Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/2010 19.04.2013 (Ausgegeben am 22.04.2013) Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage Beschäftigungsverhältnisse und Entlohnung in Sachsen-Anhalt Große Anfrage Fraktion SPD - Drs. 6/1538 Vorbemerkung der Fragestellenden: Die Arbeitsmarktsituation in Sachsen-Anhalt hat sich aufgrund der konjunkturellen Entwicklung entspannt. Sachsen-Anhalt ist gut durch die Krise gekommen. Im September 2012 waren in Sachsen-Anhalt weniger als 130.000 Arbeitslose gemeldet. Das ist die niedrigste Arbeitslosenquote in einem September seit 1992. Gleichzeitig ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten wieder angestiegen. Entscheidend ist jedoch nicht allein die Zahl der Arbeitslosen, sondern die Struktur des Arbeitsmarktes und die Einkommen, die die Beschäftigten erzielen. Die Große Anfrage soll darlegen, wie sich die Struktur der Beschäftigungsverhältnisse und die Entlohnung in Sachsen-Anhalt entwickelt haben. Vorbemerkung der Landesregierung: I. Niedriglohnsektor in Sachsen-Anhalt Frage Nr. I.1 Als Geringverdiener, also Beschäftigte mit Niedriglohn, gelten nach der Definition des Institutes für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) Erwerbstätige, die weniger als 2/3 des durchschnittlichen Lohns (Medianlohn) erhalten. Wie haben sich die Niedriglohnquote und die absolute Zahl der Geringverdiener seit 2004 bis 2012 in SachsenAnhalt und in Deutschland entwickelt? Wie hoch ist der Anteil von Frauen? Antwort zu Frage Nr. I.1 Zwischen 2004 und 2010 hat die Niedriglohnbeschäftigung in der Bundesrepublik konstant zugenommen. Die Anzahl der im Niedriglohnbereich beschäftigten sozialversicherungspflichtigen Vollzeiterwerbstätigen stieg um gut 616.000 Personen; bezogen auf alle sozialversicherungspflichtig Beschäftigten lag im Jahr 2010 der Anteil der Geringverdienende 2,1 Prozentpunkte höher als 2004. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig in Vollzeit beschäftigten Frauen im Niedriglohnbereich stieg im Beobachtungszeitraum um 180.000 Personen. Die relativen Anteile liegen jedoch seit dem Jahr 2007 weitgehend unverändert bei 34,3 %. 2 In Sachsen-Anhalt ist die Niedriglohnbeschäftigung im Jahr 2010 – mit einem zwischenzeitlichen Anstieg in den Jahren 2005 und 2006 – etwa auf demselben Niveau von 2004. Bei den Frauen ging die Niedriglohnbeschäftigung um 4.000 Personen zurück . Relativ betrachtet blieb der Niedriglohnanteil bei den weiblichen Beschäftigten mit zwischenzeitlich leichten Schwankungen konstant. Tabelle 1: Entwicklung der Anzahl und des prozentualen Anteils der sozialversicherungs- pflichtigen Vollzeitbeschäftigten im Niedriglohnbereich in Deutschland und Sachsen -Anhalt 2004 bis 2010 Quelle: Bundesagentur für Arbeit Methodische Erläuterung: In Anlehnung an die „Organisation for Economic, Cooperation and Development (OECD)“ gilt hier als Geringverdienende, wer als sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigter weniger als 2/3 des Medianentgelts aller sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten erzielt (Niedriglohnschwelle). Es kommen unterschiedliche Schwellen für diese Auswertung zum Einsatz: für Deutschland wird die bundesweite Niedriglohnschwelle zugrunde gelegt, für Sachsen-Anhalt gilt die landesspezifische Niedriglohnschwelle. Für die Jahre 2011 und 2012 liegen keine Angaben vor. Frage Nr. I.2 Wie viele Erwerbstätige bezogen in Sachsen-Anhalt und in Deutschland seit 2004 so genannte „Armutslöhne“ (weniger als 50 % des jeweiligen Durchschnittseinkommens )? Wie hat sich der Anteil dieser Gruppe an der Gesamtzahl der sozialversiche- Deutschland Sachsen-Anhalt Personen im Niedriglohn- bereich Anteil an SVpflichtig Beschäftigten Personen im Niedriglohn- bereich Anteil an SVpflichtig Beschäftigten Stichtage absolut in Prozent absolut in Prozent 31.12.2004 4.047.167 20,7 121.873 22,0 31.12.2005 4.089.629 21,2 126.725 23,3 31.12.2006 4.322.467 21,8 126.156 22,9 31.12.2007 4.470.506 22,1 122.009 22,1 31.12.2008 4.529.758 22,3 123.340 22,3 31.12.2009 4.463.979 22,3 120.570 22,1 Insgesamt 31.12.2010 4.663.741 22,8 121.445 21,9 31.12.2004 2.380.334 33,5 75.676 30,8 31.12.2005 2.366.985 33,8 75.978 31,6 31.12.2006 2.437.327 34,1 74.453 31,3 31.12.2007 2.498.351 34,3 72.992 31,0 31.12.2008 2.549.132 34,6 74.080 31,5 31.12.2009 2.511.543 34,3 72.310 31,1 Frauen 31.12.2010 2.561.007 34,3 71.606 30,8 3 rungspflichtig Beschäftigten entwickelt? Wie hoch ist der Anteil von Frauen? Bitte jeweils in Jahresscheiben aufschlüsseln. Antwort zu Frage Nr. I.2 Zu dieser Frage liegen nur Daten der Verdienststrukturerhebung des Statistischen Landesamtes vor (Tabelle 2). Im Vergleich des Landes Sachsen-Anhalt zur gesamten Bundesrepublik ist die Vollzeitbeschäftigung im Bereich der sogenannten Armutslöhne (weniger als 50 % des Medianeinkommens) etwas weniger stark ausgeprägt. Im Zeitvergleich von 2006 zu 2010 hat sich die Anzahl der in Vollzeit Beschäftigten mit Armutslöhnen bundesweit sowohl nominal (+117.608 Personen) als auch relativ (+ 0,7 Prozentpunkte) erhöht. Bei den weiblichen Beschäftigten sind nahezu keine Veränderungen festzustellen. In Sachsen-Anhalt hat die Beschäftigung im Armutslohnbereich ebenfalls zugenommen (+ 3.127 Personen bzw. + 0,5 Prozentpunkte). Bei den weiblichen Beschäftigten sind die Personen im Armutslohnbereich nur geringfügig gestiegen. Tabelle 2: Vollzeitbeschäftigte ohne Auszubildende mit einem Bruttomonatsverdienst (BMV) von weniger als 50 % des Medians Deutschland Sachsen-Anhalt Jahre Beschäftigte insgesamt davon < 50 % des Medianeinkommens relativer Anteil Beschäftigte insgesamt davon < 50 % des Medianeinkommens Relativer Anteil Insgesamt 2006 15.427.714 728.575 4,7 359.596 15.713 4,4 2010 15.629.269 846.183 5,4 383.836 18.840 4,9 Frauen 2006 4.738.674 376.851 8,0 142.200 9.573 6,7 2010 4.760.676 378.447 7,9 143.858 10.016 7,0 Quelle: Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt, eigene Berechnungen Die Datengrundlage bilden die Gehalts- und Lohnstrukturerhebung 2006 und die Verdienststrukturerhebung 2010 für Beschäftigte in Betrieben mit zehn und mehr Beschäftigten der Abschnitte B-S der Wirtschaftszweige 2008. Es kommen unterschiedliche Schwellen für diese Auswertung zum Einsatz: die bundesweite Schwelle für Deutschland und eine weitere für Sachsen-Anhalt. Frage Nr. I.3 Wie ist der Ausbildungs- und Qualifikationsgrad der im Niedriglohnbereich Beschäftigten in Sachsen-Anhalt und Deutschland und wie hat er sich seit dem Jahr 2004 verändert? Bitte getrennt nach Jahren und Geschlecht aufführen. Antwort zu Frage Nr. I.3 Im Hinblick auf die Verteilung der Qualifikationsmerkmale innerhalb der Gruppe aller Beschäftigten im Niedriglohnbereich liegen aktuelle Daten des IAQ nur auf Bundesebene und ohne weitere Differenzierung nach Geschlecht vor. Nach IAQBerechnungen auf Basis der Daten des Sozioökonomischen Panels verteilten sich die Qualifikationen der Beschäftigten im Niedriglohnbereich (einschl. Schüler, Rentner , Teilzeit, geringfügig Beschäftigte) wie in Tabelle 3a aufgeführt: 4 Tabelle 3a: Verteilung der Qualifikationsmerkmale der Beschäftigten im Niedriglohnsektor 2004 bis 2010 2004 2006 2008 2010 Ohne Berufsausbildung 22,4% 26,4% 20,4% 20,3% Mit Berufsausbildung 67,2% 67,5% 71,9% 70,3% Universität / Fachhochschule 10,4% 6,1% 7,7% 9,3% Männer 30,4% 31,9% 31,6% 35,2% Frauen 69,6% 68,1% 68,4% 64,8% Quellen: IAT-Report 2006-03, IAQ-Report 2008-01, IAQ-Report 2010-06, IAQ-Report 2012-01 Den Auswertungen zufolge hat im Zeitverlauf der Anteil der gering bzw. unqualifizierten Beschäftigten im Niedriglohnsektor leicht abgenommen (- 2,1 Prozentpunkte). Demgegenüber steht eine leichte Zunahme der relativen Anteile der Beschäftigten mit Berufsabschluss (+ 3,1 Prozentpunkte). Über die Verteilung von Qualifikationsmerkmalen innerhalb der Gruppen SV-pflichtig in Vollzeit Beschäftigte und SV-pflichtig in Vollzeit beschäftigte Geringverdiener geben Daten der Bundesagentur für Arbeit bis zum Jahr 2010 Auskunft (Tabelle 3b). Tabelle 3b: Sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigte und Geringverdiener (ohne Auszubildende) nach ausgewählten Merkmalen Alle Beschäftigten Beschäftigte im Niedriglohn- bereich Merkmale Jahr insgesamt männlich weiblich insgesamt männlich weiblich Deutschland 2004 11,4 11,6 11,1 15,3 16,5 14,4 2005 11,0 11,2 10,7 14,6 15,8 13,7 2006 10,7 10,8 10,4 14,5 16,1 13,3 2007 10,4 10,6 10,1 14,3 16,0 12,9 2008 10,0 10,2 9,6 13,4 14,9 12,2 2009 9,6 9,8 9,1 12,9 14,2 11,8 ohne Berufsausbildung 2010 9,5 9,8 9,0 13,3 15,1 11,9 2004 65,4 64,4 67,0 56,3 52,3 59,1 2005 64,8 63,8 66,4 55,9 52,1 58,7 2006 64,1 63,3 65,4 54,7 50,9 57,6 2007 63,1 62,5 64,3 53,5 49,7 56,5 2008 62,4 61,9 63,4 52,9 49,2 55,8 2009 62,0 61,5 62,9 52,5 49,0 55,2 mit Berufsausbildung 2010 61,3 60,8 62,2 51,6 48,1 54,5 2004 10,4 11,8 8,2 k. A. k. A. 2,2 2005 10,7 12,0 8,6 2,2 k. A. 2,4 2006 10,9 12,0 8,9 2,2 k. A. 2,5 2007 11,1 12,1 9,3 2,2 k. A. 2,5 2008 11,4 12,3 9,7 k. A. k. A. 2,6 2009 11,7 12,7 10,1 k. A. k. A. 2,6 Fach- und Hochschul- abschluss 2010 11,9 12,7 10,5 k. A. k. A. 2,7 2004 12,7 12,2 13,6 26,4 29,4 24,3 2005 13,5 13,0 14,3 27,4 30,2 25,3 2006 14,4 13,9 15,3 28,6 31,2 26,6 2007 15,4 14,8 16,4 30,0 32,5 28,1 2008 16,2 15,5 17,3 31,4 34,1 29,4 2009 16,7 16,0 17,8 32,4 35,0 30,3 keine Zuordnung mög- lich 2010 17,3 16,6 18,3 32,8 35,1 30,9 5 Alle Beschäftigten Beschäftigte im Niedriglohnbe- reich Merkmale Jahr insgesamt männlich weiblich insgesamt männlich weiblich Sachsen-Anhalt 2004 4,1 4,3 3,9 7,9 9,2 7,2 2005 3,9 4,2 3,6 7,0 8,0 6,3 2006 3,9 4,1 3,5 7,0 8,3 6,1 2007 3,7 3,9 3,4 6,7 7,8 5,9 2008 3,7 4,0 3,4 6,7 8,0 5,8 2009 3,6 3,8 3,3 6,1 7,2 5,4 ohne Berufsausbildung 2010 3,6 3,9 3,3 6,5 7,6 5,7 2004 75,1 73,8 76,6 69,9 67,7 71,2 2005 73,9 72,8 75,3 67,5 65,4 68,9 2006 73,2 72,0 74,7 67,1 64,6 68,9 2007 72,6 71,8 73,7 66,0 63,8 67,4 2008 72,0 71,3 72,9 65,2 63,1 66,6 2009 71,4 70,7 72,2 65,1 62,9 66,6 mit Berufsausbildung 2010 70,8 70,3 71,5 63,8 61,5 65,5 2004 9,8 10,0 9,5 1,5 1,5 1,5 2005 9,8 9,9 9,7 1,5 1,4 1,6 2006 9,7 9,6 9,9 1,6 1,4 1,7 2007 9,7 9,5 10,0 1,6 1,4 1,7 2008 9,8 9,5 10,2 1,6 1,4 1,7 2009 10,0 9,7 10,5 1,6 1,5 1,7 Fach- und Hochschul- abschluss 2010 10,0 9,5 10,7 1,7 1,4 1,8 2004 11,1 11,9 10,0 20,7 21,6 20,2 2005 12,3 13,1 11,4 24,0 25,2 23,2 2006 13,3 14,3 12,0 24,3 25,7 23,4 2007 14,0 14,8 12,9 25,8 27,0 24,9 2008 14,5 15,2 13,6 26,5 27,4 25,8 2009 15,0 15,8 14,0 27,1 28,4 26,3 keine Zuordnung mög- lich 2010 15,5 16,3 14,4 28,0 29,5 27,0 Quelle: Bundesagentur für Arbeit, eigene Berechnungen Die Anteile der im Niedriglohnsektor arbeitenden Vollzeitbeschäftigten sind insgesamt in Deutschland und Sachsen-Anhalt etwa gleich hoch – mit geringfügigen Schwankungen im Zeitverlauf (vgl. hierzu Antwort zu Frage 1, Tabelle 1). Personen mit einer berufsqualifizierenden Ausbildung machen sowohl in Gesamtdeutschland als auch in Sachsen-Anhalt den größten Anteil an den niedrig entlohnten Vollzeitbeschäftigten aus. In Sachsen-Anhalt liegt dieser Anteil zudem wesentlich über dem Bundesschnitt. Dementsprechend ist der Anteil der Beschäftigten ohne Berufsausbildung in Sachsen-Anhalt etwa nur halb so groß wie in Deutschland insgesamt. Im Zeitverlauf ist feststellbar, dass die Anteile der Beschäftigten ohne Berufsausbildung sowohl im Hinblick auf alle Vollzeitbeschäftigten als auch in der Gruppe der Geringverdiener leicht abnehmen. Dies gilt ebenso – in etwas stärkerem Maße – für die Beschäftigten mit Berufsausbildung. Die Trends sind deutschlandweit und in Sachsen -Anhalt ähnlich stark ausgeprägt. Damit erweisen sich die Differenzen zwischen Deutschland und Sachsen-Anhalt im Zeitverlauf als relativ stabil. Allerdings sind die herausgestellten Trends mit Vorsicht zu interpretieren, da unklar bleibt, wie sich jene Personen, für die „keine Zuordnung“ nach Qualifikation möglich ist und deren Anteil an allen sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten sich zwischen 2004 und 2010 deutlich erhöht hat, auf die vorangestellten Qualifikationsmerkmale aufteilen. 6 Frage Nr. I.4 Wie hoch ist in den Jahren 2008 bis 2012 der Anteil der im Niedriglohnbereich Beschäftigten mit nicht deutscher Staatsbürgerschaft in Sachsen-Anhalt und Deutschland ? Wie hoch ist deren Anteil an der Gesamtzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Sachsen-Anhalt und in Deutschland? Bitte jeweils getrennt nach Jahren und Geschlecht aufführen. Antwort zu Frage Nr. I.4 Nach Angaben des IAQ (IAQ-Report 2010-06, IAQ-Report 2012-01) lagen die Ausländeranteile innerhalb der Gruppe der Niedriglohnbeschäftigten im Jahr 2008 bundesweit bei 13,8 % und im Jahr 2010 bei 12,8 %. Zugrunde lagen hier alle Beschäftigten im Niedriglohnbereich (einschl. Teilzeit- und geringfügiger Beschäftigung, Schüler/innen, Studierende und Rentner/innen). Die Bestimmung des Anteils der Beschäftigten ohne deutsche Staatsangehörigkeit an den Beschäftigten im Niedriglohnsektor kann darüber hinaus für die sozialversicherungspflichtig in Vollzeit Beschäftigten auf der Basis der Daten der Bundesagentur für Arbeit berechnet werden. Die Entwicklung der prozentualen Anteile innerhalb der jeweiligen Beschäftigtengruppen zwischen 2004 und 2010 in Deutschland und Sachsen-Anhalt sind in Tabelle 4 abgebildet: Tabelle 4: Relative Anteile sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigter und Geringver- dienende ohne deutsche Staatsangehörigkeit (ohne Auszubildende) an allen sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten und Niedriglohnbeschäftigten Beschäftigte insgesamt Beschäftigte im Niedriglohnbereich Jahr insgesamt männlich weiblich insgesamt männlich weiblich 2004 6,7 7,6 5,3 8,3 11,3 6,3 2005 6,7 7,5 5,3 8,5 11,4 6,3 2006 6,8 7,6 5,4 8,7 11,6 6,5 2007 6,9 7,7 5,5 9,0 12,0 6,7 2008 6,9 7,7 5,5 9,0 11,8 6,8 2009 6,7 7,4 5,4 8,9 11,6 6,7 Deutschland 2010 6,9 7,7 5,6 9,4 12,2 7,1 2004 0,7 0,9 0,4 1,2 2,1 2005 0,7 0,9 0,4 1,2 2,0 0,7 2006 0,8 1,0 0,5 1,4 2,2 0,8 2007 0,9 1,1 0,6 1,5 2,4 0,9 2008 0,9 1,1 0,6 1,5 2,4 0,9 2009 0,9 1,1 0,7 1,5 2,4 0,9 Sachsen-Anhalt 2010 1,0 1,2 0,7 1,6 2,4 0,9 Quelle: Bundesagentur für Arbeit, eigene Berechnungen Frage Nr. I.5 Wie bewertet die Landesregierung die Ergebnisse von IAB-Studien, nach denen die Aufstiegsmobilität, also das Erreichen einer Lohngruppe oberhalb der Niedriglohn- 7 schwelle, in Deutschland in den letzten 22 Jahren deutlich zurückgegangen ist und somit eine Tendenz zur Verfestigung des Niedriglohnsektors zu erkennen ist? Antwort zu Frage Nr. I.5 Über die Entwicklung der Aufstiegsmobilität liegen verschiedene Untersuchungen vor. Eine Studie des IAB (IAB-Discussion Paper 14/2008) lieferte Ergebnisse zur Aufstiegsmobilität von in Vollzeit beschäftigten Arbeitnehmern im Zeitraum 1998/1999 bis 2005. Demzufolge ist zwar ein Teil der Geringverdiener in eine besser entlohnte Beschäftigung aufgestiegen, allerdings verblieb etwa jeder dritte Beschäftigte in einem gering entlohnten Arbeitsverhältnis. Für weitere 30 % der Geringverdiener waren keine Informationen zum Verbleib verfügbar. Eine detaillierte Analyse der Effekte von Strukturmerkmalen auf die Einkommensmobilität der Geringverdiener ergab überdurchschnittliche Aufstiegschancen bei Männern, jüngeren Arbeitnehmern und Hochschulabsolventen. Weiterhin wirkten sich steigende Betriebsgrößen und Betriebswechsel positiv auf die Einkommensmobilität aus. Zu ähnlichen Befunden gelangt eine Analyse des Institutes der deutschen Wirtschaft Köln (Trends 2/2009). Im Vergleich der drei Vierjahreszeiträume 1995 bis 1999, 1999 bis 2003 und 2003 bis 2007 zeigt sich, dass die Beharrungsquote in der untersten Einkommensschicht (Nettoäquivalenzeinkommen) im letztgenannten Vierjahreszeitraum zunahm. Betrug die Aufwärtsmobilität im Zeitraum 1995-1999 noch 45 %, lag sie zwischen 2003 und 2007 nur noch bei 37 %. Die Autoren gelangen zu dem Schluss, dass zunächst die Aufnahme einer (Vollzeit-)Beschäftigung entscheidend für die weiteren Aufstiegschancen ist; die Art der Beschäftigung spiele erst einmal keine besondere Rolle. Ist diese Bedingung erfüllt, werden die weiteren allgemeinen Aufstiegschancen durch die formale Qualifikation beeinflusst. In einer Studie des IW-Köln wird auf Basis des SOEP herausgestellt, dass „die Niedriglohnbeschäftigten , die in den vergangenen Jahren hinzugekommen sind, per Saldo früher nicht erwerbstätig [waren] und daher in einer Statistik der Lohnverteilung auch gar nicht auftauchen [konnten]. Das Segment der Beschäftigung zu Löhnen oberhalb der Niedriglohnschwelle bildet hingegen einen stabilen, wenn nicht sogar leicht zunehmenden Kern von knapp der Hälfte der Personen im Erwerbsalter.“1 Die Landesregierung ist der Ansicht, dass Arbeitslosigkeit ein zentraler Risikofaktor für Einkommensarmut ist. Es gilt daher zunächst einmal, Arbeitslosigkeit zu vermeiden bzw. im Falle von Arbeitslosigkeit eine schnellstmögliche Integration in das Erwerbsleben zu gewährleisten, um das Verbleibsrisiko in den unteren Einkommensgruppen zu reduzieren. Niedrigschwellige und niedrig entlohnte Beschäftigungsangebote stellen hierbei eine Möglichkeit dar, vor allem langzeitarbeitslose und gering qualifizierte Personen zu aktivieren und in den Arbeitsmarkt zu integrieren und somit deren Selbstvertrauen zu stärken. Eine abnehmende Aufstiegsmobilität im Niedriglohnbereich bietet insofern Anlass zur Sorge, da sich hierin Stigmatisierungseffekte und eine weitere Entwertung des (berufsspezifischen ) Humankapitals manifestieren (Sachverständigenrat Jahresgutachten 2012/2013, S. 340). Dies kann sich negativ auf das Selbstvertrauen und die Motivation der Betroffenen auswirken. Die Landesregierung ist deshalb der Auffassung, 1 Schäfer, H. u. a. (2011): Der Niedriglohnsektor in Deutschland: Entwicklung, Struktur und individuelle Erwerbsverläufe, Gutachten des IW Köln im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, S. 47. 8 dass zur Unterstützung der Integrationsbemühungen eine individuelle und ggf. sozialpädagogische Begleitung notwendig ist. Darüber hinaus können finanzielle Hilfen für die Betroffenen (z. B. Einstiegsgeld, ergänzende Leistungen nach dem SGB II, faire Löhne) Anreize zur Aufnahme einer niedrig entlohnten Tätigkeit setzen. Aus Sicht der Landesregierung ist es wichtig, dass im Niedriglohnsektor entlohnte Personen eine realistische Perspektive haben, diesen zu überwinden. Die Erhöhung des Bildungs- und Qualifikationsniveaus der Beschäftigten stellt hier einen wichtigen Ansatzpunkt dar, welcher auch in der Arbeitsmarktstrategie des Landes SachsenAnhalt Berücksichtigung findet. Ziel der Landesregierung ist es, die Anreiz- und Unterstützungsstrukturen insbesondere in den Bereichen berufliche Qualifizierung und Weiterbildung weiter zu verbessern und den Zugang zu Bildungsangeboten zu erleichtern . Frage Nr. I.6 Ist die Landesregierung der Auffassung, dass eine Ausweitung des Niedriglohnsektors notwendig ist, um mehr Arbeitsplätze, insbesondere für Geringqualifizierte, zu schaffen? Antwort zu Frage Nr. I.6 Viele Arbeitslose können aufgrund niedriger oder entwerteter Qualifikationen nur eine vergleichsweise geringe Produktivität entfalten. Insbesondere Arbeitslose im Bereich des SGB II weisen darüber hinaus oft multiple Vermittlungshemmnisse auf. Dazu zählen gesundheitliche Einschränkungen, eine ungünstige Altersstruktur und endogene Effekte von Langzeitarbeitslosigkeit (Motivationsdefizite, Stigmatisierungsprozesse ). Aus Arbeitgeberperspektive ist die (Neu-)Einstellung eines Langzeitarbeitslosen in personeller, zeitlicher und finanzieller Hinsicht mit weiteren Aufwendungen und Risiken behaftet. Entsprechende Arbeitsplätze rentieren sich häufig nur bei niedrigen Lohnkosten. Für den Niedriglohnsektor spricht generell, dass er wettbewerbsfähige Arbeitsplätze für arbeitsmarktferne und gering qualifizierte Personengruppen bietet. Niedrige Arbeitskosten minimieren insbesondere für kleinere und kapitalschwache Unternehmen die mit einer Einstellung verbundenen Risiken. Wichtige politische Herausforderung ist es aber, dass jene im Niedriglohnsektor Beschäftigten durch den Aufbau von Humankapital (on the job) eine realistische Perspektive besitzen, durch entsprechende Einkommenssteigerungen den Niedriglohnsektor zu überwinden. Grundsätzlich zeigt sich, dass der Niedriglohnsektor sowohl in Sachsen-Anhalt (siehe Beantwortung der Frage 1) als auch in Deutschland in den vergangenen Jahren nicht weiter zugenommen hat.2 Damit einher geht der Befund des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin, dass insbesondere einfache Arbeit zwischen den Jahren 2000 und 2010 insgesamt an Bedeutung verloren und verstärkt in den Niedriglohnsektor verschoben wurde.3 Bedenklich stimmt aber auch, dass sich 2 Siehe z. B.: Brenke, K. (2012): Geringe Stundenlöhne, lange Arbeitszeiten. in: DIW-Wochenbericht 21/2012, Bundesregierung (2013): Der Vierte Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, Teil C. 3 Brenke, K. (2012): Geringe Stundenlöhne, lange Arbeitszeiten. in: DIW-Wochenbericht 21/2012, S. 5. 9 die Tätigkeitsfelder im Niedriglohnsektor keinesfalls nur auf einfache Tätigkeiten konzentrieren (Tabelle 6): So werden an mehr als die Hälfte aller Niedriglohnbeschäftigten berufsfachliche Anforderungen gestellt. Dies gilt in besonderem Maße für die Gruppe der Vollzeitbeschäftigten, wobei der Anteil der vollzeitbeschäftigten Niedrigentlohnten mit 15 % an allen Vollzeitbeschäftigten vergleichsweise gering ausfällt:4 Tabelle 6: Struktur der Arbeitnehmer nach Qualifikationsanforderungen für die ausgeübte Tätigkeit (Anteile in %) Alle Arbeitnehmer Vollzeitbeschäftigte Niedriglohnsek - tor Übriger Lohnsektor Insgesamt Niedriglohnsek - tor Übriger Lohnsektor Insgesamt Keine Berufsausbildung 48 19 25 35 17 20 Lehre, Fachschule 47 60 58 59 61 61 2000 Fachhochschule. Universität 5 21 18 6 21 19 Keine Berufsausbildung 48 17 23 34 15 18 Lehre, Fachschule 47 61 58 59 62 61 2005 Fachhochschule. Universität 5 22 19 7 24 21 Keine Berufsausbildung 48 14 21 32 11 14 Lehre, Fachschule 47 60 57 60 60 60 2010 Fachhochschule. Universität 5 26 22 8 28 25 Quelle: DIW Wochenbericht 21/2012, S. 5 Aus Landessicht können relativ geringe Löhne die Integration von arbeitsmarktfernen Personen in den Arbeitsmarkt begünstigen und gering qualifizierten Personen eine Beschäftigungsperspektive bieten. Auf der anderen Seite gilt es, diesen Personen realistische Aufstiegsperspektiven und längerfristig gute und attraktive Einkommensund Karrierechancen zu ermöglichen. Nur dann wird gelingen, für diesen Personenkreis drohende Altersarmut abzuwenden, langfristige Aufwendungen für Sozialtransfers und damit die dauerhafte Subventionierung auf Kosten des Staates zu verhindern sowie die Motivation des Personenkreises für die Erwerbstätigkeit und zur Qualifizierung zu erhalten. Dies gilt vor allem für Personen, die qualifizierte Tätigkeiten ausüben. Frage Nr. I.7 Welche Auswirkung hat nach Auffassung der Landesregierung die Zahlung von Niedriglöhnen a) in Bezug auf den Arbeitsmarkt, b) in Bezug auf die Binnennachfrage, c) in Bezug auf die Sozialversicherungssysteme und d) in Bezug auf Altersarmut? Antwort zu Frage Nr. I.7 Zunächst einmal ist eine hinreichende Spreizung der Lohnstruktur eine wesentliche Voraussetzung für die Schaffung und den Erhalt wettbewerbsfähiger Arbeitsplätze, da sie die Anpassung von Lohnniveaus an die Spezifika und Produktivitätsniveaus unterschiedlicher Branchen ermöglicht. Gerade in stark umkämpften Absatzmärkten herrscht ein hoher Preissenkungsdruck, der zum Teil nur über sinkende Lohnstück- 4 Der Anteil der Teilzeitbeschäftigten im Niedriglohnsektor an allen Teilzeitbeschäftigten (ohne Minijobber ) an allen Teilzeitbeschäftigten beläuft sich auf 26 %. Der Anteil der Minijobber im Niedriglohnsektor an allen geringfügig Beschäftigten belief sich im Jahr 2010 auf 60 %. Niedriglöhne konzentrieren sich somit vornehmlich auf Teilzeitbeschäftigungen. 10 kosten kompensiert werden kann, um die Produktivität zu heben. In diesen Segmenten sind Lohnsteigerungen häufig nicht durchsetzbar, da in der Regel wenige Spielräume für weitere Produktivitätsreserven oder zur Umlage von Kosten auf die Preise bestehen. Folglich haben Niedriglöhne in den betroffenen Güter- und Dienstleistungsmärkten zwar eine Beschäftigung sichernde Wirkung. Gleichzeitig verlieren aber Arbeitnehmerinteressenvertretungen und Gewerkschaften aufgrund geringer Lohnsetzungsspielräume an Attraktivität, woraufhin Tarifbindung sowie Markt- und Verhandlungsmacht potentiell weiter abnehmen. Ein wichtiger Beitrag des Niedriglohnsektors besteht weiterhin darin, die Beschäftigungschancen bestimmter Personengruppen zu verbessern. Insbesondere die Produktivität gering qualifizierter Arbeitnehmer/-innen ist häufig so niedrig, dass sich entsprechende Arbeitsplätze nur bei niedrigen Lohnkosten rentieren. Mit der Auffächerung der Lohnstruktur im Niedriglohnbereich kann die Integration gering qualifizierter Personen in den Arbeitsmarkt unterstützt werden. Faktisch sank die Arbeitslosigkeit in den letzten Jahren und die Beschäftigung stieg an, was häufig mit der Ausweitung des Niedriglohnsektors begründet wird. So stieg bundesweit die Zahl der Erwerbstätigen im Jahr 2012 gegenüber 2004 um 6,6 % auf 41,6 Mio. Personen (2004: 39,0 Mio.) und erreichte damit einen Höchststand. Auch stieg das gesamtwirtschaftliche Arbeitsvolumen zwischen den Jahren 2004 und 2012 von 56,1 Millionen Stunden um 3,7 % auf 58,1 Millionen Stunden.5 Insgesamt betrachtet ist es jedoch schwierig, Aussagen zu treffen, in welchem Umfang die positiven Beschäftigungseffekte auf den Niedriglohnsektor zurückgeführt werden können.6 Im Hinblick auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung ist weiterhin festzuhalten, dass mit der Schaffung und Ausweitung eines Niedriglohnsektors nicht zwangsläufig eine höhere Gesamtbeschäftigung einhergeht: Bei einer längerfristigen Betrachtung der Entwicklung von Arbeitnehmeranzahl und Arbeitsvolumen zeigt sich, dass das Arbeitsvolumen der Arbeitnehmer/-innen – abgesehen von einem erheblichen Rückgang im Zeitraum zwischen 2002 und 2007 – tendenziell konstant blieb. Bezogen auf die Anzahl der Arbeitnehmer/-innen nahm das durchschnittliche Arbeitsvolumen sogar nahezu kontinuierlich ab. Dieser Trend gilt insbesondere für Sachsen-Anhalt. Im Bundestrend zeigt sich ebenfalls eine sinkende Tendenz, wenn auch im Zeitraum 2005 bis 2008 eine Stabilisierung feststellbar ist (Abb. 7)7. Insgesamt hat folglich die verfügbare Arbeit in der jüngeren Vergangenheit zwar leicht zugenommen, sie verteilt sich jedoch auf mehr Köpfe. Eine Ursache hierfür ist auch in der fortgesetzten Segmentierung des Arbeitsmarktes zu sehen, die unter anderem durch eine Ausweitung von geringfügiger und von Teilzeitbeschäftigung cha- 5 Siehe hierzu IAB (2013): Durchschnittliche Arbeitszeit und ihre Komponenten in Deutschland, http://doku.iab.de/grauepap/2013/tab-az12.pdf (abgerufen am 12.03.2013). 6 Exemplarisch werden diese Schwierigkeiten in der Bewertung des Niedriglohnsektors und der Beschäftigungsentwicklung beim Sachverständigenrat für die Wirtschaft: In seinem Jahresgutachten 2012/13 führt die Mehrheit der Mitglieder als wesentlich Grund für die gute Entwicklung des Arbeitsmarkts die Arbeitsmarktreformen des letzten Jahrzehnts an. (Zif. 522ff.). Demgegenüber stellt Peter Bofinger in einem Minderheitsvotum andere Gründe für den Beschäftigungsaufbau heraus, z. B. Veränderungen im Erwerbspersonenpotential und der Struktur der Erwerbstätigkeit und relativiert den Zusammenhang zwischen positiver Arbeitsmarktentwicklung und Arbeitsmarktreformen deutlich (Zif. 581-588). 7 Der „Einbruch“ im Jahr 2009 kann als Symptom der Finanz- und Wirtschaftskrise gewertet werden und ist zu einem Großteil auf die Ausweitung von Kurzarbeit zurückführbar. 11 rakterisiert war (DIW-Wochenbericht 45/2011, Seite 7; SVR Jahresgutachten 2012/2013, Seite 343; siehe hierzu auch die Tabelle 32 der Antwort zu Frage 32). Abb. 7: Geleistete Arbeitsstunden pro Jahr je Arbeitnehmer/-in in Deutschland und Sach- sen-Anhalt 1998-2010 (auf der Basis der WZ 2003) 1.300 1.400 1.500 1.600 Jä hr lic he A rb ei ts st un de n je A rb ei tn eh m er /-i n Deutschland 1.419 1.407 1.387 1.375 1.365 1.360 1.364 1.354 1.352 1.354 1.351 1.309 1.340 Sachsen-Anhalt 1.559 1.542 1.510 1.494 1.473 1.457 1.448 1.442 1.429 1.417 1.413 1.373 1.403 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Quelle: Arbeitskreis „Erwerbstätigenrechnung des Bundes und der Länder“ (Stand: August 2012), eigene Berechnungen Die Auswirkungen von Niedriglöhnen auf den Arbeitsmarkt sind im Ergebnis vielfältig: Zum einen zeigt sich, dass Normalarbeitsverhältnisse zumindest phasenweise zugunsten von Niedriglohnbeschäftigung verdrängt wurden. Beispielsweise gibt es Hinweise auf die Verdrängung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung durch Minijobs vor allem in kleineren Betrieben (IAB-Kurzbericht 24/2012). Zum anderen sind bei einem Lohn unterhalb eines bestimmten Niveaus tendenziell weniger Arbeitnehmer /-innen bereit, ihre Arbeitskraft anzubieten – hierdurch kann sich Niedriglohn sogar als hemmend für die Beschäftigungsentwicklung erweisen, wenn er sich u. a. in der Abwanderung von Fach- und Arbeitskräften aus einer Region und/ oder im Rückzug von Erwerbspersonen vom Arbeitsmarkt niederschlägt. Eine weitere negative Begleiterscheinung insbesondere einer verfestigten Niedriglohnstruktur kann zudem darin bestehen, dass Investitionen in Humankapital als zentraler Produktionsfaktor gehemmt werden, wodurch auch längerfristig die Entwicklungspotentiale von Volkswirtschaften beeinträchtigt werden. Auf der anderen Seite deutet die Entwicklung des Arbeitsvolumens darauf hin, dass in den letzten Jahren tatsächlich Beschäftigung aufgebaut werden konnte. Generell steigen durch abnehmende Arbeitslosigkeit und höheres Beschäftigungsvolumen die Lohnsummen. Positive Beschäftigungseffekte und insgesamt höhere Einkommen können sich somit grundsätzlich positiv auf die Binnennachfrage nach Gütern und Dienstleistungen auswirken. Darüber hinaus wirken psychologische Faktoren positiv auf die Binnennachfrage: Die Beschäftigungsentwicklung wirkt positiv auf Einkommenserwartungen. Dies sorgt für weniger Angst vor Arbeitslosigkeit und mehr Planungssicherheit, was gerade für größere Anschaffungen eine wichtige Rolle spielt. 12 Eine nachhaltig positive Wirkung des Niedriglohnsektors auf die Binnennachfrage scheint indes zweifelhaft. Zum einen ist das Einkommensniveau der betroffenen Personen oftmals so gering, dass selbst größere Lohnsteigerungen lediglich bewirken, das Einkommen der betroffenen Personen stärker an das Grundsicherungsniveau heranzuführen. In diesen Fällen muss immer noch ein erheblicher Teil des Einkommens für Waren des täglichen Bedarfs aufgewendet werden. Positive Konsumwirkungen sind vor allem in jenen Fällen zu erwarten, in denen das Niedrigeinkommen eines Haushaltsmitglieds ergänzend zum Einkommen eines normal verdienenden Haushaltsvorstands bezogen wird. Darüber hinaus sind Tätigkeiten im Niedriglohnbereich – ebenso wie andere Formen sogenannter atypischer Beschäftigung – oftmals mit erheblichen Unsicherheiten bei den Betroffenen verbunden, was zusätzlich die Konsumneigung reduziert. Umgekehrt geht von den Niedriglöhnen auch ein positiver Effekt auf die Nachfrage aus: geringe Löhne im Dienstleistungssektor lassen die Nachfrage vor allem bei personenund haushaltsnahen Dienstleistungen steigen. Die durch Niedriglöhne induzierten Beschäftigungseffekte können sich insgesamt positiv auf die Sozialversicherungssysteme auswirken. Denn ein Beschäftigungsaufbau führt zu einem Anstieg der Lohnsumme und zu höheren Beitragseinnahmen. Dies gilt jedoch hauptsächlich für sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Sinkende Löhne schwächen zunächst die Finanzierungsgrundlage vor allem der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, da diese keine Kongruenz zwischen der Höhe der Beiträge und der Höhe der Versicherungsleistungen aufweisen. Mit abnehmenden Versichertenbeiträgen sinkt auch die Kostendeckung, denn die Versicherungsleistungen werden unabhängig von den gezahlten Beiträgen bereitgestellt. Dagegen tragen Personen, die eine Erwerbstätigkeit aus der Arbeitslosigkeit oder Nichtbeschäftigung heraus aufnehmen, auch bei niedrigen Löhnen zu einer insgesamt höheren Kostendeckung bei. Hier liegen die Versichertenbeiträge in der Regel über den Beiträgen, die während der Arbeitslosigkeit oder Nichtbeschäftigung gezahlt wurden. Darüber hinaus kann durch eine Arbeitsaufnahme eine indirekte Entlastung der Versichertengemeinschaft angenommen werden, da erhöhte Krankheitsrisiken und somit auch Krankheitskosten, die häufig als Begleiterscheinung insbesondere von Langzeitarbeitslosigkeit und Armut auftreten, zurückgehen. Je geringer jedoch das Lohnniveau einer neu aufgenommenen Beschäftigung ist, desto geringer fällt dieser mutmaßliche Einspareffekt aus: Generell haben Beschäftigte, die in atypischen und niedrig entlohnten Beschäftigungsverhältnissen arbeiten, weiterhin ein überdurchschnittlich hohes Krankheitsrisiko8. Die indirekten Einspareffekte werden deshalb mutmaßlich gering sein. Die Höhe der Versicherungsleistungen der gesetzlichen Arbeitslosen-, Unfall- und Rentenversicherung orientiert sich dagegen direkt an den eingezahlten Beiträgen. Im Versicherungsfalle verringern sich dadurch die Ausgaben für zuvor im Niedriglohnbereich Beschäftigte. Im Ergebnis konnten Arbeitslosen- und Rentenversicherung ihr Beitragsniveau in den letzten Jahren weitgehend stabil halten und teilweise sogar absenken. Einschränkend muss jedoch darauf verwiesen werden, dass im Falle ei- 8 vgl. Böckler Impuls 13/2009, S. 6, Datenreport 2011, S. 247, GBE Kompakt 01/2013, S. 4 13 ner Absenkung der Versicherungsleistungen für Renten oder Arbeitslosengeld steuerfinanzierte Transferleistungen greifen müssen, um das wirtschaftliche Existenzminimum der betroffenen Personen abzusichern. Grundsätzlich steigt bei einer längerfristigen Beschäftigung im Niedriglohnsektor das individuelle Risiko von Altersarmut. Dies liegt in erster Linie an den geringen Anwartschaften auf Rentenzahlungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung infolge der niedrigen Beiträge. Darüber hinaus haben Personen mit geringen Einkommen zu wenig finanziellen Spielraum, um private oder betriebliche Altersvorsorge zu betreiben . Aufgrund des durchschnittlich geringeren Qualifikationsniveaus und von Tätigkeiten in bestimmten Dienstleistungssegmenten sind Niedriglohnbeschäftigte zudem einem erhöhten Arbeitslosigkeitsrisiko unterworfen. Im Ergebnis weisen sie überdurchschnittlich häufig gebrochene Erwerbsbiografien auf, wodurch sich die Rentenanwartschaft aufgrund von Arbeitslosigkeitsperioden zusätzlich reduziert. Frage Nr. I. 8 Welche Auswirkungen hätte nach Auffassung der Landesregierung die Zahlung von Mindestlöhnen a) in Bezug auf den Arbeitsmarkt, b) in Bezug auf die Binnennachfrage, c) in Bezug auf die Sozialversicherungssysteme und d) in Bezug auf Altersarmut? Antwort zu Frage Nr. I.8 Eine verbindliche Prognose über die faktischen Beschäftigungswirkungen von Mindestlöhnen fällt schwer. In der empirischen Mindestlohnforschung herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass ähnliche Interventionen auf dem Arbeitsmarkt in einem Land negative, in einem anderen Land neutrale und in einem dritten Land positive Effekte auf die Beschäftigung haben können. Die konkreten Effekte hängen beispielsweise davon ab, wie sich die Gesamtwirtschaft und der wirtschaftliche Strukturwandel entwickeln und welchen Einfluss demografische Trends auf die künftige Nachfrage nach Gütern, Dienstleistungen und Arbeits- bzw. Fachkräften ausüben. Ebenfalls von Relevanz für die Wirkung von Mindestlöhnen ist die Frage, welche Bindungswirkung Mindestlöhne entfalten. Von Bedeutung ist auch, ob Mindestlohnregelungen eher auf ein innovationsfreudiges oder ein innovationsschwaches Umfeld treffen. Darüber hinaus hängen die Auswirkungen von gesetzlichen Lohnuntergrenzen entscheidend von den rechtlichen Rahmenbedingungen und den institutionellen Strukturen ab. Nicht zuletzt nehmen auch die Stärke und Marktmacht der Arbeitsmarktakteure Einfluss auf Wirkungen. Beispielsweise bedarf es für die Ausgestaltung von Mindestlöhnregelungen starker Sozialpartner, die verantwortlich an der Festlegung und vor allem an der späteren Durchsetzung von Mindestlohnregelungen mitarbeiten. Auf der Basis modelltheoretischer Berechnungen wird häufig unterstellt, dass Mindestlöhne sich hemmend auf die Beschäftigungsdynamik auswirken. Bislang konnte hierfür jedoch weder die internationale noch die nationale Mindestlohnforschung einheitliche Befunde und empirische Belege finden9. Wie in Beantwortung der Frage 7 9 Die empirische Mindestlohnforschung hat in den letzten Jahren erhebliche methodische Fortschritte gemacht. Die zahlreichen Studien und (teilweise widersprüchlichen Ergebnisse) können nicht im Einzelnen dargestellt und wiedergegeben werden. Es sei deshalb beispielhaft auf die viel beachtete Studie von Dube, Lester, Reich “Minimum Wage Effects across State Borders.” aus dem Jahre 2010 verwiesen , in der Langzeiteffekte von Mindestlöhnen in der Gastronomie in verschiedenen Counties in 14 ebenfalls herausgestellt, ist die Stärke des Zusammenhangs zwischen Ausweitung des Niedriglohnsektors und Beschäftigungsentwicklung schwierig zu bestimmen. Bei der Frage nach den möglichen Wirkungen von Mindestlöhnen auf den Arbeitsmarkt ist zwischen Beschäftigungswirkungen, Veränderungen der Lohnstrukturen und Veränderungen der Beschäftigungsstrukturen zu unterscheiden. Die Beschäftigungswirkungen eines gesetzlichen Mindestlohns werden neben der Höhe weitgehend davon abhängen, in welchem Umfang Märkte für handelbare und nicht handelbare Güter und Dienstleistungen von Lohnsteigerungen betroffen sind. Handelbare Güter werden meist für überregionale Absatzmärkte erzeugt; die lokale Nachfrage macht bei diesen Gütern oft nur einen geringen Anteil aus. In diesen Bereichen ist unter Umständen mit einer Verlagerung von Arbeitsplätzen zu rechnen, wenn Produktivitätsspielräume weitgehend ausgeschöpft sind. Wie die Antworten zu den Fragen 12 und 13 zeigen, sind von Niedriglöhnen überwiegend Berufe und Tätigkeiten im Bereich nicht handelbarer Güter und Dienstleistungen betroffen10. In diesen Bereichen ist eher anzunehmen, dass sich ein potentieller Beschäftigungsabbau über Betriebsschließungen – beispielsweise als Folge von Kostensteigerungen und/ oder gesunkener Nachfrage – vollzieht. Im Bereich nicht handelbarer Güter agieren besonders häufig Unternehmen, die einem hohen Preisund Wettbewerbsdruck unterliegen und die wenige Spielräume zur Produktivitätssteigerung haben. Da allerdings die große Mehrheit der Betriebe in gleicher Weise von Mindestlohnregelungen betroffen wären, könnten Mindestlöhne zu einer Beruhigung der Märkte beitragen, weiterem Preisverfall und Lohndumping vorbeugen und somit eine stabilisierende Wirkung auf Unternehmen und Beschäftigung ausüben. den USA untersucht wurden. Ein Vergleich der Ergebnisse mehrerer Mindestlohnstudien ergab beispielsweise , dass je 15 Studien auf einen negativen und auf einen neutralen bzw. positiven Beschäftigungseffekt schließen lassen, weitere 7 Studien gelangen zu widersprüchlichen Ergebnissen (Ragacs 2003: Mindestlöhne und Beschäftigung. Ein Überblick über die neuere empirische Literatur.). Einen weitere ausführliche Diskussion verschiedener Studien, deren methodischer Ansätze und der Reichweiten der jeweiligen Ergebnisse bietet eine Expertise der Friedrich-Ebert-Stiftung „Wirkungen der Mindestlohnregelungen in acht Branchen“ aus dem Jahre 2011. Im Jahr 2011 ließ das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Auswirkungen von Mindestlohnregelungen in verschiedenen Branchen evaluieren. Ganz überwiegend konnten die Studien keine signifikant negativen Beschäftigungseffekte nachweisen. Methodische Kritik an den Studien bezog sich u. a. auf zwei wesentliche Aspekte: Zum einen wurden zu kurze Beobachtungszeiträume kritisiert. Diese Kritik erweist sich bei näherem Hinsehen jedoch nur bedingt als tragfähig. Denn für einen Großteil der betrachteten Branchen liegen bereits langfristige Beobachtungen und Erfahrungen mit den Folgewirkungen von Mindestlohnregelungen vor (Bauhauptgewerbe: Mindestlohn seit 1997, Dachdeckerhandwerk : Mindestlohn seit 1997, Elektrohandwerk: Mindestlohn seit 1997, Maler- und Lackiererhandwerk : Mindestlohn seit 2003). Ein weiterer Kritikpunkt bezog sich auf Einschränkungen bei den gewählten Vergleichsgruppen. Die Auswahl der jeweiligen Vergleichsgruppen, um Mindestlohneffekte zu messen, orientierte sich zwar an den anerkannten methodischen Standards der Mindestlohnforschung . Doch dass Beobachtungstiefe und –breite einen Einfluss auf das Ergebnis haben können, zeigte das Beispiel des Baumindestlohns: die Analyse des Baumindestlohns ergab dann einen negativen Effekt für Ostdeutschland, wenn als Vergleichsbranche ein dem Bauhauptgewerbe nachgelagerter Wirtschaftszweig herangezogen wurde (IAB 04/2012). Generell war aber die wissenschaftliche Objektivität und Qualität der Studien nicht zuletzt auch dadurch gewährleistet, dass jeweils unterschiedliche Auftragnehmer und Konsortien an der Durchführung mitwirkten. 10 Das RWI sieht die größten Risiken für einen Beschäftigungsabbau infolge eines Mindestlohns in Ostdeutschland in den Bereichen Frisörhandwerk, Wachgewerbe, Floristik und Gaststätten (Bachmann , Bauer, Kluve, Schaffner, Schmidt (2008): Mindestlöhne in Deutschland. Beschäftigungswirkungen und fiskalische Effekte. RWI-Materialien Heft 43, Seite 46). 15 Ein durch Schrumpfungsprozesse bedingter Beschäftigungsrückgang könnte weiterhin durch das demografisch bedingt steigende Arbeitsangebot in anderen Bereichen zumindest teilweise ausgeglichen werden. Wichtig wäre hierbei, dass durch geeignete Maßnahmen zur beruflichen Qualifizierung und zur Unterstützung der beruflichen Mobilität notwendig werdende Betriebs- und Berufswechsel unterstützt werden. Auch die Mindestlöhne an sich könnten hierbei unterstützende Wirkungen entfalten, da sie die Attraktivität bestimmter Berufe potentiell erhöhen. Mindestlöhne verändern die Lohnstrukturen. Die Evaluationsstudien zu den Wirkungen von Mindestlöhnen in Deutschland, die im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales durchgeführt wurden, gelangten zu dem Ergebnis, dass von Lohnsteigerungen infolge der Einführung von Mindestlöhnen vor allem Beschäftigte in Ostdeutschland überdurchschnittlich häufig betroffen waren11. Eine endgültige und allgemeinverbindliche Entwicklungsrichtung auf aggregierter Ebene ist jedoch nur schwer vorherzubestimmen. Entscheidend hierbei sind die Eingriffsintensitäten infolge der Höhe des Mindestlohns und die Qualifikations- und Tätigkeitsstrukturen in einzelnen Branchen und Berufsfeldern. Die Folgen von Mindestlöhnen können dementsprechend regional und branchenbezogen variieren. Je stärker die Eingriffsintensität, desto wahrscheinlicher werden Beschäftigungsabbau 12, Lohnabsenkungen und eine Verlangsamung weiterer Lohnsteigerungen. Im Ergebnis können auch Lohnstauchungen auftreten. Im Falle bundeseinheitlicher Mindestlohnregelungen wäre am ehesten der ostdeutsche Arbeitsmarkt davon betroffen , weil das durchschnittlich geringere Ausgangsniveau der Löhne sensibler auf Veränderungen reagiert. Die konkrete Stärke und Richtung der Entwicklung der Lohnstrukturen werden aber wiederum durch die Qualifikationsstruktur und das Arbeitskräftepotential innerhalb einer Branche beeinflusst werden: in einer Branche mit höherer Produktivität und mit höherem Facharbeiteranteil und/ oder Fachkräfteengpässen ist die Wahrscheinlichkeit für eine Lohnstauchung geringer als in einer Branche mit niedrigem Qualifikationsniveau, gering differenzierten Qualifikationsstrukturen der Beschäftigten und/ oder hohem Arbeitskräftepotential. Darüber hinaus können differenzierte Mindestlohnregelungen für unterschiedliche Qualifikationsgruppen der Nivellierung von Lohnabständen verschiedener Beschäftigtengruppen vorbeugen . Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass diese Regelungen später auch durchgesetzt werden können. Generell ist darauf hinzuweisen, dass gesetzliche Lohnuntergrenzen keinesfalls das Ende eines Niedriglohnsektors bedeuten. Wie das Beispiel Großbritannien zeigt, arbeiten dort gut 20 % der Beschäftigten auch weiterhin im Niedriglohnbereich, obwohl seit 1999 eine gesetzliche Lohnuntergrenze existiert. Im Hinblick auf die Beschäftigungsstrukturen ist mit einer Ausweitung atypischer Beschäftigungsformen (z. B. 11 Dies gilt beispielsweise für Beschäftigte im Bauhauptgewerbe, Beschäftigte in nicht tarifgebundenen Unternehmen im Maler- und Lackiererhandwerk, für Pflegehilfskräfte sowie für Beschäftigte in der Wäschereibranche in Ostdeutschland. 12 Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, inwieweit die mit dem Mindestlohn verbundenen Mehrkosten auf die Endverbraucher letztlich – ohne Beschäftigungsrelevanz – übergewälzt werden können bzw. inwieweit Unternehmen diese durch die Erschließung von Effizienzreserven/ Senkung von Gewinnen tragen können. Je stärker die Eingriffsintensität des Mindestlohns, d. h. direkt betroffene Beschäftigte an allen Beschäftigten in Prozent, ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass damit verbundenen Lohnmehrkosten nicht einfach beschäftigungsneutral auf den Endpreis übergewälzt bzw. durch beschäftigungsneutrale Effizienzgewinne/ Gewinnsenkungen in den Unternehmen kompensiert werden . 16 Teilzeit, Befristungen, Leiharbeit) und flexibler Arbeitszeitmodelle (z. B. Gleitzeitmodelle ) zu rechnen, denn die Unternehmen werden versuchen, die Kostenfunktion hinsichtlich des Produktionsfaktors Arbeit zu optimieren. Des Weiteren wird in einigen Branchen der Trend zur Ausweitung schwer kontrollierbarer Beschäftigungsformen wie Ein-Personen-Unternehmen zunehmen. Dagegen würden Lohnuntergrenzen die Anreizstrukturen zur Umwandlung von sozialversicherungspflichtiger in geringfügige Beschäftigung verändern. Vor allem geringfügige Beschäftigungsverhältnisse mit einem hohen Arbeitsvolumen würden zurückgedrängt und möglicherweise sogar zu sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung werden. Die Wirkung von Mindestlöhnen auf die Binnennachfrage hängt entscheidend davon ab, wie sich die verfügbaren Einkommensniveaus gesamtwirtschaftlich entwickeln. Diese werden zunächst durch zwei Faktoren bestimmt: von der Beschäftigungsentwicklung und von den Anpassungsreaktionen der Löhne oberhalb der Mindestlohnschwelle , die aber schwer zu bestimmen sind. Voraussetzung für eine einkommenssteigernde Wirkung von Mindestlöhnen wäre zunächst, dass sich das Arbeitsvolumen durch die Einführung von Mindestlöhnen nicht substantiell verringert. Die Mindestlohnstudien im Auftrag der Bundesregierung zeigen ebenfalls, dass es durch die Einführung von Mindestlöhnen vereinzelt auch zu Absenkungen von Löhnen gekommen ist, die über dem Mindestlohn liegen – zu sogenannten Lohnstauchungen. Für die Entwicklung der aggregierten Lohnsumme ist deshalb entscheidend, ob die Einkommensgewinne der zuvor zu Niedriglöhnen Beschäftigten größer sind als die Einkommensverluste der Beschäftigten, deren Lohn sich absenkt. Für die individuelle Konsumentscheidung ist die tatsächliche Einkommenssituation auf Haushaltsebene entscheidend. Einerseits sind die realen Einkommenszuwächse von Geringverdienenden insofern begrenzt, als die ihnen bislang zufließenden Sozialleistungen reduziert würden. Andererseits würden von Mindestlöhnen auch Zuverdienende in Haushalten am oberen Ende der Einkommensverteilung profitieren. Fiskalische Effekte hängen von der durch die Einführung von Mindestlöhnen induzierten Beschäftigungsentwicklung ab und lassen sich nicht sicher prognostizieren.13 Die Entwicklung der Beitragseinnahmen der gesetzlichen Sozialversicherungen hängt folglich ebenfalls davon ab, wie sich Beschäftigungsniveau und Arbeitseinkommen insgesamt entwickeln. Bei insgesamt positiver Entwicklung ist davon auszugehen , dass die Beitragseinnahmen steigen. Darüber hinaus kann angenommen werden, dass durch möglicherweise zurückgehende geringfügige Beschäftigung weitere Einnahmequellen für die Sozialversicherungen erschlossen werden. Im Hinblick auf die Ausprägung von Altersarmut ist schwer vorauszusagen, ob sich die individuellen Risiken durch gesetzliche Mindestlöhne substantiell verringern. An- 13 Auch hier unterscheiden sich die Prognoseergebnisse verschiedener Forschungsinstitute teilweise erheblich. Einer Prognos-Studie aus dem Jahr 2011 zufolge könnten bei Einführung eines Mindestlohns in Höhe von 8,50 Euro/ Stunde erhebliche positive fiskalische Effekte (durch Steigerung von Steuereinnahmen und Sozialversicherungsbeiträgen sowie Senkung von Transferleistungen) realisiert werden, sofern die Beschäftigung nicht bzw. nur moderat zurückgeht. Demgegenüber prognostiziert das RWI erhebliche fiskalische Kosten, da es von deutlichen Beschäftigungsrückgängen bei Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns und damit letztlich von Mehrkosten für Arbeitslosigkeit und Transferleistungen ausgeht. 17 gesichts der prognostizierten Rentenentwicklung würde die individuelle gesetzliche Altersrente durch die Anhebung des Lohnes auf Mindestlohnniveau voraussichtlich kaum über das Niveau der Grundsicherung im Alter gemäß SGB XII ansteigen. Jedoch eröffnet ein gesetzlicher Mindestlohn mehr finanzielle Freiräume für private Altersvorsorge . In der Summe können gesetzliche und private Vorsorge Altersarmut vorbeugen. Ergänzend ergäben sich durch die o. a. Einsparungen mehr Spielräume, um Altersarmut durch staatliche Transferleistungen vorzubeugen oder zumindest deren Folgen abzumildern. Die wissenschaftlichen Evaluationen der Bundesregierung haben gezeigt, dass die in Deutschland derzeit geltenden unterschiedlichen Mindestlöhne überwiegend keine oder nur in geringem Ausmaß negative Beschäftigungseffekte ausgelöst haben. Die Landesregierung setzt sich gemäß der Beschlussrealisierung vom 26. November 2012 (Drs. 6/1651) zum Landtagsbeschluss vom 20. September (Drs. 6/1464) und den dort aufgeführten Bedingungen für die Einführung einer Lohnuntergrenze in Deutschland ein Frage Nr. I.9 Wie hat sich die Niedriglohnschwelle (Brutto-Monatsentgelt einschließlich anteilig enthaltenden Sonderzahlungen) seit 2004 entwickelt? Bitte in Jahresscheiben für Ost- und Westdeutschland aufschlüsseln. Welcher Stunden-Niedriglohnschwellenwert ergibt sich daraus für Ost- und Westdeutschland? Antwort zu Frage Nr. I.9 Über die Bundesagentur für Arbeit stehen Informationen über Brutto-Arbeitsentgelte nur bis zum Jahr 2010 und stichtagsbezogen zur Verfügung. Die auf Basis der Beschäftigtenstatistik zur Verfügung gestellten Informationen beziehen sich jedoch ausschließlich auf Arbeitnehmer in sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigungen (Tabelle 9a). 18 Tabelle 9a: Niedriglohnschwellen der Brutto-Monatsverdienste und Niedriglohnschwellenwert je Arbeitsstunde für sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigte in West- und Ostdeutschland 2004 bis 201014 Westdeutschland Ostdeutschland Stichtage Durchschnittl. Wochen- arbeitszeit in Stunden (lt. IAB) Niedriglohnschwelle (in Euro) Niedriglohnschwellenwert je Arbeitsstunde Niedriglohnschwelle (in Euro) Niedriglohnschwellenwert je Arbeitsstunde 31.12.2004 38,02 1.772 10,76 1.326 8,05 31.12.2005 38,05 1.785 10,83 1.328 8,06 31.12.2006 38,12 1.792 10,86 1.316 7,97 31.12.2007 38,11 1.815 11,00 1.326 8,04 31.12.2008 38,09 1.855 11,25 1.352 8,20 31.12.2009 37,87 1.870 11,40 1.367 8,34 31.12.2010 38,01 1.890 11,48 1.379 8,38 Quelle: Bundesagentur für Arbeit, IAB, eigene Berechnungen Das IAQ berechnet darüber hinaus die Niedriglohnschwellen (brutto je Arbeitsstunde) für alle abhängig Beschäftigten – also auch für Schüler/innen, Studierende, Rentner /innen, Minijobbenden und Beschäftigten in Teilzeit. Als Datenquelle dient hier das Sozio-ökonomische Panel (SOEP) (Tabelle 9b). Tabelle 9b: Brutto-Niedriglohnschwellen je Arbeitsstunde für abhängig Beschäftigte in West- und Ostdeutschland 2004 bis 2010 Niedriglohnschwellenwert je Arbeitsstunde in Euro Jahr Deutschland insgesamt Westdeutschland Ostdeutschland 2004 --- 9,83 7,15 2006 9,13 9,61 6,81 2008 9,06 9,50 6,87 2010 9,15 9,54 7,04 Quelle: IAQ 2006, 2008, 2010 und 2012 Frage Nr. I.10 Wie haben sich die Löhne und Gehälter (absolut und prozentual) in Sachsen-Anhalt und in Deutschland seit 2004 entwickelt? Wie haben sich die Löhne und Gehälter im 14 Methodische Erläuterung: Die berechneten Niedriglohnschwellenwerte je Arbeitsstunde bilden nur näherungsweise die Realität ab, da durch die Bundesagentur für Arbeit (BA) die BruttoMonatsverdienste stichtagsbezogen erfasst werden. Zudem stellt die Beschäftigtenstatistik keine Informationen zum tatsächlichen Arbeitsumfang der Vollzeitstellen bereit. In der Arbeitswelt ist die tatsächliche Arbeitszeit u. a. davon abhängig, ob eine tarifvertragliche, eine betriebliche oder eine individuelle Vereinbarung zugrunde gelegt wird. Als „Vollzeit“ geht deshalb in die Statistik ein, was Arbeitgeber der BA als „Vollzeit“ melden. Für die hier berechneten Schwellenwerte je Arbeitsstunde wurden deshalb IAB-Schätzungen zur durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von in Vollzeit Beschäftigten zugrunde gelegt. Die Berechnung des durchschnittlichen monatlichen Arbeitsvolumens erfolgte mit der üblichen Formel „Wochenarbeitszeit x 4,33“. 19 Niedriglohnbereich (absolut und prozentual) im gleichen Zeitraum entwickelt? Bitte getrennt nach Jahren und Geschlecht aufschlüsseln. Antwort zu Frage Nr. I.10 Die Entwicklungen der Durchschnittslöhne und -gehälter der sozialversicherungspflichtigen in Vollzeit Beschäftigten in Deutschland und Sachsen-Anhalt bis zum Jahr 2010 sind in Tabelle 10a dargestellt. In Tabelle 10b sind die zeitlichen Entwicklungen der Niedriglohnschwellen in Deutschland und Sachsen-Anhalt auf Basis der sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten ablesbar. Für die Jahre 2011 und 2012 liegen keine Angaben vor. Tabelle 10a: Entwicklung der Durchschnittslöhne und Gehälter (Medianlohn) der sozialver- sicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten in Deutschland und Sachsen-Anhalt 2004 bis 2010 Deutschland Sachsen-Anhalt Medianlohn in Euro Veränderung gegenüber Vorjahr (in Euro) Veränderung gegenüber Vorjahr (in %) Medianlohn in Euro Veränderung gegenüber Vorjahr (in Euro) Veränderung gegenüber Vorjahr (in %) Stichtage 31.12.2004 2.542 --- --- 1.922 --- --- 31.12.2005 2.558 + 16,00 + 0,6 1.914 - 8,00 - 0,4 31.12.2006 2.562 + 4,00 + 0,2 1.904 - 10,00 - 0,5 31.12.2007 2.592 + 30,00 + 1,2 1.927 + 23,00 + 1,2 31.12.2008 2.652 + 60,00 + 2,3 1.966 + 39,00 + 2,0 31.12.2009 2.676 + 24,00 + 0,9 1.989 + 23,00 + 1,2 Insgesamt 31.12.2010 2.702 + 26,00 + 1,0 2.001 + 12,00 + 0,6 31.12.2004 2.760 --- --- 1.920 --- --- 31.12.2005 2.777 + 17,00 + 0,62 1.916 - 4,00 - 0,21 31.12.2006 2.782 + 5,00 + 0,18 1.908 - 8,00 - 0,42 31.12.2007 2.823 + 41,00 + 1,47 1.940 + 32,00 + 1,68 31.12.2008 2.889 + 66,00 + 2,34 1.984 + 44,00 + 2,27 31.12.2009 2.904 + 15,00 + 0,52 2.006 + 22,00 + 1,11 Männer 31.12.2010 2.932 + 28,0 + 0,96 2.018 + 12,00 + 0,60 31.12.2004 2.153 --- --- 1.926 --- --- 31.12.2005 2.168 + 15,00 + 0,7 1.908 - 18,00 - 0,9 31.12.2006 2.173 + 5,00 + 0,2 1.894 - 14,00 - 0,7 31.12.2007 2.196 + 23,00 + 1,1 1.896 + 2,00 + 0,1 31.12.2008 2.242 + 46,00 + 2,1 1.920 + 24,00 + 1,3 31.12.2009 2.280 + 38,00 + 1,7 1.946 + 26,00 + 1,4 Frauen 31.12.2010 2.312 + 32,00 + 1,4 1.962 + 16,00 + 0,8 Quelle: Bundesagentur für Arbeit, eigene Berechnungen, Stand 29.11.2012 20 Tabelle 10b: Niedriglohnschwelle (2/3 des Medianlohns) bei versicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten in Deutschland und Sachsen-Anhalt 2004 bis 2010 Deutschland Sachsen-Anhalt Stichtage Niedriglohnschwelle (in Euro) Veränderung gegenüber Vorjahr (absolut, Euro) Veränderung gegenüber Vorjahr (in %) Niedriglohnschwelle (in Euro) Veränderung gegenüber Vorjahr (absolut , Euro) Veränderung gegenüber Vorjahr (in %) 31.12.2004 1.695 --- --- 1.281 --- --- 31.12.2005 1.706 + 11,00 + 0,65 1.276 - 5,00 - 0,42 31.12.2006 1.708 + 2,00 + 0,12 1.269 - 7,00 - 0,52 31.12.2007 1.728 + 20,00 + 1,17 1.285 + 16,00 + 1,21 31.12.2008 1.768 + 40,00 + 2,31 1.311 + 26,00 + 2,02 31.12.2009 1.784 + 16,00 + 0,90 1.326 + 15,00 + 1,17 Insgesamt 31.12.2010 1.802 + 18,00 + 1,01 1.334 + 8,00 + 0,60 31.12.2004 1.840 --- --- 1.280 --- --- 31.12.2005 1.851 + 11,00 + 0,60 1.277 - 3,00 - 0,23 31.12.2006 1.854 + 3,00 + 0,16 1.272 - 5,00 - 0,39 31.12.2007 1.882 + 28,00 + 1,51 1.293 + 21,00 + 1,65 31.12.2008 1.926 + 44,00 + 2,34 1.322 + 29,00 + 2,24 31.12.2009 1.936 + 10,00 + 0,52 1.337 + 15,00 + 1,13 Männer 31.12.2010 1.954 + 18,00 + 0,93 1.345 + 8,00 + 0,60 31.12.2004 1435 --- --- 1.284 --- --- 31.12.2005 1.445 + 10,00 + 0,70 1.272 - 12,00 - 0,93 31.12.2006 1.448 + 3,00 + 0,21 1.263 - 9,00 - 0,73 31.12.2007 1.464 + 16,00 + 1,10 1.264 + 1,00 + 0,11 31.12.2008 1.494 + 30,00 + 2,05 1.280 + 16,00 + 1,27 31.12.2009 1.520 + 26,00 + 1,74 1.297 + 17,00 + 1,35 Frauen 31.12.2010 1.541 + 21,00 + 1,38 1.308 + 11,00 + 0,82 Quelle: Bundesagentur für Arbeit, eigene Berechnungen, Stand 29.11.2012 Frage Nr. I.11 Wie hoch ist der Anteil der Vollzeitbeschäftigten, die einen Lohn unterhalb von 8,50 Euro beziehen? Bitte für Ost- und Westdeutschland getrennt und nach Geschlecht aufführen. Antwort zu Frage Nr. I.11 Die Auswertung der Verdienststrukturerhebung 2010 durch das Statistische Landesamt für Beschäftigte in Vollzeit in Betrieben mit mindestens 10 Beschäftigten ergibt folgende Anzahlen und Anteile der Beschäftigten mit einem Stundenlohn unter 8,50 Euro: 21 Tabelle 11: sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigte mit Brutto-Stundenlöhnen unter 8,50 Euro Alle Vollzeitbeschäftigten (ohne Azubis) Darunter Vollzeitbeschäftigte mit einem Stundenlohn von < 8,50 Euro Anteile in % Deutschland Insgesamt 15 629 269 865 645 5,5 Frauen 4 760 676 380 900 8,0 Männer 10 868 593 484 745 4,5 Westdeutschland (BY,BE,BW,HB, HE,HH,NI,NW,RP,SH,SL) Anzahl 13 424 790 492 329 3,7 Anzahl 3 946 164 220 473 5,6 Anzahl 9 478 626 271 856 2,9 Ostdeutschland (BB,MV,SN,ST,TH) Insgesamt 2 204 478 373 316 16,9 Frauen 814 511 160 427 19,7 Männer 1 389 967 212 889 15,3 Sachsen-Anhalt Insgesamt 383 836 55 586 14,5 Frauen 143 858 24 617 17,1 Männer 239 978 30 970 12,9 Quelle: Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt Die Daten der Verdienststrukturerhebung unterschätzen tendenziell das Ausmaß der Geringverdienenden, da Beschäftigte von Betrieben mit weniger als 10 Beschäftigten nicht erfasst werden. Das IAQ weist auf der Basis des SOEP den Anteil aller abhängig Beschäftigten (einschl. Schüler/innen, Studierende, Rentner/innen, Vollzeit-, Teilzeit- und geringfügig Beschäftigten) mit einem Stundenlohn von weniger als 8,50 Euro in Ostdeutschland mit 33,6 % und in Westdeutschland mit 17,2 % aus. Die – jedoch nicht nach Ost und West differenzierten – Anteile der sozialversicherungspflichtigen Personen, die weniger als 8,50 Euro verdienen, betragen bei den Vollzeiterwerbstätigen 11,5 % und bei den Teilzeitbeschäftigten 21,3 %. (IAQ Report 01/2012) Frage Nr. I.12 Wie hoch ist der jeweilige Anteil von vollzeitbeschäftigten Niedriglohnverdienern in den Berufsgruppen und Wirtschaftszweigen (Klassifikation der Wirtschaftszweige WZ 03)? Bitte für Ost- und Westdeutschland getrennt und nach Geschlecht aufführen . Antwort zu Frage Nr. I.12 Die Klassifizierung der Branchen nach WZ03 wurde im Jahr 2008 durch das Klassifizierungssystem WZ08 abgelöst. Die Daten für die Anteile der vollzeitbeschäftigten Niedriglohnverdiener nach Branchen stehen daher nur für die Klassifikation nach WZ08 und nur für das Jahr 2010 zur Verfügung (Tabelle 12a). Tabelle 12b bildet darüber hinaus die Anteile der sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten im Niedriglohnbereich nach Berufsgruppen der KldB1988 im Jahr 2010 ab. 22 Tabelle 12a: Anteile der sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten im Niedriglohnbereich nach Branchen nach WZ08 im Jahr 2010 Anteil der Beschäftigten im Niedriglohnbereich in % Westdeutschland Ostdeutschland (inkl. Berlin) Wirtschaftszweige (WZ 2008) Gesamt Männer Frauen Gesamt Männer Frauen Insgesamt 20,8 13,5 34,4 21,1 15,8 28,3 Land- und Forstwirtschaft , Fischerei 57,0 48,9 76,5 34,2 26,5 52,0 Bergbau u. Gewinnung v. Steinen u. Erden 2,5 1,3 17,2 1,3 0,9 3,8 Verarbeitendes Gewerbe 9,8 4,8 29,1 14,6 7,9 32,1 Energieversorgung 1,8 1,0 5,4 1,7 1,1 3,1 Wasserversorgung, Abwasser/ Abfall, Umweltverschmzg. 10,5 8,8 23,0 7,6 6,9 10,6 Baugewerbe 15,0 11,0 49,7 10,3 7,3 36,5 Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kfz 25,7 15,6 41,4 27,4 17,4 40,0 Verkehr und Lagerei 24,3 23,0 29,8 20,6 21,3 18,0 Gastgewerbe 72,7 65,4 79,6 63,9 57,7 68,5 Information und Kommunikation 9,1 5,4 17,9 8,7 5,8 14,2 Finanz- u. Versicherungs -DL 5,7 2,0 10,3 7,6 3,8 10,1 Grundstücks- und Wohnungswesen 23,3 16,3 32,2 16,7 16,5 16,9 Freiberufler, wissenschaftliche und technische Dienstleistungen 16,7 7,1 28,1 14,6 7,7 20,8 Sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen 58,5 56,1 63,7 51,5 48,5 57,4 Öffentliche Verwaltung , Verteidigung; Sozialversicherung 4,2 2,1 6,7 2,0 2,2 1,8 Erziehung und Unterricht 13,8 9,6 16,7 9,0 11,0 7,9 Gesundheits- und Sozialwesen 28,3 12,4 34,4 21,8 14,0 24,2 Kunst, Unterhaltung und Erholung 40,7 26,9 56,1 25,6 20,0 31,8 Erbringung v. sonstigen Dienstleistungen 39,4 20,3 53,5 42,4 25,8 51,6 Private Haushalte 75,3 53,9 79,0 58,4 X* 61,4 Exterritoriale Organisationen und Körperschaften 6,7 3,5 14,1 15,9 X* X* * X: keine Zuordnung möglich; Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Stand: November 2012 23 Tabelle 12b: Anteile der sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten im Niedrig- lohnbereich nach Berufsgruppen der KldB1988 im Jahr 2010 Anteil der Beschäftigten im Niedriglohnbereich in % Westdeutschland Ostdeutschland (einschl. Berlin) Berufsbereiche (KldB 1988) Gesamt Männer Frauen Gesamt Männer Frauen Insgesamt 20,8 13,5 34,4 21,1 15,8 28,3 I PflanzbauerTierzuchtFischerei 41,0 32,1 69,1 36,8 27,8 56,8 II Bergleute, Mineralgewinner 3,0 2,3 X 6,5 4,8 X III Fertigungsberufe 19,3 14,9 48,5 20,6 15,7 46,3 IV Technische Berufe 3,1 1,8 11,4 4,3 3,2 8,1 V Dienstleistungsberufe 23,5 14,4 32,8 22,4 17,4 26 VI Sonstige Arbeitskräfte 49,5 38,0 68,0 42,9 32,9 59,7 XX Keine Zuordnung möglich 52,4 X X X X X Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Stand: November 2012 Frage Nr. I.13 Welche Berufsordnungen verfügen danach über einen besonders hohen Anteil von Niedriglohnbeziehern? Bitte Berufsordnungen mit einem Anteil von mindestens 1/3 Niedriglohnbeziehern aufführen. In welchen Branchen in Sachsen-Anhalt werden besonders niedrige Löhne gezahlt? Bitte detailliert aufzählen. Antwort zu Frage Nr. I.13 Tabelle 13a: Branchen mit einem Anteil von mindestens 33% der sozialversicherungspflich- tigen Vollzeitbeschäftigten im Niedriglohnbereich in Deutschland und Sachsen -Anhalt Branchen (WZ08) Anteil SV-pflichtiger Vollzeitbeschäftigter im Niedriglohnbereich in Deutschland Anteil SV-pflichtiger Vollzeitbeschäftigter im Niedriglohnbereich in Sachsen-Anhalt Land-, Forstwirtschaft und Fischerei 61,2 % --- Gastgewerbe 72,1 % 74,9 % Sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen 59,7 % 58,0 % Kunst, Unterhaltung und Erholung 37,6 % 34,2 % Erbringung von sonstigen Dienstleistungen 41,5 % 51,8 % Private Haushalte 72,8 % --- Quelle: Bundesagentur für Arbeit Besonders hoch ist der Anteil von Niedriglohnbeziehenden im Gastgewerbe sowie in den Dienstleistungsbranchen. 24 Tabelle 13b: Berufe mit einem Anteil von mindestens 33% der sozialversicherungspflichti- gen Vollzeitbeschäftigten im Niedriglohnbereich in Sachsen-Anhalt Berufsordnung Medianlohn Anzahl der Personen im Niedriglohnbereich Anteil des Niedriglohnbereiches Friseure 746 3.891 95,0 Floristen 1.006 1.012 92,9 Kellner, Stewards 1.048 2.995 84,6 Wächter, Aufseher 1.122 2.311 72,2 Glas-, Gebäudereiniger 1.148 1.409 71,7 Raum-, Hausratreiniger 1.156 2.484 68,4 Köche 1.223 4.150 64,1 Hilfsarbeiter ohne Tätigkeitsangabe 1.283 11.988 56,5 Verkäufer 1.277 11.060 56,1 Sprechstundenhelfer 1.346 4.953 53,5 Gastwirte, Hoteliers, Gaststättenkaufleute 1.348 662 52,9 Gärtner, Gartenarbeiter 1.370 1.609 50,6 Backwarenhersteller 1.373 1.126 50,5 Telefonisten 1.379 1.730 50,0 Maschinen-, Behälterreiniger 1.407 493 48,5 Bürohilfskräfte 1.449 939 47,7 Werbefachleute 1.473 791 44,5 Masseure, Krankengymnasten und verwandte Berufe 1.496 1.528 41,0 Arbeitskräfte ohne Tätigkeitsangabe 1.575 1.515 38,9 Zahntechniker 1.512 430 36,3 Sozialarbeiter, Sozialpfleger 1.631 3.386 34,8 Pförtner, Hauswarte 1.641 1.798 33,9 Sonstige Montierer 1.599 672 33,8 Tierpfleger, verw. Berufe 1.524 588 32,8 Quelle: Bundesagentur für Arbeit Auf Berufsebene haben Frisörinnen und Frisöre, Floristinnen und Floristen sowie Kellnerinnen und Kellner den mit Abstand höchsten Anteil von Niedriglohnbeziehenden an allen Vollzeitbeschäftigten in Sachsen-Anhalt. Hier sind auch die durchschnittlichen Löhne besonders niedrig. 25 In absoluten Zahlen sind jedoch Beschäftigte in den Berufen Hilfsarbeiter/innen ohne nähere Angaben (N = 11.988) und Verkäufer/innen (N = 11.090) von Niedriglöhnen betroffen. Frage Nr. I.14 Gibt es eine Korrelation von Größe des Betriebes und Zahlung von Niedriglöhnen? Wenn ja, welche und wie bewertet die Landesregierung das Ergebnis? Antwort zu Frage Nr. I.14 Es gibt einen negativen Zusammenhang zwischen Betriebsgröße und der Zahlung von Niedriglöhnen (siehe Abbildung): Mit steigender Betriebsgröße nimmt der Anteil der sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten unterhalb der Niedriglohnschwellen ab. Dieser Zusammenhang gilt sowohl für Gesamtdeutschland als auch für Sachsen-Anhalt. Allerdings verläuft der Trend in Gesamtdeutschland linearer als in Sachsen-Anhalt: bei den kleinen und mittleren Unternehmen liegen die Anteile der sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten im Niedriglohnbereich in Sachsen -Anhalt unter dem Bundesdurchschnitt. Bei größeren Betrieben überschreiten die Anteile in Sachsen-Anhalt den Bundesdurchschnitt. Anteile der SV-pflichtigen Beschäftigten im Niedriglohnbereich - 10,0 20,0 30,0 40,0 50,0 Deutschland insgesamt 43,0 26,1 22,6 18,8 11,9 4,8 Sachsen-Anhalt 36,8 20,2 16,3 17,1 15,5 8,1 bis unter 20 Beschäftigte 20 bis 49 Beschäftigte 50 bis 99 Beschäftigte 100 bis 249 Beschäftigte 250 bis 499 Beschäftigte 500 und mehr Beschäftigte Quelle: Beschäftigtenstatistik der BA, Stand: November 2012, eigene Berechnungen Frage Nr. I.15 Ist nach dieser Auflistung bei einer möglichen Einführung von Mindestlöhnen eine Verlagerung von Arbeitsplätzen nach Ansicht der Landesregierung wahrscheinlich? Antwort zu Frage Nr. I.15 Grundsätzlich spielt für jegliche Form der Lohnfindung, also auch für die Einführung von Mindestlöhnen, die Produktivitätsentwicklung eine überragende Rolle. Je höher die Produktivität, desto höher können auch die Löhne, respektive Mindestlöhne und Einkommen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sein. Positive Entwicklungen auf der Nachfrageseite, etwa infolge allgemeinen Kaufkraftgewinns nach der Einführung von Mindestlöhnen, dürften wegen der damit verbundenen Prognose- und Planungsunsicherheiten für die Unternehmen zunächst keine Rolle spielen. 26 Wird die Bedingung eines solchen produktivitätsgerechten Mindestlohns erfüllt, wirkt dies zunächst einer Verlagerung von Arbeitsplätzen entgegen. Dies gilt insbesondere in Branchen, die in der Regel standortgebundene Produktions- und Dienstleistungstätigkeiten betreffen. Bei den Branchen mit nicht standortgebundenen Tätigkeiten stellt sich dagegen die weitere Frage, ob die durch einen Mindestlohn verursachte Erhöhung der Lohnkosten die durch eine Standortverlagerung entstehenden Mehrkosten übersteigen. Dies betrifft unmittelbare, bereits absehbare Mehrkosten und deren Schwankungsbreiten (z. B. Energie und Transportkosten) sowie die jeweiligen prinzipiellen Standortunsicherheiten und deren Tendenzen, wozu die jeweils relevanten und sich womöglich mit zunehmender Nachfrage nach Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern am Verlagerungsstandort vergleichsweise zügig verändernden Rahmenbedingungen gehören (Lohnsteigerungen, Steuern etc.). Hinzu treten Überlegungen der Unternehmen, die den Preiswettbewerb und die dazu eigene Position am Markt betreffen. Sollten hier die Prognosen und Einschätzungen insgesamt für eine Standortverlagerung sprechen, werden die Unternehmen möglicherweise einen Standort mit niedrigeren Lohnkosten suchen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen: Beschäftigungsabbau ist am wahrscheinlichsten in Bereichen nicht handelbarer Güter und Dienstleistungen – beispielsweise in den Branchen Frisörhandwerk, Wachgewerbe, Floristik und Gaststättenwesen . Frage Nr. I.16 Welche Auswirkungen haben bereits bestehende Branchenmindestlöhne erkennbar mit sich gebracht? Antwort zu Frage Nr. I.16 Die zu erwartenden Wirkungen eines Mindestlohns auf die einschlägigen Zielgrößen Beschäftigung, Arbeitnehmerschutz und Wettbewerb hängen maßgeblich von der Wettbewerbssituation auf dem Arbeits- und Gütermarkt ab. Bei Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt könnten nach einem mindestlohnbedingten Anstieg der Arbeitskosten negative Folgen für die Gesamtbeschäftigung eintreten, sofern der Kostenanstieg nicht durch einen Produktivitätszuwachs aufgefangen wird. Dieser kann etwa durch eine bessere Arbeitsmotivation höher entlohnter Beschäftigter eintreten. Weiterhin sind unter sonst gleichen Umständen die erwarteten Wirkungen des Mindestlohns auf die Beschäftigung umso schwächer, je mehr die Unternehmen damit einhergehende Kostensteigerungen über den Preis ihrer Produkte überwälzen können. Verfügen die Unternehmen dagegen in der Ausgangslage über Marktmacht am Arbeitsmarkt , kann ein Mindestlohn zu positiven Beschäftigungseffekten führen. Der Mechanismus, wonach eine geringere Arbeitsnachfrage zu einem geringeren Lohn führt, wird in diesen Fällen außer Kraft gesetzt. Die durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales in Auftrag gegebenen Evaluationsstudien der eingeführten gesetzlichen Mindestlohnregelungen nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) für die dort aufgeführten Branchen Abfallwirtschaft , Bauhauptgewerbe, Dachdeckerhandwerk, Elektrohandwerk, Gebäudereinigung , Maler- und Lackiererhandwerk, Pflege, Wäschereidienstleistungen gelangten zu dem Ergebnis, dass bis auf nicht in der Größenordnung relevante Ausnahmen sämtliche ermittelte Beschäftigungseffekte nahe Null liegen bzw. nicht statistisch signifikant waren (d.h. nicht neben sonstigen auf die Beschäftigtenzahl einwirkenden Ef- 27 fekten in messbar relevanter Größenordnung identifizierbar). Ausnahme ist der Mindestlohn im Baugewerbe, für den für Ostdeutschland signifikant negative Beschäftigungseffekte festgestellt wurden.15 Die Ergebnisse zeigen auch, dass nach der Mindestlohneinführung der Anteil der befragten Unternehmen, die unterhalb des Mindestlohnes entlohnen, ganz bedeutend gesunken ist. Vereinzelt ist zu beobachten, dass der Mindestlohn zu einer Fachkräfteintensivierung innerhalb der davon betroffenen Branchen beiträgt, dann vermutlich zu Lasten ungelernter Beschäftigter. Die überwiegende Zahl der Unternehmen steht den bestehenden bzw. neu eingeführten Mindestlohnregelungen neutral bis positiv gegenüber. Diese Ergebnisse deuten überwiegen auf die positiven Wirkungen der jeweiligen Mindestlohnregelungen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen. Frage Nr. I.17 In welchen Branchen und mit welcher Lohnhöhe gibt es in Sachsen-Anhalt Tarifverträge mit Tariflöhnen unterhalb von 8,50 Euro? Wie viele Personen sind in diesen Branchen beschäftigt? Wie viele davon in Vollzeit- und wie viele in Teilzeitbeschäftigung ? Wie hoch ist der Anteil von Frauen? Antwort zu Frage Nr. I.17 In den folgenden Branchen finden sich Tarifverträge mit Stundenentgelten bis zu 8,50 € (Stand 01.11.2012) Wirtschaftsgruppe oder Fachbereich Tarifvertrag gültig ab Verdienst pro Stunde ab Konditorenhandwerk 01.01.1996 3,82 € Friseurhandwerk 01.06.1997 3,83 € Floristikfachbetriebe 01.11.2004 4,35 € Bäckerhandwerk 01.12.1996 4,35 € Fleischerhandwerk 01.09.1998 4,99 € Schuhmacherhandwerk 01.12.2002 5,30 € Privates Verkehrsgewerbe 01.07.2000 5,46 € Gartenbaubetriebe 01.07.2012 6,10 € Tankstellen- und Garagengewerbe 01.05.2004 6,43 € Privates Verkehrsgewerbe Bereich Omnibus und Touristik 01.12.2012 6,45 € Miederindustrie 01.07.1998 6,46 € Metallverarbeitendes Handwerk 01.01.2000 6,69 € Buchbindehandwerk 01.05.2003 6,86 € Fotoverarbeitende Betriebe 01.07.2000 6,86 € 15 Siehe IAB-Kurzbericht 4/2012, Seite 5: „Im Hinblick auf die Dynamik am Arbeitsmarkt – also bei Einstellungen und Beendigungen von Arbeitsverhältnissen, aus denen sich die Veränderung des zuvor analysierten Beschäftigungsniveaus zusammensetzt – zeigt sich ein differenziertes Bild. Zum einen ergeben sich Hinweise, dass in Ostdeutschland aufgrund der Mindestlohneinführung weniger Beschäftigte neu eingestellt wurden. [...] Lediglich für Ostdeutschland zeigt sich ein signifikant negativer Effekt der Mindestlohneinführung, wenn als Vergleichsbranche ein dem Bauhauptgewerbe nachgelagerter Wirtschaftszweig herangezogen wird.“ 28 Wirtschaftsgruppe oder Fachbereich Tarifvertrag gültig ab Verdienst pro Stunde ab Systemgastronomie 01.12.2011 6,95 € Fleisch- und Geflügelwirtschaft 01.10.1996 6,97 € Wäschereidienstleistungen im Objektkundengeschäft - Mindestlohn 01.04.2012 7,00 € Wach- und Sicherheitsgewerbe Mindestlohn 01.03.2012 01.01.2013 7,00 € 7,50 € Textilreinigungsgewerbe 01.04.2012 7,01 € Hotel- und Gaststättengewerbe 01.09.2012 7,23 € Gebäudereinigerhandwerk – Mindestlohn 01.01.2012 01.01.2013 7,33 € 7,56 € Karosserie- und Fahrzeugbauerhandwerk 01.10.2004 7,26 € Land- und forstwirtschaftliche Betriebe (Saisonarbeiter) 01.11.2011 7,50 € 6,10 € Zeitarbeit (BZA) - Mindestlohn 01.11.2012 7,50 € Mühlenindustrie 01.02.2010 7,51 € Elektrohandwerk 01.01.2012 7,73 € Pflegebranche - Mindestlohn 01.01.2012 7,75 € Tischlerhandwerk 01.10.2012 8,00 € Sägeindustrie und übrige Holzbearbeitung 01.01.2006 8,21 € Sanitärhandwerk 01.01.1996 8,31 € Glasindustrie 01.05.2012 8,40 € Raiffeisen-Warengenossenschaft 01.07.2012 8,47 € Frage Nr. I.18 Ein Lohn gilt laut Rechtsprechung als sittenwidrig, wenn ein Arbeitgeber nicht mindestens 70 % des maßgeblichen Tariflohnes bzw. des ortsüblichen Lohnes in der betreffenden Branche bezahlt. Sind der Landesregierung in Sachsen-Anhalt Fälle bekannt, in denen sittenwidrige Löhne gezahlt wurden? Wenn ja, wie viele, in welchen Branchen, zu welchen Löhnen und wie viele Personen waren davon betroffen? Antwort zu Frage Nr. I.18 Zur Beantwortung dieser Frage liegen der Landesregierung keine verlässlichen Informationen vor. II. Strukturen prekärer Arbeit in Sachsen-Anhalt Frage Nr. II.19 Wie hat sich seit 2004 die Zahl der Beschäftigten entwickelt, die für Leiharbeitsfirmen tätig sind? Bitte Gesamtzahl und Leiharbeitsquote für Sachsen-Anhalt und Deutschland jährlich aufschlüsseln. Wie hoch ist der Anteil von Frauen? Antwort zu Frage Nr. II.19 Die Antwort auf diese Frage wird auf Basis von Daten der Beschäftigtenstatistik gegeben . Die Quote der Beschäftigten in Verleihbetrieben hat sich zwischen 2004 und 29 2011 bundesweit von 1,3 Prozent auf 2,9 Prozent erhöht. In Sachsen-Anhalt ist im gleichen Zeitraum eine Steigerung der Quote von 1,4 Prozent auf 3,4 Prozent feststellbar . Der Anteil der Frauen liegt in Sachsen-Anhalt durchgängig unter dem Bundesdurchschnitt . Tabelle 19: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am Arbeitsort in der Arbeitnehmer- überlassung nach Geschlecht 2004-2011 Deutschland Sachsen-Anhalt Stichtage SV- pflichtige Beschäftig- te insgesamt Beschäftig - te im Bereich Arbeit- nehmerüberlas - sung Anteil Arbeitneh - mer- überlas sung an al- len Beschäf - tigten in % Anteil Frauen an allen Beschäftig - ten im Bereich Arbeitneh - merüberlas - sung in % SVpflichtige Beschäftigte insgesamt Beschäftigte im Bereich Arbeit- nehmerüberlas - sung Anteil Arbeitneh - merüberlas - sung an allen Beschäftig - ten in % Anteil Frauen an allen Beschäftig - ten im Bereich Arbeitneh - merüberlas - sung in % 30.06.2004 26.523.982 342.250 1,3 27,2 745.440 10.066 1,4 19,9 30.06.2005 26.178.266 380.435 1,5 27,4 720.038 11.200 1,6 20,1 30.06.2006 26.354.336 512.109 1,9 26,9 724.769 15.528 2,1 20,3 30.06.2007 26.854.566 654.033 2,4 27,6 733.703 20.210 2,8 22,4 30.06.2008 27.457.715 710.006 2,6 27,8 743.922 22.584 3,0 23,0 30.06.2009 27.380.096 530.599 1,9 31,0 742.035 18.173 2,4 25,5 30.06.2010 27.710.487 706.631 2,6 29,0 749.102 23.145 3,1 24,3 30.06.2011 28.381.343 820.664 2,9 28,4 758.839 25.962 3,4 24,4 Quelle: Beschäftigtenstatistik der Bundesagentur für Arbeit, Stand: 11/2012, eigene Berechnungen Methodische Anmerkung: Aus der Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit können die Arbeitnehmer von Zeitarbeitsunternehmen über die wirtschaftsfachliche Zuordnung des Betriebes ausgewertet werden (sozialversicherungspflichtig Beschäftigte und geringfügig Beschäftigte). Eine Aussage darüber, ob es sich bei dem/der einzelnen Beschäftigten um eine/n Leiharbeitnehmer/in oder um Stammpersonal , z. B. eine/n Personaldisponenten/-disponentin der Zeitarbeitsfirma, handelt, ist allerdings nicht möglich. Bundesweit liegt die Zahl der gemeldeten Beschäftigten in der Zeitarbeit durchschnittlich ca. 5 % unter denen aus der Arbeitnehmerüberlassungsstatistik . Frage Nr. II.20 Wie hat sich seit 2004 die Zahl der Betriebe in Sachsen-Anhalt und in Deutschland entwickelt, die Leiharbeiter beschäftigen? Bitte getrennt nach Jahren aufführen. Antwort zu Frage Nr. II.20 Die Antwort zu dieser Frage wird aus Tabelle 20 ersichtlich. 30 Tabelle 20: Anzahl der Verleihbetriebe Stichtage Deutschland Sachsen-Anhalt Verleihbetriebe darunter: Betriebszweck aus- schließlich oder überwiegend Arbeitneh- merüberlassung Verleihbetriebe darunter: Betriebszweck aus- schließlich oder überwiegend Arbeitnehmer- überlassung 30.12.2006 12.550 7.965 417 294 30.06.2007 13.608 8.771 475 322 30.06.2008 15.171 9.766 527 356 30.06.2009 15.263 9.734 527 373 30.06.2010 16.115 10.226 535 358 30.06.2011 17.368 11.099 574 396 Quelle: Bundesagentur für Arbeit: Leiharbeitnehmer und Verleihbetriebe 2. Halbjahr 2011 Frage Nr. II.21 Wie hoch ist das durchschnittliche Einkommen der in Sachsen-Anhalt beschäftigten Leiharbeiter? Bitte nach Geschlecht aufschlüsseln. Wie hoch ist das durchschnittliche Lohngefälle innerhalb der Betriebe zwischen Leiharbeitern und regulär Beschäftigten ? Antwort zu Frage Nr. II.21 Die Bundesagentur für Arbeit stellt Angaben zu den Einkommen der sozialversicherungspflichtig in Vollzeit Beschäftigten in der Arbeitnehmerüberlassung (WZ 2003 bis einschl. 2007: 74502, WZ 2008 ab 2008: 782+783) zur Verfügung. Das durchschnittliche Brutto-Monatseinkommen (Medianlohn) der betroffenen Beschäftigten in Sachsen -Anhalt lag im Jahr 2010 bei 1.245 Euro (Männer: 1.280 Euro, Frauen: 1.112 Euro ). Im Vergleich hierzu: der Medianlohn aller in Vollzeit sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Sachsen-Anhalt lag im Jahr 2010 bei 2.001 Euro (Männer: 2.018 Euro, Frauen: 1.962 Euro). Zu den Einkommensdifferenzen zwischen Leiharbeiterinnen und Leiharbeitern und regulär Beschäftigten innerhalb der Betriebe liegen keine Angaben vor. Frage Nr. II.22 Ist die Landesregierung der Auffassung, dass nach einer angemessenen Einarbeitungszeit im Entleihbetrieb bei gleichen Arbeits- und Leistungsbedingungen auch gleiche Arbeitsentgelte für die Stammbelegschaft und die Leiharbeiter gelten sollten? Wenn nein, warum nicht? Antwort zu Frage Nr. II.22 Ja, die Landesregierung ist dieser Auffassung. Frage Nr. II.23 Wie lange sind die Mitarbeiter durchschnittlich bei Leiharbeitsfirmen beschäftigt? Bitte nach Geschlecht aufschlüsseln. 31 Antwort zu Frage Nr. II.23 Exakte Informationen über die durchschnittlichen Beschäftigungsdauern in der Arbeitnehmerüberlassung stehen nicht zur Verfügung. Die durchschnittliche Dauer der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse kann lediglich näherungsweise bestimmt werden. Diese Berechnung ist allerdings mit größeren Unsicherheiten behaftet, da die Messungen der hierfür heranzuziehenden begonnenen und beendeten Beschäftigungsverhältnisse erfassungsbedingte Unschärfen aufweisen. Aussagekräftig ist daher weniger das Niveau der ermittelten Beschäftigungszeiten in der Arbeitnehmerüberlassung, sondern mehr das Verhältnis zu den Beschäftigungszeiten in der Gesamtwirtschaft. Im Jahr 2011 betrug die durchschnittliche geschätzte Dauer sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse in der Arbeitnehmerüberlassung deutschlandweit 9,4 Monate. Im Durchschnitt aller anderen Branchen betrug die Dauer 48,5 Monate und war damit etwa fünfmal so lang16. Zeitreihen zur Beschäftigungsdauer von Leiharbeiterinnen und Leiharbeitern vor dem Jahr 2011 weist die Arbeitnehmerüberlassungsstatistik der Agentur für Arbeit darüber hinaus nur für Deutschland und auf Ebene der Regionaldirektionen aus. Für Sachsen-Anhalt stehen Zeitreihen erst ab dem Jahr 2011 zur Verfügung. Die Entwicklungen seit 2004 sind in Tabelle 23 abgebildet. Tabelle 23: Beendete Arbeitsverhältnisse zwischen Verleihenden und Leiharbeitnehmerin- nen und Leiharbeitnehmern nach Dauer des Arbeitsverhältnisses, Anteile in % Gesamt Männer Frauen weniger als 1 Woche 1 Woche bis unter 3 Monate 3 Monate und mehr weniger als 1 Woche 1 Woche bis unter 3 Monate 3 Monate und mehr weniger als 1 Woche 1 Woche bis unter 3 Monate 3 Monate und mehr Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen 2. Hj. 2004 11,1 43,7 45,2 10,6 44,6 44,7 12,8 40,7 46,5 2. Hj. 2005 11,9 50,9 37,2 11,5 50,6 37,8 13,0 52,0 35,0 2. Hj. 2006 13,2 46,4 40,4 12,7 46,3 41,0 14,6 46,7 38,7 2. Hj. 2007 8,5 44,6 46,9 8,8 45,0 46,2 7,7 43,4 48,9 2. Hj. 2008 6,9 39,7 53,5 6,2 39,0 54,8 9,0 42,1 48,9 2. Hj. 2009 8,4 49,9 41,6 8,4 50,4 41,3 8,6 48,5 43,0 2. Hj. 2010 6,5 47,5 46,0 6,6 47,7 45,7 6,0 46,8 47,2 Sachsen-Anhalt 2. Hj. 2011 7,8 44,3 48,0 6,7 44,0 49,4 10,9 45,0 44,1 Deutschland 2. Hj. 2004 12,0 48,9 39,0 11,7 49,0 39,3 12,7 48,9 38,4 2. Hj. 2005 13,2 51,4 35,4 12,9 51,1 35,9 13,8 52,3 33,9 2. Hj. 2006 12,1 50,4 37,5 11,6 50,7 37,7 13,2 49,8 37,0 2. Hj. 2007 10,3 45,5 44,2 9,5 45,3 45,2 12,1 46,2 41,7 2. Hj. 2008 8,7 42,4 48,9 7,9 42,1 50,0 10,5 43,3 46,1 2. Hj. 2009 10,7 50,2 39,1 10,6 51,3 38,0 11,0 47,4 41,6 2. Hj. 2010 9,5 48,7 41,8 9,0 50,0 41,0 10,7 45,5 43,8 2. Hj. 2011 8,7 42,7 48,6 7,8 42,9 49,3 11,2 42,1 46,7 Quelle: Statistik Arbeitnehmerüberlassung der Agentur für Arbeit, eigene Berechnungen Frage Nr. II.24 Wie lange sind die Mitarbeiter von Leiharbeitsfirmen ohne Unterbrechung beim gleichen Arbeitgeber beschäftigt? Bitte seit 2004 jährlich aufgliedern nach 1 Monat, 16 Bundesagentur für Arbeit: Zeitarbeit in Deutschland – Aktuelle Entwicklungen, Juli 2012, S. 20 32 3 Monaten, 6 Monaten, 9 Monaten, 12 Monaten, bitte für Sachsen-Anhalt und Deutschland sowie nach Geschlecht aufschlüsseln. Antwort zu Frage Nr. II.24 Sofern die Frage auf die durchschnittliche Dauer eines Entleih-Einsatzes abzielt, kann auf eine Studie der IW Consult GmbH in Zusammenarbeit mit dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln („Zeitarbeit in Deutschland“, 2011) verwiesen werden. Demzufolge betrug die durchschnittliche Überlassungsdauer im Jahr 2010 in Unternehmen der Bereiche Industrie, Metall/Elektro sowie gesellschaftsnahe und unternehmensnahe Dienstleistungen bundesweit: - bis 3 Monate: 31 % - 3 bis 6 Monate: 26 % - 6 Monate bis 1 Jahr: 28 % - über 1 Jahr: 15 %. Frage Nr. II.25 Ist die Landesregierung der Auffassung, dass die maximale Verleihzeit an einen Betrieb begrenzt werden sollte, um den Abschluss von Kettenverträgen und damit die Substituierung der Stammbelegschaft zu vermeiden? Wenn nein, warum nicht? Antwort zu Frage Nr. II.25 Die Frage lässt sich nach Überzeugung der Landesregierung nicht mit einem „Ja“ oder „Nein“ beantworten – zu vielschichtig ist die dahinter liegende Problematik. Seit Dezember 2011 ist Leiharbeit tatsächlich nur noch "vorübergehend" zulässig (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Gesetz zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung – AÜG). Allerdings fehlt bislang eine höchstrichterliche Rechtsprechung darüber, welcher Zeitraum konkret damit gemeint sein kann. Dementsprechend finden sich in der Praxis keinerlei Bestrebungen, eine bestimmte Höchstgrenze an Verleihdauer einzuhalten. Vereinzelt gibt es zwar Lösungen auf tarifvertraglicher Ebene, die aber sehr unterschiedlich ausfallen; sie reichen von einer maximalen Überlassungszeit von drei Monaten17 bis zu 24 Monaten18. Zweifellos ist es nicht auszuschließen, dass einige Unternehmen die Leiharbeit mittlerweile als Personalstrategie nutzen, um die Lohnkosten zu senken. Dazu wurde dieses auch von der EU-Kommission geschützte Instrument „Leiharbeit“ nicht geschaffen , sondern bekanntermaßen als flexibles Mittel zur Abfederung von Auftragsspitzen . Bei allem ist jedoch fraglich, ob eine Substitution von Stammbeschäftigten durch Leiharbeitnehmer/-innen dadurch verhindert werden kann, dass die Verleihzeit gesetzlich durch eine Höchsteinsatzdauer begrenzt oder alternativ beispielsweise der Arbeitgeber dazu verpflichtet wird, den eingesetzten Leiharbeitnehmer/ die eingesetzte Leiharbeitnehmerin nach Ablauf einer bestimmten Frist eine Festanstellung anzubieten. Hier erscheinen Ausweichszenarien eher wahrscheinlich (Austausch von Personen), die dann zu Lasten der Leiharbeitnehmer/-innen gehen, ohne einen wirklichen Vorteil für das mit einer solchen Regulierung bezweckte Vorhaben zu bieten. Auch würde man mit einer zu eng bemessenen Frist das gefährden, was die Leihar- 17 saarländische Eisen- und Stahlindustrie vom Dezember 2010 18 Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg vom Mai 2012 33 beit als Sprungbrett in die Festanstellung des Entleihenden bringt (sog. „Klebeeffekt “), der konjunkturabhängig zwischen 7 und 17 % 19 geschätzt wird. Nach Auffassung der Landesregierung verlagert zudem die aktuelle gesetzliche Regelung die Verantwortung in Richtung einerseits der Sozialpartner, deren Bewertungen Niederschlag in tarifvertraglichen Vereinbarungen finden, andererseits der betrieblichen Interessenvertretungen. Auch wenn der Gesetzgeber keine konkrete Höchstüberlassungsdauer definiert, können Betriebsräte zeitliche Befristungen von Leiharbeitnehmern/-innen einfacher durchsetzen. Denn für jede Einstellung eines Leiharbeitnehmers/einer Leiharbeitnehmerin, die nach Auffassung des Betriebsrates nicht nur vorübergehend ist, kann dieser gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG (Verstoß gegen ein Gesetz) die Zustimmung verweigern und dazu einen Verstoß gegen § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG anführen. Nach der derzeitigen Rechtslage kann jedes Betriebsratsgremium dabei für sich selbst entscheiden, wann ein Einsatz vorübergehend ist und wann nicht. Dies ermöglicht gleichzeitig eine angemessene Berücksichtigung der einzelbetrieblichen Situation und Struktur bei der Entscheidungsfindung (wirtschaftliches Umfeld, Personalstruktur, Personalbedarf etc.). Problematisch hierbei ist jedoch , dass vor allem kleinere Unternehmen häufig nicht über einen Betriebsrat verfügen oder sich Betriebsräte als wenig durchsetzungsstark erweisen. Die Landesregierung begrüßt deshalb das Engagement der Sozialpartner zur weiteren inhaltlichen Untersetzung des geltenden gesetzlichen Rahmens im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung ausdrücklich. Frage Nr. II.26 Ist die Landesregierung der Auffassung, dass zur Vermeidung der Substituierung der Stammbelegschaft eine prozentuale Begrenzung der Leiharbeitnehmer im Verhältnis zur Stammbelegschaft des Entleihbetriebes eingeführt werden sollte? Wenn nein, warum nicht? Antwort zu Frage Nr. II.26 In der Antwort zu Frage 25 wurde u. a. dargelegt, dass die betrieblichen Interessenvertretungen entscheidenden Einfluss auf Regelungen insbesondere zur zeitlichen Befristung von Verleihkräften ausüben können. Sofern sie dieses Recht wahrnehmen , verlieren gleichzeitig bestehende Quotenregelungen (z. B. das Zulassen von Leiharbeitnehmern/-innen in Höhe von 5 %) an Bedeutung, da solche Regelungen einer zeitlichen oder vom Zweck her befristeten Überlassung widersprechen. Im Übrigen sprechen die gleichen Gründe, wie sie in Frage 25 kritisch dargelegt sind, gegen eine gesetzlich geregelte Obergrenze von Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern . Frage Nr. II.27 Wie viele Personen (gesamt und anteilig) verlassen die Leiharbeitsfirmen a) in Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt und b) in die Arbeitslosigkeit? 19 Im Boom sind die Chancen besser, im Abschwung schlechter – deshalb schwankt der Klebeeffekt, neben speziellen unternehmensbezogenen Strategien (Reservoir an potentiellen Übernahmekandidaten), in der Realität beträchtlich . 34 Antwort zu Frage Nr. II.27 Nach einer Studie des IAB (IAB-Kurzbericht 13/2010) waren bundesweit von Leiharbeitnemern /-innen aus dem Jahre 2006 innerhalb eines Zwei-Jahres-Zeitraumes 25 % überwiegend außerhalb der Leiharbeit beschäftigt. Eine Studie der IW Consult GmbH in Zusammenarbeit mit dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln berichtet einen sogenannten „Klebeeffekt“ (Übernahme von Zeitarbeitnehmern / -innen durch Entleihunternehmen) in Höhe von 14 % im Jahr 2010. Im Jahr 2011 wechselten in Deutschland 3.038.000 Menschen aus einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt (inkl. Ausbildung) in Arbeitslosigkeit . Dazu liegen für 2.690.000 Personen die Information darüber vor, in welcher Branche sie zuletzt tätig waren. 377.000 Zugänge sind der Arbeitnehmerüberlassung zuzuordnen. Damit gingen 2011 14 % der branchenspezifisch zuordenbaren Zugänge in Arbeitslosigkeit auf diese Branche zurück. Auch das Risiko aus sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung heraus arbeitslos zu werden – die Zahl der Zugänge in Arbeitslosigkeit bezogen auf die Beschäftigten- zahl des Vormonats – ist in der Arbeitnehmerüberlassung überdurchschnittlich hoch. Dieses Risiko lag in der Zeitarbeit 2011 jahresdurchschnittlich bei 3,9 %. Es war damit mehr als viermal so hoch wie im Schnitt über alle Branchen (0,9 %)20. Frage Nr. II.28 Wie ist der Ausbildungs- und Qualifikationsgrad der Leiharbeiter? Bitte für SachsenAnhalt und Deutschland sowie getrennt nach Geschlecht aufschlüsseln. Antwort zu Frage Nr. II.28 Die Antwort zu dieser Frage wird auf der Grundlage der Beschäftigtenstatistik der Bundesagentur für Arbeit gegeben. Die entsprechenden Daten sind in Tabelle 28 ersichtlich . Tabelle 28: Qualifikationsstruktur der sozialversicherungspflichtigen und der geringfügig bzw. kurzfristig Beschäftigten in der Arbeitnehmerüberlassung Insgesamt Männer Frauen Anzahl in % Anzahl in % Anzahl in % SV-pflichtige Beschäftigte 784.340 100,0 554.241 100,0 230.099 100,0 davon: ohne Berufsabschluss 156.953 20,0 112.319 20,3 44.634 19,4 mit Berufsabschluss 317.775 40,5 226.839 40,9 90.936 39,5 Fach-/ Hochschulabschluss 25.802 3,3 15.549 2,8 10.253 4,5 geringfügig od. kurzfristig Beschäftigte 92.231 100,0 43.051 100,0 49.180 100,0 davon: Deutschland ohne Berufsabschluss 14.919 16,2 7.797 18,1 7.122 14,5 20 Quelle: Bundesagentur für Arbeit: Zeitarbeit in Deutschland – Aktuelle Entwicklungen 06/2012, S. 20 35 mit Berufsabschluss 19.801 21,5 8.869 20,6 10.932 22,2 Fach-/ Hochschulabschluss 1.537 1,7 737 1,7 800 1,6 SV-pflichtige Beschäftigte 24.837 100,0 18.547 100,0 6.290 100,0 davon: ohne Berufsabschluss 2.038 8,2 1.572 8,5 466 7,4 mit Berufsabschluss 14.271 57,5 10.803 58,2 3.468 55,1 Fach-/ Hochschulabschluss 385 1,6 205 1,1 180 2,9 geringfügig od. kurzfristig Beschäftigte 1.150 100,0 614 100,0 536 100,0 davon: ohne Berufsabschluss 222 19,3 123 20,0 99 18,5 mit Berufsabschluss 560 48,7 319 52,0 241 45,0 SachsenAnhalt Fach-/ Hochschulabschluss 40 3,5 19 3,1 21 3,9 Quelle: Beschäftigtenstatistik der Bundesagentur für Arbeit, eigene Berechnungen Frage Nr. II.29 Wie ist die Verteilung der Leiharbeiter auf die Branchen? Bitte für Sachsen-Anhalt und Deutschland sowie getrennt nach Geschlecht aufschlüsseln. Antwort zu Frage Nr. II.29 Zur Beantwortung dieser Frage liegen keine konkreten Daten vor. Rückschlüsse auf die Bereiche, in denen Leiharbeiter/innen eingesetzt werden, sind näherungsweise über die ausgeübten Tätigkeiten der Leiharbeiter möglich. Diese sind in der nachfolgenden Tabelle dargestellt. Tabelle 29: Verteilung von Leiharbeitern (m/w) nach Tätigkeitsbereichen der Klassifikation der Berufe 2010 insgesamt Männer Frauen ausgeübte Tätigkeit Anzahl in % Anzahl in % Anzahl in % Deutschland Insgesamt 871.656 100,0 622.247 100,0 249.409 100,0 Land-, Forst-, Tierwirtschaft, Gartenbau 3.915 0,4 2.742 0,4 1.173 0,5 Metallerzeugung, -bearbeitung, -bau 134.309 15,4 115.675 18,6 18.634 7,5 Maschinen- und Fahrzeugtechnikberufe 83.705 9,6 73.412 11,8 10.293 4,1 Mechatronik-, Energie- u. Elektroberufe 58.462 6,7 53.387 8,6 5.075 2,0 Lebensmittelherstellung u. -verarbeitung 24.351 2,8 13.923 2,2 10.428 4,2 Übrige Berufe (Rohstoffgewinnung, Produktion , Fertigung) 130.819 15,0 98.937 15,9 31.882 12,8 Bau, Architektur, Vermessung, Gebäudetechnik 38.252 4,4 36.742 5,9 1.510 0,6 Naturwissenschaft, Geografie, Informatik 15.602 1,8 12.405 2,0 3.197 1,3 Verkehr, Logistik (außer Fahrzeugführer) 152.327 17,5 113.399 18,2 38.928 15,6 Führer von Fahrzeug- u. Transportgeräten 28.977 3,3 27.018 4,3 1.959 0,8 Schutz-, Sicherheits-, Überwachungsberufe 5.601 0,6 4.174 0,7 1.427 0,6 Reinigungsberufe 17.088 2,0 8.173 1,3 8.915 3,6 Kaufmännische Dienstleistungen, Handel, Vertrieb, Tourismus 46.404 5,3 17.960 2,9 28.444 11,4 36 insgesamt Männer Frauen ausgeübte Tätigkeit Anzahl in % Anzahl in % Anzahl in % Unternehmensorganisation, Buchhaltung, Recht, Verwaltung 75.949 8,7 26.128 4,2 49.821 20,0 Gesundheit, Soziales, Lehre u. Erziehung 40.754 4,7 10.176 1,6 30.578 12,3 Geisteswissenschaften, Kultur, Gestaltung 12.577 1,4 6.050 1,0 6.527 2,6 SachsenAnhalt Insgesamt 25.806 100,0 19.886 100,0 5.920 100,0 Land-, Forst-, Tierwirtschaft, Gartenbau 82 0,3 66 0,3 16 0,3 Metallerzeugung, -bearbeitung, -bau 5.409 21,0 5.119 25,7 290 4,9 Maschinen- und Fahrzeugtechnikberufe 2.017 7,8 1.889 9,5 128 2,2 Mechatronik-, Energie- u. Elektroberufe 1.577 6,1 1.546 7,8 31 0,5 Lebensmittelherstellung u. -verarbeitung 1.079 4,2 641 3,2 438 7,4 Übrige Berufe (Rohstoffgewinnung, Produktion , Fertigung) 4.392 17,0 3.388 17,0 1.004 17,0 Bau, Architektur, Vermessung, Gebäudetechnik 1.351 5,2 1.319 6,6 32 0,5 Naturwissenschaft, Geografie, Informatik 478 1,9 332 1,7 146 2,5 Verkehr, Logistik (außer Fahrzeugführer) 4.975 19,3 3.438 17,3 1.537 26,0 Führer von Fahrzeug- u. Transportgeräten 755 2,9 735 3,7 20 0,3 Schutz-, Sicherheits-, Überwachungsberufe 100 0,4 74 0,4 26 0,4 Reinigungsberufe 429 1,7 231 1,2 198 3,3 Kaufmännische Dienstleistungen, Handel, Vertrieb, Tourismus 618 2,4 281 1,4 337 5,7 Unternehmensorganisation, Buchhaltung, Recht, Verwaltung 1.171 4,5 299 1,5 872 14,7 Gesundheit, Soziales, Lehre u. Erziehung 518 2,0 153 0,8 365 6,2 Geisteswissenschaften, Kultur, Gestaltung 594 2,3 218 1,1 376 6,4 Quelle: Bundesagentur für Arbeit: Leiharbeitnehmer und Verleihbetriebe 2. Halbjahr 2011, eigene Berechnungen Frage Nr. II.30 Wie hoch ist der Anteil der Leiharbeiter an der jeweiligen Gesamtbeschäftigung nach Branchen? Bitte ab 2004 jährlich und für Sachsen-Anhalt und Deutschland getrennt aufschlüsseln. Antwort zu Frage Nr. II.30 Für die Beantwortung dieser Frage hält die Arbeitnehmerüberlassungsstatistik keine Daten bereit. Einen annähernden Eindruck über das Ausmaß von Leiharbeit nach Branchen gibt das IAB-Betriebspanel. Demzufolge wurde Leiharbeit in SachsenAnhalt von 3 % aller Betriebe genutzt (Ostdeutschland 3 %, Westdeutschland 4 %). Im Verarbeitenden Gewerbe nutzten 17 % der Betriebe Leiharbeit, im Bereich Bergbau /Energie/Wasser/Abfall 9 % und im Bereich Verkehr/Information/Kommunikation 5 %. Vier von fünf aller Leiharbeiter/innen Sachsen-Anhalts waren allein in diesen drei Branchen tätig. (IAB Betriebspanel Sachsen-Anhalt 2011) Darüber hinaus sind Rückschlüsse auf die Bereiche, in denen Leiharbeiter/innen eingesetzt werden, näherungsweise über die ausgeübten Tätigkeiten der Leiharbeiter /innen möglich. Die Tabellen 30a und 30b weisen hierzu die prozentualen Anteile von Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern in den jeweiligen Tätigkeitsgruppen aus. Sowohl bundesweit als auch in Sachsen-Anhalt liegen demnach die Leiharbeiteranteile in den Fertigungsberufen seit dem Jahr 2004 konstant über dem Durchschnitt und haben zudem erheblich zugenommen von 3,0 % auf zuletzt 7,1 % (Deutschland) bzw. von 3,3 % auf 8,7 % (Sachsen-Anhalt). Die größten Steigerungsraten im Zeitverlauf verzeichnen in Gesamtdeutschland Bergleute und Mineralgewin- 37 ner sowie Dienstleistungsberufe (Steigerung jeweils um das 2,5-fache). Die größten Zuwachsraten in Sachsen-Anhalt sind bei Tätigkeiten im Bereich Pflanzenbau, Tierzucht und Fischerei (3-fach) sowie im Dienstleistungsbereich (2,8-fach) feststellbar. Tabelle 30a: Anteile der Leiharbeitnehmer/-innen an allen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten der jeweiligen Tätigkeitsgruppen in Deutschland 2004 bis 2011 in % Berufsordnungen 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Gesamt (einschl. ohne Angabe) 1,3 1,5 1,9 2,4 2,6 1,9 2,6 2,9 Pflanzbauer, Tierzucht, Fischerei 0,2 0,2 0,4 0,4 0,4 0,3 0,4 0,4 Bergleute, Mineralgewinner 0,8 0,8 0,9 1,3 1,3 1,2 1,6 2,0 Fertigungsberufe 3,0 3,5 4,8 5,9 6,2 4,4 6,2 7,1 Steinbearbeiter, Baustoffhersteller 0,3 0,5 0,7 0,8 0,9 0,8 1,5 1,7 Keramiker, Glasmacher 0,2 0,3 0,4 0,6 0,4 0,4 0,7 0,8 Chemiearb., Kunststoffverarbeiter 0,3 0,5 0,7 0,9 0,9 0,8 1,2 1,7 Papierhersteller/ -verarb., Druck 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,5 0,6 0,9 Holzaufbereiter, -warenfertiger, -verwerter 0,2 0,2 0,2 0,5 0,5 0,4 0,8 1,1 Metallerzeuger, -bearbeiter 1,8 2,1 2,7 3,2 3,5 2,4 3,5 5,3 Schlosser, Mechaniker 2,6 2,8 3,6 4,4 4,6 3,2 3,8 4,5 Elektriker 3,1 3,4 4,1 4,9 5,0 4,1 4,7 4,9 Montierer, Metallberufe, a.n.g. 1,5 1,7 2,6 3,4 3,5 2,2 3,4 4,6 Textil-, Bekleidungsberufe 0,8 1,1 1,9 2,0 2,0 1,6 1,8 1,7 Lederhersteller, Leder-, Fellverarbeiter 0,3 0,4 0,4 0,4 0,6 0,3 0,4 0,5 Ernährungsberufe 0,5 0,5 0,6 0,7 0,8 0,8 0,9 1,1 Bauberufe 0,3 0,4 0,5 0,5 0,5 0,4 0,4 0,5 Bau-, Raumausstatter, Polsterer 0,4 0,5 0,6 0,7 0,7 0,6 0,7 0,8 Tischler, Modellbauer 1,4 1,5 2,3 2,6 2,9 2,5 2,8 2,8 Maler, Lackier, verwandte Berufe 3,5 3,8 4,9 5,7 6,2 5,8 6,4 6,9 Warenprüfer, Versandfertigmacher 1,3 1,6 2,2 2,8 3,0 2,9 3,8 4,1 Hilfsarbeiter ohne Angaben 25,2 30,2 37,3 42,3 42,9 33,2 43,7 45,4 Maschinisten, zugehörige Berufe 0,6 0,9 1,1 1,6 1,8 1,3 2,2 3,3 Technische Berufe 0,6 0,6 0,7 0,9 1,0 0,9 1,0 1,1 Dienstleistungsberufe 0,6 0,7 0,9 1,2 1,3 1,1 1,3 1,5 Warenkaufleute 0,1 0,1 0,2 0,3 0,3 0,3 0,4 0,3 Dienstleistungskaufl., zugehörige 0,3 0,4 0,7 1,0 0,9 0,9 1,0 1,1 Verkehrsberufe 1,9 2,2 3,0 3,7 3,9 2,9 4,1 4,9 Organisations-, Verwaltungs-, Büroberufe 0,9 1,0 1,2 1,5 1,7 1,5 1,6 1,8 Ordnungs-, Sicherheitsberufe 0,2 0,2 0,2 0,3 0,3 0,3 0,6 0,6 Schriftschaffende, -ordnende, Künstler 0,2 0,2 0,3 0,3 0,4 0,3 0,5 0,5 Gesundheitsdienstberufe 0,1 0,1 0,2 0,3 0,3 0,4 0,5 0,5 Soziale, Erziehungsberufe, Geistes-/ Naturwissenschaftler 0,1 0,1 0,2 0,2 0,3 0,4 0,4 0,5 Allg. Dienstleistungsberufe 0,4 0,5 0,6 0,8 0,8 0,7 0,9 1,0 Sonstige Arbeitskräfte 1,0 0,8 0,9 1,3 1,4 1,1 1,2 1,3 38 Tabelle 30b: Anteile der Leiharbeitnehmer/-innen an allen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten der jeweiligen Tätigkeitsgruppen in Sachsen-Anhalt 2004 bis 2011 in % Berufsordnungen 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Gesamt (einschl. ohne Angabe) 1,4 1,6 2,1 2,8 3,0 2,4 3,1 3,4 Pflanzbauer, Tierzucht, Fischerei 0,2 0,5 0,8 1,0 0,9 0,6 0,7 0,6 Bergleute, Mineralgewinner --- --- 0,9 0,8 --- --- --- 0,3 Fertigungsberufe 3,3 4,2 5,8 7,1 7,9 6,3 8,0 8,7 Steinbearbeiter, Baustoffhersteller --- --- 0,9 0,8 2,4 3,6 6,4 6,3 Keramiker, Glasmacher --- 0,5 0,9 0,3 0,3 0,3 --- --- Chemiearb., Kunststoffverarbeiter 1,0 1,0 1,5 0,8 1,4 0,7 1,9 2,8 Papierhersteller/ -verarb., Druck --- --- 0,2 0,4 0,6 0,3 0,4 0,6 Holzaufbereiter, -warenfertiger, - verwerter --- --- --- --- --- --- 0,3 0,5 Metallerzeuger, -bearbeiter 5,0 5,5 5,7 6,3 7,6 6,6 8,1 10,4 Schlosser, Mechaniker 4,8 5,3 6,7 7,7 8,2 6,5 7,2 7,7 Elektriker 4,9 5,0 5,6 5,7 5,8 5,6 6,1 5,7 Montierer, Metallberufe, a.n.g. 2,1 3,2 5,5 7,0 7,4 4,9 7,4 7,4 Textil-, Bekleidungsberufe 0,4 0,7 0,6 0,8 2,1 1,4 1,7 1,4 Lederhersteller, Leder-, Fellverarbeiter --- --- --- --- --- --- --- --- Ernährungsberufe 0,1 0,3 0,3 0,4 0,4 0,3 0,3 0,2 Bauberufe 0,3 0,3 0,5 0,6 0,6 0,6 0,8 0,9 Bau-, Raumausstatter, Polsterer 0,4 0,4 0,7 0,4 0,5 0,4 0,5 0,4 Tischler, Modellbauer 1,3 1,7 2,0 2,3 2,7 2,1 2,4 2,4 Maler, Lackier, verwandte Berufe 1,9 2,1 2,8 4,0 4,7 4,2 4,5 5,2 Warenprüfer, Versandfertigmacher 0,7 1,1 0,8 0,7 2,2 1,2 0,8 1,7 Hilfsarbeiter ohne Angaben 12,1 20,2 27,8 35,4 38,1 31,1 37,9 40,4 Maschinisten, zugehörigeBerufe 0,6 1,1 1,1 1,6 2,1 1,4 3,0 3,2 Technische Berufe 1,7 1,0 0,9 0,8 0,7 0,6 0,7 0,8 Dienstleistungsberufe 0,5 0,5 0,7 1,1 1,1 1,0 1,2 1,4 Warenkaufleute 0,3 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 Dienstleistungskaufl., zugehörige 0,2 0,2 1,0 2,7 2,6 2,6 2,5 3,2 Verkehrsberufe 1,4 1,6 2,3 3,2 3,2 2,6 4,0 4,4 Organisations-, Verwaltungs-, Büroberufe 0,7 0,6 0,8 1,2 1,3 1,2 1,2 1,4 Ordnungs-, Sicherheitsberufe 0,1 0,2 0,2 0,5 0,9 0,8 1,2 1,1 Schriftschaffende, -ordnende, Künstler 0,2 0,3 0,7 0,4 0,2 0,4 0,2 0,3 Gesundheitsdienstberufe 0,1 0,1 0,1 0,2 0,1 0,2 0,2 0,3 Soziale, Erziehungsberufe, Geistes-/ Naturwissenschaftler 0,1 0,1 0,2 0,3 0,3 0,5 0,4 0,5 Allg. Dienstleistungsberufe 0,1 0,1 0,2 0,4 0,5 0,6 0,8 0,8 Sonstige Arbeitskräfte 0,7 0,6 0,7 0,7 0,5 0,6 0,7 0,5 Frage Nr. II.31 Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung zum Umfang der Schwarzarbeit und der illegalen Beschäftigung in Sachsen-Anhalt vor? Welche Maßnahmen hat die Landesregierung zur Eindämmung der Schwarzarbeit bisher ergriffen? 39 Antwort zu Frage Nr. II.31 Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung, Leistungsmissbrauch, Hinterziehung von Steuern und Abgaben schädigen im erheblichen Maße die Volkswirtschaft. Durch die damit verbundene Wettbewerbsverzerrung werden viele Unternehmen in ihrer Existenz bedroht oder gar vernichtet. Insbesondere die Schwarzarbeit bildet, nicht zuletzt auch infolge der Öffnung der Grenzen und Märkte in Europa, der sich verschärfenden Wettbewerbssituation und dem steigenden Kostendruck ein zunehmendes Problem , denn gerade durch sie werden volkswirtschaftliche Schäden und Einnahmeausfälle in Milliardenhöhe verursacht. Der Landesregierung ist bewusst, dass die Bekämpfung der Schwarzarbeit und der illegalen Beschäftigung auch weiterhin eine große Herausforderung darstellt. Deshalb ist es unabdingbar, dass auch in Zukunft alle Anstrengungen zur Bekämpfung der Schattenwirtschaft und Schwarzarbeit in unverminderter Intensität fortgeführt und entsprechende Aktivitäten - natürlich auch auf Bundesebene - unterstützt werden, sowie eine Verstetigung der Zusammenarbeit aller Akteure, auch über die Landesgrenzen hinaus, notwendig sind. Die Landesregierung hat aus diesen Gründen bereits im Juli 2008 einen gemeinsamen Runderlass zur Bekämpfung der Schwarzarbeit im gewerbe- und handwerksrechtlichen Bereich herausgegeben (MBl. LSA S. 575). Schwerpunkt und Ziel des Erlasses bildet die Verbesserung der Koordinierung der Schwarzarbeitsbekämpfungsstellen im Land Sachsen-Anhalt. Hierzu gehört neben der effektiven Nutzung der Personalressourcen auch die Intensivierung des Datenaustausches zwischen den zuständigen Verfolgungsbehörden. Die Intensivierung des Datenaustauschs, der bislang einzelfallbezogen fernmündlich oder per E-Mail erfolgte, soll nunmehr durch eine Webanwendung mit zentraler Datenbankanbindung zur Erfassung von Ordnungswidrigkeiten nach dem Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (SchwarzArbG) und der Handwerksordnung (OWiSch) erreicht werden. Die Anwendung wurde vom Landesbetrieb für Statistik und Kommunikationstechnologie Niedersachsen (LSKN) im Auftrag des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft , Arbeit und Verkehr entwickelt und 2009 in Niedersachsen erfolgreich eingeführt . Mit Hilfe von OWiSch sollen die Ermittlungsmöglichkeiten der Verfolgungsbehörden insbesondere bei Wiederholungstätern und in Fällen überregionaler Schwarzarbeit deutlich verbessert werden. Es soll eine gemeinsame Nutzung der Webanwendung OWiSch für die nach Landesrecht zuständigen Behörden gem. § 12 Abs. 1 Nr. 2 SchwarzArbG auf der Grundlage von § 49c des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) i.V.m. § 486 der Strafprozessordnung (StPO) mit Niedersachsen erfolgen, d. h. es ist beabsichtigt, die Datenbank schnellstmöglich auch für hiesige Behörden nutzbar zu machen, um den Informationsaustausch zwischen den Ermittlerinnen und Ermittlern zu verbessern und somit den Kampf gegen die Schwarzarbeit effizienter zu gestalten. Hinsichtlich der Entwicklung der Schwarzarbeit auch hierzulande geben die zuständigen Behörden zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (Landkreise/kreisfreien Städte) an, dass sich die Schwarzarbeit in ihrer Häufigkeit verfestigt habe. Auf Grund des schwierigen Nachweises des für die Ahndung als Schwarzarbeit erforderlichen erheblichen Umfangs könnten Verstöße zum Teil nur als gewerbe- oder handwerksrechtlicher Verstoß geahndet werden. 40 Ein Rückgang der Verfahren sei zurückzuführen auf die Reduzierung des Personalbestands in den kommunalen Schwarzarbeitsbekämpfungsbehörden sowie auf die Erhöhung des Ermittlungsaufwands, weil die verfolgbaren fundierten Anzeigen zurückgingen . Grundsätzlich ließe sich jedoch Umfang und Entwicklung der Schwarzarbeit schlecht darstellen, weil der Umfang der bearbeiteten Fälle nicht zwangsläufig mit dem tatsächlichen Umfang der Schwarzarbeit korreliere. Aufgrund der eingeschränkten Befugnisse der Kommunen seien auch nicht alle Verdachtsmomente verfolgbar, weil bereits im Verwaltungsverfahren nicht die erforderlichen Anhaltspunkte für die Einleitung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens ermittelt werden könnten. Auch müssten zahlreiche Fälle aus Mangel an Beweisen eingestellt werden, weil die Schwelle für die Beantragung eines Durchsuchungsbeschlusses nicht erreicht werden konnte und andere Ermittlungsansätze nicht bestünden. Tabelle 31: Verhängte Bußgeldbescheide und Bußgelder im Rahmen des Schwarzar- beitsgesetzes in Sachsen-Anhalt von 2009 bis 2012 2009 2010 2011 2012 Bußgeld- bescheide Bußgelder in Euro Bußgeldbescheide Bußgelder in Euro Bußgeldbescheide Bußgelder in Euro Bußgeldbescheide Bußgelder in Euro § 8 Abs. 1 Nr. 1 d Schwarz -ArbG 28 60.000,00 25 23.680 33 38.740 14 24.740 § 8 Abs. 1 Nr. 1 e Schwarz -ArbG 27 20.640,00 27 46.550 20 34.460 10 16.350 § 117 Abs. 1 Nr. 1 HwO 29 3.693,45 28 4.338 38 11.514 30 5930 § 145 Abs. 1 Nr. 1 , 146 Abs. 2 Nr. 2 GewO 140 14.200 223 21.965 219 32.960 337 37.771 In der Mehrzahl der Schwarzarbeitsfälle handelt es sich um handwerksrechtliche Verstöße; gewerberechtliche Verfahren spielen eine nur untergeordnete Rolle. Am häufigsten sind folgende Bereiche betroffen: Maurer- und Betonbauer, Maler-, Lackierer , Straßenbauer, Dachdecker, Kfz-Mechaniker-Handwerk, An- und Verkauf über ebay, Installateur/Heizungsbauer, Friseur, Stuckateur, Schrotthändler, Trockenbau , Hausmeisterdienste. Im Bereich des Berufsbildes des Malers und im Baubereich werden häufig Gefälligkeit, Nachbarschaftshilfe oder Selbsthilfe als Gründe für die Leistungen angegeben, obwohl diese bei einer Kontrolle objektiv nicht vorliegen. Den Bereich der Schwarzarbeit tangierten häufig auch die sog. „Kaffeefahrten“. Bei diesen Veranstaltungen liege der Schwerpunkt erfahrungsgemäß eher auf Delikten des Betruges, da sich die Veranstalter um einen rechtmäßigen Anschein bemühen. Bei tieferer Prüfung würden sich jedoch oftmals Hinweise auf eine fehlende Reise- 41 gewerbekarte wie auch auf die Problematik des § 4 der Gewerbeordnung (GewO) in Bezug auf die Ausübung eines Gewerbes von einer vermeintlich vorhandenen Betriebsstätte im europäischen Ausland ergeben. Weiterhin sei festzustellen, dass vermehrt Gewerbetreibende aus dem EU-Ausland tätig werden. Diese würden in größerer Zahl Betriebsstätten unter einer Anschrift, zum Teil in Wohnblöcken, anmelden und dann im gesamten Bundesgebiet als Scheinselbständige tätig sein. Zugenommen habe auch die Zahl der Wanderlager, die von Unternehmen mit Sitz im Ausland (Österreich und Niederlande) durchgeführt werden. Hier würden mitunter deutsche Gewerbetreibende tätig werden, die unter Ausnutzung der Dienstleistungsfreiheit die gewerberechtlichen Bestimmungen hinsichtlich Anzeigepflicht, Reisegewerbekarte im Inland unterlaufen wollen. Was die Bekämpfungsarbeit an sich betrifft, wird durch die kommunalen Behörden die Zusammenarbeit mit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Hauptzollamtes positiv herausgestellt, insbesondere durch gemeinsame Prüfungen und Aktionstage. Auch die Zusammenarbeit mit den Handwerkskammern wird überwiegend gut eingeschätzt , wobei allerdings die von den Kammern gestellten Anzeigen meist wenig konkrete Angaben enthalten, so dass weitere Ermittlungen oft nicht möglich seien. Die Zusammenarbeit mit den nachgeordneten Gemeinden wird als unproblematisch gesehen, die mit den Innungen wird dagegen als stark verbesserungswürdig eingeschätzt , da die von dort erstatteten Anzeigen wenig aussagefähig seien und es darüber hinaus keine Bereitschaft zu Zeugenaussagen gebe. Die Zusammenarbeit mit den zuständigen Sozialleistungsträgern gestalte sich in Hinblick auf die sehr restriktive Auslegung der Bundesagentur für Arbeit in Bezug auf den Datenschutz und das Sozialgeheimnis schwierig. Auskünfte würden teilweise nur nach formeller schriftlicher Anfrage erteilt, obwohl gemäß § 46 Absatz 1 und 2 OWiG in Verbindung mit § 161 Absatz 1 Satz 1 StPO und § 161a Absatz 1 Satz 1 StPO in Verbindung mit § 67e SGB X und § 68 SGB X eine Auskunftspflicht besteht, insbesondere , wenn eine Vorsprache der Beamten vor Ort stattfindet und diese sich korrekt ausweisen. Weiterhin umfasst die Auskunftspflicht auch eine telefonische Auskunft , wenn die Rufnummer bekannt oder nachvollziehbar ist. Eine Verweigerung der Auskunft bei einer persönlichen Vorsprache und der Verweis auf eine schriftliche und formale Anfrage sind insofern nicht nachvollziehbar. Als nachteilig wird die Zuständigkeitsverteilung nach GewO vom Landkreis auf die Kommunen gesehen. Die Handwerkskammer Magdeburg gibt an, dass die Dunkelziffer als erheblich und die Schwarzarbeit als immense Belastung der überwiegend gesetzestreuen Unternehmen einzuschätzen sei, allerdings die Sachverhalte aus verschiedensten Gründen heraus, gegenüber der Handwerkskammer Magdeburg von Mitgliedsbetrieben, Kunden und Unternehmen nur in Einzelfällen mitgeteilt werden. Bemängelt wird zudem , dass die Handwerkskammer von den Bußgeldstellen regelmäßig auch keine Auskünfte über die Ergebnisse und Entscheidungen in Bußgeldverfahren erhalte. Die Bekämpfungsschwerpunkte werden in der Prävention, Legalisierung auffällig gewordener Gewerbetreibender, in Informationsgesprächen, schriftlichen Belehrungen , Schulungen der kommunalen Fahnder gesehen. Zu den Möglichkeiten der Verbesserung der Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung zählen sowohl gesetzliche als auch administrative Maßnahmen. Überwiegend wird als Ver- 42 besserungsoption die Aufstockung von Personal und Ausstattung gesehen, die in der Regel jedoch von den kommunalen Haushaltssituationen bestimmt werden. Insbesondere die Ausdehnung der Befugnisse des Zolls, die Personen zu ermitteln, die mit anonymen Anzeigen für Dienstleistungen werben, wird als besonders notwendig erachtet. Eine Ermittlung der schaltenden Personen ist auf eine andere Art und Weise nicht möglich. Diese Anzeigen sind erste Hinweise, bei deren weiteren Prüfung sich Feststellungen zu Ordnungswidrigkeiten ergeben können. Insbesondere wird hier auf Fälle abgestellt, die ganz gezielt mit der Tatsache werben, dass der Meistertitel zur Verfügung gestellt wird und nicht die Arbeitskraft. Voraussetzung für eine Prüfung im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens wäre eine Befugnis der kommunalen Verfolgungsbehörden zur Ermittlung der Personen, die derartige Anzeigen schalten. Auch die Ermittlung der Inhaber von Telefonnummern ist in diesem Zusammenhang als notwendige erforderliche Befugnis der kommunalen Verfolgungsbehörden zu nennen. Es soll jedoch gerade nicht das Ziel erreicht werden , die Werbung als solches zu verfolgen. Hier soll lediglich die Möglichkeit geschaffen werden, Anzeigenschalter und Nummerninhaber gemäß § 2 Abs. 1 a SchwarzArbG überprüfen zu können. Frage Nr. II.32 Wie hat sich die Anzahl der Mini-Jobs in Sachsen-Anhalt und in Deutschland seit der gesetzlichen Änderung 2003 verändert? Bitte jeweils Jahresdurchschnittszahlen angeben . Wie viele der geringfügig entlohnten Beschäftigten sind ausschließlich und wie viele im Nebenjob in Mini-Jobs beschäftigt? Wie groß ist jeweils der Anteil von Frauen? Antwort zur Frage Nr. II.32 Zur Beantwortung dieser Frage wird auf die Tabelle 32 verwiesen. Tabelle 32: Geringfügig entlohnte Beschäftigte („Mini-Jobber“) nach Geschlecht in Deutschland und Sachsen-Anhalt 2003 bis 2011 Regionen Stichtage Geringfügig Beschäftigte insgesamt davon Frauen (in %) ausschließlich geringfügig Beschäftigte davon Frauen (in %) im Nebenjob geringfügig Beschäftigte davon Frauen (in %) 30.06.2003 5.532.842 66,4 4.375.325 68,8 1.157.517 57,3 30.06.2004 6.465.645 64,5 4.802.866 67,3 1.662.779 56,3 30.06.2005 6.491.964 64,4 4.746.883 67,1 1.745.081 56,8 30.06.2006 6.750.892 64,3 4.853.596 67,2 1.897.296 56,8 30.06.2007 6.917.770 64,3 4.881.535 67,5 2.036.235 56,5 30.06.2008 7.078.025 64,0 4.882.173 67,4 2.195.852 56,5 30.06.2009 7.191.748 63,9 4.931.783 66,8 2.259.965 57,7 30.06.2010 7.274.398 63,5 4.916.487 66,3 2.357.911 57,5 Deutschland 30.06.2011 7.386.881 62,9 4.894.322 65,9 2.492.559 57,0 30.06.2003 101.417 59,8 85.957 59,7 15.460 60,4 30.06.2004 117.423 59,1 95.796 58,9 21.627 59,9 30.06.2005 106.926 59,5 85.821 59,3 21.105 60,7 Land Sachsen -Anhalt 30.06.2006 111.742 59,8 89.613 59,7 22.129 60,0 43 Regionen Stichtage Geringfügig Beschäftigte insgesamt davon Frauen (in %) ausschließlich geringfügig Beschäftigte davon Frauen (in %) im Nebenjob geringfügig Beschäftigte davon Frauen (in %) 30.06.2007 113.891 60,7 90.946 60,8 22.945 60,3 30.06.2008 115.956 60,9 90.690 60,9 25.266 60,9 30.06.2009 117.584 60,4 90.498 60,1 27.086 61,7 30.06.2010 118.230 60,2 89.998 60,1 28.232 60,7 30.06.2011 117.278 60,3 87.419 60,0 29.859 61,1 Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit (Zeitreihe), Stand: November 2012 Frage Nr. II.33 Hält die Landesregierung die Einführung einer Höchststundenzahl für Mini-Jobs für sinnvoll, um Missbrauch zu begrenzen und Niedrigst-Stundenlöhne zu vermeiden? Wenn nein, warum nicht? Antwort zu Frage Nr. II.33 Sogenannte Mini-Jobs werden häufig von Schülerinnen und Schülern, Studierenden sowie Rentnerinnen und Rentnern als flexible Zuverdienstmöglichkeit genutzt. Von arbeitsmarktpolitischer Relevanz sind geringfügige Beschäftigungsverhältnisse aber vor allem vor dem Hintergrund der Verbesserung der Einstiegs- bzw. Wiedereinstiegschancen langzeitarbeitsloser Menschen in das Erwerbsleben. Zwar kann geringfügige Beschäftigung hier eine Brücke in reguläre Beschäftigung darstellen.21 Jedoch ist die Brückenfunktion von geringfügiger im Vergleich zur sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in eine Beschäftigung mit bedarfsdeckender Entlohnung vergleichsweise gering.22 Die Landesregierung bewertet geringfügige Beschäftigung insofern als ambivalent. Eine DIW-Berechnung23 zeigt, dass im bundesweiten Durchschnitt 60 % aller geringfügig Beschäftigten dem Niedriglohnsektor zugeordnet werden können. Die Studie zeigt aber auch, dass die durchschnittliche Wochenarbeitszeit für Minijobber bei 13 Stunden liegt. Wie die Antwort zu Frage 32 zeigt, ist der Trend zur Ausweitung sogenannter MiniJobs in Sachsen-Anhalt weniger stark ausgeprägt als in der gesamten Bundesrepublik . Vor diesem Hintergrund scheint sich ein spezifischer Regelungsbedarf hinsichtlich der Wochenarbeitszeit insbesondere in Sachsen-Anhalt derzeit nicht abzuzeichnen . Im Übrigen weist die Landesregierung darauf hin, dass die Frage nach einer Höchststundenzahl geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse bei der Einführung der von ihr befürworteten Regelung für verbindliche Lohnuntergrenzen obsolet wäre. 21 Bundesregierung (2011): Anfrage auf Kleine Anfrage der SPD-Fraktion zur Entwicklung der geringfügigen Beschäftigung in Deutschland, Drucksache 17/6986 vom 14.09.2011, Beantwortung der Fragen 64-67. 22 Vgl. hierzu IAB-Kurzbericht 22/2007: Aufstocker – bedürftig trotz Arbeit. 23 Brenke, K. (2012): Geringe Stundenlöhne, lange Arbeitszeiten, in DIW-Wochenbericht 21/2012, S. 4ff. 44 Frage Nr. II. 34 Wie hat sich die Anzahl der Midi-Jobs in Sachsen-Anhalt und in Deutschland seit der gesetzlichen Änderung 2003 verändert? Bitte jeweils Jahresdurchschnittszahlen angeben . Antwort zu Frage Nr. II.34 Die Entwicklung der Beschäftigten im Bereich der Midi-Job ist in Tabelle 34 dargestellt . Tabelle 34: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte insgesamt und im Midi-Job für Deutschland und Sachsen-Anhalt 2003 bis 2011 Regionen Stichtage SV-pflichtige Be-schäftigte Anzahl Midi- Jobber Anteil MidiJobs in % 31.12.2003 26.746.384 607.159 2,3 31.12.2004 26.381.842 733.875 2,8 31.12.2005 26.205.969 946.208 3,6 31.12.2006 26.636.361 1.087.537 4,1 31.12.2007 27.224.084 1.194.932 4,4 31.12.2008 27.632.286 1.241.435 4,5 31.12.2009 27.487.548 1.280.369 4,7 31.12.2010 28.033.420 1.318.923 4,7 Deutschland 31.12.2011 28.787.490 1.364.600 4,7 31.12.2003 757.986 17.477 2,3 31.12.2004 729.871 22.718 3,1 31.12.2005 723.619 32.509 4,5 31.12.2006 733.037 36.030 4,9 31.12.2007 738.883 38.772 5,2 31.12.2008 748.430 41.597 5,6 31.12.2009 744.890 42.657 5,7 31.12.2010 751.618 44.029 5,9 Land Sachsen-Anhalt 31.12.2011 760.084 41.925 5,5 Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit Frage Nr. II.35 Wie hat sich die Zahl der Beschäftigten ohne Vollerwerbstätigkeit mit zwei oder mehr Mini- bzw. Midi-Jobs seit 2003 in Sachsen-Anhalt und in Deutschland entwickelt? Wie groß ist der Anteil von Frauen? Antwort zu Frage Nr. II.35 Sowohl die Beschäftigtenstatistik der Bundesagentur für Arbeit als auch die Berichte der Minijobzentrale beinhalten lediglich Angaben über die Anzahl der geringfügig Beschäftigten . Angaben zu mehrfachen Beschäftigungsverhältnissen stehen nicht zur Verfügung. 45 Frage Nr. II.36 Wie hat sich die Zahl der Erwerbstätigen ohne Krankenversicherungsschutz von dem Jahr 2000 bis zum 31. März 2007 und nach Einführung des Gesetzlichen Krankenversicherungs -Wettbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG) entwickelt? Wie viele Personen waren und sind davon selbständig und wie viele geringfügig beschäftigt? Wie groß ist darunter der Anteil von Frauen? Bitte getrennt nach Jahren aufführen. Antwort zu Frage Nr. II.36 Statistische Daten zum Krankenversicherungsschutz von Bürgerinnen und Bürgern aus Sachsen-Anhalt sind nicht verfügbar. Die im Mikrozensus 2011 für Gesamtdeutschland erhobenen Werte zum Krankenversicherungsschutz der Bevölkerung sind nach Mitteilung des Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalt aufgrund zu geringer Besetzungszahlen in den Merkmalen für Sachsen-Anhalt nicht darstellbar. III. Struktur der Tarifbindung in Sachsen-Anhalt Frage Nr. III.37 Wie hat sich die Flächentarifbindung in den letzten 10 Jahren in Sachsen-Anhalt und in Deutschland entwickelt? Antwort zu Frage Nr. III.37 Die Tarifbindung liegt in Sachsen-Anhalt und Ostdeutschland deutlich unter der in Westdeutschland. Die Bindungswirkung von Tarifverträgen ist mit Blick auf die davon erfassten Beschäftigten deutlich höher als der Vergleich nach Betriebszahlen vermuten lässt. Die Flächentarifbindung zeigte in der Vergangenheit in Sachsen-Anhalt wie auch in Ost- und Westdeutschland rückläufige Tendenzen (vgl. Tabelle 37 sowie Abbildung 37). Tabelle 37: Anteile der von Tarifverträgen erfassten Beschäftigten in Sachsen-Anhalt, Ost- und Westdeutschland 2001-2011 (in %) 2001 2003 2005 2007 2009 2011 Sachsen-Anhalt 62 59 57 54 52 52 Ostdeutschland 58 56 54 53 51 49 Westdeutschland 71 70 67 63 64 61 Quelle: IAB-Betriebspanel 2001-2011 46 Abbildung 37: Betriebe mit Tarifbindung in Sachsen-Anhalt, Ost- und Westdeutschland 1996 bis 2011 (alle Betriebe) Quelle: IAB – Betriebspanel, Wellen 1996-2011 Frage Nr. III.38 Wie hoch ist der Anteil der Beschäftigten in Sachsen-Anhalt, die a) nach einem Branchentarifvertrag, b) in Orientierung an einen Branchentarifvertrag oder c) nach einem Haustarif entlohnt werden? Antwort zu Frage Nr. III.38 Im Jahr 2011 war insgesamt jeder vierte Betrieb Sachsen-Anhalts tarifgebunden, in Westdeutschland traf dies auf jeden dritten Betrieb zu. Gut jeder dritte Betrieb in Sachsen-Anhalt (37 %) richtet sich nach einem Branchentarifvertrag (Ostdeutschland 36 %, Westdeutschland 28 %). Gut die Hälfte der Beschäftigten in Sachsen-Anhalt arbeitet tarifgebunden. Infolge der kleinbetrieblichen Wirtschaftsstruktur arbeitet weiterhin jeder dritte bis vierte Beschäftigte in Sachsen-Anhalt (29 %) in einem Betrieb mit Tariforientierung, in Westdeutschland ist dies knapp jeder Fünfte (Tabelle 38). Aufgrund der Größe der Betriebe, die einen Tarifvertrag abgeschlossen haben, werden in Sachsen-Anhalt 52 % und in Westdeutschland 61 % aller Beschäftigten entsprechend eines Branchen- bzw. Haustarifvertrags entlohnt. Über die Tarifbindung hinaus orientieren sich nach eigenen Einschätzungen zahlreiche Betriebe eher an bestehenden Tarifverträgen. 47 Tabelle 38: Betriebe und Beschäftigte nach Tarifbindung nach Betriebsgrößenklassen und Ländern 2011 Anteil an allen Betrieben Anteil der Beschäftigten in Be- trieben Betriebsgrößenklasse/ Land Betriebe mit Tarifbindung Betriebe mit Orientierung an Tarifver- trägen* Betriebe ohne tarifliche Bezahlung mit Tarifbindung mit Orientierung an Tarifverträ - gen* ohne tarifliche Bezah- lung Prozent Prozent 1 bis 4 Beschäftigte 17 37 46 17 39 44 5 bis 9 Beschäftigte 20 42 38 19 44 37 10 bis 49 Beschäftigte 36 38 26 32 39 29 50 bis 249 Beschäftig- te 66 26 8 69 24 7 ab 250 Beschäftigte 77 14 9 83 11 6 Sachsen-Anhalt 25 37 38 52 29 19 Ostdeutschland 21 36 43 49 26 25 Westdeutschland 34 28 38 61 20 19 * Orientierung hinsichtlich der Bezahlung Quelle: IAB-Betriebspanel, Welle 2011 Frage Nr. III.39 Tarifverträge können für allgemeinverbindlich erklärt werden, sofern die tarifgebundenen Arbeitgeber mindestens 50 % der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Arbeitnehmer beschäftigen. In welchen Bereichen gibt es in SachsenAnhalt allgemeinverbindliche Tarifverträge, die Löhne und Gehälter regeln? Bitte Branche und Höhe der Mindestentlohnung nennen. Antwort zu Frage Nr. III.39 Die allgemeinverbindlichen Tarifverträge in Sachsen-Anhalt und deren Mindestlohnregelungen gestalten sich nach Branchen wie folgt: Tabelle 39: Allgemeinverbindliche Tarifverträge in Sachsen-Anhalt (Stand: 01.01.2013) Branche Beschäftigten-/ Entgeltgruppe Abfallwirtschaft Rechtsverordnung Mindestlohn 8,33 € Bauhauptgewerbe Rechtsverordnung Werker / Mindest- lohn 10,25 € Bergbau-Spezialgesellsch. Rechtsverordnung Mindestlohn I Mindestlohn II 11,53 € 12,81 € Dachdeckerhandwerk Rechtsverordnung Mindestlohn 11,20 € Elektrohandwerk (Montage) Allgemeinverbindlicherklärung Mindestentgelt 8,85 € Gebäudereinigerhandwerk Rechtsverordnung Innenreiniger Glas- und Fassadenreinigung 7,56 € 9,00 € Maler- und Lackiererhandwerk Rechtsverordnung Mindestlohn 9,75 € Pflegebranche Rechtsverordnung Mindestlohn 7,75 € Sicherheitsdienstleistungen Rechtsverordnung Mindestlohn 7,50 € 48 Branche Beschäftigten-/ Entgeltgruppe Sicherheitsdienstleistungen Sachsen-Anhalt Allgemeinverbindlicherklärung (durch Min. für Arbeit und Soziales Sachsen-Anhalt) nur Lohngruppe 2.2 8,60 € Wäschereidienstleistungen im Objektkundengeschäft Rechtsverordnung Mindestlohn 7,00 € Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen Rechtsverordnung Arbeitnehmer im pädagogischen Bereich 10,25 € Frage Nr. III.40 Mit welchen Auswirkungen rechnet die Landesregierung bei der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes? Antwort zu Frage Nr. III.40 Siehe hierzu die Antworten zu Frage Nr. 8 und zu Frage Nr. 16. Frage Nr. III.41 Mit welchen Auswirkungen rechnet die Landesregierung bei der Ausweitung des Entsendegesetzes auf weitere Branchen? Antwort zu Frage Nr. III.41 Die Landesregierung rechnet mit keinen nachhaltig wesentlich nachteiligen Auswirkungen der Ausweitung des Entsendegesetzes auf weitere Branchen und verweist hierzu auf die Antworten zu den Fragen Nr. 8 und Nr. 16 und die dort benannten Maßgaben und Einschränkungen. Entsprechend der Koalitionsvereinbarung und mit Verweis auf den Landtagsbeschluss (Drs. 6/1464) die entsprechende Beschlussrealisierung (Drs. 6/1651) setzt sie sich für eine offensivere Anwendung der Allgemeinverbindlichkeitserklärung und eine Ausweitung des Entsendegesetzes auf weitere Branchen ein. IV. Aufstockende Leistungen nach dem SGB II Frage Nr. IV.42 Wie viele Personen beziehen in Sachsen-Anhalt aufstockende SGB-II-Leistungen, obwohl sie einer Beschäftigung nachgehen? Bitte seit Einführung Entwicklung in halbjährlichen Intervallen und im Jahresdurchschnitt darstellen. Wie stellt sich die Haushaltsstruktur der betroffenen Personen dar? Wenn die Statistik der Arbeitsagentur hierzu keine Aussagen zulassen, bitte die Mikrozensen und den Gender-Report Sachsen-Anhalt 2006 hinzuziehen. Wie groß ist der Anteil von Frauen? Antwort zu Frage Nr. IV.42 Die Entwicklung der erwerbstätigen Beziehenden von SGB-II-Leistungen (sog. „Aufstocker “) in Sachsen-Anhalt ist in Tabelle 42 dargestellt. Insgesamt ist die Zahl der Aufstocker relativ gleich geblieben. Im Hinblick auf die Haushaltsstruktur zeigt sich, dass im Zeitverlauf vor allem Single-Haushalte zunehmend ergänzende ALG-IILeistungen bezogen. Die Zahl der aufstockenden Alleinerziehenden verharrt seit dem Jahr 2008 in etwa auf demselben Niveau. Positiv ist die Entwicklung bei PaarHaushalten zu bewerten. 49 Tabelle 42: Anzahl der erwerbstätigen ALG-II-Beziehenden in Sachsen-Anhalt nach Haushaltsstruktur von Juni 2007 bis Juni 2012 Monat erwerbsfähige Leistungsberechtigte insgesamt davon Frauen darunter: erwerbstätige ALG II - Beziehende insgesamt Frauen Single- BG Allein- erziehend Paar ohne Kinder Paar mit Kindern 06/2007 299.879 148.659 70.266 35.800 17.950 7.777 20.860 20.629 12/2007 285.586 142.904 75.623 38.737 21.298 9.297 20.788 20.723 06/2008 282.523 141.712 78.227 40.583 23.031 9.585 21.371 20.590 12/2008 262.862 132.564 79.727 41.274 25.901 10.226 21.278 18.702 06/2009 265.717 132.049 75.108 40.532 24.013 9.189 21.218 17.302 12/2009 256.365 127.372 77.465 41.192 26.026 9.635 20.697 17.762 06/2010 254.803 126.033 76.117 40.693 26.519 9.359 20.182 17.082 12/2010 238.287 118.731 73.159 38.677 26.684 9.083 18.640 16.026 06/2011 237.084 118.016 71.013 38.200 25.964 9.248 17.770 15.504 12/2011 223.299 112.236 70.436 37.681 26.839 9.704 16.557 15.037 06/2012 223.936 112.529 69.141 37.661 26.362 9.698 16.249 14.739 Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Grundsicherungs-Statistik Frage Nr. IV.43 Wie viele Personen, die aufstockende Leistungen nach dem SGB II erhalten, gehen a) einer Vollzeitbeschäftigung, b) einer Teilzeitbeschäftigung nach oder sind c) geringfügig beschäftigt? Bitte nach Geschlecht unterscheiden. Wie stellt sich die Haushaltsstruktur der betroffenen Personen dar? Wenn die Statistik der Arbeitsagentur hierzu keine Aussagen zulassen, bitte die Mikrozensen und den Gender-Report Sachsen-Anhalt 2006 hinzuziehen . Antwort zu Frage Nr. IV.43 Die Angaben zu den Beschäftigungsstrukturen der Aufstocker können Tabelle 43 entnommen werden. Angaben zum Anteil von Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigungen sind nicht verfügbar. 50 Tabelle 43: Anzahl der erwerbstätigen ALG-II-Beziehenden in Sachsen-Anhalt nach Beschäftigungsstruktur am 30. April 2012 davon darunter davon Merkmal erwerbs - fähige Leis- tungsberech - tigte Ewerbs -tätige ALG II - Beziehende abhängig erwerbs- tätige ALG II - Bezie- hende SV-pflichtig Beschäftig- te ausschließlich geringfügig /ohne Meldung ausschließ - lich ge- ringfügig ohne Beschäfti - gungs- meldung selbständig erwerbstätige ALG II - Beziehen- de Insgesamt 227.20 5 69.160 64.026 34.186 (53,4 %) 29.840 (46,6 %) 22.458 7.382 5.411 Männer 113.50 3 31.270 28.111 15.238 (54,2 %) 12.873 (45,8 %) 8.930 3.943 3.297 Frauen 113.70 2 37.890 35.915 18.948 (52,8 %) 16.967 (47,2 %) 13.528 3.439 2.114 Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Grundsicherungs-Statistik Frage Nr. IV.44 Wie lange beziehen Erwerbstätige, die aufstockende Leistungen nach dem SGB II erhalten, diese Leistungen? Bitte nach Quartalen und Art der Beschäftigung sowie getrennt nach Geschlecht aufschlüsseln. Antwort zu Frage Nr. IV.44 Eine Beantwortung der Frage nach der Länge des Leistungsbezugs ist der Landesregierung nicht möglich. Allerdings kann eine Aussage zur Verweildauer leistungsberechtigter Personen mit Brutto-Erwerbseinkommen im SGB II-Leistungsbezug in Form der nachfolgenden Tabelle getroffen werden. Diese weist aus, wie lange der SGB II-Leistungsbezug der zum jeweiligen Stichtag leistungsberechtigten Personen mit Brutto-Erwerbseinkommen seit Beginn ihrer Hilfebedürftigkeit, gestaffelt nach bestimmten Zeitintervallen, bereits anhält. Geringfügige Abweichungen bei den Personenzahlen zu den Angaben in den Fragen Nr. 42 und 43 rühren daher, dass in der nachfolgenden Auflistung allein der Einkommenszufluss maßgeblich für die Zählung ist. Es kann ferner keine Aussage dazu getroffen werden, wie lange parallel zum Leistungsbezug bereits Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt wurde. Es ist daher nicht auszuschließen, dass ein Teil der in der Tabelle erfassten Personen sich zwar bereits seit längerem im Leistungsbezug befindet, jedoch erst seit kurzem Erwerbseinkommen erzielt. Auswertungen sind darüber hinaus nicht quartalsweise, sondern nur halbjährlich, die aktuellsten Daten für Dezember 2011, die frühesten Daten für Dezember 2009 vorhanden. Künftige Aktualisierungen können dem Internet unter  Statistik nach Themen  Grundsicherung für Arbeitsuchende  Dauern entnommen werden. Eine weitergehende Untergliederung nach Art der Beschäftigung sowie Geschlecht ist hierzu nicht verfügbar. 51 Tabelle 44: Erwerbsfähige Hilfebedürftige mit Brutto-Erwerbseinkommen jeweils Anteil an Bestand klassiert nach bisheriger Verweildauer im SGB II in % Bestand unter 3 Monate 3 bis unter 6 Monate 6 bis unter 12 Monate 1 bis unter 2 Jahre 2 Jahre und länger Zählmonat 1 2 3 4 5 6 Dezember 2009 x 8,8 6,7 11,5 13,8 59,2 Juni 2010 74.496 4,0 4,0 11,0 15,9 65,1 Dezember 2010 73.854 9,0 6,4 9,2 13,8 61,5 Juni 2011 72.948 7,4 8,8 9,8 12,6 61,3 Dezember 2011 71.371 8,7 6,3 9,6 12,2 63,2 Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit Dezember 2009 wies keinen plausiblen absoluten Wert aus Frage Nr. IV.45 Wie lange beziehen Erwerbstätige, die aufstockende Leistungen nach dem SGB II erhalten, diese Leistungen? Bitte nach Quartalen und Art der Beschäftigung sowie getrennt nach Geschlecht aufschlüsseln. Antwort zu Frage Nr. IV.45 Die Angaben zu den Wirtschaftszweigen, in denen die Aufstocker/innen tätig sind, können den Tabellen 45a und 45b entnommen werden. Der größte Anteil der aufstockenden sozialversicherungspflichtigen Männer arbeitet in den Branchen Wirtschaftliche Dienstleistungen, Arbeitnehmerüberlassung und Handel, Instandhaltung/ Reparatur von Kraftfahrzeugen wieder. Die weiblichen Aufstocker arbeiten überwiegend in den Branchen Handel, Instandhaltung/ Reparatur von Kraftfahrzeugen, Gesundheits- und Sozialwesen sowie wirtschaftliche Dienstleistungen . Tabelle 45a: Anzahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten ALG-II-Beziehenden in Sachsen-Anhalt Wirtschaftszweige WZ 2008 Insgesamt Männer Frauen Insgesamt 34.186 15.238 18.948 Land-, Forstwirtschaft und Fischerei 588 396 192 Bergbau, Energie- u. Wasserversorg., Entsorgung 359 278 81 Verarbeitendes Gewerbe 2.515 1.525 990 Baugewerbe 1.607 1.444 163 Handel, Instandhaltung, Rep. von Kfz 5.197 1.810 3.387 Verkehr und Lagerei 1.873 1.394 479 Gastgewerbe 3.036 1.085 1.951 Information und Kommunikation 200 113 87 Erbr. von Finanz- u. Versicherungsdienstl. 189 31 158 Arbeitnehmerüberlassung (ANÜ) 2.718 1.895 823 Reinigungsdienste (REI) 2.622 712 1.910 52 Wirtschaftszweige WZ 2008 Insgesamt Männer Frauen Wirtschaftliche Dienstleistungen (ohne ANÜ) 4.472 2.189 2.283 Öffentl. Verw., Verteidigung, Soz.-vers., Ext.Orga. 768 338 430 Erziehung und Unterricht 1.449 751 698 Gesundheits- und Sozialwesen 3.658 604 3.054 sonst. Dienstleistungen, Private Haushalte 2.929 667 2.262 Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Grundsicherungs-Statistik: Stand: April 2012 Im Hinblick auf die geringfügig beschäftigten Aufstocker/innen zeigt sich ein etwas anderes Bild. Männer sind vorwiegend in den Branchen Wirtschaftliche Dienstleistungen , Handel, Instandhaltung/ Reparatur von Kraftfahrzeugen sowie Verkehr und Logistik beschäftigt. Frauen sind zusätzlich in einem relativ hohen Ausmaß im Bereich der Sonstigen und in privaten Haushalten tätig. Tabelle 45b: Anzahl der ausschließlich geringfügig beschäftigten ALG-II-Beziehenden in Sachsen-Anhalt nach Branchen Wirtschaftszweige WZ 2008 Insgesamt Männer Frauen Insgesamt 22.458 8.930 13.528 Land-, Forstwirtschaft und Fischerei 434 260 174 Bergbau, Energie- u. Wasserversorg., Entsorgung 115 78 37 Verarbeitendes Gewerbe 729 343 386 Baugewerbe 1.026 824 202 Handel, Instandhaltung, Rep. von Kfz 4.464 1.384 3.080 Verkehr und Lagerei 2.388 1.345 1.043 Gastgewerbe 3.200 1.037 2.163 Information und Kommunikation 556 295 261 Erbr. von Finanz- u. Versicherungsdienstl. 75 14 61 Arbeitnehmerüberlassung (ANÜ) 283 83 200 Reinigungsdienste (REI) 2.284 512 1.772 Wirtschaftliche Dienstleistungen (ohne ANÜ) 2.747 1.432 1.315 Öffentl. Verw., Verteidigung, Soz.-vers., Ext.Orga. 354 165 189 Erziehung und Unterricht 194 60 134 Gesundheits- und Sozialwesen 1.299 333 966 sonst. Dienstleistungen, Private Haushalte 2.308 765 1.543 Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Grundsicherungs-Statistik; April 2012