Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/2060 02.05.2013 (Ausgegeben am 07.05.2013) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Ralf Bergmann (SPD) Bekämpfung Eichen-Prozessionsspinner Kleine Anfrage - KA 6/7860 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt 1. Wie haben sich die Populationen des Eichen-Prozessionsspinners in den zurückliegenden Monaten entwickelt und mit welchem Befallsdruck rechnet die Landesregierung nach derzeitigem Stand in diesem Jahr? Die Datenbasis für die Ausweisung von Bekämpfungsflächen wurde in Sachsen -Anhalt für die Eiche im Jahr 2013 auf der Basis nachfolgender Grundlagen erhoben: - Fraßbonitur, - Meldungen der Reviere des Landeszentrums Wald aus 2012 (dabei wurden nur die Kategorien „zu erwartender Kahlfraß“ und „starker Lichtfraß“ sowie Flächen ab einem Hektar berücksichtigt), - Überwachung anhand von Leimringen für die laufende Überwachung des Frostspannerbefalls, - Daten aus dem Online-Meldeportal der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt , - Berechnung eines „Kahlfraß-Index“ unter Berücksichtigung der Restbelaubung , revierweise Überprüfung der Eizahl pro Weibchen (um Gradationsstadium zu ermitteln). Der sich danach ergebende Gesamtflächenumfang belief sich auf rund 4.000 ha Bruttofläche, von denen im Rahmen der Bekämpfung Abzüge entsprechend der beauflagten Abstandsregelungen vorzunehmen sind. Innerhalb von Natura 2000-Gebieten wurden maximal 1.755,07 ha veranschlagt. 2 Diese Flächen werden laufend überprüft und aktualisiert. Es besteht das Ziel, nur dort zu bekämpfen, wo durch den Fraß des Eichen-Prozessionsspinners - vor allem bei Kombination mit Befall durch Frostspanner und Eichenwickler (sogenannte Eichenfraßgesellschaft) - Schäden zu erwarten sind, die den Fortbestand der Bestände ernsthaft gefährden. Nach aktuellen Erkenntnissen hat sich die Bruttofläche auf 1.100 ha reduziert (siehe Tabelle 1), davon 277 ha in Natura 2000-Gebieten (Tabelle 2). Die Bekämpfung ist für dieses Jahr auf insgesamt 712 ha vorgesehen. Tabelle 1) Bestände mit Bruttofläche Forstbetrieb/Betreuungsforstamt Bruttofläche in ha Landesforstbetrieb Altmark 227,3 Landesforstbetrieb Anhalt 159,0 Landeszentrum Wald Westliche Altmark 116,3 Landeszentrum Wald Nordöstliche Altmark 176,6 Landeszentrum Wald Letzlingen 148,8 Landeszentrum Wald Elb-Havel-Winkel 59,3 Landeszentrum Wald Nedlitz 151,4 Landeszentrum Wald Annaburg 58,0 Summe 1096,7 Tabelle 2) Betroffene FFH-Gebiete: Codierung STATUS Name des Naturschutzgebietes EU-NR Fläche/ha FFH0011LSA iR Untere Havel und Schollener See DE 3239 301 0,03 FFH0012LSA iR Elbaue zwischen Sandau und Schönhausen DE 3238 302 4,67 FFH0014LSA iR Kamernscher See und Trübengraben DE 3238 303 1,60 FFH0034LSA iR Tanger-Mittel- und Unterlauf DE 3536 302 0,03 FFH0035LSA iR Mahlpfuhler Fenn DE 3536 301 2,56 FFH0036LSA iR Süppling westlich Weißewarte DE 3537 303 0,02 FFH0060LSA iR Golmengliner Forst und Schleesen im Fläming DE 3940 301 74,85 FFH0074LSA iR Gewässersystem Annaburger Heide südöstlich Jessen DE 4244 302 0,05 FFH0186LSA iR Buchenwald östlich Klötze DE 3333 301 53,37 3 FFH0244LSA iR Waldgebiet Ferchau bei Salzwedel DE 3232 303 132,24 SPA0003LSA iR Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See DE 3239 401 4,02 SPA0011LSA iR Elbaue Jerichow DE 3437 401 3,57 Summe 277,02 iR = Schutzgebiet nach internationalem Recht 2. Welche Gifte werden zur Bekämpfung des Eichen-Prozessionsspinners eingesetzt? Es werden nach der Freigabe durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit die betroffenen Flächen mit den Mitteln Karate und Dipel ES aviochemisch beflogen. Folgende Festlegungen zur Mittelwahl wurden durch das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt getroffen: Wenn Bekämpfung in Schutzgebieten Natura 2000 unvermeidbar ist, dann erfolgt diese ausschließlich mit Dipel ES, bei dem die Beeinträchtigung von Nichtzielorganismen infolge der Wirkungsweise nahezu ausgeschlossen ist. In Gebieten mit starker Durchsetzung von Gewässern erfolgt ebenfalls nur Einsatz von Dipel ES. Ansonsten erfolgt überwiegend der Einsatz von Karate. 3. Sind beim Einsatz von Giften zur Bekämpfung des Eichen- Prozessionsspinners ökologische Folgeschäden zu erwarten? Wenn ja, bitte näher erläutern. Nein. Beim Einsatz von Dipel ES werden nur zum Bekämpfungszeitraum in Eichenkronen fressende Raupen und Schmetterlingsarten beeinträchtigt. Für Natura 2000-Gebiete wurde im Vorfeld anhand der im Landesamt für Umweltschutz vorliegenden Daten geprüft, ob geschützte Arten betroffen sein könnten. Das ist nicht der Fall. Das Ergebnis wurde mit den anerkannten Naturschutzvereinen abgestimmt, denen im Vorfeld die zur Beurteilung erforderlichen Unterlagen einzelflächenweise übergeben wurden. Karate Forst flüssig ist ein Kontakt- und Fraßinsektizid, das grundsätzlich alle Insekten im Kronenraum trifft. Daher wurde dieses Mittel in sensiblen Gebieten von vornherein ausgeschlossen. Im Waldschutz werden flächige Bekämpfungen mit Luftfahrzeugen nur durchgeführt , wenn eine existentielle Gefährdung der Bestände vorliegt und gesicherte Prognosen die Maßnahme rechtfertigen. Das Ziel ist dann in der Regel nicht die Ausrottung eines Schaderregers, sondern die Wiederherstellung der natürlichen Regelkreise. Daraus folgt, dass im Waldschutz oft mit höheren Bekämpfungsschwellen und mit Pflanzenschutzmitteln mit geringeren Wirkungsgraden gearbeitet wird als im Gesundheitsschutz. Im Zusammenhang mit Abstandsregelun- 4 gen - beispielsweise zu Gewässern oder zum Waldrand kann davon ausgegangen werden, dass keine ökologischen Folgeschäden zu befürchten sind. 4. Gibt es ökologische Begleituntersuchungen beim Einsatz von Giften zur Bekämpfung des Eichen-Prozessionsspinners z. B. durch Monitoring? Über ein direktes naturschutzfachliches Monitoring bei Bekämpfungsmaßnahmen verfügt Sachsen-Anhalt nicht, wohl aber über eine Erfolgskontrolle der Maßnahmen, bei der auch die Schädigung von Nichtzielorganismen festgestellt werden würde. 5. In welchem Unfang stehen in diesem Jahr vom Land finanzielle Mittel zur Bekämpfung des Eichen-Prozessionsspinners zur Verfügung und wie viel ist davon für die ökologische Begleituntersuchung vorgesehen? Zur Bekämpfung des Eichen-Prozessionsspinners wurden im Haushaltsplan für das Jahr 2013 220.300 Euro eingestellt. Eine Trennung nach direkter Bekämpfung und Begleituntersuchung erfolgte nicht.