Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/2312 23.07.2013 (Ausgegeben am 24.07.2013) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Eva von Angern (DIE LINKE) Zur Belegungssituation der Sozialtherapeutischen Abteilung (SothA) in Sachsen -Anhalt Kleine Anfrage - KA 6/7956 Vorbemerkung des Fragestellenden: In der Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage der Abgeordneten Eva von Angern zur schriftlichen Beantwortung zu „Therapieangebote für Sexualstraftäter in Sachsen-Anhalt“ (Drs. 6/356) vom 1. September 2011 wurde Folgendes festgestellt : „Sofern ein entsprechender Personalaufwuchs möglich ist, könnten die 116, im Gebäude der SothA zur Verfügung stehenden Plätze, vollständig belegt werden.“ Zum 25. August 2011 befanden sich 69 Personen in therapeutischer Behandlung. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Justiz und Gleichstellung 1. Wie viele Gefangene erhalten derzeit eine therapeutische Behandlung in der SothA? Wie viele davon befinden sich in der Aufnahmestation? Derzeit (Stand: 03.07.2013) befinden sich insgesamt 48 Gefangene in der Sozialtherapeutischen Abteilung der JVA - Halle, Nebenstelle. In dieser SothAbt. sind 42 Gefangene in behandlerischen Maßnahmen integriert, 2 Gefangene werden aktuell im Offenen Vollzug sozialtherapeutisch betreut. Auf der Aufnahmestation nehmen 4 weitere Gefangene an psychologischen Befunderhebungen und an einer Motivationsprüfung teil. 2 2. Für den Fall, dass nicht alle zur Verfügung stehenden 116 Plätze ent- sprechend dem eigentlichen Zweck belegt sind, ist vorgesehen (bzw. bereits realisiert), dass eine Belegung der restlichen Plätze mit Gefangenen des so genannten Regelvollzugs vorgenommen wird? Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass es infolge dessen zu einer „Vermischung“ von Klienten der SothA und Gefangenen, die sich nicht in therapeutischer Behandlung befinden, kommt? Die Sozialtherapeutische Anstalt Halle II war als eine eigenständige Anstalt innerhalb des Geländes der damaligen JVA Halle III konzipiert und wurde entsprechend geführt . Der ursprünglich für den Regelvollzug geplante Gebäudetrakt verfügt dabei über 116 Haftplätze, welche bisher nie vollständig belegt werden konnten, da das notwendige Fachpersonal nicht zur Verfügung steht. Der Strafvollstreckungsplan geht von 116 belegbaren Plätzen aus. Im Zuge der Justizvollzugsreform des Landes Sachsen-Anhalts, welche die Schließung von Altanstalten beinhaltet, wurde die Auslastung der verbleibenden Haftplatzkapazitäten aller Justizvollzugsanstalten des Landes notwendig. Das Gebäude der Sozialtherapeutischen Abteilung der JVA - Halle (SothAbt.) konnte wegen geringer Auslastung mit Klienten der Sozialtherapie nicht unberücksichtigt bleiben. Zwischen März 2012 und Anfang Juli 2013 wurde vorübergehend in diesem Gebäude ein leerstehender in sich abgeschlossener Unterbringungstrakt mit 29 Haftplätzen dem Regelvollzug zugeordnet. Der Behandlungsbereich der Sozialtherapie verfügte zu dieser Zeit über zwei in sich abgeschlossene Stockwerke mit einer Belegungskapazität von 87 Haftplätzen. Die zeitweilige Unterbringung von Gefangenen des Regelvollzuges im Gebäude der SothA - aber räumlich getrennt vom Behandlungsbereich der Sozialtherapeutischen Abteilung - erfolgte, weil durch die Schließung der Außenstellen Naumburg und Magdeburg alle verfügbaren Haftplätze im Land benötigt werden (die Durchschnittsbelegung in den ersten 6 Monaten 2013 lag leicht über der Jahresdurchschnittsbelegung 2012). Gesetzlich ( §123 StVollzG) und konzeptionell ist - nach wie vor - die Trennung von „Regelvollzug“ und sozialtherapeutischer Abteilung gewährleistet. Sie wurde mit der vorübergehenden Unterbringung von Gefangenen des Regelvollzuges in einen abgeschlossenen Unterbringungstrakt des SothA-Gebäudes außerhalb des Behandlungsbereiches auch räumlich gewährleistet. Diese Abtrennung beruht auf behandlerischen Gründen, einer intensiveren Einbindung des Allgemeinen Justizvollzugsdienstes in den behandlerischen Auftrag (z.B. Bezugsbetreuung, Mitarbeit in Gruppen , Teilnahme an Behandlungskonferenzen, etc.) sowie der Herstellung eines positiven „Behandlungsklimas“ ohne subkulturelle Beeinflussung. Der besondere Behandlungsauftrag einer sozialtherapeutischen Einrichtung bildet sich auch in einer wesentlich höheren Betreuungsdichte bzw. Personalschlüssel der Fachdienste und des Allgemeinen Justizvollzugsdienstes ab. Eine Belegung des sozialtherapeutischen Behandlungsbereiches mit Gefangenen des Regelvollzuges würde mit dem sozialtherapeutischen Behandlungskonzept kollidieren und hat weder stattgefunden noch ist dies für die Zukunft geplant. 3 Dies schließt allerdings nicht aus, dass es durch die Einbindung einer Sozialtherapeutischen Einrichtung in eine größere Justizvollzugsanstalt aufgrund der Organisationsstruktur und im Ablauf des vollzuglichen Alltages zu „Überschneidungen“ kommen kann. Zu diesen Berührungspunkten zwischen Gefangenen des Regelvollzuges und die einer SothA kommt es regelmäßig bei Arbeitsmaßnahmen, bei schulischen Maßnahmen, bei kirchlichen Angeboten sowie bei Zuführungen zum medizinischen Dienst und zur Besuchsdurchführung. In den zurückliegenden Jahren bis heute kam es dabei zu keiner Beeinträchtigung des sozialtherapeutischen Auftrages bzw. der sozialtherapeutischen Behandlung. 3. Wenn die Frage unter Ziffer 2 seitens der Landesregierung bejaht wurde, wie wird diese Abkehr von der Empfehlung des „Arbeitskreises Sozialtherapeutische Anstalten im Justizvollzug e. V.“ bezüglich des Trennungsgebots fachlich gesehen? Welche Auswirkungen hat dies auf das therapeutische Klima, die Behandlungsqualität in der SothA und die Möglichkeit zur Senkung der Rückfallgefahr? Der Arbeitskreis Sozialtherapeutische Anstalten empfiehlt: „Eine Sozialtherapeutische Einrichtung muss von anderen Vollzugseinrichtungen so eindeutig abgegrenzt sein, dass ihr die eigene Gestaltung der für das soziale Lernen notwendigen Bereichen möglich ist und dass Entscheidungen, die den einzelnen Gefangenen betreffen, nicht durch andere Vollzugsformen beeinflusst werden“, und ferner „Die Sozialtherapeutische Abteilung ist als organisatorisch, räumlich und personell eigenständige Einheit ausgerichtet.“ Die SothAbt. der JVA-Halle entspricht diesen Anforderungen. 4. Haben subkulturelle Vorkommnisse seitdem zugenommen? Gibt es Hinweise auf eine sinkende Qualität der Behandlung in der SothA? Für die Zeit der Unterbringung von Gefangenen des Regelvollzuges im Gebäude der SothAbt. sind keine Veränderungen bzgl. subkultureller Vorkommnisse im Bereich der SothAbt. bekannt. Indizien für vollzugliche bzw. therapeutische Qualitätseinbußen können nicht festgestellt werden.