Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/2051 30.04.2013 (Ausgegeben am 02.05.2013) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Sören Herbst (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Abgeordneter Christoph Erdmenger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Lärmschutzmaßnahmen bei Schienenverkehrsprojekten Kleine Anfrage - KA 6/7847 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr 1. Wie positioniert sich die Landesregierung zu dem Ausbau der Schienen- wege im Zuge des Projektes der Erweiterung Ehlebrücke Biederitz in Bezug auf die zu erwartenden Auswirkungen durch die erhöhten Lärmemissionen für die Anwohner? Die Landesregierung begrüßt den Ausbau der Schienenwege im Zuge des Projektes Erweiterung der Ehlebrücke als Teil des Ausbaus des Knotens Magdeburg . Der Schutz der Anwohner vor Lärmemissionen ist Gegenstand eines Planfeststellungsbeschlusses. Soweit Bürger wegen angeblicher Fehler der dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden schalltechnischen Untersuchung Klage erhoben haben, bleibt ihr Ergebnis abzuwarten. 2. Mit welchem Verkehrsaufkommen rechnet die Landesregierung auf dem betroffenen Bauabschnitt? Aufgrund des von ihr bestellten Schienenpersonenverkehrs rechnet die Landesregierung mit folgenden Zugzahlen: Montag - Donnerstag: 117 Personenzüge pro Tag Freitag: 118 Personenzüge pro Tag Samstag: 102 Personenzüge pro Tag Sonntag: 102 Personenzüge pro Tag Hinzu kommen durchschnittlich 76 Güterzüge pro Tag (siehe Antwort zu Frage 3). 2 3. Ist der Landesregierung bekannt, wie viele Güterganzzüge pro Tag die Eh- lebrücke sowie die Stadtstrecke über Magdeburg-Neustadt, MagdeburgRothensee , Magdeburg-Sudenburg, Magdeburg-Buckau, MagdeburgAltstadt und Magdeburg-Stadtfeld heute passieren und künftig passieren sollen? Bitte Angaben mit Jahreszahlen und Quelle der Erhebung /Prognose versehen. Die Landesregierung führt hierzu keine eigene Erhebung. Sie hat daher die DB AG um Information gebeten. Diese teilt auf Grundlage ihrer Zugzahlendatenbank Folgendes mit: Es verkehrte im Stadtbereich Magdeburg durchschnittlich täglich folgende Anzahl von Güterzügen: Magdeburg-Neustadt 73 Güterzüge Magdeburg-Rothensee 136 Güterzüge Magdeburg-Sudenburg 235 Güterzüge Magdeburg-Buckau 204 Güterzüge Ehlebrücke 76 Güterzüge Die o. g. Zahlen sind das Ergebnis einer durchschnittlichen Betrachtung unterschiedlicher Strecken, die durch Magdeburg führen - betrachtet an unterschiedlichen Betriebsstellen in der 43. Woche 2012. Eine zahlenkonkrete Prognose zur weiteren Entwicklung der Güterverkehre auf der Schiene kann nicht gegeben werden. 4. Wie hoch ist der Lärmpegel an den Strecken aktuell und welche Veränderung wird in Zukunft erwartet? Die Geräuschbelastung (Immission) durch den Schienenverkehrslärm ist den 2007 vom Eisenbahnbundesamt erstellten Lärmkarten nach § 47c des BundesImmissionsschutzgesetzes (BImSchG) zu entnehmen (siehe: http://laermkartierung.eisenbahnbundesamt.de/index.aspx?site=EBA&project=E BA_ VIEWER&map=121&&ovopen=true&sid=647760bb-ebff-44e0-a263- b01d8c906c48). Hinzuweisen ist auf den Umstand, dass die Lärmkarten nicht nach der Berechnungsvorschrift in Anlage 2 der Verkehrslärmschutzverordnung, sondern nach der „Vorläufigen Berechnungsvorschrift für Schienenlärm (VBUSch)“ (Bundesanzeiger Nr. 154 vom 17. August 2006, S. 5693) erstellt wurden. Diese Berechnungsvorschrift enthält keinen Schienenbonus. Das Eisenbahnbundesamt hat mit Schreiben vom 16. November 2011 an das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit mitgeteilt, dass frühestens Ende 2013 eine Aktualisierung der Lärmkarten vorliegen wird. Sachsen-Anhalt führt keine eigenen Ermittlungen zur Geräuschbelastung an Schienenwegen des Bundes durch. Daher liegen aktuellere Lärmkarten nicht vor. 3 5. Hält die Landesregierung die vom Eisenbahnbundesamt in Aussicht ge- stellten passiven Lärmschutzmaßnahmen für die Anwohnerinnen und Anwohner für ausreichend? 6. Welche zusätzlichen aktiven und/oder passiven Lärmschutz-Maßnahmen hält die Landesregierung für geboten? Die Fragen 5 und 6 beziehen sich auf Neu- bzw. Ausbauvorhaben. Für solche Vorhaben besteht nach der Verkehrslärmschutzverordnung - 16. BImSchV ein Anspruch der Nachbarschaft und Allgemeinheit auf Schutz gegen Lärm beim Bau und der wesentlichen Änderung von Schienenwegen ohne Ermessensspielraum für die Länder. Die Höhe des geschuldeten passiven Schallschutzes regelt die Verkehrswege-Schallschutzmaßnahmeverordnung - 24. BImSchV. 7. Welche Auswirkungen haben die erhöhten Verkehrsströme für den Bereich der Landeshauptstadt Magdeburg und welche Maßnahmen zum passiven und aktiven Lärmschutz hält die Landesregierung für den Bereich der Landeshauptstadt Magdeburg für geboten? Ob und welche Maßnahmen zum passiven und aktiven Lärmschutz zu ergreifen sind, richtet sich allein nach den in der Antwort zu Fragen 5 und 6 benannten gesetzlichen Regelungen. 8. Unterstützt die Landesregierung die Abschaffung des Schienenbonus und wie beurteilt sie § 16 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) im Zusammenhang mit dem möglichen Ausbau der erwähnten Strecke? Die Landesregierung unterstützt die Abschaffung des Schienenbonus. Die Landesregierung beurteilt den Ausbau des Schienenweges durch Erweiterung der Ehlebrücke nicht im Zusammenhang mit § 16 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes , da sich dieser Paragraph auf wesentliche Änderungen genehmigungsbedürftiger Anlagen bezieht. Ein Schienenweg ist keine genehmigungsbedürftige Anlage im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes1. 9. Macht sich die Landesregierung für die angemessene Berücksichtigung von Lärmspitzen bei zukünftigen Novellierungen des Bundesimmissionsschutzgesetzes stark? Da derzeit keine belastbaren Grundlagen aus der Lärmwirkungsforschung vorliegen , wie Geräuschpegelspitzen bei Schienenverkehrsgeräuschen zu bewerten sind, kann sich die Landesregierung nicht zu dieser Frage positionieren. 10. Setzt sich die Landesregierung für gesetzliche Regelungen ein, die die Emissionen verschiedener Lärmquellen summieren, um der tatsächlichen Gesamtbelastung der Bevölkerung gerecht zu werden? Da die Grundlagen für eine Ermittlung der Gesamtgeräuschbelastung fachlich umstritten sind, fehlt die Basis für eine derartige Initiative. Die Lärmkartierung 1 Der Anhang der 4. BImSchV enthält die abschließende Liste der nach BImSchG genehmigungsbedürftigen Anlagen. Schienenwege zählen nicht dazu. 4 nach § 47c BImSchG zeigt, dass praktisch überall, wo hohe Geräuschbelastungen auftreten, eine Geräuschquelle dominant ist. Effektive Lärmminderung ist daher nicht von einer Erfassung der Gesamtbelastung durch verschiedene Lärmquellen abhängig. 11. Wie vertritt die Landesregierung den Anspruch ihrer Bürger auf eine minimierte Belastung durch Schienenverkehrslärm gegenüber der Deutschen Bahn AG im Rahmen des Lärmsanierungsprogramms der Deutschen Bahn AG? Es ist nicht bekannt, auf welches Lärmsanierungsprogramm der Deutschen Bahn AG sich die Frage bezieht. Die DB AG verweist bei der Lärmsanierung auf das Lärmsanierungsprogramm des BMVBS (siehe http://www.bmvbs.de/SharedDocs/DE/Artikel/LA/laermvorsorge-und-laermsanierung .html). Die Dringlichkeitsreihung in diesem Lärmsanierungsprogramm ergibt sich aus der Zahl der Lärmbetroffenen und der Höhe der Geräuschbelastung. Das DB Umweltzentrum stellt dem BMVBS aus seinem Lärmbelastungskataster die fachliche Grundlage für die Dringlichkeitsreihung zur Verfügung. Die Dringlichkeitsreihung basiert nicht auf der Lärmkartierung nach § 47c BImSchG. 12. Wie unterstützt die Landesregierung ihre Kommunen bei der Lärmaktionsplanung und ihrer Umsetzung, auch hinsichtlich des Schienenverkehrslärms ? Das Landesamt für Umweltschutz hat frühzeitig alle Gemeinden, die Lärmminderungsplanungen durchführen müssen, über die fachlichen Anforderungen und die Durchführung der Planungen informiert. Das Landesamt stellt auf seiner Internetseite ein „Formular zur Musteraktionsplanung“ zur Verfügung (siehe: http://www.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Elementbibliothek/Bibliothek_Politik _und_Verwaltung/Bibliothek LAU/Laerm/Laermminderungsplanung /Kartierung_2._Stufe/Laermaktionsplanung/Dateien/Formular_zur_Mustera ktionsplanung.doc). Ob und in welchem Umfang bei der aktuellen Lärmaktionsplanung an Schienenwegen des Bundes eine Unterstützung von Gemeinden durch das Landesamt für Umweltschutz erforderlich sein wird, hängt vom Ausgang des derzeit laufenden Vermittlungsverfahrens zur Bundesrats-Drucksache 11/13 ab. 13. Erarbeitet die Landesregierung eine Statistik der landesweiten Lärmbelastung und Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung, z. B. auf Basis der Ergebnisse der Lärmkartierung gemäß Umgebungslärmrichtlinie? Die Landesregierung erarbeitet für die Geräuschbelastung durch Schienenverkehr keine derartige Statistik. Das Eisenbahnbundesamt hat im Rahmen seiner Mitteilungspflicht nach § 47c Abs. 6 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes die Zahl der Betroffenen in bestimmten Geräuschpegelklassen an das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) bzw. an die vom BMU benannte Stelle zu nennen (siehe dazu die Lärmstatistik unter http://laermkartierung.eisenbahnbundeamt.de/index.aspx?site=EBA&project=E BAVIEWER&map=121&&ovopen=true&sid=647760bb-ebff-44e0-a263- b01d8c906c48). 5 Eine Statistik zur Gesundheitsgefährdung wird nicht geführt, weil die EU-Umgebungslärmrichtlinie 2002/49/EG in dem einschlägigen Anhang III bislang keine Dosis-Wirkungskurven zur Bewertung der gesundheitsschädlichen Auswirkungen enthält.