Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/2480 09.10.2013 (Ausgegeben am 09.10.2013) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Thomas Leimbach (CDU) Verbreitung und Gefährlichkeit des Riesen-Bärenklaus in Sachsen-Anhalt Kleine Anfrage - KA 6/8043 Vorbemerkung des Fragestellenden: Der Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum oder Heracleum giganteum) gehört zu den invasiven Neophyten. Bereits bloße Berührungen können ernste Gesundheitsschäden nach sich ziehen. Laut Berichterstattung der Mitteldeutschen Zeitung vom 24. August 2013 können sich erhebliche Gesundheitsrisiken ergeben. Im Artikel wird von einer massiven Ausbreitung der Pflanze und intensiven Bekämpfungsmaßnahmen im Landkreis Mansfeld Südharz berichtet. Darüber hinaus soll von der Pflanze auf Hängen und Böschungen ein Erosions- und auf Äckern und Wiesen ein Ertragsverlustrisiko ausgehen und er andere, gefährdete Pflanzenarten durch seine Ausbreitung einschränken. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt Frage Nr. 1 Wo und wann wurde das erste Vorkommen des Riesen-Bärenklaus in SachsenAnhalt dokumentiert? Der in Deutschland seit dem Ende des 19. Jahrhunderts eingeführte Riesen-Bärenklau wurde ursprünglich in Gärten und Parkanlagen angepflanzt. Wann eine Etablierung in der freien Natur erfolgte, lässt sich heute nicht mehr mit Bestimmtheit sagen. Ein erstes Vorkommen auf dem Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalt ist daher nicht sicher dokumentiert. Zudem wurden synanthrope Artvorkommen seinerzeit grundsätzlich nicht speziell erfasst. In der Datenbank der Farn- und Blütenpflanzen Sachsen-Anhalts liegen aus dem Zeitraum 1950 bis 1991 Angaben aus 76 Rasterfeldern vor. Die älteste mit der kon- 2 kreten Jahreszahl 1954 dokumentierte Meldung bezieht sich auf die Gewässer Holtemme , Zillierbach, Wormkegraben und Drängetalbach im Harz. Frage Nr. 2 Seit wann erfolgt eine Ausdehnung der Verbreitung des Riesen-Bärenklaus in Sachsen-Anhalt? In welchen Landkreisen, mit welchen Schwerpunkten wurde die Verbreitung bislang dokumentiert? Handelt es sich jeweils um Einzelpflanzen oder um Standorte mit Mehrfachvorkommen? Lokale Anpflanzungen bzw. Ansiedlungen breiten sich seit den 1950er Jahren in Abhängigkeit von der Nutzung umgebender Bereiche aus. Die Ausbreitung wurde zudem oftmals durch direkte Ausbringung - z. B. als Bienenweide - in die freie Natur gefördert. Nachdem die Zunahme der Ansiedlungen zunächst vor allem Gewässerufer betraf, ist die Art heute auch außerhalb der Flussauen verbreitet. Landesweit bedeutsam wurde die Ausbreitung des Riesen-Bärenklaus seit den 1980er Jahren. Gegenwärtig werden Vorkommen des Riesen-Bärenklaus in allen Landkreisen und kreisfreien Städten Sachsen-Anhalts dokumentiert, wobei die höchsten Dominanzen der Art derzeit im Mansfelder Land und im Raum Bernburg erreicht werden. Vielfach handelt es sich noch um Einzelpflanzen oder kleinere Bestände. Die Chancen einer Beseitigung dieser Vorkommen sind in diesem Stadium am größten. Sich bereits seit längerer Zeit ausbreitende Bestände dominieren inzwischen schon sehr große Flächen - oft in Dominanzbeständen (z. B. Einzugsgebiet des Süßen Sees). Frage Nr. 3 Welche genauen gesundheitlichen Risiken sind bei Kontakt eines Menschen mit dem Riesen-Bärenklau beschrieben? Sind Kinder gesundheitlich in anderer Form gefährdet als Erwachsene? In der Literatur sind folgende gesundheitliche Reaktionen beschrieben: Bei Hautkontakt führen die in der gesamten Pflanze enthaltenen Furanocumarine (photosensibilisierende Stoffe) bei anschließender Bestrahlung durch Sonnenlicht zu phototoxischen Reaktionen. Die Folgen sind Reizungen und Rötungen der Haut, Hautentzündungen, bis hin zu schmerzhaften Blasenbildungen und schwer heilenden Hautverbrennungen ersten bis zweiten Grades. An heißen Tagen werden die Furanocumarine von der Pflanze an die Umgebung abgegeben, so dass es bei längerem Aufenthalt in unmittelbarer Nähe der Pflanze neben den genannten Erscheinungen auch zu Auswirkungen auf das Kreislauf- und Atmungssystem kommen kann (Atemnot , akute Bronchitis). Kinder sind insofern besonders gefährdet, da sie bei Unkenntnis der gesundheitlichen Gefahr die attraktiv wirkenden Pflanzen zum Spielen nutzen. Durch den intensiven Kontakt sind daher die beschriebenen Symptome in besonderer Schwere zu erwarten. 3 Frage Nr. 4 Wer ist behördlich zuständig in Sachsen-Anhalt für a) die Beobachtung der Verbreitung des Riesen-Bärenklaus? Die Vorkommen invasiver und potenziell invasiver Arten sind gemäß des § 40 Abs. 2 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) zu beobachten. In Sachsen-Anhalt wurde die Zuständigkeit für diese Beobachtung der Fachbehörde für Naturschutz übertragen. b) die Dokumentation über die Verbreitung und Fälle von Krankheitsbildern beim Menschen, die auf den Kontakt mit dieser Pflanze zurückzuführen sind? Grundsätzlich erfolgt eine Dokumentation von Krankheitsbildern (Diagnosen) bei den Krankenversicherungsträgern sowie im Rahmen der Krankenhausstatistik beim Statistischen Landesamt. Die Behörden des öffentlichen Gesundheitsdienstes sind im Rahmen der Gesundheitsberichterstattung auf der Grundlage des Gesundheitsdienstgesetzes Sachsen-Anhalt (GDG LSA) zuständig für die Aufbereitung von gesundheitsbezogenen Daten, soweit diese dort vorhanden sind. Eine Meldepflicht von allergischen Reaktionen und Verletzungen nach Kontakt mit dem Riesen-Bärenklau besteht nicht. c) die Information und Aufklärung der Bevölkerung zum Gesundheitsschutz bzw. vor den Gefahren des Kontaktes des Menschen mit dieser Pflanze? Die Behörden des öffentlichen Gesundheitsdienstes können auf der Grundlage des GDG LSA ein entsprechendes Aufklärungs- und Beratungsangebot zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung vor schädigenden Einflüssen aus der Umwelt (wie z. B. den Riesen-Bärenklau) bereithalten. d) die Information und Aufklärung der besonders gefährdeten Berufsgruppen in der Land- und Forstwirtschaft? Grundsätzlich ist der Schutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern vor gesundheitlichen Gefahren originäre Aufgabe des jeweiligen Arbeitgebers. Die Arbeitsschutzverwaltung im Land Sachsen-Anhalt (Fachbereich 5 des Landesamtes für Verbraucherschutz ) ist zuständige Behörde für die Überwachung der Arbeitgeber hinsichtlich der Einhaltung dieser Pflichten. Im Rahmen der Arbeitsschutzaufsicht finden sowohl durch die staatlichen Aufsichtsbehörden als auch die zuständigen Unfallversicherungsträger regelmäßig auch Beratungen und Informationen der Arbeitgeber zu bestimmten besonderen Gefährdungen und Möglichkeiten der Gefährdungsvermeidung bzw. -minimierung statt. Im Zusammenhang mit den durch den Riesen-Bärenklau ausgehenden Gefährdungen für die Beschäftigten in der Land- und Forstwirtschaft sind gegenüber den staatlichen Arbeitsschutzbehörden in Sachsen-Anhalt keine besonderen Informations- oder Aufklärungsbedarfe bei den betroffenen Arbeitgebern berichtet worden.