Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/2263 09.07.2013 (Ausgegeben am 09.07.2013) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Dietmar Weihrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Hallesche Gesellschaft für Wohnen und Stadtentwicklung Kleine Anfrage - KA 6/7945 Vorbemerkung des Fragestellenden: Im Juli 2012 gründeten die Hallesche Wohnungsgesellschaft mbH (HWG - eine 100 %ige Tochtergesellschaft der Stadt Halle) und das Bauunternehmen GP Günter Papenburg Hochbau GmbH ein gemeinsames Unternehmen mit dem Namen Hallesche Gesellschaft für Wohnen und Stadtentwicklung (HGWS). HWG als auch Papenburg sind zu jeweils 50 % an der HGWS beteiligt. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Ist die Beteiligung der HWG von 50 % an der HGWS nach Ansicht der Landesregierung mit den Regelungen der GO LSA, insbesondere den §§ 116 und 117, vereinbar? Wenn ja, bitte begründen. Wenn nein, warum ist die Kommunalaufsicht nicht tätig geworden? Die gesetzlichen Voraussetzungen der mittelbaren Beteiligung der Stadt Halle (Saale) über die HWG mbH an der HGWS mbH sind erfüllt. Nach § 116 Abs. 1 Satz 1 GO LSA darf sich die Gemeinde in Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft wirtschaftlich betätigen, wenn ein öffentlicher Zweck die Betätigung rechtfertigt, wirtschaftliche Betätigungen nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit und dem voraussichtlichen Bedarf der Gemeinde stehen und der Zweck nicht besser und wirtschaftlicher durch einen anderen erfüllt wird oder erfüllt werden kann. 2 Der Unternehmenszweck der HWGS ist im Rahmen der städtebaulichen Entwicklungs - und Sanierungsmaßnahmen durch den Erwerb, die Sanierung, den Neubau und die Bewirtschaftung von überwiegend für Wohnzwecke geeigneten Immobilien aus dem Veräußerungsbestand des Landes Sachsen-Anhalt und der Stadt Halle (Saale) auf die Sicherung des Wohnungsbestandes der Stadt Halle (Saale) gerichtet und das Unternehmen damit im Bereich der Wohnungswirtschaft tätig. Diese Betätigung ist gemäß § 116 Abs. 2 Satz 1 GO LSA insoweit privilegiert, dass hier bereits ein öffentlicher Zweck gesetzlich unterstellt wird. Im Rahmen des Kriteriums der Leistungsfähigkeit sind finanzielle Risiken für die Stadt abzuwägen, diese liegen angesichts des fundierten, grundsätzlich überschussorientierten Wirtschaftsplans momentan und mittelfristig nicht vor, zumal auch keine Nachschusspflicht vereinbart ist. Der Bedarf für die Betätigung im Rahmen der Wohnungswirtschaft ist vorliegend gegeben und das Kriterium der Subsidiarität durch Wiedereinführung des einfachen Subsidiaritätsvorbehaltes unproblematisch. Vorliegend beteiligt sich die Stadt Halle (Saale) mittelbar über die HWG mbH mit 50 v. H. der Geschäftsanteile an der HGWS mbH. Danach hat die Stadt Halle (Saale) gemäß § 117 Abs. 2 Satz 2 GO LSA darauf hinzuwirken, dass die Regelungen des § 117 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 GO LSA umgesetzt werden. Die in Nr. 2 geregelte Absicherung des öffentlichen Zwecks ist, wie vorstehend ausgeführt, gegeben. Da sich das Stimmgewicht an der Quote der Beteiligung orientiert, ist der nach Nr. 3 geforderte angemessene Einfluss der Stadt ebenfalls ausreichend gesichert . Darüber hinaus hat der Aufsichtsrat der HWG mbH wesentliche Rechtsgeschäfte , über welche der Geschäftsführer der HWG mbH in der Gesellschafterversammlung der HGWS mbH zu entscheiden hat, unter den Zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrates der HWG mbH gestellt. Beispielhaft genannt seien die Wahl des Abschlussprüfers, die Feststellung des Jahresabschlusses , die Verwendung des Bilanzgewinns und die Bestellung, Abberufung und Entlastung des Geschäftsführers. Die Regelungen der Nr. 4 bis 6 sollen die Kommune vor wirtschaftlichen Risiken bewahren, die sie aus eigener Kraft nicht beherrschen kann. Aus der mittelbaren Beteiligung resultieren keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Haushalt der Stadt Halle (Saale). Die Gründungskosten tragen die Gesellschafter entsprechend der Quote ihrer Beteiligung. Eine Nachschusspflicht ist nicht vereinbart . Zukünftige Gewinne sollen an die Gesellschafter ausgeschüttet werden. Mittelbar stehen diese über die Ausschüttung an die HWG mbH dem Haushalt der Stadt zur Verfügung. Die HGWS mbH will städtische Immobilien erwerben und entwickeln. Erzielte Kaufpreise würden dann unmittelbar dem städtischen Haushalt zufließen. Gemäß dem vorgelegten Wirtschaftsplan der HGWS mbH ist ein unbeherrschbares Risiko mit Blick auf die beabsichtigte Geschäftstätigkeit nicht erkennbar. 3 2. Hat die Kommunalaufsicht die Vereinbarkeit der Unternehmensgründung mit §§ 116 und 117 GO LSA nach der Anzeige der Stadt Halle geprüft? Wurde dazu ein Vermerk gefertigt? Wenn ja, welche Inhalte hat dieser Vermerk? Wenn nein, warum nicht? Die Vereinbarkeit der Unternehmensgründung mit den rechtlichen Vorgaben wurde gemäß § 123 Abs. 2 Nr. 2 GO LSA durch das Landesverwaltungsamt (LVwA) als für die Stadt zuständige Kommunalaufsichtsbehörde umfassend geprüft . Nach Vorlage der Anzeige erfolgte am 13.12.2011 eine Besprechung mit der Stadt über das Vorhaben und die dabei zu beachtenden kommunalrechtlichen Anforderungen an die beabsichtigte wirtschaftliche Betätigung. Im Ergebnis der Besprechung ergingen mit Verfügung des LVwA vom 30.01.2012 Hinweise an die Stadt, die daraufhin ergänzend berichtete. Zu der Besprechung und den Berichten der Stadt wurden Vermerke gefertigt, die Aussagen zu folgenden Prüffeldern beinhalten: • öffentliche Zwecksetzung gemäß § 117 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 2, § 116 Abs. 1 und 2 GO LSA • Wirtschaftlichkeit mit Blick auf die Risikobegrenzung gemäß § 117 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 4 bis 6, § 116 Abs. 1 Nr. 2, § 90 GO LSA • Planung, Jahresabschluss und dessen Prüfung bei Unternehmen in Privat- rechtsform gemäß § 121 Abs. 2, Abs. 1 Ziff. 2 GO LSA • Aufgaben des Rechnungsprüfungsamtes gemäß § 129 Abs. 4 GO LSA • vergabe- und beihilferechtliche Aspekte. 3. Die Beteiligung der HWG von 50 % an der HGWS macht jegliche Ent- scheidungen über Investitionen und Gewinnauskehrungen von der Zustimmung der zweiten Gesellschafterin, der GP Günter Papenburg AG, abhängig. Wie bewertet die Landesregierung vor diesem Hintergrund das finanzielle Risiko dieser Abhängigkeit für den Haushalt der Stadt Halle, da es der Papenburg AG ohne Weiteres möglich wäre, Auskehrungen zu blockieren? Die HWG mbH und der in Rede stehende private Dritte haben in den letzten Jahren gemeinsam erfolgreich eine Reihe größerer Sanierungsmaßnahmen realisiert . Deshalb wird mit der Errichtung der HGWS mbH mit einer Übernahme der Geschäftsanteile i. H. von jeweils 50 v. H. durch beide Gesellschafter die strategische Zielstellung verfolgt, Kernkompetenzen zur Errichtung und Sanierung von Gebäuden sowie die professionelle Bewirtschaftung dieser Bestände in einer Gesellschaft zu bündeln, dadurch Kosten- und Zeitrisiken zu minimieren und das wirtschaftliche Risiko für die HWG mbH zu teilen. Ein unbeherrschbares finanzielles Risiko für die Stadt Halle (Saale) ist aus der mittelbaren wirtschaftlichen Betätigung auch im Hinblick auf die Gewinnausschüttung nicht erkennbar. Der Anspruch der Gesellschafter auf Ausschüttung eines Jahresüberschusses richtet sich nach § 29 GmbHG und ist für die HGWS mbH in § 11 des Gesellschaftsvertrages geregelt. Danach beschließt die Gesellschafterversammlung über die Ergebnisverwendung, die bei einer Gewinnausschüttung den Gesell- 4 schaftern im Verhältnis ihrer jeweiligen Beteiligung am Stammkapital zusteht. Der Beschluss bedarf der einfachen Mehrheit und hat nach dem Grundsatz des pflichtgemäßen kaufmännischen Handelns zum Wohle des Unternehmens zu erfolgen. Eine Einschränkung zur Gewinnausschüttung, wie sie das GmbHRecht zulässt, ist im Gesellschaftsvertrag nicht vereinbart. 4. Hält die Landesregierung einen angemessenen Einfluss der Stadt Halle gemäß § 117 Abs. 1 Ziffer 3 GO LSA unter den gegebenen Umständen für gewährleistet? Die Stadt hat im Hinblick auf ihre mittelbare Beteiligung der Stadt gemäß § 117 Abs. 2 S. 2 GO LSA darauf hinzuwirken, dass die Regelung des § 117 Abs. 1 Nr. 3 GO LSA umgesetzt wird. Sie ist damit verpflichtet, einen angemessenen Einfluss im Gesellschaftsvertrag , in der Satzung oder in anderer Weise abzusichern. Als angemessen ist der kommunale Einfluss dann anzusehen, wenn sich das Stimmgewicht an der Quote der Beteiligung orientiert. Das ist vorliegend der Fall. Zudem sind, wie unter 1. dargelegt, wesentliche Rechtsgeschäfte unter den Zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrates der städtischen HWG mbH gestellt. 5. Wann und an wen erfolgte die Eigentumsübertragung an dem Grundstück, auf dem Bauvorhaben verwirklicht werden (ehemaliges Regierungspräsidium )? Der Grundstückskaufvertrag zwischen dem Land Sachsen-Anhalt und der HGWS wurde am 06.08.2012 notariell beurkundet. Der Eigentumsübergang erfolgte mit Grundbuchumschreibung am 23.11.2012.