Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/2217 28.06.2013 (Ausgegeben am 28.06.2013) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Sabine Dirlich (DIE LINKE) Jugendliche ohne Berufsabschluss Kleine Anfrage - KA 6/7910 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Arbeit und Soziales 1. Wie viele Jugendliche und junge Erwachsene bis 35 Jahre ohne Berufs- abschluss arbeiten in Sachsen-Anhalt in geringfügig bezahlten Beschäftigungsverhältnissen ? Nach der Statistik der Bundesagentur für Arbeit gab es in Sachsen-Anhalt zuletzt 7.253 geringfügig entlohnte Beschäftigte unter 35 Jahren. Näheres ist in der folgenden Tabelle aufgeführt. Land Sachsen-Anhalt (Gebietsstand Mai 2013) Stichtag: 30.06.2011 1); Datenstand: April 2013 mit Berufs- ausbildung ohne Berufs- ausbildung Fach- und Hochschulabschluss keine Zuordnung möglich 1 2 3 4 5 1 117.278 35.992 11.765 3.273 66.248 dar. (Z.1) 2 34.526 7.374 7.253 759 19.140 dav.(Z.2) unter 25 Jahren 3 15.100 2.196 4.156 162 8.586 25 bis unter 35 Jahre 4 19.426 5.178 3.097 597 10.554 Arbeitsortprinzip (AO): Alle sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die in der betreffenden Region arbeiten, unabhängig vom Wohnort. Geringfügig entlohnte Beschäftigte nach Art der Ausbildung davon (Sp. 1) Insgesamt Insgesamt unter 35 Jahren Altersgruppe 1) Aufgrund der Umstellung der Erhebungsinhalte hinsichtlich der Angaben zur Tätigkeit („Arbeitszeit“, „Ausbildung“ und „ausgeübte Tätigkeit (Beruf)“) ist ein statistischer Nachweis für Stichtage nach dem 30.06.2011 derzeit nicht sinnvoll. Näheres hierzu siehe Methodenbericht: Beschäftigungsstatistik - Umstellung der Erhebungsinhalte bei den Merkmalen „ausgeübte Tätigkeit“ (Beruf), „Arbeitszeit“ und „Ausbildung“ http://statistik.arbeitsagentur.de/Statischer-Content/Grundlagen/Methodenberichte /Generische-Publikationen/Methodenbericht-TS-BST.pdf Quelle: Bundesagentur für Arbeit 2 2. Welche Fördermöglichkeiten existieren in Sachsen-Anhalt für Jugendliche ohne Berufsabschluss, um ihnen eine Berufsausbildung zu ermöglichen und ihnen damit die Perspektive auf existenzsichernde Arbeitsverhältnisse zu eröffnen? Für Jugendliche ohne Berufsabschluss gibt es folgende Fördermöglichkeiten: - Zur Vorbereitung auf eine Berufsausbildung haben jugendliche Schulabgän- ger/innen die Möglichkeit, eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme zu besuchen , die sie bei der Berufswahl unterstützt, ihnen ggf. das Nachholen des Hauptschulabschlusses ermöglicht und den Übergang in Ausbildung erleichtert. - Jugendliche Schulabgänger/innen können über die Einstiegsqualifizierung (EQ) an Betriebe und somit an eine Ausbildung herangeführt werden. - Jugendliche Schulabgänger/innen, soweit sie noch schulpflichtig sind, können über das Angebot Einstiegsqualifizierung plus (EQ plus) auf eine Ausbildung vorbereitet werden und nehmen zusätzlich am Berufsschulunterricht zur Erfüllung der Schulpflicht teil. - Jugendliche Schulabgänger/innen können die Unterstützung von Berufseinstiegs- begleiterinnen und -begleitern in Anspruch nehmen, wenn ihnen allein der Weg in die Ausbildung nicht möglich ist. Berufseinstiegsbegleiter/innen stehen den Jugendlichen auch nach Aufnahme der Ausbildung weiter zur Verfügung, bis sich das Ausbildungsverhältnis gefestigt hat. - Zudem steht den Jugendlichen die Möglichkeit offen, ausbildungsbegleitende Hil- fen (abH) in Anspruch zu nehmen, wenn sie mit den Anforderungen der Ausbildung Probleme haben. All diese Hilfen gelten für die berufliche Erstausbildung - auch bei älteren jungen Menschen. Dabei fallen die direkt im Übergangssystem angesiedelten Maßnahmen allerdings heraus. Um speziell der Zielgruppe der jungen Erwachsenen von 25-35 Jahren ohne Berufsabschluss über eine berufliche Erstausbildung eine dauerhafte Perspektive auf dem ersten Arbeitsmarkt zu ermöglichen, hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit im Februar 2013 die bundesweite Kampagne „AusBILDUNG wird was - Spätstarter gesucht“ gestartet. Mit dieser Kampagne sollen in den nächsten drei Jahren bundesweit 100.000 junge Erwachsene für eine betriebliche Ausbildung gewonnen werden. 3. Hat die Landesregierung die Absicht, ein Förderprogramm wie die Initia- tive „Thüringen braucht dich“, die in Thüringen erfolgreich durchgeführt wurde, aufzulegen? Wenn nicht, welche Maßnahmen plant die Landesregierung ? Im Rahmen der Informationskampagne „Thüringen braucht dich“ hat das Land Thüringen auch ein modellhaftes Förderprogramm aufgelegt, mit dem junge Menschen zwischen 25 und 35 Jahren ohne Ausbildung zum Nachholen eines Berufsabschlusses motiviert werden sollen (u. a. durch Zahlung von Prämien bei erfolgreichem Be- 3 stehen von Zwischen- und Abschlussprüfungen). Die Umsetzung dieses modellhaften Programms beginnt erst im Sommer 2013 zu Beginn des neuen Ausbildungsjahres . Aus Sicht der Landesregierung sollten zunächst erste Ergebnisse dieses modellhaften Förderprogramms abgewartet werden, bevor eine Übertragung des Förderansatzes auf Sachsen-Anhalt in Erwägung gezogen wird. Unabhängig davon ist es eine wichtige Zielrichtung der Arbeitsmarktpolitik der Landesregierung , zur Fachkräftesicherung in Sachsen-Anhalt auch bisher zu wenig genutzte Potenziale zu erschließen und besser zu nutzen. Dazu zählen unter anderem arbeitslose junge Menschen mit Leistungsdefiziten, aber auch andere Personengruppen . Zu diesem Zweck gibt es verschiedene Förderprogramme des Landes, die sich ergänzen und aufeinander aufbauen. Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang die Programme „Familien stärken“, STABIL, Praktikumsmaßnahmen und PHÖNIX: • An junge Eltern und junge Alleinerziehende richtet sich das jüngste Produkt der aktiven Arbeitsmarktförderung in Sachsen-Anhalt: Das Programm „Familien stärken - Perspektiven eröffnen“ ist speziell entwickelt worden für junge Familien mit mindestens einem Kind, bei denen beide Eltern Arbeitslosengeld-II-Empfangende und nicht älter als 30 Jahre alt sind, arbeitslose Alleinerziehende bis 30 Jahre sowie Bedarfsgemeinschaften mit Kind oder Jugendlichem im Alter von 15 bis 25 Jahren. Das Programm ist ein weiterer Schritt zur Unterstützung junger Familien und zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit. Unternehmen bekommen damit Möglichkeiten, Arbeitskräfte zu gewinnen. Ziel ist es, dass in jeder Familie wenigstens eine Person eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausübt. Deshalb ist ein wesentlicher Baustein des Programms die Möglichkeit der beruflichen Erprobung in gewerblichen Unternehmen. Damit sollen sich für die Betroffenen die Chancen auf Beschäftigung im regulären Arbeitsmarkt verbessern. Familienintegrationscoaches unterstützen die Familien dabei durch intensive individuelle Betreuung und Begleitung. Insbesondere bei Alleinerziehenden sind die Arbeitszeiten oft eine Hürde, um einen Arbeitsplatz zu finden. In diesen Fällen versuchen die Familienintegrationscoaches, einen Arbeitgeber zu finden, der familienfreundliche Arbeitszeiten bieten kann oder andere Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu erschließen. • Das Programm „STABIL - Selbstfindung - Training - Anleitung - Betreuung - Initia- tive - Lernen“ ist auf förderungsbedürftige Jugendliche unter 25 Jahren ausgerichtet , die ihre Schulpflicht erfüllt haben, über keinen Berufsabschluss verfügen, arbeitslos sind und die mit Hilfe der Förderangebote der Agenturen für Arbeit oder der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht mehr erreicht werden können. STABIL basiert auf dem Modell der Produktionsschulen, das bedeutet Arbeiten und Lernen in Werkstätten unter betriebsnahen Bedingungen. Zielrichtung ist, die Bildungs- und Beschäftigungsfähigkeit der Jugendlichen herzustellen, so dass sie anschließend geeignete weiterführende Maßnahmen der Berufsvorbereitung , eine Ausbildung oder eine Beschäftigung beginnen können. • Ziel der Praktikumsmaßnahmen ist die berufliche Eingliederung benachteiligter Personen, wie z. B. Langzeitarbeitslosen, in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse auf dem ersten Arbeitsmarkt. 4 • Das Programm PHÖNIX ist ein neues Programmangebot, das sich an die Zielgruppe der arbeitslosen Menschen mit Behinderungen und gesundheitlichen Einschränkungen richtet. Ziel ist die Integration in den ersten Arbeitsmarkt. PHÖNIX bietet dazu individuelle Unterstützung von der Potenzialanalyse und beruflichen Erprobung über Qualifizierung bis hin zur Begleitung am Arbeitsplatz sowie flankierender sozialpädagogischer und ergotherapeutischer Betreuung. Die Landesregierung plant außerdem, in der nächsten ESF-Förderperiode 2014 - 2020 ein neues Förderprogramm „Starthilfe“ aufzulegen. Dieses Programm soll speziell dazu dienen, arbeitslose junge Menschen unter 35 Jahren ohne oder ohne arbeitsmarktverwertbaren Berufsabschluss zu motivieren, die verbesserte Lage auf dem Arbeitsmarkt für eine zweite Chance zu nutzen. Durch Nachqualifizierung sollen sie zu einem anerkannten Berufsabschluss geführt werden oder Teilqualifikationen erwerben können. Zielrichtung soll die nachhaltige Erhöhung des Qualifikationsniveaus der jungen Menschen und deren Integration in den ersten Arbeitsmarkt sein. Einzelheiten stehen aber noch nicht fest.