Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/2072 08.05.2013 (Ausgegeben am 13.05.2013) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Dietmar Weihrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Gartenabfallverbrennung Kleine Anfrage - KA 6/7806 Vorbemerkung des Fragestellenden: Nach wie vor ist in einigen Landkreisen die Verbrennung von Gartenabfällen erlaubt. Die Verbrennung von Gartenabfällen trägt neben Emissionen von verschiedenen Luftschadstoffen auch zur Feinstaubbelastung der Luft bei. Laut einigen Verordnungen über die Verbrennung von Gartenabfällen ist es bei Inversionswetterlagen verboten , Gartenabfälle zu verbrennen (z. B. § 5 der Verordnung des Bördekreises „Der Landkreis kann die Zeiträume verschieben, wenn dies aufgrund ungünstiger Witterungsverhältnisse erforderlich ist“). Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt 1. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, dass sich Grenzwertüber- schreitungen für Feinstaub (PM10) auf die Verbrennung von Gartenabfällen zurückführen lassen bzw. das diese Verbrennungen zu Grenzwertüberschreitungen beigetragen haben. Ist z. B. die Grenzwertüberschreitung am 20. Oktober 2012 in Magdeburg auf die Verbrennung von Gartenabfällen zurückzuführen? Die Messergebnisse des Luftüberwachungssystems Sachsen-Anhalt (LÜSA) weisen aus, dass einige Überschreitungen des Feinstaub-PM10-Tagesgrenzwertes von 50 µg/m3 auf die Gartenabfallverbrennung zurückzuführen sind. Die Überschreitungen des PM10-Tagesmittelwertes am 20./21. Oktober 2012 in der Landeshauptstadt Magdeburg stehen in Zusammenhang mit der Verbrennung von Gartenabfällen im Landkreis Börde. 2 2. Wie wird das Verbot zur Verbrennung von Gartenabfällen bei Inversionswetterlagen praktisch umgesetzt? Welche Behörde ist zuständig für die Information über Inversionswetterlagen und an wen gibt diese Behörde die Meldungen weiter? Welche Vorschriften zum Verfahrensablauf existieren ? Wie werden Bürgerinnen und Bürger über die Existenz einer Inversionswetterlage (bzw. einer „ungünstigen Witterung“) informiert? Wie oft wurde in der Vergangenheit ein Verbrennungsverbot bei Inversionswetterlagen angeordnet? Die Umsetzung der landkreisspezifischen Regelungen zur Gartenabfallverbrennung und somit auch das Verfahren der Information bei Inversionswetterlagen liegen in der Zuständigkeit der Landkreise. Die Regelung von Zuständigkeiten, Verfahrensabläufen und die Organisation der Überwachung sind Angelegenheiten der Landkreise. Statistische Daten zum Verbrennungsverbot bei Inversionswetterlagen liegen der Landesregierung nicht vor. 3. Wie bewertet die Landesregierung den Einfluss der Gartenabfallverbren- nung auf die Feinstaubelastung in den Städten, in denen die Landesregierung die Einrichtung von Umweltzonen angeordnet hat? Umweltzonen sind in den Städten Magdeburg und Halle (Saale) eingerichtet worden. In beiden Städten ist die Gartenabfallverbrennung nicht erlaubt. Eine Beeinflussung der Feinstaubbelastung durch Gartenabfallverbrennung in den umliegenden Landkreisen kann in einzelnen Fällen auftreten. 4. Hält die Landesregierung es für zulässig, dass laut Verbrennungsverord- nung des Landkreises Mansfeld-Südharz vom Dezember 2012 Entscheidungen über die Verbrennung von Gartenabfällen auf die Gemeinden verlagert wurden und innerhalb der Einheitsgemeinden für die einzelnen Ortsteile unterschiedliche Regelungen für das Verbrennen von Gartenabfällen gelten? Hält die Landesregierung es vor dem Hintergrund des Bestimmtheitsgebots für zulässig, dass in der genannten Verordnung die Formulierung „Brennerlaubnis nach Abstimmung mit der Gemeinde“ auftaucht ? Hält die Landesregierung es weiterhin nach den Bestimmtheitsgebot für zulässig, dass in der Verordnung des Landkreises für einige Gemeinden die zulässigen „Brenntage“ nicht mit Datum, sondern nur unbestimmt festgelegt werden („2 Tage im Frühjahr“, „im Herbst“ oder „im Frühjahr“) und den Gemeinden der Spielraum für nähere Festlegungen gegeben wird? Hält die Landesregierung es weiterhin nach dem Bestimmungsgebot für zulässig, dass in der Verordnung des Landkreises die Formulierung „starker Wind“ verwendet wird, ohne dies genauer zu definieren ? Wenn ja, bitte begründen. Wenn nein, wird die Landesregierung über die Kommunalaufsicht eine Änderung der Verordnung erwirken? Grundsätzlich bestehen keine Bedenken, wenn ein Landkreis bei der Nutzung der die ihm übertragenen Verordnungsermächtigung insbesondere auch mit Blick auf die Forderung, dass eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit nicht zu besorgen sein darf, für verschiedene Orte oder Ortsteile unterschiedliche Regelungen trifft, um damit regionalen/örtlichen Unterschieden oder regional unterschiedlichen Witterungsverhältnissen Rechnung zu tragen. 3 Hinsichtlich der Rechtmäßigkeit und Bestimmtheit, insbesondere soweit die Festlegung uneingeschränkt der Gemeinde übertragen wird, bestehen Bedenken . Entsprechende fachaufsichtliche Hinweise werden an den Landkreis übermittelt. Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit der verwendeten Formulierung „starker Wind“ bestehen nicht. Die Bedeutung des Begriffs „starker Wind“ ist in seinem Regelungsgehalt erkennbar, wenn man das in den übrigen Regelungen des § 5 der Verordnung (Beschränkungen, einzuhaltende Sicherheitsbestimmungen) ebenso zum Ausdruck kommende Bestreben berücksichtigt, eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit oder Gefährdung der Nachbarschaft nach Möglichkeit zu verhindern. Starker Wind herrscht dann, wenn aufgrund der Luftbewegung am konkreten Standort ein unkontrolliertes Ausbreiten des Feuers oder Funkenflug möglich erscheint. Hier sind die Umstände des Einzelfalles maßgeblich, sodass eine genauere Fassung etwa unter Angabe einer bestimmten Windstärke nicht zielführend erscheint (vgl. auch VG Hannover 12 A 2623/11 vom 30.08.2012). 5. Welche Mechanismen existieren, um sicherzustellen, dass nur erlaubte Stoffe verbrannt werden (Gartenabfälle, d. h. trockene Pflanzen und verholzte Pflanzenteile bzw. pflanzliche Abfälle, die aus phytosanitären Gründen verbrannt werden müssen)? Die Landkreise, die von der Verordnungsermächtigung Gebrauch machen, benennen im Wesentlichen folgende Mechanismen: • stichprobenartige und anlassbezogene Kontrollen, • Öffentlichkeitsarbeit, • Erweiterung alternativer Entsorgungsmöglichkeiten, • Einbeziehung des Amtes für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten im Fall der Verbrennung aufgrund phytosanitärer Notwendigkeit, • Einleitung von Ordnungswidrigkeiten- oder Bußgeldverfahren. 6. Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung aus den Ergebnissen der „Biomassepotenzialstudie Sachsen-Anhalt - Biogene Stoffe und Abfälle in ausgewählten Wirtschaftszweigen“ (Kurzbericht November 2012) gezogen , in deren Kapiteln 7 und 8 Möglichkeiten der Alternativen zur Verbrennung von Gartenabfällen aufgezeigt werden. Die Ergebnisse der Biomassepotenzialstudie mit Bezug auf Alternativen zur Verbrennung von Gartenabfällen zeigen, dass über das in Sachsen-Anhalt bereits erreichte relativ hohe Niveau der Bioabfallerfassung hinaus gehende Potenziale vorhanden sind. Zu den Möglichkeiten, diese Potenziale zu erschließen, gehört unter anderem, die Verbrennung pflanzlicher Gartenabfälle weiter einzuschränken. Dieses Ergebnis der Studie geht mit den abfallwirtschaftlichen Zielen der Landesregierung konform. 4 7. Wie wird die Einhaltung der Verbrennungsverordnung in den Landkreisen kontrolliert? Wurden Verstöße gegen die Verordnungen festgestellt? Wenn ja, in welchem Umfang und hinsichtlich welcher Tatbestände? Wurden Bußgelder wegen dieser Verstöße verhängt bzw. welche sonstigen verwaltungsrechtlichen Maßnahmen wurden ergriffen? Bei Bußgeldern bitte auch die Höhe angeben. Die Kontrollen erfolgen nach Angaben der Landkreise in der Regel stichprobenartig und anlassbezogen. In allen Landkreisen wurden Verstöße festgestellt, die sich teilweise auf die Verordnungen der Landkreise und teilweise auf die Vorgaben des Kreislaufwirtschaftsgesetzes bezogen. Die ermittelten Verstöße betreffen: • Nichtbeachtung der Witterungsbedingungen, • Verbrennung unzulässiger Abfälle, darunter nicht trockener Abfälle (Rauch- entwicklung), • Nichteinhaltung von Mindestabständen und Verbrennzeiten, • Verlassen der Feuerstelle. Je Landkreis wurden bis zu 51 Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. Die Höhe der jeweils verhängten Verwarn- und Bußgelder wird mit einer Spanne von 20 bis 1.000 Euro angegeben. 8. Wertet die Landesregierung die Erfahrungen mit der Gartenabfallverbrennung aus? Wenn ja, welche Ergebnisse brachte die Auswertung? Wenn nein, warum nicht? Ja. Die abfallrechtlichen Erfahrungen sprechen für die Beibehaltung der gegenwärtigen Rechtslage, wonach Regelungen zur Gartenabfallverbrennung nicht zentral durch das Land, sondern bei Bedarf auf kommunaler Ebene getroffen werden können, um sachgerecht den unterschiedlichen Gegebenheiten vor Ort Rechnung tragen zu können.