Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/2353 15.08.2013 (Ausgegeben am 15.08.2013) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Dorothea Frederking (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Zuverlässigkeit der Mibrag nach Bundesberggesetz Kleine Anfrage - KA 6/7948 Vorbemerkung des Fragestellenden: Am 30. Oktober 2012 hat der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil VI ZR 4/12 zur Stasivorbelastung eines Unternehmensmanagers festgestellt, dass „im Hinblick auf die besondere Bedeutung der Aufarbeitung des Überwachungssystems der Staatssicherheit“ eine Firma im Bereich der Brennstoffversorgung „aufgrund ihrer zunehmenden Bedeutung für die Energieversorgung in Deutschland nach wie vor im Blickpunkt der Öffentlichkeit“ steht: „Die Verletzung der Rechtsordnung und die Beeinträchtigung von Rechtsgütern der betroffenen Bürger oder der Gemeinschaft begründen ein anzuerkennendes Interesse an näheren Informationen über Tat und Täter .“ Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft Vorbemerkung: Gegenstand der Kleinen Anfrage ist das private Bergbauunternehmen Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft mbH (MIBRAG), das im Zuge der Privatisierung der ostdeutschen Braunkohlenindustrie (vgl. Vertrag zur Aufspaltung der Vereinigte Mitteldeutsche Braunkohlewerke AG 1993) entstand. Das Land Sachsen-Anhalt ist an dem Unternehmen nicht beteiligt und auch nicht in den Organen der Gesellschaft vertreten. Dies vorausgeschickt, beantwortet die Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt: 2 Frage 1: Gemäß Forschungsantrag „Die besondere Situation der Energiewirtschaft“, Aktenzeichen AU6 - 004993/09Z des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen (BStU) scheint an Hand von handschriftlichen Verpflichtungserklärungen der Einsatz von zwei Personen als Inoffizielle Mitarbeiter des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit nachgewiesen worden zu sein, welche nach der deutschen Wiedervereinigung im Vorstand der Mitteldeutschen Braunkohlengesellschaft (Mibrag) tätig gewesen sein sollen. Auf diese Stasi-Mitarbeit wurde auch in der öffentlichen Anhörung am 7. März 2013 zum Thema „Landesgesetz zum Kohlendioxidspeicherungsgesetz erarbeiten“ im Landtag von Sachsen-Anhalt hingewiesen - siehe Seite 24, vorletzter Absatz im Protokoll der öffentlichen Sitzung des Ausschusses für Wissenschaft und Wirtschaft. Darüber hinaus gab es am 13. Dezember 2012 in der Volksstimme mit der Überschrift „Horno, Heuersdorf , Großgrimma - wo Kohle lagert, sterben Dörfer“ einen Artikel, in dem die Stasibelastung angesprochen wurde. Sind der Landesregierung die aufgrund des oben genannten Antrages aufgefundenen Stasiunterlagen und die darauf beruhenden Forschungsergebnisse bekannt? Antwort zu Frage 1: Der Landesregierung liegen keine Unterlagen zu dem benannten Forschungsauftrag vor. Frage 2: Der § 11 Nr. 6 des Bundesberggesetzes sagt, dass die Aufsuchung von bergfreien Bodenschätzen zu versagen ist, wenn „Tatsachen die Annahme rechtfertigen , dass der Antragsteller, bei juristischen Personen und Personenhandelsgesellschaften die nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung berechtigten Personen, die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzen“. Falls durch die Forschungsergebnisse die Stasi-Vorbelastungsfälle tatsächlich bestätigt werden, erfüllt die Mibrag nach der Bewertung der Landesregierung „die erforderliche Zuverlässigkeit“ des Bundesberggesetzes § 11 Nr. 6, um die Erlaubnis zur Aufsuchung von bergfreien Bodenschätzen zu erhalten? Bitte die Antwort begründen. Antwort zu Frage 2: Der Begriff der Zuverlässigkeit ist ein vor allem im Gewerberecht allgemein verwendeter unbestimmter Rechtsbegriff. Er knüpft im Bergrecht jeweils an die Pflichten an, die sich aus dem Bundesberggesetz (BBergG) ergeben. Bezogen auf § 11 Nr. 6 BBergG bedeutet dies, dass Bergbaukonzessionen nicht von Personen ausgeübt werden können, bei denen bekannte Tatsachen den Schluss zulassen, dass sie nach ihrer Persönlichkeit nicht die Gewähr dafür bieten, den sich aus dem BBergG ergebenden Verpflichtungen nachzukommen. Eine etwaige Tätigkeit als Inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit der ehemaligen DDR könnte demzufolge (allein) keine „Unzuverlässigkeit“ im bergrechtlichen Sinne begründen. Frage 3: Wie bewertet die Landesregierung, dass die Bergbaubetroffenen in SachsenAnhalt seit Anfang der 1990er Jahre bei allen bergbaulichen Umsiedlungen und 3 Vorplanungen mit einem von mutmaßlichen ehemaligen MfS-Mitarbeitern geleiteten Unternehmen über ihren zukünftigen Wohnort verhandeln mussten? Antwort zu Frage 3: Verhandlungen zwischen Bergbauunternehmer und betroffenem Grundstückseigentümer finden in der Regel zunächst ohne behördliche Beteiligung statt. Erst wenn keine gütliche Einigung erzielt wird, besteht für den Bergbauberechtigten die Möglichkeit , eine Grundabtretung gem. den §§ 77 ff. BBergG bei der Bergbehörde zu beantragen . Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Frage 4: Wie bewertet die Landesregierung, dass die persönlichen Rechte von Bergbaubetroffenen in Sachsen-Anhalt seit Anfang der 90er Jahre nach dem Bundesberggesetz § 78 unter der Einflussnahme von mutmaßlichen ehemaligen MfS-Mitarbeitern „entzogen, übertragen, geändert, mit einem dinglichen Recht belastet oder sonst beschränkt werden“ durften? Antwort zu Frage 4: Es wird auf die Antworten zu Frage 1, 2 und 3 verwiesen. Frage 5: Welche Gründe gibt die Mibrag für das Verlassen von Mitarbeitern aus dem Unternehmen vor Erreichen ihres Rentenalters an, die nach dem oben genannten Forschungsantrag MfS-vorbelastet sein sollen? Antwort zu Frage 5: Die MIBRAG hat mit Schreiben vom 13. Juni 2013 mitgeteilt, dass sie sich aus grundsätzlichen datenschutz- und arbeitsrechtlichen Erwägungen zu personellen Entscheidungen nicht äußert. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Frage 6: Wenn sich bei der Mibrag die Stasi-Vorbelastungsfälle bestätigen sollten, ist die Landesregierung dann mit dem Umstand einverstanden, dass aus einem etabliertem MfS-Erfahrungsschatz weiterhin die persönlichen Rechte von Bergbaubetroffenen nach Bundesberggesetz § 78 „entzogen, übertragen, geändert , mit einem dinglichen Recht belastet oder sonst beschränkt werden“ können? Antwort zu Frage 6: Es wird auf die Antwort zu Frage 1, 2 und 3 sowie die Vorbemerkung verwiesen. Frage 7: Wie ist ggf. zu erklären, dass sich bei der Mibrag mindestens zwei der für Planung und Durchführung von bergbaulichen Umsiedlungen zuständigen, zugleich auch MfS-vorbelastete Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer über die Anweisung der Treuhandanstalt vom 15. Januar 1991 zur Offenlegung aller früheren Stasi-Tätigkeiten hinwegsetzen konnten? 4 Frage 8: Sofern die „Erklärung“ auf Seite 3 der Anweisung der Treuhandanstalt vom 15. Januar 1991 von den MfS-vorbelasteten Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern nicht wahrheitsgetreu unterschrieben worden ist, ist dadurch ein juristisch verwertbarer Fall gegeben? Wie ist eine Falschaussage zu bewerten ? Frage 9: Hat der Mibrag-Aufsichtsrat seine durch die Anweisung der Treuhandanstalt vom 15. Januar 1991 auferlegten Verpflichtungen jederzeit erfüllt? Antwort zu Frage 7, 8 und 9: Der Landesregierung ist eine Anweisung der Treuhandanstalt vom 15. Januar 1991 nicht bekannt. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 und die Vorbemerkung verwiesen.