Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/2264 09.07.2013 (Ausgegeben am 09.07.2013) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Swen Knöchel (DIE LINKE) Einwohnerveredelung mittels Hauptansatzstaffel im Finanzausgleichsgesetz Kleine Anfrage - KA 6/7965 Vorbemerkung des Fragestellenden: § 13 Abs. 2 Nr. 2 des Finanzausgleichsgesetzes regelt die Einwohnerveredlung mittels Hauptansatzstaffel. Hierzu führte die Landesregierung auf Seite 84 der Gesetzesbegründung aus: „Auf der Basis des Brecht´schen Gesetzes sowie zahlreicher empirischer Untersuchungen wird argumentiert, dass der Pro-Kopf-Finanzbedarf einer Gemeinde mit zunehmender Einwohnerzahl wächst. Deshalb wird die Einwohnerzahl durch Anwendung einer (zumeist degressiv) anwachsenden Gewichtungsskala - der Hauptansatzstaffel - „veredelt“.“ Mit Urteil vom 9. Oktober 2012 stellte das Landesverfassungsgericht (in Bezug auf die kreisfreien Städte) fest: „Die Erwägung, die er (Brecht/Popitz d. F.) zur Erklärung des mit steigender Einwohnerzahl überproportional ansteigendem Bedarf anstellte, sind überholt.“ Auch Verfassungsgerichte anderer Bundesländer haben die, mit der Hauptansatzstaffel vorgenommene Einwohnerveredelung im Wesentlichen als ungeeignet zurückgewiesen . Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium der Finanzen Die Landesregierung beantwortet die Einzelfragen wie folgt: 1. Auf welche empirischen Untersuchungen bezog sich die Landesregierung in der Begründung zum Gesetzentwurf des Finanzausgleichsgesetzes? Die Hauptansatzstaffel beinhaltet die künstliche Veredelung der Einwohnerzahlen , denn die Einwohnerzahl repräsentiert in großem Maße die ver- 2 schiedensten Bedarfe einer Gemeinde. Der Einwohner einer Kommune ist letztlich Bedarfsverursacher oder Leistungsnutzer der kommunalen Leistungen und kann insofern auch als Bezugsgröße von Finanzausstattung, Aufgabenerfüllung und Ausgabentätigkeit gelten. Auf der Basis des Brecht’schen Gesetzes sowie zahlreicher empirischer Untersuchungen wird argumentiert, dass der Pro-KopfFinanzbedarf einer Gemeinde mit zunehmender Gemeindegröße wächst. Deshalb wird die Einwohnerzahl durch Anwendung einer (zumeist degressiv) anwachsenden Gewichtungsskala - der Hauptansatzstaffel - „veredelt“. Diese wird zur Berechnung der Schlüsselzuweisungen im kommunalen Finanzausgleich herangezogen. Begründet wird die Hauptansatzstaffel heute mit steigenden Kosten der Leistungserstellung sowie mit dem besonderen Bedarf zentraler Orte . (so, aber kritisch Prof. Dr. Thomas Lenk, Gutachten 2007 zur Sachgerechtigkeit der Hauptansatzstaffel für die kreisfreien Städte im sächsischen kommunalen Finanzausgleich; Wolfgang Scherf, sachgerechte Verteilung staatlicher Finanzzuweisungen S. 15 ff). Auch wenn die Einwohnerveredelung zum Teil kritisch betrachtet wird, stellt sie gleichwohl in den meisten Bundesländern einen zentralen Bestandteil der Bedarfsermittlung und Verteilung der Schlüsselzuweisungen dar. 2. Beabsichtigt die Landesregierung, vor dem Hintergrund der Ver- fassungsgerichtsrechtsprechung an der Hauptansatzstafflung des § 13 Abs. 2 Nr. 2 Finanzausgleichsgesetz festzuhalten? Wenn ja, welche Gründe rechtfertigen das Festhalten? Das Verfassungsgericht hat in diversen Urteilen, die kreisangehörigen Gemeinden betreffend, die Einwohnerveredelung im Rahmen einer Hauptansatzstaffel nicht gerügt. Lediglich die Einwohnergewichtung der kreisfreien Städte wurde kritisiert, weil diese lediglich auf einer Absprache der damaligen Oberbürgermeister beruhte. Mit dem FAG 2013/2014 wurde die Einwohnergewichtung der kreisfreien Städte aufgegeben. Die Abschaffung der Hauptansatzstaffel für die kreisangehörigen Gemeinden in Sachsen-Anhalt hätte eine starke Verschiebung der allgemeinen Zuweisungen zugunsten der kleineren Gemeinden, also auch der Mitgliedsgemeinden von Verbandsgemeinden zur Folge, obgleich diese entgegen den Einheitsgemeinden weniger Aufgaben zu verantworten haben. Durch den Wegfall würden insbesondere die Gemeinden und Städte teilweise starke Verluste erfahren , die mehr als 20.000 Einwohner aufweisen. Gerade diese haben in Sachsen -Anhalt zumeist jedoch besondere Funktionen und damit auch erhöhte Kosten der Aufgabenwahrnehmung. Über die Hauptansatzstaffel ggf. in Verbindung mit dem Mittelzentrumszuschlag wird die mit zunehmender Einwohnerzahl aufgrund des breiteren Aufgabenspektrums wachsende Ausgabenlast je Einwohner berücksichtigt. Deshalb wird an der Hauptansatzstaffel festgehalten.