Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/2080 16.05.2013 (Ausgegeben am 17.05.2013) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Dorothea Frederking (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Legehennen-Skandal Kleine Anfrage - KA 6/7835 Vorbemerkung des Fragestellenden: Aktuellen Medienberichten zufolge sollen Millionen Eier aus Freiland- und Bodenhaltung sowie von Bio-Betrieben unter Verstößen gegen Vorschriften zur Haltung von Legehennen und zur lebensmittelrechtlichen Kennzeichnung in den Handel gelangt sein. Die Anzahl der zugelassenen Hennen wurde demnach deutlich überschritten, konventionell erzeugte Eier wurden fälschlich als Bio-Eier deklariert und die Tiere erhielten in Bio-Betrieben zum Teil konventionelles Futter. Verdachtsfälle soll es auch in Sachsen-Anhalt geben. Ermittlungen der zuständigen Staatsanwaltschaft Oldenburg sollen eingeleitet worden sein. Das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt Sachsen-Anhalt ließ durch die Medien am 28. Februar 2013 verkünden, dass die Landkreise und kreisfreien Städte am Tag zuvor aufgefordert wurden, alle Betriebe zu kontrollieren. Das betreffe sowohl Erzeuger als auch Packstellen und Handel, konventionell und ökologisch erzeugte Eier. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt 1. Welche Ergebnisse liegen der Landesregierung aus den durchgeführten landesweiten Kontrollen in den Landkreisen und kreisfreien Städten vor? Bestätigt die Landesregierung, dass die Ermittlungen auch LegehennenBetriebe in Sachsen-Anhalt betreffen? Wenn ja, um wie viele Betriebe handelt es sich? Wo befinden sich diese Betriebe mit welcher genehmigten Tierplatzzahl und welcher offiziellen Haltungsform? Falls die aktuellen Kontrollen Verstöße gegen geltendes Recht ergeben haben, wie bewertet die Landesregierung die Kontrollmechanismen außerhalb dieser anlassbezogenen Kontrollen? 2 Es wurden auf den drei Vermarktungsstufen Erzeuger, Eierpackstelle und Großhandel insgesamt 53 Kontrollen ohne Feststellung eines Verstoßes gegen die Kennzeichnungspflichten für Eier durchgeführt. An die zuständigen Staatsanwaltschaften Sachsen-Anhalts wurden durch die Staatsanwaltschaft Oldenburg insgesamt sieben Verfahren abgegeben. Die sechs tatsächlich Sachsen-Anhalt betreffenden Verfahren wurden von Seiten der Staatsanwaltschaft wegen nicht nachweisbarer Tat bzw. nicht vorliegenden Straftatbestandes eingestellt. 2. Wie viele Legehennen-Betriebe existieren in Sachsen-Anhalt mit einer ge- nehmigten Tierplatzanzahl in den Kategorien: - bis 1.000 Legehennen, - 1.000 bis 10.000 Legehennen, - 10.000 bis 15.000 Legehennen, - 15.000 bis 40.000 Legehennen, - 40.000 bis 60.000 Legehennen, - mehr als 60.000 Legehennen? Bitte zusätzlich die jeweiligen Betriebe mit Ortsangabe, Haltungsform und genaue Anzahl genehmigter Tierplätze benennen. Wie viele unangekündigte und angekündigte Kontrollen gab es in den Jahren 2010, 2011 und 2012 in den jeweiligen Betrieben mit welchem Ergebnis? Genehmigte Tierplatzanzahl Zahl Legehennenbetriebe bis 1.000 Legehennen 96 Betriebe 1.000 bis 10.000 Legehennen 14 Betriebe 10.000 bis 15.000 Legehennen 5 Betriebe 15.000 bis 40.000 Legehennen 9 Betriebe 40.000 bis 60.000 Legehennen 10 Betriebe mehr als 60.000 Legehennen 8 Betriebe Einzelbetriebliche Daten können aus Datenschutzgründen nicht ausgegeben werden. Im Jahr 2010 erfolgten durch die Landkreise und kreisfreien Städte insgesamt 112 Kontrollen zur Einhaltung der EG-Vermarktungsnormen, davon 53 Kontrollen in Erzeugerbetrieben, 22 Kontrollen in Eierpackstellen und 37 Kontrollen im Großhandel. In 38 Erzeugerbetrieben wurde zudem die Einhaltung der Bestimmungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung geprüft. Im Jahr 2011 wurden durch die Landkreise und kreisfreien Städte insgesamt 169 Kontrollen zur Einhaltung der EG-Vermarktungsnormen durchgeführt, davon 104 Kontrollen in Erzeugerbetrieben, 29 Kontrollen in Eierpackstellen und 36 Kontrollen im Großhandel. In 45 Erzeugerbetrieben erfolgte zudem die Prüfung der Einhaltung der Bestimmungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung . Im Jahr 2012 sind durch die Landkreise und kreisfreien Städte insgesamt 121 Kontrollen zur Einhaltung der EG-Vermarktungsnormen durchgeführt wor- 3 den, davon 48 Kontrollen in Erzeugerbetrieben, 35 Kontrollen in Eierpackstellen und 38 Kontrollen im Großhandel. In 56 Erzeugerbetrieben wurde zudem die Einhaltung der Bestimmungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung geprüft . Die Kontrollen erfolgten grundsätzlich unangekündigt. Im Ergebnis der Kontrollen waren Kennzeichnungsmängel, Überschreitung zugelassener Gewichtstoleranzen in Eierpackstellen, fehlende Registrierung nach dem Legehennenbetriebsregistergesetz sowie Mängel in der Buchführung und an Gebäuden und Einrichtungen die häufigsten Beanstandungsgründe. 3. Wie groß ist der mittlere zeitliche Abstand zwischen zwei unangemeldeten Kontrollen für einen Betrieb? Die Auswahl der Kontrollen zur Einhaltung der EG-Vermarktungsnormen erfolgt nach einer durch das Landesverwaltungsamt vorgegebenen Risikoanalyse und zusätzlich anlassbezogen durch den jeweiligen Landkreis bzw. die kreisfreie Stadt. Dabei richtet sich der zeitliche Abstand zwischen zwei unangemeldeten Kontrollen nach der Risikoklasse. Jeder Erzeugerbetrieb wird ca. zweimal in drei Jahren einer tierschutzrechtlichen Regelkontrolle sowie, soweit erforderlich, einer anlassbezogenen Kontrolle durch den jeweiligen Landkreis bzw. die jeweilige kreisfreie Stadt unterzogen . Spezialisierte Öko-Geflügelhalter mit einer durchschnittlichen Bestandsgröße von mehr als 3.000 Tieren werden mindestens zweimal jährlich durch die ÖkoKontrollstelle kontrolliert, davon einmal unangekündigt. Bei einer Bestandsgröße von mehr als 10.000 Tieren werden mindestens vier Inspektionen jährlich von der Öko-Kontrollstelle durchgeführt, davon drei unangekündigt. Darüber hinaus werden durch die Kontrollstellen auf der Basis einer Risikoanalyse Kontroll - und Stichprobenbesuche bei Unternehmen vorgenommen. 4. Kann die Zahl der Legehennen, die in den jeweiligen Betrieben gehalten werden, durch Kontrollen hinreichend genau ermittelt werden? Falls nein, wird die Anzahl der Tiere ausschließlich nach Rechnungen und Lieferscheinen , die die Betriebe den Kontrollierenden vorlegen, ermittelt? Falls ja, mit welchen Maßnahmen soll die Ermittlung von falschen Tierplatzzahlen (z. B. durch die Vorlage von fehlerhaften Unterlagen oder durch betrügerische Falschangaben) ausgeschlossen bzw. minimiert werden? Die Zahl der Legehennen, die im Betrieb gehalten werden, kann im Rahmen der vorgesehenen Kontrollen anhand von zu führenden Bestandsbüchern und durch Zugang zu den Betriebsstätten ermittelt sowie durch Prüfung der Aufzeichnungen und aller einschlägigen Belege festgestellt werden. Nach Erhebung der Anzahl der Tiere durch Prüfung von Rechnungen und Lieferscheinen erfolgt anhand spezifischer Daten (Futterverbrauch, Legeleistung, Verluste Schlachtabrechnung etc.) eine Plausibilitätsprüfung der Angaben. Da- 4 zu werden auch unternehmensübergreifende Warenflusskontrollen von Lieferanten oder Abnehmern durchgeführt (sogenannter Cross Check). 5. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass die Eier in den Betrieben gemäß der Haltungsform richtig deklariert werden? Es werden Kontrollen auf allen Vermarktungsstufen wie Erzeuger, Packstellen und Großhandel sowie im Rahmen der Lebensmittelüberwachung im Lebensmitteleinzelhandel durchgeführt. Diese Kontrollen erfolgen unangemeldet bzw. anlassbezogen. Durch die entsprechende Kontrolldichte und Kontrolltiefe in Verbindung mit einem gegenseitigen Informationsaustausch zwischen den zuständigen Kontrollbehörden ist davon auszugehen, dass Verstöße gegen eine rechtskonforme Deklaration der Haltungsformen auf den Eiern grundsätzlich aufgedeckt werden können. 6. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass die gesetzlichen Bestimmungen der Hühner-Haltung eingehalten werden? Für die Überwachung der Einhaltung der veterinärrechtlichen Bestimmungen sind im Wesentlichen die Landkreise und kreisfreien Städte, die der Fachaufsicht durch das Landesverwaltungsamt unterliegen, zuständig. Die Kontrolltätigkeit auf allen betroffenen Rechtsgebieten ist durch das Qualitätsmanagementsystem des Landes für alle Veterinärbehörden einheitlich geregelt. Hinsichtlich der amtlichen Kontrollen wird auf die Beantwortung der Fragen 2 bis 4 verwiesen. Im Bereich der Öko-Unternehmen werden neben den gesetzlich vorgesehenen behördlichen Kontrollen (Lebens- und Futtermittelüberwachung, Tierschutz etc.) zusätzlich die Vorgaben der EG-Öko-Verordnung durch Öko-Kontrollstellen geprüft . Die Öko-Kontrollstellen werden in vorgeschriebenem Umfang durch die zuständige Öko-Kontrollbehörde überwacht. 7. Hält die Landesregierung die finanziellen und personellen Ressourcen al- ler zuständigen Kontrollbehörden in Sachsen-Anhalt für aktuell ausreichend , um alle gesetzlichen Mindestkontrollen (angekündigt und unangekündigt ) zu gewährleisten, die vorgesehen sind, um die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen der Nutztierhaltung für alle Tierarten in Sachsen-Anhalt zu kontrollieren? Falls nein, welche konkreten organisatorischen , personellen und finanziellen Rahmenbedingungen wären nach Ansicht der Landesregierung erforderlich, um dies zu gewährleisten? In Beantwortung der Kleinen Anfrage zur „Durchsetzung der TierschutzNutztierhaltungsverordnung “ (KA 6/7659) hat die Landesregierung bereits dargelegt , dass angesichts der Vielzahl gewerbsmäßiger Tierhalter sowie des Umfanges der Kontrollparameter einschließlich zunehmender Dokumentationspflichten besondere Anstrengungen erforderlich sind, mit den derzeit vorhandenen personellen Ressourcen der Landkreise und kreisfreien Städte eine umfassende Kontrolltätigkeit zur Einhaltung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung abzusichern. Die Landesregierung nahm diesen Bericht zum Anlass, das Landesverwaltungsamt zu bitten die für die Einhaltung der tierschutzrechtlichen Regelungen zuständigen Behörden aufzufordern, dass sie gemäß der Verord- 5 nung (EG) Nr. 882/2004 die erforderlichen personellen und materiellen Ressourcen sicherzustellen haben. Nach aktueller Berichterstattung des Landesverwaltungsamtes liegen derzeit keine Erkenntnisse vor, die auf eine nicht ordnungsgemäße Wahrnehmung von Kontrollaufgaben hindeuten. Im Rahmen der Fachaufsicht wurden die Landkreise und kreisfreien Städte vorbeugend durch das Landesverwaltungsamt aufgefordert , über Mängel bei der Umsetzung der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 halbjährlich, beginnend mit dem 30. Juni 2013 zum 15. des Folgemonats zu berichten . Aus Sicht der Vermarktung sind die finanziellen und personellen Ressourcen der zuständigen Kontrollbehörden in Sachsen-Anhalt gegeben. Der gesetzlich vorgegebene Mindestkontrollumfang bei Öko-Unternehmen wird in SachsenAnhalt gewährleistet.