Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/2151 07.06.2013 (Ausgegeben am 10.06.2013) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Dorothea Frederking (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Abgeordneter Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Präpariertes Gentechnikversuchsfeld in Gatersleben Kleine Anfrage - KA 6/7886 Vorbemerkung des Fragestellenden: Nach Informationen der Mitteldeutschen Zeitung vom 26. März 2013 - ausgehend von einem Brief des Landeskriminalamtes an die Staatsanwaltschaft Magdeburg - soll in der Pflanzenforschungs-Anlage Gatersleben (Salzlandkreis) im Jahr 2012 ein „präpariertes Versuchsfeld“ angelegt worden sein, um mit speziellen „kriminaltechnischen Fallen“ Gentechnikgegner, welche das Feld angreifen würden, zu überführen . Laut Zeitungsbericht schnappte diese Falle nicht zu und es wurden keine Täter der Feldzerstörung überführt. Das Ermittlungsverfahren wurde Ende 2012 eingestellt. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Ist die oben genannte Meldung zutreffend? Der oben zitierte Inhalt der Pressemeldung der „Mitteldeutschen Zeitung“ vom 26. März 2013 ist zutreffend. 2. Handelte es sich bei dem mit polizeilicher Überwachungstechnik „präpa- rierten Versuchsfeld“ um ein Gentechnik-Versuchsfeld, welches im Standortregister als Freisetzung eingetragen wurde? Wenn ja, um welches Versuchsfeld handelte es sich? Bitte Genehmigungszeichen angeben . 2 Nein, bei der in Rede stehenden Fläche handelte es sich nicht um ein Gentechnik -Versuchsfeld. Eintragungen in das Standortregister für Freisetzungen und Anbau von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) sind gemäß Gentechnikgesetz für die Flächen vorzunehmen, auf denen gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut werden bzw. werden sollen. Da aus diesem Grund keine Eintragung in das Standortregister erfolgte, ist auch kein Genehmigungszeichen vorhanden. 3. Standen auf dem „präparierten Versuchsfeld“ gentechnisch veränderte Pflanzen? Nach Auskunft des Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) Gatersleben wurden auf der landwirtschaftlichen Nutzfläche keine gentechnisch veränderten Pflanzen angebaut. 4. Auf wessen Initiative wurde das Feld angelegt? Durch wen wurden die Pflanzen ausgebracht? Das IPK Gatersleben legte auf Vorschlag des Landeskriminalamts (LKA) Sachsen -Anhalt ein so genanntes „Dummy-Feld“ an und brachte Pflanzkartoffeln aus. 5. Was war der Anlass für das Versuchsfeld? Wurde es zu Forschungszwe- cken angelegt? Welche Rolle spielte beim Anlegen des Feldes die Entscheidung , dieses als „präpariertes Versuchsfeld“ zu nutzen? Am 11. Juli 2011 kam es in Üplingen (Bördekreis) zum Verdacht der räuberischen Erpressung zum Nachteil mehrerer Bediensteter eines Wachschutzunternehmens . Unbekannte zerstörten anschließend ein Versuchsfeld mit gentechnisch veränderten Pflanzen. So genannte „Genfeldbefreier“ bekannten sich zu den Straftaten. Im Laufe der polizeilichen Ermittlungen konnte eine Individualspur gesichert werden. Ziel des Vorschlags zur Errichtung des „DummyFeldes “ war die Möglichkeit, hierüber den bisher unbekannten Spurenverursacher mit der Hilfe von Vergleichsmaterial zu identifizieren. 6. Welche Firmen, Institutionen und andere organisatorische Einheiten wa- ren beim Anlegen des „präparierten Versuchsfeldes“ und seiner kriminaltechnischen Überwachung eingebunden? Bei der Errichtung und der kriminaltechnischen Überwachung des „DummyFeldes “ waren das IPK sowie das LKA Sachsen-Anhalt beteiligt. 7. Welcher Art waren die „speziellen kriminaltechnischen Fallen“ und in welchem Zeitraum wurden sie eingesetzt? Auf welcher Rechtsgrundlage fußt die Errichtung und Überwachung des „präparierten Versuchsfeldes“? Welche Kosten für das Land entstanden durch die Errichtung und durch die Überwachung des „präparierten Versuchsfeldes“? 3 Auf Details des Aufbaus und auf die Wirkungsweise kann aus ermittlungstaktischen Gründen nicht eingegangen werden. Ein Erfolg versprechender Einsatz entsprechender Technik wäre durch die Preisgabe von Einzelheiten künftig erheblich gefährdet. Das so genannte Dummy-Feld wurde im Rahmen der Ermittlungen wegen der in der Antwort zu Frage 5 genannten Tat angelegt. Die Rechtsgrundlage hierfür ist Paragraf 163 Strafprozessordnung. Ergänzend wird auf den in der Vorbemerkung der Fragestellenden erwähnten Schriftverkehr zwischen dem LKA Sachsen-Anhalt und der sachleitenden Staatsanwaltschaft Magdeburg hingewiesen. Nachdem diese am 9. Oktober 2012 das LKA um Mitteilung über den Stand der Sache im Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des schweren Raubs am 11. Juli 2011 in Üplingen gebeten hat, teilte das LKA in seiner Antwort vom 10. Oktober 2012 mit, dass im Rahmen eines Gefahrenabwehrvorganges in Gatersleben ein präpariertes Feld angelegt worden sei. Diese Aussage ist insofern nicht zutreffend, da es sich gerade nicht um einen Gefahrenabwehrvorgang gehandelt hat, sondern um Ermittlungen im Zuge des in der Antwort zu Frage 5 genannten Ermittlungsverfahrens zum Aktenzeichen 230 Js 26473/11 der Staatsanwaltschaft Magdeburg. Ein Gefahrenabwehrvorgang wurde in diesem Zusammenhang nicht aufgenommen . Die Kosten für die Errichtung der landwirtschaftlichen Nutzfläche trug das IPK Gatersleben. Eine gezielte Überwachung des Feldes wurde nicht veranlasst, somit entstanden dem Land Sachsen-Anhalt hieraus keine zusätzlichen Kosten. 8. Waren die Überwachungsbehörde (Landesverwaltungsamt) und die Ge- nehmigungsbehörde (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit ) über die besonderen Umstände eines „präparierten Versuchsfeldes “ informiert? Standen die besonderen Rahmenbedingungen im Genehmigungsbescheid oder in anderen behördlichen Erlaubnissen? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. Da es sich nicht um gentechnisch veränderte Pflanzen handelte, war eine Information der Überwachungs- und der Genehmigungsbehörde entbehrlich. 9. Kam es im Laufe des Jahres 2012 zu einem Angriff auf das „präparierte Versuchsfeld“? Wenn ja, zu welchem Ergebnis führten die Fallen? Wie wurde die Ermittlung durch den Einsatz der „speziellen kriminaltechnischen Fallen“ abschließend bewertet? Im Jahr 2012 kam es in Sachsen-Anhalt zu mehreren Angriffen auf Versuchsfelder mit gentechnisch veränderten Pflanzen. Das „Dummy-Feld“ befand sich nicht unter den angegriffenen Objekten. 10. Wie beurteilt die Landesregierung den oben genannten Vorgang? Hält die Landesregierung es für rechtlich vertretbar, durch die Anlage spezieller Felder mit gentechnisch veränderten Pflanzen Feldzerstörungen zu ermöglichen , die ohne ein solches Feld ggf. gar nicht stattgefunden hätten? Die Errichtung des „Dummy-Feldes“ war eine von mehreren polizeilichen Maßnahmen , zur Aufklärung eines möglichen Verbrechens gemäß § 255 Strafgesetzbuch . Hierzu hat die Polizei die erforderlichen Ermittlungen unter Beach- 4 tung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes durchzuführen. Die Maßnahme der Errichtung eines „Dummy-Feldes“ war erforderlich und angemessen. Im Übrigen wird auf die Antworten zu Frage 2 und Frage 9 verwiesen.