Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/2555 06.11.2013 (Ausgegeben am 06.11.2013) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Dagmar Zoschke (DIE LINKE) Abgeordnete Gudrun Tiedge (DIE LINKE) Situation der Schiedsstelle für Angelegenheiten der Sozialhilfe nach § 80 SGB XII in Sachsen-Anhalt Kleine Anfrage - KA 6/8059 Vorbemerkung des Fragestellenden: Nach dem Gesetz zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 11. Januar 2005 führt der überörtliche Träger der Sozialhilfe die Schiedsstellenverfahren im Sinne von § 77 in Verbindung mit § 80 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch selbst durch. Gegenwärtig sollen über 500 Verfahren bei dieser Schiedsstelle in Sachsen-Anhalt anhängig sein. Häufig steht hierbei die Frage nach der Refinanzierung von Kostensteigerungen der Einrichtungsträger im Focus der Auseinandersetzung . Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Arbeit und Soziales Vorbemerkung: Im Hinblick auf die Fragen, die sich auf die Tätigkeit der SGB XII - Schiedsstelle beziehen , ist zu bemerken, dass die Schiedsstelle und deren ehrenamtlicher Vorsitzender nach den einschlägigen Bestimmungen des SGB XII von Weisungen des Ministeriums für Arbeit und Soziales unabhängig sind. Die im Ministerium für Arbeit und Soziales angesiedelte Schiedsstellengeschäftsstelle unterliegt den fachlichen Weisungen des Schiedsstellenvorsitzenden. Die Landesregierung ist daher nicht berufen , die Entscheidungspraxis der SGB XII - Schiedsstelle zu bewerten. Dies vorangestellt ist weiterhin anzumerken, dass aus Sicht der Schiedsstelle bislang nur wenige der bei der Schiedsstelle derzeit anhängigen Verfahren entscheidungsreif sind. Dies liegt darin begründet, dass die Vertragsparteien sich untereinander in Ver- 2 handlungen befinden bzw. ihre Verhandlungen noch nicht abgeschlossen haben. Resultate dieser Verhandlungen sind derzeit vielfach Einigungen der Vertragsparteien , die durch Festsetzungen der Schiedsstelle bzw. Antragsrücknahmen den Abschluss finden. 1. Wie viele Verfahren sind/waren seit 2009 bis zum 1. Halbjahr 2013 bei der o. g. Schiedsstelle anhängig? Die Jahre 2009 bis 2012 bitte in Jahresschritten sowie das 1. Halbjahr 2013 in Monatsschritten aufführen. Welche Streit- und Konfliktfälle lagen insbesondere vor, um die Schiedsstelle für Angelegenheiten der Sozialhilfe anzurufen? In wie vielen Fällen wurde zugunsten des Antragstellers entschieden? Die beigefügte Übersicht stellt dar, wie viele Verfahren seit 2009 anhängig waren . Auf eine Darstellung der noch anhängigen Verfahren wird verzichtet, da aufgrund täglicher Veränderungen, keine verlässliche Erklärung abgegeben werden kann. Zeitraum Verfahren erledigt 2009 8 6 2010 69 9 2011 123∗ 12 2012 249 58 01/2013 187 26 02/2013 4 0 03/2013 10 1 04/2013 4 2 05/2013 0 0 06/2013 7 0 Das Land als überörtlicher Sozialhilfeträger konnte mit einem Teil der Leistungserbringer in den Entgeltverhandlungen für die Jahre ab 2011 noch keine Einigung erzielen. In diesen Fällen stellten die Einrichtungsträger jeweils am Jahresende Schiedsstellenanträge. Da ggf. nicht nur für jedes Jahr, sondern auch getrennt für jede Leistungsart („Leistungstyp“) eines Trägers ein gesonderter Schiedsstellenantrag zu stellen ist, liegt die Zahl der Schiedsstellenverfahren um ein Vielfaches höher, als die Zahl der betroffenen Träger. Als erledigt angesehen werden Verfahren, in denen eine Einigung erzielt wurde und die Rücknahme/Festsetzung bereits erfolgt ist. Weiterhin existieren Fälle, bei denen eine Einigung bereits erzielt wurde, aber die Rücknahme/Festsetzung noch erfolgen muss; was in naher Zukunft zu erwarten ist. Die Erledigung der o. g. Verfahren erfolgte zumeist im Wege der Verhandlungen zwischen den Vertragsparteien, in deren Ergebnis meist ein Vergleich ab- ∗ Aufgrund eines Übertragungsfehlers wurde in der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Cornelia Lüddemann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) KA 6/7699 – Drs. 6/1864 in der Anlage 3 zu Frage 3 für das Jahr 2011 versehentlich die Anzahl von 124 Verfahren genannt. 3 geschlossen werden konnte. Eine Beteiligung der Schiedsstelle war in diesen Fällen nicht erforderlich. Im Rahmen der Vergleiche erfolgte sodann zumeist eine Rücknahme der Verfahren aus dem Jahr 2011 (in manchen Fällen auch der Verfahren aus 2012) und ein gemeinsamer Antrag an die Schiedsstelle auf Festsetzung der geeinten Vergütung für das jeweilige Folgejahr. Für das Jahr 2013 wurde für die zurückliegenden Zeiträume eine Festsetzung durch die Schiedsstelle beantragt und für die Zukunft eine Vereinbarung geschlossen. Insofern ist auf die Frage, in wie vielen Fällen zugunsten des Antragstellers entschieden wurde, keine Aussage möglich. Auch in den Fällen, in denen die Schiedsstelle ohne Vorliegen eines vorherigen Vergleichs über die Anträge der Parteien entscheidet, gibt es i. d. R. einen Schiedsspruch, der sich zwischen den Anträgen der Vertragsparteien bewegt. Die vorliegenden Streit- und Konfliktfälle betrafen in erster Linie die Sach- und Personalkosten als Hauptbestandteile der zu vereinbarenden Vergütung. Aufgrund der in der Antwort zur Frage 4 geschilderten Sachlage, hinsichtlich der Anrufungspraxis der Schiedsstelle durch die Leistungserbringer, lagen jedoch in den allermeisten Fällen bei Anrufung der Schiedsstelle noch gar keine strittigen Punkte vor, die hier benannt werden könnten. 2. Wie schätzt die Landesregierung die Entwicklung der anhängigen Verfah- ren bei der o. g. Schiedsstelle ein? Die Entwicklung der anhängigen Verfahren wird durchaus als positiv angesehen , da zwischen den Vertragsparteien intensive Verhandlungen stattfinden. Diese Verhandlungen führen vielfach zu Einigungen und Beendigungen der Schiedsstellenverfahren. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 3. Welchen Zeitrahmen beanspruchen in der Regel die entsprechenden Ver- fahren? Der Zeitrahmen der Schiedsstellenverfahren variiert, da der Verfahrens- und Verhandlungsstand jeweils unterschiedlich ist. 4. Welche Ursachen liegen aus Sicht der Landesregierung für die hohe An- zahl der anhängigen Schiedsstellenverfahren nach SGB XII in SachsenAnhalt vor? Da eine Vereinbarung zwischen den Vertragspartnern zu einer pauschalen und linearen Erhöhung der Vergütungen für Einrichtungen und Dienste der Eingliederungshilfe für das Jahr 2011 nicht abgeschlossen werden konnte, haben zahlreiche Leistungserbringer die Sozialagentur Sachsen-Anhalt zu Verhandlungen aufgefordert. Die Aufforderungen betreffen neben den Vergütungen in vielen Fällen auch die Leistungsvereinbarungen. Die Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII sind vor Beginn der jeweiligen Wirtschaftsperiode für einen zukünftigen Zeitraum (Vereinbarungszeitraum) abzuschließen ; nachträgliche Ausgleiche sind nicht zulässig. Kommt eine Vereinbarung nach § 76 Abs. 2 SGB XII innerhalb von sechs Wochen nicht zustande, 4 nachdem eine Partei schriftlich zu Verhandlungen aufgefordert hat, entscheidet die Schiedsstelle nach § 80 SGB XII auf Antrag einer Partei unverzüglich über die Gegenstände, über die keine Einigung erreicht werden konnte (§ 77 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB XII. Um den Beginn des Vereinbarungszeitraums zu sichern, haben viele Einrichtungsträger die Schiedsstelle nach SGB XII nicht nur einmal für einen Leistungstyp der Einrichtung, sondern für verschiedene Zeiträume und unterschiedliche Leistungstypen angerufen. Hinzu kam, dass fast alle Leistungserbringer gleichzeitig entsprechende Verhandlungsaufforderungen gestellt haben. Dies führte zu einem extrem hohen Arbeitsaufkommen in der Sozialagentur Sachsen-Anhalt. 5. Wie haben sich nach den Erkenntnissen des Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalt und ggf. anderer Ämter die Kosten für Energie, Wasser und Lebensmittel sowie die Inflationsrate für Sachsen-Anhalt seit 2009 bis heute entwickelt? Angaben bitte in Jahresschritten jeweils im Vergleich zum Vorjahr. Die Angaben des Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalt zur Steigerung der Kosten für Energie, Wasser und Lebensmittel sowie zur Inflationsrate für Sachsen-Anhalt seit 2009 bis heute sind der Internetseite des Statistischen Landesamtes zu entnehmen: a) Inflationsraten: 2009 0,2 % 2010 1,2 % 2011 2,1 % 2012 2,1 % b) Die Entwicklung der Verbraucherpreise für Haushaltsenergie und Lebens- mittel zum Vorjahr können der folgenden Übersicht entnommen werden. Diese Werte werden auf der Basis des Verbraucherpreisindex ermittelt, welcher im Abstand von fünf Jahren überarbeitet wird. Ab Januar 2013 bezieht sich der Index auf das neue Basisjahr 2010 (=100). Verbraucherpreisindex für Sachsen Anhalt von 2009 bis heute 2009 Inflationsrate 0,2 % 2010 Inflationsrate 1,2 % Indexstand Veränderung gegenüber Indexstand Veränderung gegenüber Jan 09 Jan 08 Dez 08 Jan 10 Jan 09 Dez 09 Index Hauptgruppe Gütergruppe 2005=100 um Prozent 2005=100 um Prozent Verbraucherpreisindex insgesamt 105,90 0,80 -0,60 106,80 0,80 -0,70 Wohnung, Wasser, Strom, Gas und andere Brennstoffe 107,90 1,60 0,40 108,10 0,20 0,50 Haushaltsenergie 128,80 3,90 1,40 125,60 -2,50 0,30 Wohnungsmieten (einschl. Nebenkosten) 102,30 0,80 - 103,20 0,90 0,60 Nettokaltmieten 102,10 0,90 - 102,70 0,60 0,30 5 Wohnungsnebenkosten 103,60 -0,20 0,10 106,70 3,00 2,60 Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke 111,60 1,60 0,30 110,00 -1,40 0,90 Nahrungsmittel 113,10 2,00 0,40 111,40 -1,50 1,10 Brot und Getreideerzeugnisse 115,90 5,50 -0,10 115,10 -0,70 -0,20 Molkereiprodukte und Eier 114,20 -7,30 -0,10 110,50 -3,20 -0,30 Speisefette und -öle 117,30 -2,00 0,30 126,10 7,50 2,30 Gemüse (einschließlich Kartoffeln 124,20 3,50 4,40 115,60 -6,90 12,00 Alkoholfreie Getränke 102,30 0,30 -0,70 100,90 -1,40 0,00 2011 Inflationsrate 2,1 % 2012 Inflationsrate 2,1 % Indexstand Veränderung ge- genüber Indexstand Veränderung gegenüber Jan 11 Jan 10 Dez 10 Jan 12 Jan 11 Dez 11 Index Hauptgruppe Gütergruppe 2005=100 um Prozent 2005=100 um Prozent Verbraucherpreisindex insgesamt 108,70 1,80 -0,50 111,10 2,20 -0,40 Wohnung, Wasser, Strom, Gas und andere Brennstoffe 110,60 2,30 0,90 113,30 2,40 0,60 Haushaltsenergie 135,70 8,00 3,70 145,10 6,90 1,30 Wohnungsmieten (einschl. Nebenkosten) 103,70 0,50 -0,10 104,60 0,90 0,40 Nettokaltmieten 103,30 0,60 0,10 104,10 0,80 0,30 Wohnungsnebenkosten 106,20 -0,50 -0,80 107,60 1,30 1,10 Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke 113,80 3,50 0,10 117,90 3,60 1,50 Nahrungsmittel 115,00 3,20 -0,20 118,30 2,90 1,50 Brot und Getreideerzeugnisse 117,90 2,40 0,40 121,60 3,10 1,20 Molkereiprodukte und Eier 112,80 2,10 -0,90 117,40 4,10 -0,30 Speisefette und -öle 125,60 -0,40 -0,90 142,20 13,20 -0,40 Gemüse (einschließlich Kartoffeln 132,30 11,40 2,00 118,80 -10,20 8,70 Alkoholfreie Getränke 106,30 5,40 2,10 114,90 8,10 0,90 6 Indexstand Veränderung gegenüber Indexstand Veränderung gegenüber Jan 13 Jan 12 Dez 12 Aug 13 Jul 13 Aug 12 Index Hauptgruppe Gütergruppe 2010=100 um Prozent 2010=100 um Prozent Verbraucherpreisindex insgesamt 104,30 -0,40 1,80 105,80 0,10 1,60 Wohnung, Wasser, Strom, Gas und andere Brennstoffe 105,80 1,20 1,80 106,00 0,00 1,30 Haushaltsenergie 120,70 4,70 6,30 120,00 0,00 3,60 Wohnungsmieten (einschl. Nebenkosten) 101,50 0,20 0,40 101,90 0,00 0,60 Nettokaltmieten 101,60 0,30 0,50 102,00 0,00 0,60 Wohnungsnebenkosten 101,30 -0,30 0,20 101,70 0,00 0,10 Nahrungsmittel und alkohol- freie Getränke 110,10 1,00 4,40 111,20 -0,40 5,60 Nahrungsmittel 110,10 1,00 5,20 111,20 -0,60 6,10 Brot und Getreideerzeugnisse 108,60 0,60 3,40 109,60 -0,10 2,70 Molkereiprodukte und Eier 107,00 0,70 1,60 109,30 -0,20 6,80 Speisefette und -öle 110,80 -0,60 -2,80 121,90 -0,60 16,90 Gemüse (einschließlich Kartoffeln 104,70 3,30 7,70 104,30 -3,80 12,30 Alkoholfreie Getränke 110,00 1,00 -1,90 111,20 1,10 2,10 Quellen: Statistisches Landesamt Sachsen Anhalt (Veröffentlichungen jeweiliger Pressemitteilungen aus den Jahren 2009, 2010, 2011, 2012, 2013) Hinweis: Der Verbraucherpreisindex wird in einem Abstand von fünf Jahren überarbeitet. Der Warenkorb wird an den aktuellen Verbrauch angepasst, methodische Änderungen eingearbeitet und das Währungsschema neu berechnet. Ab Januar 2013 bezieht sich der Index auf das neue Basisjahr 2010=100. 6. Wie haben sich im gleichen Zeitraum die Tarife sowie die Entgelte im Bereich der Sozialhilfe/Sozialarbeit sowie in der Behindertenhilfe entwickelt? Bitte in Jahresschritten darstellen. Diese Frage kann nicht abschließend beantwortet werden. Die von den Leistungserbringern angewandten Tarife (auch Haustarife) sehen sehr unterschiedliche Regelungen und Steigerungsraten für die hier in Rede stehenden Einzeljahre vor. Der Sozialagentur Sachsen-Anhalt liegen nur ausgewählte Tarife vor, und dies auch nicht für den abgefragten Gesamtzeitraum, da viele Leistungserbringer nicht bereit waren, derartige Nachweise vorzulegen. 7 7. Wie und in welchem Umfang werden diese Kostenentwicklungen der Ein- richtungsträger gemäß der Fragen 4 und 5 seitens der Kostenträger (örtliche und überörtliche Sozialhilfeträger) in den Entgeltverhandlungen gewürdigt und in den jeweiligen Angeboten berücksichtigt? Bitte das Verfahren zur Kostenermittlung durch den Kostenträger kurz darlegen. Die Frage nach der Berücksichtigung der Kostenentwicklungen in den Entgeltverhandlungen seitens der Kostenträger dürfte sich vermutlich auf die vorangestellten Fragen 5 und 6 beziehen. Es wird darauf hingewiesen, dass nur für den überörtlichen Träger der Sozialhilfe und nicht für den örtlichen Träger der Sozialhilfe Auskunft erteilt werden kann. Bis einschließlich 2010 erfolgten überwiegend pauschale Anhebungen der Vergütungen auf der Basis entsprechender Beschlüsse der paritätisch besetzten Kommission gemäß § 79 SGB XII für das Land Sachsen-Anhalt. Für das Jahr 2009 gab es keinen gesonderten Beschluss, da die Vergütungen auf der Basis des Beschlusses aus dem Jahr 2007 im Zeitraum vom 01.01.2008 bis einschließlich 30.06.2009 pauschal um 2 %, bezogen auf die gewichtete durchschnittliche Vergütung je Leistungstyp, gesteigert wurden. Im Jahr 2010 wurden die Vergütungen für den Zeitraum 01.01.2010 bis 31.12.2010 um 3 % gesteigert, auch hier bezogen auf die gewichtete durchschnittliche Vergütung je Leistungstyp. Seit dem Jahr 2011 gibt es keine allgemeingültige Regelung zur pauschalen Anhebung auf der Basis eines Beschlusses der Kommission gemäß § 79 SGB XII für das Land Sachsen-Anhalt mehr. Dies hatte zur Folge, dass zahlreiche Leistungserbringer für ihre Einrichtungen die Sozialagentur Sachsen-Anhalt als überörtlicher Träger der Sozialhilfe zur Verhandlung der Leistung und/oder der Vergütung aufgefordert haben. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichtes vom 29.01.2009, Az.: B 3 P 7/08 R ist bei den Einzelverhandlungen ein zweistufiges Verfahren der Vergütungsermittlung anzuwenden, welches auch bei diesen Einzelverhandlungen zwischen der Sozialagentur Sachsen-Anhalt als überörtlicher Träger der Sozialhilfe und den Leistungserbringern der Eingliederungshilfe zur Anwendung kommt. Grundlage der Verhandlung über die Vergütung und damit erster Prüfungsschritt ist zunächst die Prüfung der eingereichten voraussichtlichen Kosten der Einrichtung je Leistungstyp für ihre Leistungen (Kostenkalkulation) auf Plausibilität . Hierfür hat die Einrichtung geeignete Nachweise beizubringen. Die Ansprüche nach einem reinen Selbstkostendeckungsprinzip bestehen hierbei nicht, vielmehr müssen die prospektiven Gestehungskosten plausibel dargelegt werden. Dies beinhaltet auch die Darlegung der Plausibilität des Steigerungsbegehrens von Sach- und Personalkosten im Vergleich zu den Vorjahreswerten . Sehr viele Leistungserbringer haben von einem Jahr zum anderen Steigerungsbeträge zwischen 10 % und 40 % geltend gemacht, die in Anbetracht der genannten Steigerung der Verbraucherpreise und auch hinsichtlich der üblichen 8 - wenn auch nicht im Einzelnen bekannten - Tarifentwicklungen unrealistisch erscheinen. Im Rahmen der Plausibilitätsprüfung sind insbesondere das angewandte Tarifwerk des Leistungserbringers und die sich daraus ergebenden Tarifsteigerungen seit der letzten pauschalen Anhebung zu prüfen. Die Nachweise zum Tarifwerk und zu den Stellenbesetzungen / Eingruppierungen der Beschäftigten wurden / werden jedoch oft gar nicht oder nur teilweise oder verzögert von den Leistungserbringern beigebracht. Nach Abschluss der Prüfung der Plausibilität der Gestehungskosten der Einrichtung erfolgt im zweiten Schritt die Prüfung der Leistungsgerechtigkeit. Hier wird im externen Vergleich geprüft, ob der Kostenansatz insgesamt im Rahmen vergleichbarer Leistungen in anderen Einrichtungen liegt. 8. Hat die Landesregierung Kenntnis davon, dass bei den jeweiligen Entgelt- verhandlungen die Kostenentwicklungen nach Frage 4 und 5 keine Berücksichtigung fanden? Auch hier wird die Vermutung vorangestellt, dass sich diese Fragestellung auf die Angaben zu den Fragen 5 und 6 bezieht. Eine Berücksichtigung der Kostenentwicklungen unter Verweis auf die Ausführungen zur Frage 7 im Rahmen vergleichbarer Einrichtungen (externer Vergleich) ist gegeben. 8a. Für den Fall der Nichtberücksichtigung: Warum wurden diese bei den jeweiligen Entgeltverhandlungen nicht mit einbezogen? Hier wird ebenfalls auf die Ausführungen zur Frage 7 verwiesen. 8b. Für den Fall der Berücksichtigung: In welchem Umfang wurden sie seit 2009 berücksichtigt (bitte in Jahresschritten darstellen) und wie wurde die entsprechende Entgeltanpassung seitens der Kostenträger konkret begründet? Die Frage ist pauschal so nicht zu beantworten. Bis einschließlich 2010 erfolgten überwiegend pauschale Anhebungen der Vergütungen auf der Basis entsprechender Beschlüsse der Kommission gemäß § 79 SGB XII für das Land Sachsen-Anhalt, also einvernehmlich mit den Spitzenverbänden der Leistungserbringer auf Landesebene. Seit dem Jahr 2011 werden die Entgeltverhandlungen „individuell“ geführt. Dies führte zu einer Vielzahl von unterschiedlichen Fallkonstruktionen, die eine pauschalierte Betrachtungsweise nicht zulassen. Die jeweiligen Entgeltanpassungen stellen keinen Verwaltungsakt dar, der von Seiten des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe einseitig erlassen werden kann, sondern es wird im Rahmen einer Vereinbarung eine zweiseitige Willenserklärung abgegeben. 9 9. Welche Maßnahmen hat bzw. wird die Landesregierung ergriffen/er- greifen, um die hohe Zahl der anhängigen Schiedsstellenverfahren zu reduzieren ? Um die Abarbeitung der Anträge zu beschleunigen und damit anhängige Schiedsverfahren zu reduzieren, wurde die befristete Einstellung von drei Beschäftigten für einen Zeitraum von zwei Jahren ermöglicht. Hierbei ist aber zu berücksichtigen, dass es aufgrund der besonderen Problematik der Vergütungsverhandlungen einer längeren Einarbeitungszeit bedarf. Zusätzlich unterstützen Beschäftigte des Ministeriums für Arbeit und Soziales die Sozialagentur Sachsen-Anhalt bei der Durchführung der Vergütungsverhandlungen , um die Abschlusszahlen zu erhöhen. Weiterhin wurde zur Unterstützung der Tätigkeit der Schiedsstelle ein zusätzlicher Sachbearbeiter abgeordnet . 10. In welchem Zeitraum kann nach Auffassung der Landesregierung eine er- hebliche Reduzierung der anhängigen Verfahren realisiert werden? Hier wird auf die Antwort zur Frage 2 und die Vorbemerkung verwiesen.