Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/2260 09.07.2013 (Ausgegeben am 09.07.2013) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Monika Hohmann (DIE LINKE) Über die Bundesagentur für Arbeit ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher Kleine Anfrage - KA 6/7931 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Arbeit und Soziales Vorbemerkung: Die Landesregierung weist darauf hin, dass gemäß § 1 Abs. 1 der Anlage 9 der Verordnung über Berufsbildende Schulen Fachschulen zu qualifizierten Abschlüssen der beruflichen Weiterbildung führen. Insofern entspricht die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern formal einer beruflichen Weiterbildung. Fachschulausbildungen werden nur bundesweit anerkannt, wenn die Rahmenvereinbarung über Fachschulen (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 07.11.2002 i. d. F. vom 27.02.2013) eingehalten wird. Demnach gehören ein mittlerer bzw. als gleichwertig anerkannter Schulabschluss sowie eine abgeschlossene einschlägige Berufsausbildung bzw. eine als gleichwertig anerkannte Qualifizierung zu den Zugangsvoraussetzungen. 1. Wie gestaltet sich die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern über die Bundesagentur für Arbeit? Im Juni 2012 wurde in der Bundesagentur für Arbeit die Initiative „Zusätzliche Qualifizierung von Erzieherinnen und Erziehern“ ins Leben gerufen, die gemeinsam von der Grundsicherung und der Arbeitslosenversicherung getragen wird. Damit beabsichtigt die Bundesagentur für Arbeit, einen aktiven Beitrag zur Deckung des Fachkräftebedarfs an Erzieherinnen und Erziehern durch Identifizierung , Aktivierung und Qualifizierung geeigneter Bewerberinnen und Bewerber im Rahmen der Förderung der beruflichen Weiterbildung zu leisten. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die arbeitslos oder von Arbeitslosigkeit bedroht sind oder bei denen wegen fehlenden Berufsabschlusses die Not- 2 wendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist, können grundsätzlich durch Übernahme der Weiterbildungskosten für Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin bzw. zum staatlich anerkannten Erzieher gefördert werden (siehe § 81 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - SGB III). Voraussetzung ist, dass die Eignung für die berufliche Weiterbildungsmaßnahme und künftige Berufsausübung vorliegt und die berufliche Eingliederung voraussichtlich nur durch die Teilnahme an der konkreten Bildungsmaßnahme und nicht auf anderem Wege realisiert werden kann (Vermittlungsvorrang nach § 4 Abs. 2 SGB III). Gemäß § 180 Abs. 4 SGB III („Ergänzende Anforderungen an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung“) ist die Dauer einer Vollzeitmaßnahme, die zu einem Abschluss in einem allgemein anerkannten Ausbildungsberuf führt, angemessen , wenn sie gegenüber einer entsprechenden Berufsausbildung um mindestens ein Drittel der Ausbildungszeit verkürzt ist. Da es sich bei der Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin bzw. zum staatlich anerkannten Erzieher um eine landesrechtlich geregelte berufliche Aus- bzw. Weiterbildung handelt, ist hier eine Verkürzung um mindestens ein Drittel der Ausbildungszeit ausgeschlossen. Ein Maßnahmeteil von bis zu zwei Dritteln ist nur unter der Voraussetzung förderungsfähig, dass bereits zu Beginn der Maßnahme die Finanzierung für die gesamte Dauer der Maßnahme auf Grund bundes- oder landesrechtlicher Regelungen gesichert ist. Eine derartige Finanzierungssicherstellung existiert in Sachsen-Anhalt derzeit jedoch nicht. Die Verordnung über Berufsbildende Schulen (BbS-VO) lässt in Sachsen-Anhalt zwei Möglichkeiten der Erzieherinnen- und Erzieherausbildung zu. Gemäß § 18 Abs. 1 der Anlage 9 zu § 39 BbS-VO ist im Anschluss an die Ausbildung an der zweijährigen Fachschule Sozialpädagogik und an die bestandene Abschlussprüfung ein einjähriges Berufs- bzw. Anerkennungspraktikum zum Erwerb der staatlichen Anerkennung des Bildungsabschlusses erforderlich. In der zweiten Variante der Erzieherinnen- und Erzieherausbildung kann gemäß Abs. 2 der o. a. Vorschrift das Berufs- bzw. Anerkennungspraktikum über die Dauer der Weiterbildung verteilt werden. Voraussetzung für die Anerkennung des Bildungsabschlusses ist, dass die Gesamtdauer des Praktikums mindestens ein Jahr beträgt. In der jüngeren Vergangenheit ist festzustellen, dass die zweite Ausbildungsvariante in der Praxis häufiger gewählt wird. Eine Förderung der beruflichen Weiterbildung ist nicht ausgeschlossen, wenn für das Anerkennungspraktikum eine angemessene Praktikumsvergütung an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gezahlt wird. Mit der Zahlung einer Praktikumsvergütung für das Anerkennungspraktikum ist die Finanzierungssicherstellung i. S. d. § 180 Abs. 4 SGB III als geregelt anzusehen. Die Problematik besteht darin, dass sich die Akquise bezahlter Praktikumsstellen als schwierig und in manchen Regionen als unmöglich erweist. So gibt es Absolventinnen und Absolventen zurückliegender Jahrgänge, die erfolgreich die schriftlichen, die mündlichen und die fachpraktischen Prüfungen absolviert haben und mangels eines bezahlten Praktikumsplatzes die Ausbildung nicht beenden können. In der Praxis trifft dies insbesondere auf jene Fälle zu, in de- 3 nen die zweite aufgeführte Weiterbildungsvariante gewählt wurde, da die Zergliederung der Praktikumszeiten und des Anerkennungsjahres auf mehrere Jahre die Zahlung eines Praktikumsentgeltes für einige Träger erschwert. Aus diesem Grund geben die Agenturen für Arbeit und die gemeinsamen Einrichtungen zwischenzeitlich nur dann Bildungsgutscheine für die Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme zur Erzieherin bzw. zum Erzieher aus, wenn bereits vor Beginn der Maßnahme der Vertrag für das Anerkennungspraktikum zwischen der potenziellen Teilnehmerin bzw. dem potenziellen Teilnehmer und einer Praktikumseinrichtung, die im Sinne des Kinderförderungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (KiFöG) für die Durchführung des Anerkennungspraktikums geeignet ist, abgeschlossen wurde. Die Praktikumsvergütung muss hierbei explizit ausgewiesen und angemessen sein. Eine weitere Möglichkeit, die Berufsbezeichnung „Staatlich anerkannte Erzieherin “ oder „Staatlich anerkannter Erzieher“ zu führen, ist die Teilnahme an der Externen- bzw. Nichtschülerprüfung. Wie die Bezeichnung „Nichtschülerprüfung “ bereits andeutet, sind die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dieser Prüfung keine Schülerinnen und Schüler einer berufsbildenden Schule. Das heißt, die Prüfungsvorbereitung ist von jeder Bewerberin und von jedem Bewerber grundsätzlich selbständig zu organisieren (in Form von Selbststudium , Vorbereitungskurse durch Bildungsträger u. ä.). Durch die Agenturen für Arbeit und die gemeinsamen Einrichtungen in Sachsen -Anhalt werden Vorbereitungslehrgänge auf die Nichtschülerprüfung zur staatlich anerkannten Erzieherin und zum staatlich anerkannten Erzieher bei zertifizierten Bildungsträgern mittels Bildungsgutschein gefördert. Die ersten Vorbereitungslehrgänge auf die Nichtschülerprüfung zur staatlich anerkannten Erzieherin und zum staatlich anerkannten Erzieher begannen in Sachsen-Anhalt im Jahr 2004. Bis zum Jahr 2008 fanden Nichtschülerprüfungen überwiegend in ausgewählten Einzelfällen statt (z. B. für langjährig Beschäftigte , die einen formalen Abschluss erwerben wollten). Aufgrund der gestiegenen Nachfrage nach Erzieherinnen und Erziehern begann ab dem Jahr 2009 eine erhebliche, quantitative Ausweitung der Vorbereitungslehrgänge auf die Nichtschülerprüfung, die in den darauffolgenden Jahren kontinuierlich angestiegen sind und ihren bisherigen Höhepunkt im Jahr 2012 erreichten. 2. Trifft es zu, dass aufgrund einer Verwaltungsvorschrift die über die Bun- desagentur ausgebildeten Erzieherinnen und Erzieher kein Praktikum in kommunalen Kindertageseinrichtungen machen dürfen? Nein, das trifft nicht zu. Wie im Zusammenhang mit der Beantwortung von Frage Nr. 1 bereits erläutert, handelt es sich bei der Ausbildung zur Erzieherin und zum Erzieher um eine landesrechtlich geregelte, nicht verkürzbare Ausbildung. Mit dem Inkrafttreten des § 180 Abs. 4 SGB III in der ab 01.04.2012 geltenden Fassung hat der Gesetzgeber klargestellt, dass die Finanzierungssicherstellung 4 des dritten Drittels von nicht verkürzbaren Maßnahmen aufgrund bundes- oder landesrechtlicher Regelungen erfolgen muss. Das bedeutet, dass bei allen nicht verkürzbaren, zwei- oder dreijährigen Ausbildungen , bei denen eine Finanzierung des letzten Drittels nicht durch eine bundes - oder landesrechtliche Regelung sichergestellt ist, eine Förderung durch die Agenturen für Arbeit und die gemeinsamen Einrichtungen im Rahmen der §§ 81 ff SGB III nicht möglich ist. Auf der Grundlage einer Verwaltungsvorschrift, welche im Benehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) getroffen wurde, gilt in Bezug auf die Anwendung des § 180 Abs. 4 SGB III bei Ausbildungen mit nachgeschaltetem Anerkennungspraktikum der Ausnahmetatbestand, dass bei diesen Ausbildungsgängen (z. B. Erzieherinnen- und Erzieherausbildung in SachsenAnhalt ) das Anerkennungspraktikum Teil der Ausbildungszeit und somit maßgeblich für die Verkürzung bzw. die Finanzierung des dritten Drittels die Gesamtausbildungsdauer ist. Insofern bestehen keine Bedenken, wenn bei dreijähriger Ausbildungszeit für das einjährige Anerkennungspraktikum § 180 Abs. 4 SGB III als erfüllt gilt, soweit während des Anerkennungspraktikums eine angemessene (nachweislich geregelte) Praktikumsvergütung gewährt wird. Bei kürzerer Ausbildungszeit kann analog verfahren werden. Für die von der Bundesagentur für Arbeit geförderten Erzieherinnen und Erzieher , welche nach erfolgreich bestandener Abschlussprüfung das Anerkennungspraktikum von mindestens 1.200 Stunden an einer geeigneten, sozialpädagogischen Einrichtung ableisten müssen, um die staatliche Anerkennung zu erhalten, wird dieses von den Agenturen für Arbeit und den gemeinsamen Einrichtungen unter der Voraussetzung bewilligt, dass eine angemessene Praktikumsvergütung gezahlt wird. Da es sich bei kommunalen Kindereinrichtungen um sozialpädagogische Einrichtungen handelt, die im Sinne des KiFöG tätig sind, kann das Anerkennungspraktikum , unter der Voraussetzung, dass eine Praktikumsvergütung gezahlt wird, selbstverständlich auch dort abgeleistet werden. Weder im KiFöG (einschließlich der dazu erlassenen Rechtsnormen) noch im § 45 SGB VIII (einschließlich der dazu vom Landesverwaltungsamt herausgegebenen Erlasse an die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe) ist die Beschäftigung von Praktikantinnen und Praktikanten der Fachschule Sozialpädagogik im einjährigen Berufspraktikum untersagt. Für diese Praktikantinnen und Praktikanten gibt es derzeit keine generelle Regelung , als Fach- oder Hilfskräfte auf den Mindestpersonalschlüssel angerechnet zu werden. Eine Praktikantin oder ein Praktikant kann bereits heute als Hilfskraft auf den Mindestpersonalschlüssel angerechnet werden, wenn bereits eine abgeschlossene Ausbildung als Kinderpflegerin bzw. Kinderpfleger oder Sozialassistentin bzw. Sozialassistent nachgewiesen werden kann. Das Ministerium ist jedoch weiterhin bemüht, eine generelle Regelung herbeizuführen . 5 3. Wie viele Personen haben 2012 über die Bundesagentur eine solche Ausbildung absolviert und wie viele Personen befinden sich derzeit in einer solchen Ausbildung? Für die Beantwortung dieser Frage stellt die Bundesagentur für Arbeit Informationen über das BA-eigene Datenerhebungssystem zur Verfügung. Es kann allerdings nur ein Rundungswert angegeben werden, der jedoch dem tatsächlichen Ergebnis sehr nahekommt: Tab. 1: Zusammenfassung Maßnahmeaustritte1 von durch die Bundesagentur für Arbeit geförderten Erzieherinnen und Erzieher in Sachsen-Anhalt 2012 davon Austritte 2012 (beide Rechtskreise) Berufsbezogene und übergreifende Weiterbildung (Vorbereitungslehrgänge auf die Nichtschülerprüfung, Anpassungsqualifizierungen (100-Stunden-Programm) für DDR-Erzieherinnen und DDR-Erzieher) Umschulungsmaßnahmen mit Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf 80 60 20 Tab. 2: Bisher erfolgte Maßnahmeeintritte von durch die Bundesagentur für Arbeit geförderten Erzieherinnen und Erzieher in Sachsen-Anhalt 2013 davon Eintritte 2013 (beide Rechtskreise) Berufsbezogene und übergreifende Weiterbildung (Vorbereitungslehrgänge auf die Nichtschülerprüfung) Umschulungsmaßnahmen mit Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf 25 10 15 1 Maßnahmeaustritt: erfasst werden alle Teilnehmenden, die die Ausbildung/Maßnahme beendet haben, unabhängig davon, ob diese erfolgreich abgeschlossen wurde.