Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/2441 19.09.2013 (Ausgegeben am 19.09.2013) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Cornelia Lüddemann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Sexualisierte Gewalt in Sachsen-Anhalt - Nachfrage zu der Antwort auf die Kleine Anfrage (Drucksache 6/1846) Kleine Anfrage - KA 6/8033 Vorbemerkung des Fragestellenden: Zur Frage nach der Berücksichtigung des Bundeskinderschutzgesetzes (in Kraft getreten am 1. Januar 2012) im Raum Schule verweist die Landesregierung u. a. auf eine Handreichung des Kultusministeriums vom 9. September und eine Bekanntmachung vom 18. August 2006. Antwort der Landesregierung erstellt vom Kultusministerium Vorbemerkung: Das Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchG) ist ein Artikelgesetz. Bei der Beantwortung der Fragen wird davon ausgegangen, dass Bezug genommen wird zum Artikel 1 des BKiSchG) „Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutzgesetz (KKG)“, § 4 „Beratung und Übermittlung von Informationen durch Geheimnisträger bei Kindeswohlgefährdung“. Frage 1: Plant die Landesregierung, den § 38 des Schulgesetzes des Landes SachsenAnhalt an die Vorgaben des Bundeskinderschutzgesetzes anzupassen und ein schulisches Handlungsfeld bei Hinweisen auf Vernachlässigung, Misshandlung oder Missbrauch von Kindern zu definieren? Wenn ja, wann ist die Einbringung in den Landtag avisiert? Nein. 2 Wenn nein, a) in welcher Weise sieht die Landesregierung § 4 Abs. 1 des Bundeskin- derschutzgesetzes durch den § 38 Schulgesetz LSA und die entsprechende Handreichung des Ministeriums für Bildung und Kultur vom 9. September 2009 als erfüllt an? Welche Gutachten liegen dazu ggf. vor? Mit der Änderung des Schulgesetzes vom 1. Februar 2013 wurde in § 38 der Absatz 3 mit folgendem Wortlaut eingefügt: „(3) Treten bei einer Schülerin oder einem Schüler erhebliche Verhaltensauffälligkeiten auf, die eine Maßnahme der Jugendhilfe erforderlich erscheinen lassen, oder werden Tatsachen bekannt, die auf Vernachlässigung, Missbrauch oder Misshandlung einer Schülerin oder eines Schülers schließen lassen, unterrichtet die Schule das zuständige Jugendamt. Die Erziehungsberechtigten sind über die Einschaltung des Jugendamtes zu informieren, soweit der wirksame Schutz der Schülerin oder des Schülers dadurch nicht infrage gestellt wird.“ Damit wird sichergestellt, dass Lehrkräfte analog dem § 4 Abs. 1 des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG) handeln können. Die schulischen Regelungen des Landes Sachsen-Anhalt gehen damit über die Bestimmungen des KKG hinaus. Während laut § 4 Abs. 1 KKG die Lehrkräfte nur tätig werden sollen, wenn es wichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen bekannt werden, unterrichtet in Sachsen-Anhalt die Schule zum Wohle der Betroffenen das zuständige Jugendamt. Die Schule hat somit keinen Ermessensspielraum. Das Jugendamt ist aufgrund seiner Sachkompetenz befähigt , mit Verdachtsmomenten entsprechend umzugehen und die in der jeweiligen Lage erforderlichen Schritte einzuleiten. Die aktuelle Handreichung „Gewalt gegen Kinder und Jugendliche - ein Leitfaden für Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher in Sachsen-Anhalt zur Früherkennung , Handlungsmöglichkeiten und Kooperation“, 2. überarbeitete Auflage 2010, berücksichtigt explizit das Bundeskinderschutzgesetz. Hier werden neben Hinweisen zur Früherkennung von Vernachlässigung, Missbrauch und Misshandlungen auch die landesweiten und regionalen Beratungsstellen aufgeführt. Ein Plan für eine Notfallkette sowie aktuelle Gesetzestexte finden sich im Anhang 3 in der Handreichung. Diesbezügliche Gutachten wurden nicht in Auftrag gegeben. b) in welcher Weise informiert die Landesregierung die Lehrkräfte in Sachsen -Anhalt über ihren Anspruch auf Beratung gemäß § 4 Abs. 2 Bundeskinderschutzgesetz ? Die Gesetzestexte (Auszüge) mit den entsprechenden Handlungsoptionen wurden in der Handreichung „Gewalt gegen Kinder und Jugendliche - ein Leitfaden für Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher in Sachsen-Anhalt zur Früherkennung , Handlungsmöglichkeiten und Kooperation“ bekannt gemacht. Die Broschüre wurde an alle Schulen versandt. 3 c) in welcher Weise informiert die Landesregierung die Lehrkräfte in Sachsen -Anhalt über die damit verbundene ausdrückliche Befugnis der Lehrkräfte im Zuge dieser Beratung Daten Dritter an Mitarbeitende der Jugendhilfe pseudonymisiert weiter zu geben (§ 4 Abs. 2 Satz 2)? Siehe 1b. d) in welcher Weise informiert die Landesregierung die Lehrkräfte in Sachsen -Anhalt über die Befugnis, zur Abwendung der Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen, das Jugendamt über den Vorgang entsprechend zu informieren (§ 4 Abs. 3)? Und wie verhält sich diese Befugnis zu § 84a des Schulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt? Siehe 1b. Die Befugnis zur Abwendung einer Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen steht dem § 84a des Schulgesetzes nicht entgegen. Frage 2: Wie viele Anfragen nach Beratung von Lehrkräften in Sachsen-Anhalt gegenüber dem Träger der Jugendhilfe wurden seit Inkrafttreten des Bundeskinderschutzgesetzes gestellt? Diese Daten wurden bisher weder durch die Träger der Jugendhilfe noch durch das Landesschulamt erfasst. Frage 3: Welche und wie viele Schulen in Sachsen-Anhalt sind Kooperationspartner in lokalen Netzwerken des Kinderschutzes gemäß § 3 Abs. 2 des Bundeskinderschutzgesetzes ? Bitte Nennung der Schulen differenziert nach Landkreisen und kreisfreien Städten. Bereits mit Inkrafttreten des Gesetzes zum Schutz des Kindeswohls und zur Förderung der Kindergesundheit (Kinderschutzgesetz) des Landes Sachsen-Anhalt wurden lokale Netzwerke „Kinderschutz/Frühe Hilfen“ auf Ebene der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe eingerichtet. In § 3 Abs. 3 Kinderschutzgesetz sind u. a. Schulen als einzubeziehende Netzwerkpartner genannt. Vom Ministerium für Arbeit und Soziales wird bei den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe seit 2010 eine jährliche Erhebung der einbezogenen Partner in diese lokalen Netzwerke Kinderschutz durchgeführt. In dieser Erhebung wird auch nach der generellen Einbeziehung von Schulen in diese lokalen Netzwerke gefragt, allerdings weder differenziert nach Schularten und Schulnamen noch nach der konkreten Anzahl der Schulen. Im Vergleich der Jahre 2011 zu 2012 ist die Anzahl der einbezogenen Partner in den lokalen Netzwerken Kinderschutz erheblich gestiegen. Bei der Einbeziehung von Schulen wurde eine landesweite Steigerung von 46 % auf gut 93 % bzgl. der Mitarbeit in den 14 lokalen Netzwerken Kinderschutz festgestellt. 4 Im Rahmen der Erhebungen für das Jahr 2012 haben bis auf den Burgenlandkreis alle kommunalen Gebietskörperschaften die Frage nach der Einbeziehung von Schulen in die lokalen Netzwerke „Kinderschutz/Frühe Hilfen“ bejaht. Frage 3.1: Warum werden Schulen und das Schulamt nicht als mögliche Partner in den Regionalen Netzwerken Kinderschutz auf der entsprechenden Homepage des Ministeriums für Arbeit und Soziales genannt? Die in die lokalen Netzwerke Kinderschutz einzubeziehenden Kooperationspartner werden auf der Homepage nur beispielhaft und nicht abschließend aufgeführt. Dies soll durch die Formulierung: „… sowie weitere in dem Themenfeld (Anmerkung: Kinderschutz ) aktive Träger (sollen) in diesen Netzwerken kooperieren.“ zum Ausdruck gebracht werden. Die Anregung, auf der Homepage auch die Schulen als Kooperationspartner zu nennen , wird aufgenommen.