Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/2588 20.11.2013 Hinweis: Die Drucksache steht vollständig digital im Internet/Intranet zur Verfügung. Die Anlage ist in Word als Objekt beigefügt und öffnet durch Doppelklick den Acrobat Reader. Bei Bedarf kann Einsichtnahme in der Bibliothek des Landtages von Sachsen-Anhalt erfolgen oder die gedruckte Form abgefordert werden. (Ausgegeben am 20.11.2013) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Henriette Quade (DIE LINKE) Polizeiliche und behördliche Begleitung Rechtsrock-Festival „In Bewegung“ am 10. August 2013 in Berga Kleine Anfrage - KA 6/8073 Vorbemerkung des Fragestellenden: Am 10. August fand in Berga ein als Familienfest ausgewiesenes RechtsrockFestival unter Anmeldung der NPD statt. In der öffentlichen Anhörung des Innenausschusses des Landtages zum Antrag der LINKEN zum Umgang mit neonazistischen Konzerten in Sachsen-Anhalt am 26. September 2013 wurde bekannt, dass bei dieser Veranstaltung auch indizierte Titel per Auflage zum Abspielen bzw. zur Darbietung genehmigt wurden. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Am 10. August fand in Berga ein als Familienfest ausgewiesenes RechtsrockFestival unter Anmeldung der NPD statt. In der öffentlichen Anhörung des Innenausschusses des Landtages zum Antrag der LINKEN zum Umgang mit neonazistischen Konzerten in Sachsen-Anhalt am 26. September 2013 wurde bekannt, dass bei dieser Veranstaltung auch indizierte Titel per Auflage zum Abspielen bzw. zur Darbietung genehmigt wurden. 2 1. Welche Auflagen wurden für die Durchführung der genannten Veranstal- tung erteilt? Auf die als Anlage beigefügte versammlungsrechtliche Verfügung der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd wird verwiesen. 2. Wie viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatte die genannte Veranstal- tung? Polizeilichen Erkenntnissen zufolge nahmen ca. 900 Personen teil. 3. Auf welcher Grundlage wurden die Auflagen, insbesondere die Bestim- mungen zu musikalischen Darbietungen, erarbeitet? Die vom Veranstalter vorgelegte Liste der vorgesehenen musikalischen Darbietungen wurde im Vorfeld durch die Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd auf strafrechtliche und jugendschutzrechtliche Relevanz überprüft. Es wurde festgestellt , dass die Musikstücke „Ich liebe die Heimat“ (Kraftschlag), „Schwarze Zukunft“ (Oidoxie), „Strafmaß“, „Hail 28“, „Wir rechnen ab“ (Strafmaß) von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien als jugendgefährdend eingestuft sind. Hinsichtlich des Musikstückes „ACAB“ (Strafmaß) wurde der Anfangsverdacht einer Straftat gem. § 185 StGB (Beleidigung) gesehen. Das Vortragen bzw. Abspielen dieser Musikstücke wurde daher verboten. Im Übrigen wird auf die Ausführungen der Verfügung, insbesondere der Begründung , verwiesen. 4. Trifft es zu, dass auch das Abspielen bzw. Darbieten indizierter Titel ge- nehmigt wurde? Wenn ja: Um welche Titel handelt es sich? Weswegen sind sie indiziert? Hinsichtlich der Musikstücke „Ruhm und Ehre der Deutschen Wehrmacht“ (Oidoxie) und „Kraft für Deutschland“ (Strafmaß), deren Abspielen „genehmigt“ worden war, wurde erst im Nachgang festgestellt, dass diese durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) als jugendgefährdend eingestuft sind. Unter Einbeziehung der BPjM wurde festgestellt, dass der Tonträger „Terrormaschine “ der Gruppe „Oidoxie“ auf Liste B indiziert ist. Ausschlaggebend für die Indizierung war auch das auf diesem Tonträger enthaltene Musikstück „Ruhm und Ehre der Deutschen Wehrmacht“. Dem Bericht des Landesverwaltungsamtes zufolge wird in der Begründung der Entscheidung der BPjM dazu ausgeführt: „Der Inhalt der CD reizt ... zum Rassenhass an und verharmlost den Nationalsozialismus. Zusätzlich hat das Gremium festgestellt, dass der Inhalt der CD den Nationalsozialismus verherrlicht. In Anlehnung an die Parole „Ruhm und Ehre der Waffen-SS“ wird in Lied Nr. 16 formuliert: „Ruhm und Ehre der Deutschen Wehrmacht“. Die Mitglieder werden als Helden verehrt und aus dem Grund bewundert, weil sie zu ihrem Eid standen.“ 3 Zudem wurde durch das Landesverwaltungsamt eine nochmalige Überprüfung aller durch den Veranstalter aufgelisteten Musiktitel verfügt. Die Überprüfung ergab, dass auch der Titel „Kraft für Deutschland“ der Gruppe „Strafmaß“ bereits im Bundesanzeiger Nr. 224 vom 28. November 1992 als indiziert ausgewiesen wurde und damit auch für die Entscheidung über die Indizierung des Tonträgers „Wir rechnen ab“ der Gruppe „Strafmaß“, auf dem der Titel ebenfalls enthalten ist, ausschlaggebend war. Der Tonträger ist auf Liste A indiziert. Dem Bericht des Landesverwaltungsamtes zufolge wird in der Begründung der Entscheidung der BPjM dazu ausgeführt: „Seit kurzem wird in der rechtsextremistischen Szene der Tonträger „Wir rechnen ab“ der Band „Strafmaß“ verbreitet , der auf Grund seiner Inhalte jugendgefährdend ist. Die Band propagiert sowohl durch die Aufmachung des Tonträgers als auch durch die Texte ein gewaltsames Vorgehen gegen den demokratischen Rechtsstaat und militante Handlungen gegen politische Gegner, die als „Volksverräter“ bezeichnet werden . ... (Der Titel) „Kraft für Deutschland“ propagiert ... den Einsatz von Gewalt, ruft zum Kampf für das deutsche Vaterland auf. ... Die CD ist daher gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 1 JuSchG in Teil A der Liste jugendgefährdender Medien aufzunehmen .“ Dieser Vorgang und die Ergebnisse der Ausschussberatungen zum Thema werden zum Anlass genommen im LKA eine zentrale Stelle zu schaffen, die einen laufenden, aktuellen Überblick über indiziertes Musikgut hat und den zuständigen Behörden zukünftig entsprechende Auskünfte geben kann. 5. Wurden auch Titel gespielt oder dargeboten, die nicht im Vorfeld ange- meldet und genehmigt wurden? Wenn ja: Um welche Titel handelt es sich? Welche Konsequenz hatte das Abspielen oder Darbieten dieser Titel ? Die Band „Kraftschlag“ spielte während ihres Auftrittes ein Musikstück mit der Textzeile „Ha, Ha, Antifa“. Da der Veranstalter dieses weder schriftlich noch in den Erörterungsgesprächen angezeigt hatte, wurde gegenüber dem Versammlungsleiter verfügt, dafür zu sorgen, dass das Vortragen von Musikstücken, die nicht in der Beschränkungsverfügung als „genehmigt“ aufgelistet sind, unterbleibt . Eine Aussage, ob weitere Musiktitel gespielt wurden, die nicht auf der vom Veranstalter eingereichten Liste enthalten waren, kann erst nach vollständiger Auswertung des während der Veranstaltung gefertigten Videomaterials getroffen werden. Diese Auswertung ist noch nicht abgeschlossen. Nach Auswertung der bereits gesichteten Videodateien wurde bislang festgestellt, dass der Interpret Frank Rennicke acht Musiktitel gespielt hat, die nicht in der vom Veranstalter eingereichten Liste enthalten waren. Inwieweit weitere Ordnungswidrigkeiten- oder Strafverfahren, insbesondere wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz (Nichteinhaltung von Beschränkungen ) einzuleiten sind, wird derzeit noch geprüft. 4 6. Wie wurde die Einhaltung der erteilten Auflagen vor Ort kontrolliert? Die Versammlung wurde durch Polizeivollzugsbeamte und Vertreter der Polizeidirektion als Versammlungsbehörde überwacht, um sowohl bei Verstößen gegen die erteilten Beschränkungen als auch bei sonstigen möglichen Gefahren tätig zu werden. Im Übrigen wurden durch die Verbandsgemeinde gewerberechtliche Kontrollen der Verkaufsstände und durch den Landkreis Mansfeld-Südharz Kontrollen hinsichtlich der Einhaltung lebensmittelrechtlicher Vorschriften durchgeführt. 7. Wurden alle Auflagen eingehalten? Wenn nicht: Welche Auflagen wurden nicht eingehalten und welche Konsequenz hatte dies? Die Verfügung enthielt u. a. eine Beschränkung, wonach das Ausschenken, Konsumieren und Mitführen alkoholischer Getränke untersagt war. Sichtbar alkoholisierten Personen war die Teilnahme an der Versammlung zu untersagen. Während der Versammlung kam es dazu, dass Teilnehmer den Versammlungsraum verließen, sich außerhalb des Versammlungsraumes alkoholische Getränke beschafften und diese konsumierten. Um möglichen von alkoholisierten Versammlungsteilnehmern ausgehenden Gefahren zu begegnen, wurde der Versammlungsleiter auf die Einhaltung der Beschränkung angesprochen. Der Versammlungsleiter unterbrach daraufhin die Versammlung für eine Lautsprecheransage und wies die Teilnehmer auf die Beschränkung hin. Im Übrigen wird auf die Antwort auf Frage 5 verwiesen. 8. Wie viele Polizistinnen und Polizisten waren im Einsatz? Wie viele Polizis- tinnen und Polizisten waren auf dem Konzertgelände unmittelbar zugegen ? Im Zusammenhang mit den Versammlungslagen in Berga und Sangerhausen waren insgesamt ca. 470 Polizeibeamte im Einsatz. In Berga waren ca. 300 Polizeibeamte eingesetzt; hiervon kamen ca. 160 Polizeibeamte unmittelbar am Versammlungsraum zum Einsatz. 9. Wie viele Ordnungswidrigkeiten und Straftaten wurden festgestellt? Wel- che Rechtsnorm wurde jeweils verletzt? Gegen Teilnehmer der Versammlung wurden bisher 9 strafrechtliche Ermittlungsverfahren eingeleitet. Im Einzelnen handelte es sich um folgende Verfahren :  5 Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Verwendung von Kenn- zeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86a StGB)  1 Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts einer Beleidigung (§ 185 StGB) 5  1 Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Urkundenfälschung (§ 267 StGB)  1 Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Verstoßes gegen die Pflichtversicherung (§ 6 PflVG)  1 Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetzes (§ 26 Abs. 1 VersammlG LSA) Weiterhin wurden im Zusammenhang mit dem Vortragen indizierter Musikstücke durch die Gruppen „Oidoxie“ und „Strafmaß“ (siehe Ausführungen zu Frage 4) zwei weitere Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Jugendschutzgesetz eingeleitet. Darüber hinaus wurden bisher 15 Fälle von Sachbeschädigung (§ 303 StGB), die im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Versammlung zu sehen sind, zur Anzeige gebracht. 10. Gab es Festnahmen? Wenn ja, wie viele und aufgrund der Verletzung welcher Rechtsnorm? Nein. ---_. • � -_ _._---_. b SACHSEN-ANHALT ... _-------_ . __ ..__ . --_......... Pollzeidirektlon Sachser>-Anhalt Süd • Postfach 1105 31 .06019 Halle (Saale) /) ) �PD Krei�verband Kyffhäuserkreis Übersendung per E-Mail Ihre Anmeldung einer Versammlung für den 10.08.2013 in Berga Sehr geehrter I PoHzeidlrektion Sachsen-Anhalt Süd '\ Halle (Saale), 07.08.2013 Ihr Zeichen! Ihre Nachricht auf Ihre Versammlungsanmeldung vom 08.01.2013 ergeht folgende Verfü- vom: gung: I. Ich bestätige Ihnen hiermit Ihre Anmeldung einer Versammlung im Umfang der nachstehend aufgeführten Punkte: a) Die Versammlung findet am 10. August 2013 statt. b) Das Therlla der Versammlung lautet: "In Bewegung - Das politische Fest der Nationalen, dem demografischen Wandel entgegentreten" c) Sammel- und Veranstaltungsplatz für die Versammlung ist die Grünflä che zwischen Eichenweg und Buchenweg in 06536 Berga, wie sie auf der beigefügte Karte aus gewiesen ist. d) Die zeitliche Abfolge Ihrer Versammlung wird wie folgt festgelegt: Anlieferung Toiletten Beginn des Aufbaus: 09.08.2013 ab 14:00 Uhr 10.08.2013 ca. 06:00 Uhr Beginn der Versammlung: 10.08.2013 ab 11 :00 Uhr Ende der Versammlung: 10.08.2013 ca. 22:00 Uhr Abbau: 10.08.2013 bis 24:00 Uhr Mein Zeichen! Meine Nachricht vom: (Bei Schriftwechsel bitte stets angeben!) Bearbeitet von: e-Mail: @ pollzei.sachsen-anhalt.de DIenstg ebäude: Merseburger Straße 6 06110 Halle (Saale) Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd Merseburger Straße 6 06110 Halle (Saale) Tel.: (0345) 224-0 Fax: (0345) 224-1210 www.polizei.sachsen-anhalt.de Landeshauptkasse Sachsen-Anhalt Deutsche Bundesbank Magdeburg Bll 810 000 00 Konto 810 01500 , Seite 2/16 e) Sie sind Leiter Versammlung und der Telefonnummer I Als stellvertretenden Versammlungsleiter haben Sie I bestimmt. f) Auf Ihre entsprechende Anzeige hin bestätige ich Ihnen hiermit folgender ner: -- ---- ------------ _._- Seite 7/16 - Musik unsere Waffe - Niemals - Siehe immer nach vorne - Terrormachine (eng! . ) - Verräter Folgende Tonträger werden abgespielt: Strongside sSchluß mit dem Gerede" Leitkultur .Der Wurzel beschnitten" Sturmwehr nWeltenwende" h) Als Redner haben Sie benannt: 11. Gemäß § 4 des Gesetzes des Landes Sachsen-Anhalt über Versammlungen und Aufzüge (VersammlG LSA) erlässt die Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd für die Durchführung der von Ihnen angemeldeten Versammlung über die o.g. Bestätigung hinaus folgende Be schränkungen: (1) Folgende Musiktitel der genannten Musikgruppen dürfen weder von Tonträgern abgespielt oder dem/ vom Publikum in Liedform vorgetragen werden: Gruppe "Kraftschlag" ..Ich liebe die Heimat' Gruppe: "Oidoxi:: Da - , -- " - '-- _ . -- ---- -- "'-> .,- Rechtsbehelfsbelehrung: J':-s_ecK.L,M Seite 16/16 Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung dieser Anordnung ein Widerspruch gegen diese Verfügung gemäß § 80 Abs. 1 VwGO grundsätzlich aufschie bende Wirkung hätte, könnte im Falle der Einlegung eines Widerspruchs die Versammlung auch ohne die Beachtung der in dieser Verfügung enthaltenen Auflagen durchgeführt werden. Daher ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung im überwiegenden öffentlichen Interesse erforder lich. Das Leben und die Gesundheit von Personen als auch die übrigen Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit sind von der Verfassung geschützte Rechtsgüter. Der Schutz dieser Rechtsgüter kann nicht sichergestellt werden, wenn durch Einlegung eines Widerspruchs und ggf. später einer Kla ge die sofortige Wirksamkeit der in der Verfügung enthaltenen Auflagen verhindert wird. Nur durch die sofortige Wirksamkeit dieser Verfügung ist gesichert, dass die zu elWartenden Stö rungen für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abgewehrt werden können. Insofern ergab auch hier die konkrete Abwägung der Interessen, dass das Interesse des Veranstalters an der Durchführung der Versammlung hinter den Interessen der Allgemeinheit, von Gewalttätigkeiten, Straftaten und unzumutbaren BeeinträchUgungen im Zusammenhang mit der Veranstaltung ver schont zu bleiben, zurückzustehen hat. Eine Interessenabwägung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO konnte daher nicht anders ausfallen. Gegen diese Verfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe schriftlich oder zur Niederschrift \j\/iderspruch bei der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd, Merseburger Straße 6. 06110 Halle eingelegt werden. Hocha::::htungs\/oll Im Auftr;;g �;, . ./ , " . Wichtig€!'r Hinweis: Sollten sich Abweichungen zu den bei der Anmeldung gemachten Angaben ergeben oder die Veranstaltung abgemeldet werden, bitte ich Sie mir dies während der Geschäftszeiten' unter meinen o,g. Kontaktdaten mitzuteilen, Außerhalb der Geschäftszeiten wenden Sie sich bitte an das Lagezentrum (Tel.: 0345/224-1292, Fax: 0345-224-1290, :::. ;::a, 3.::!':J'a.::!'·"':-"�I: .. J). 'Montag bis Donnerstag von 07:00 Uhr bis 15:30 Uhr, Freitag von 07:00 Uhr bis 13:00 Uhr (nicht an gesetzlichen Feiertagen)