V. hat am 03.05.2012 Strafanzeige erstattet, die zu einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau geführt hat. Die Staatsanwaltschaft hat das Ermittlungsverfahren mangels hinreichenden Tatverdachts gemäß § 170 Absatz 2 Strafprozessordnung eingestellt. Die gegen den Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft gerichtete Beschwerde des PETA Deutschland e. V. hat die Generalstaatsanwaltschaft als unbegründet zurückgewiesen. 7. Wurden seit dem Inkrafttreten der neuen Haltungsverordnung für Pelztiere behördliche Kontrollen zur Einhaltung der geänderten Haltungsvorschriften in der Nerzfarm Heideblick GmbH durchgeführt? Wenn ja, wann und durch wen erfolgten diese? Waren die Kontrollen unangekündigt oder angekündigt ? Welche konkreten Ergebnisse haben die Kontrollen gebracht? Die letzte tierschutzrechtliche Kontrolle erfolgte durch amtliche Tierärzte des Landkreises Wittenberg am 20.03.2012. Die Kontrolle war angekündigt. Es wurde ein Verstoß gegen § 33 Absatz 5 Nummer 1 Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung festgestellt. Die Haltungseinrichtungen wiesen nicht die darin vorgeschriebenen Grundflächen für Nerze auf. Hinweise auf erhebliche Schmerzen oder Leiden der gehaltenen Nerze sowie Anzeichen von Verhaltensstörungen , Kannibalismus, Selbstverstümmelungen, Fellschäden oder Gliedmaßenerkrankungen lagen nicht vor. 4 8. Ist der Landesregierung bekannt, ob es bereits frühere Verstöße des Betreibers gegen geltende gesetzliche Vorschriften gab? Wenn ja, welche waren dies und wie wurden sie geahndet? Frühere Verstöße der Heideblick GmbH Söllichau gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen sind dem Landkreis Wittenberg nicht zur Kenntnis gelangt. 9. Wie viele Pelztiere werden aktuell in der Anlage des Betreibers in Sölli- chau gehalten? Aktuell werden 8000 Fähen und 2100 Rüden gehalten. Nach Abschluss der Decksaison Mitte März 2013 werden die Rüden getötet und gepelzt. Die Welpen werden ab Anfang Mai geboren. 10. Gibt es mittlerweile Vergrößerungen der Käfiganlagen durch den Betrei- ber? Die laut Aussage des Betreibers in geringem Umfang vorgenommenen Vergrößerungen der Haltungseinrichtungen entsprechen weiterhin nicht den oben genannten Anforderungen.