Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/233 14.07.2011 (Ausgegeben am 15.07.2011) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Gudrun Tiedge (DIE LINKE) Aktuelle neonazistische Musikkultur in Sachsen-Anhalt Kleine Anfrage - KA 6/7059 Vorbemerkung des Fragestellenden: Rechtsextreme Musik und Konzerte sind nach wie vor eine wichtige Anwerbe- und Propagandastrategie der extremen Rechten. Zudem dienen Konzertveranstaltungen dem Austausch und der finanziellen Konsolidierung. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium des Innern Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Der Landesregierung liegen Erkenntnisse über Bestrebungen im Sinne des § 4 Abs. 1 VerfSchG-LSA von Rechtsextremisten vor. Nach der gebräuchlichen Definition ist der Neonazismus eine Teilmenge des Rechtsextremismus. Neonazis sind solche Rechtsextremisten, die sich in der von ihnen vertretenen Ideologie inhaltlich auf die Ideologie des Nationalsozialismus beziehen und sich insbesondere an den nationalsozialistischen Vorstellungen eines totalitären „Führerstaates“ auf rassistischer Grundlage orientieren. Eine Differenzierung, wie in der Fragestellung formuliert, ist aus Sicht der Landesregierung in Bezug auf rechtsextremistische Musikgruppen und Liedermacher bzw. in Bezug auf rechtsextremistische Ladengeschäfte, Versände und Labels nicht zielführend . Entscheidend ist die Einordnung als rechtsextremistisch. Die Abgrenzung erfolgt bei den Musikgruppen und Liedermachern anhand der verwendeten Liedtexte bzw. bei den Ladengeschäften, Versänden und Labels anhand des angebotenen Sortiments. Daher werden die Fragen 1 und 2 sowie 5 und 6 jeweils gemeinsam beantwortet . 2 1. Welche aktiven neonazistischen Musikgruppen und Liedermacher gibt es derzeit in Sachsen-Anhalt und aus welchen Orten/Städten kommen ihre Mitglieder? 2. Welche Musikgruppen und Liedermacher gibt es derzeit in Sachsen-Anhalt , bei denen die Landesregierung Anhaltspunkte für eine rechtsextreme Ausrichtung hat. Worauf gründet sich der Verdacht und aus welchen Orten/Städten kommen ihre Mitglieder? In den Jahren 2010 bzw. 2011 waren 17 rechtsextremistische Musikgruppen und ein rechtsextremistischer Liedermacher aus Sachsen-Anhalt aktiv. Musikgruppen Absurd (Eckartsberga, Landkreis Burgenlandkreis) Agharta (Magdeburg) Civil Disorder (Angern, Landkreis Börde) Daily Broken Dream (Raum Magdeburg) Deutschtum (Raum Eisleben, Landkreis Mansfeld-Südharz) Fight Tonight (Raum Sangerhausen, Landkreis Mansfeld- Südharz) Kraftschlag (Weißenfels, Landkreis Burgenlandkreis) Mortuary (Raum Wolmirstedt, Landkreis Börde) Murder in Society (Raum Magdeburg) Painful Life (Raum Angern, Landkreis Börde) Permafrost (Raum Zeitz, Landkreis Burgenlandkreis) Perspektive Hass (Raum Dessau) Selektion (Raum Mansfeld, Landkreis Mansfeld-Südharz) Strongside (Raum Sotterhausen, Landkreis Mansfeld-Südharz) Two Minutes Warning (Raum Magdeburg) White Society (Raum Genthin, Landkreis Jerichower Land) Wolfsgarde (Raum Zeitz, Landkreis Burgenlandkreis) Weitere Angaben können aus Gründen der Geheimhaltung und des Quellenschutzes im Rahmen der Beantwortung der Kleinen Anfrage nicht gemacht werden; die Landesregierung wird hierzu die Parlamentarische Kontrollkommission unterrichten. 3 3. Welche Auftritte der in Frage 1 und 2 genannten Musiker sind der Lan- desregierung seit dem 1. Januar 2010 bekannt? Bitte Aufstellung nach Datum, Auftrittsort, gegebenenfalls weitere auftretende Bands, Teilnehmern und Teilnehmerinnen und gegebenenfalls Anlass bzw. Zweck des Konzerts. Die Bands „Painful Life“ und „Two Minutes Warning“ spielten am 25. September 2010 bei einem Konzert in Zschadraß/SN vor 200 Teilnehmern . Außerdem traten die Musikgruppen „Second Class Citizen“ und „Legion of Thor“ auf. Die Band „Permafrost“ spielte am 19. Juni 2010 bei einem Konzert in Trondheim /NOR. Zur Anzahl der Teilnehmer liegen keine Angaben vor. Weitere Angaben können aus Gründen der Geheimhaltung und des Quellenschutzes im Rahmen der Beantwortung der Kleinen Anfrage nicht gemacht werden; die Landesregierung wird hierzu die Parlamentarische Kontrollkommission unterrichten. 4. Sind der Landesregierung personelle Überschneidungen zwischen neo- nazistischen Musikern/Musikgruppen und anderen rechtsextremen Vereinigungen und Organisationen in Sachsen-Anhalt bekannt? Wenn ja, welche? Der Landesregierung ist bekannt, dass einige Bandmitglieder auch in regionalen rechtsextremistischen Szenen aktiv sind. Weitere Angaben hierzu können aus Gründen der Geheimhaltung und des Quellenschutzes im Rahmen der Beantwortung der Kleinen Anfrage nicht gemacht werden; die Landesregierung wird hierzu die Parlamentarische Kontrollkommission unterrichten. 5. Welche neonazistischen Ladengeschäfte, Musikversand und -labels gibt es derzeit in Sachsen-Anhalt? 6. Bei welchen Ladengeschäften in Sachsen-Anhalt bzw. Versandfirmen/La- bels liegen der Landesregierung Anhaltspunkte für eine rechtsextreme Ausrichtung vor und worauf gründet sich der Verdacht? Im Jahr 2010 haben acht Online-Vertriebe ihre rechtsextremistischen Szeneutensilien zum Kauf angeboten. Darüber hinaus hat ein Vertrieb zusätzlich einen Szeneladen unterhalten. Drei weitere Online-Shops haben vorrangig Material aus dem Bereich „Nationalsozialistischer Black Metal“ zum Kauf angeboten . Insgesamt unterliegt die Vertriebsszene einer stetigen Fluktuation. Im ersten Halbjahr 2011 haben zwei Online-Vertriebe und das Ladengeschäft ihre Verkaufsgeschäfte eingestellt. Weitere Angaben können aus Gründen der Geheimhaltung und des Quellenschutzes im Rahmen der Beantwortung der Kleinen Anfrage nicht gemacht werden; die Landesregierung wird hierzu die Parlamentarische Kontrollkommission unterrichten. 4 7. Sind der Landesregierung in Sachsen-Anhalt von Rechtsextremen veranstaltete Musikveranstaltungen mit „unpolitischem Charakter“ bekannt ? Wenn ja, welche? Bitte Aufstellung nach Datum, Auftrittsort, gegebenenfalls weitere auftretende Bands, Teilnehmer und Teilnehmerinnen und gegebenenfalls Anlass bzw. Zweck des Konzerts. Eine Beobachtung von Personen, die als Teil von Personenzusammenschlüssen oder einzelnen Bestrebungen im Sinne des § 4 Abs. 1 VerfSchG-LSA verfolgen , erstreckt sich nur auf die Erhebung solcher Informationen, die tatsächliche Anhaltspunkte für das Verfolgen der Bestrebung enthalten. Sonstige Erkenntnisse , die keine tatsächlichen Anhaltspunkte im v. g. Sinne begründen, werden nicht erfasst. Der Landesregierung liegen daher über nicht extremistisches Verhalten von Personen, auch von solchen, die als Teil von Personenzusammenschlüssen oder einzelnen Bestrebungen im Sinne des § 4 Abs. 1 VerfSchG-LSA verfolgen, keine Erkenntnisse vor.