Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/2671 18.12.2013 (Ausgegeben am 18.12.2013) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Dietmar Weihrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Abgeordnete Dorothea Frederking (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Baumfällungen an der Landesstraße 2 (in der Altmark) Kleine Anfrage - KA 6/8115 Vorbemerkung des Fragestellenden: Im Jahr 2013 gab es Baumaßnahmen an der Landesstraße 2 entlang der Ortschaften Jederitz, Kuhlhausen, Garz und Warnau. Hierdurch kam es zu Fällungen mehrerer Bäume entlang der Straße. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr Ich frage die Landesregierung: 1. Nach welchem technischen Regelwerk des Straßenwesens in Deutschland wurden die Baumaßnahmen an der Landesstraße 2 durchgeführt? Bisher wurde die L2 in den Ortslagen Jederitz, Garz und Warnau ausgebaut. Der Bau der Ortsdurchfahrt (OD) Kuhlhausen ist für 2014 vorgesehen. Die Planungen der Ortsdurchfahrten und freien Strecken im Zuge von Landesund Bundesstraßen erfolgen grundsätzlich nach den zum Zeitpunkt der Planung geltenden Regeln der Technik, Gesetzesgrundlagen und Richtlinien bzw. Empfehlungen für die Gestaltung und den Bau von Straßen. Bei den o. g. Ortsdurchfahrten fanden insbesondere folgende technische Regelwerke Anwendung: - Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen (RAST 06) - Richtlinien für die Anlage von Straßen - Teil: Knotenpunkte (RAS-K-1) 2 - DIN 1340 (für Bordsteine) - Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen (RStO) - Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Straßenbau- arbeiten für den Geschäftsbereich der Landesstraßenbaubehörde Sachsen- Anhalt, Ausgabe 2013 (ZTV-StB LSBB 13) - Zusätzliche technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau von Verkehrsflächenbefestigungen aus Asphalt (ZTV Asphalt-StB 07) - Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau von Schichten ohne Bindemittel im Straßenbau (ZTV SoB-StB 04/07) 2. Welche Breite weist die Straße mit und ohne Kantensteine auf? Welche Schichten des Straßenunterbaus wurden für die Baumaßnahme erneuert? Grundsätzlich ist festzustellen, dass in Ortsdurchfahrten zur Fahrbahneinfassung keine Kantensteine mehr verwendet werden, sondern die Fahrbahnen in der Regel mit Hochborden eingefasst werden. Diese Einfassung der Fahrbahn mit Hochborden von je 0,15 m Breite dient sowohl der Sicherung des nicht motorisierten Verkehrsteilnehmers auf den Geh-/ Radwegen als auch der Führung des Oberflächenwassers zu den jeweiligen Abläufen. Weiterhin schützen die Hochborde die dahinter liegenden Grünanlagen vor ungewolltem Parken und der damit verbundenen Zerstörung der Rasenflächen bzw. anderweitig gestalteten Grünanlagen. Nach dem Abschluss der Baumaßnahmen werden die Orte über folgende Fahrbahnbreiten verfügen: Kuhlhausen und Warnau 6,70 m (2 x 3,00 m Fahrstreifen + 2 x 0,35 m Gossen) Garz 6,35 m (2 x 3,00 m Fahrstreifen + 1 x 0,35 m Gosse) Jederitz 6,50 m (2 x 2,90 m Fahrstreifen + 2 x 0,35 m Gossen) Der Ausbau aller in Rede stehenden Ortsdurchfahrten erfolgte aufgrund des desolaten Zustandes der Straßen grundhaft. Unter Einhaltung der Frostsicherheit und der Verkehrsbeanspruchung ist ein frostsicherer Aufbau zwischen 50 und 60 cm erforderlich. Die Schichten des Straßenunterbaus setzen sich wie folgt zusammen: - Schottertragschicht ohne Bindemittel - Frostschutzschicht 3. Welche Lebensdauer sollen die Straße und die Deckschicht nach den Baumaßnahmen haben? Wie hoch ist die Verkehrsbelegung pro Tag? Bitte in PKW und LKW untergliedern. Nach einem grundhaften Ausbau entsprechend RStO wird von einer Nutzungsdauer einer Ortsdurchfahrt von 30 Jahren ausgegangen. Die Deckschichten müssen jedoch aufgrund der Beanspruchung nach etwa 15 Jahren erneuert werden. 3 Im Rahmen der letzten durchgeführten bundesweiten Verkehrszählungen im Jahr 2010 wurde in diesem Bereich der Landesstraße 2 eine durchschnittliche Verkehrsbelegung von 985 Kraftfahrzeugen mit einem Schwerverkehrsanteil von 64 Fahrzeugen pro Tag ermittelt. Im Zeitraum der BUGA wird von Prognosewerten in Höhe von täglich durchschnittlich 5.200 Kraftfahrzeugen und anteilig 260 Fahrzeugen des Schwerverkehrs ausgegangen. 4. Werden für die in Frage 1 erfragten technischen Regelwerke Kantensteine vorgeschrieben? Nein, siehe auch Beantwortung der Frage 2. 5. Gibt es einen Zusammenhang zwischen den Fällungen der Bäume und der Verlegung der Kantensteine? Wenn ja, hat die Verlegung der Kantensteine die Fällungen der Bäume begründet? Wenn ja, welche Alternativen hätte es zu den Kantensteinen und welche Alternativen zu den Fällungen gegeben ? Nein, der grundhafte Ausbau der Fahrbahn, die erforderlichen Fahrbahnbreiten und die Herstellung der Nebenanlagen unter Beachtung der gültigen technischen Richtlinien erforderten die Fällung der Bäume. Es gab und gibt hierzu keine Alternativen. 6. Wie viele Bäume, welcher Art, welchen Alters, mit welchem Stammum- fang, in welchem Zeitraum (bitte auf den Tag genau) wurden gefällt bzw. sind zur Fällung vorgesehen? Bei der Erfassung und Vermessung der Baumbestände der Straßenbauverwaltung wird generell der Stammdurchmesser, nicht der Stammumfang, ermittelt. In Jederitz wurden für den grundhaften Ausbau der OD 5 Linden mit Durchmessern zwischen 0,20 und 0,60 m gefällt. Hier wird ein Alter zwischen 35 und 80 Jahren angenommen. Die Fällungen erfolgten durch die Stadt Havelberg Ende Februar 2011. In Warnau mussten 39, etwa 80 Jahre alte, stark geschädigte Linden gefällt werden. Deren Stammdurchmesser betrugen 0,30 bis 0,90 m. Die wesentlichen Schäden waren Wipfeldürre, Totholz, Astabbrüche, Kappungsstellen, Höhlungen , Fäule, Pilzbefall und Rinden- oder Anfahrschäden. Die Fällungen erfolgten im Zeitraum von 24. bis 28. März 2013 auf der Grundlage der Benehmensherstellung mit der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) gemäß § 17 Abs. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG). Die Fällungen außerhalb des eigentlich erlaubten Fällzeitraumes wurden, aufgrund der Auswirkungen des langen Winters, analog dem Verfahren in Garz, genehmigt. In Garz wurden 21 Linden mit Stammdurchmessern zwischen 0,30 und 0,70 m gefällt. Es wird ein Alter zwischen 40 und 90 Jahren angenommen. Die Linden wiesen ähnliche und ebenso starke Schäden wie die Bäume in Warnau auf. Die Fällungen erfolgten am 4. April 2013. Auch hier wurden die Bäume auf- 4 grund des langen Winters und dessen Auswirkungen außerhalb des Fällzeitraumes entsprechend § 39 des BNatSchG gefällt. Die Ausnahme vom Verbot erfolgte entsprechend § 25 des Naturschutzgesetzes von Sachsen Anhalt (NatSchG LSA) unter Bezug auf § 45 BNatSchG. Die ergänzende Genehmigung erfolgte im März 2014 durch die Stadt Havelberg. In Kuhlhausen ist vorgesehen, aufgrund der geplanten Baumaßnahme 14 Bäume zu fällen. Hier handelt es sich um Linden mit Stammdurchmessern zwischen 0,15 und 0,60 m; ein Baum weist einen Stammdurchmesser von 0,80 m auf. Hier wird von einem Alter zwischen 30 und 80 Jahren ausgegangen . Die Fällungen werden auf der Grundlage der Genehmigungen der Stadt und der Unteren Naturschutzbehörde je nach Witterung bis zum 28. Februar 2014 erfolgen. Unabhängig vom Ausbau der OD in Kuhlhausen mussten hier bereits im Rahmen der Verkehrssicherheit im Februar 2013 drei Bäume gefällt werden. Diese Bäume gefährdeten aufgrund ihrer starken Schäden zunehmend die Verkehrssicherheit . 7. Musste das Planungsverfahren der Landesstraße 2 während der Planung und Genehmigung angepasst werden? Wenn ja, aus welchen Gründen? Nein. 8. Gab es in der Baumaßnahme liegende Gründe zur Fällung der Bäume? Wenn ja, welche? Wenn nein, aus welchen Gründen wurden die Bäume gefällt? Siehe Antwort auf Fragen 2 und 5. 9. Waren diese Fällungen genehmigungspflichtig? Wenn ja, bei welcher Be- hörde wurde wann eine Genehmigung beantragt? Wie wurden die Anträge zur Fällung begründet? Fällungen sind grundsätzlich genehmigungspflichtig. Im Hinblick auf die in Rede stehenden Maßnahmen wurden diese in Benehmensherstellung mit der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Stendal im Hinblick auf das Bilanzierungsmodell und der Stadt Havelberg (entsprechend Baumschutzsatzung) eingeholt . Begründung siehe Beantwortung der Frage 2 und 5. Warnau - Antrag an UNB vom 13.12.2011 - Ergänzender Antrag an UNB 05.04.2013 - Fällantrag erfolgte durch das Bauamt der Stadt am 13.11.2012 Garz - Antrag an UNB vom 12.12.2011 - Fällantrag an Stadt 10.01.2013 5 Kuhlhausen - Antrag an UNB vom 26.10.2013 - Fällantrag an Stadt 25.10.2013 Jederitz - Fällantrag erfolgte durch Bauamt der Stadt am 04.02.2011 10. Wurde seitens der zuständigen Behörde eine Fällgenehmigung erteilt? Wenn ja, mit welcher Begründung und auf welcher Gesetzesgrundlage sowie zu welchem Zeitpunkt? Die Fällgenehmigungen für die Ortsdurchfahrten im Zuge der L2 wurden durch die Stadt Havelberg (nach Baumschutzsatzung der Stadt) und die UNB Stendal erteilt. Warnau - Genehmigung UNB 16.12.2011 - Ergänzende Genehmigung UNB 10.04.2013 - Fällgenehmigung Stadt 14.11.2012 Garz - Genehmigung UNB 17.12.2012 - Fällgenehmigung Stadt 14.01.2013, ergänzende Genehmigung im März 2014 Kuhlhausen - Genehmigung UNB 29.11.2013 - Fällgenehmigung Stadt 29.10.2013 Jederitz - Genehmigung UNB 14.02.2011 - Fällgenehmigung Stadt 08.02.2011 Gesetzesgrundlagen bilden das BNatSchG, das NatSchG LSA, die Gehölzschutzsatzung der Stadt Havelberg, das Bilanzierungsmodell des Landes Sachsen-Anhalt. Die Fällzeiten sind in der Beantwortung der Frage 6 aufgeschlüsselt . 11. Welche Kosten fielen für die Fällungen und Neupflanzungen an? Bitte dif- ferenziert aufführen. Fällungen Für die erforderlichen Fällungen sind keine separaten Kosten angefallen, da diese durch die Straßenmeisterei Osterburg der Landesstraßenbaubehörde (LSBB) bzw. die Stadt Havelberg durchgeführt wurden. Neupflanzungen In der OD Garz ist geplant, für die gefällten Bäume Ersatzpflanzungen im Wert von 13.800,- € durchzuführen. Die Ausschreibung der Ersatzpflanzungen für den Gesamtausbau der OD Jederitz ergab einen Aufwand von 8.360,11 €. 6 Für die in der Ortslage Warnau zu ersetzenden Bäume fallen Kosten in Höhe von 22.380,50 € an. In Kuhlhausen werden nach der Kostenberechnung für die Ersatzpflanzung 6.900,- € aufgewendet. 12. Wurde ein Baumgutachten erstellt? Wenn ja, zu welchen Ergebnissen sind die Gutachter gekommen? Wenn nein, warum nicht? Spezielle Baumgutachten wurden nicht erstellt. Die Bäume an den Straßen in Baulastträgerschaft des Landes und des Bundes unterliegen der Begutachtung im Rahmen der Baumschauen für das Baumkataster der LSBB, welche von speziell ausgebildeten Fachkräften durchgeführt werden. Dieses Verfahren erfolgt auf der Grundlage des Bundesnaturschutzgesetzes bzw. der entsprechenden Gehölzschutzverordnung des betreffenden Landkreises. Hier werden die Schadensbilder der jeweiligen Bäume erfasst, Aussagen zum Zustand, der Verkehrssicherheit und der erforderlichen Baumpflegemaßnahmen getätigt. Diese Sachverhalte sind in den Niederschriften im Baumkataster enthalten. 13. Hatte das erstellte Baumgutachten Einfluss auf die Planungen bzw. die Baumaßnahmen an der Landesstraße 2? Die Aufnahmen im Rahmen des Baumkatasters hatten keinen Einfluss auf die Planungen. Grundlage hierfür waren die geltenden technischen Regelwerke und Vorschriften. 14. Wurden für die Fällungen Kompensationspflanzungen vorgesehen und geleistet? Wenn ja, wo, welcher Art und in welchem Umfang? Wenn nein, warum nicht? Kompensationsmaßnahmen sind in den jeweiligen Genehmigungen beauflagt worden. Nach Fertigstellung der jeweiligen Baumaßnahme wird in erster Priorität in der Ortsdurchfahrt gepflanzt. Insofern die Ersatzpflanzungen in größeren Stückzahlen gefordert werden, sind weitere Baumpflanzungen im Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Gemeinden, in diesen Fällen auf dem Gebiet der Stadt Havelberg, vorzusehen. Warnau: 85 Winterlinden, davon 54 Stück in Warnau und 31 Stück in Ha- velberg Garz: 46 Winterlinden Kuhlhausen: 23 Winterlinden Jederitz: 31 Winterlinden und Zierkirschen, davon 28 Stück in der OL und 3 Stück in Havelberg 7 15. Gab es ein Beteiligungsverfahren von Bürgerinnen und Bürgern hinsicht- lich der geplanten und durchgeführten Fällungen? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Die Projektunterlagen wurden in den jeweils betroffenen Orten entsprechend der Vorschriften ausgelegt. Damit erhielten die Bürger die Möglichkeit, Stellungnahmen oder Hinweise abzugeben. Hierbei wurde festgestellt, dass Ortsansässige, die im Rahmen der Auslegung der Planung Einsicht in die Unterlagen genommen haben, die Fällungen der Bäume befürworteten. Auch aus den Protokollen der Ortschaftsratssitzungen und Bürgerversammlungen geht hervor, dass die geplanten Baumaßnahmen und die damit verbundenen Baumfällungen begrüßt und unterstützt werden. Dass die Fällungen in Jederitz bei Anwohnern wie auch beim Ortschaftsrat positiv aufgenommen wurden, belegt ein Schreiben der Stadt Havelberg vom 6.5.2011. Die Zustimmung der Stadt Havelberg/Ortschaftsrat zur Planung der OD Kuhlhausen erfolgte mit Schreiben vom 11.10.2013. Seitens der Stadt Havelberg wurde der Planung mit Schreiben vom 8.8.2012 zugestimmt. Mit Protokoll vom 11.2.2013 zum Abschluss der Auslegung der Planung sowie einer ergänzenden Abstimmung im Rahmen einer Ortsbesichtigung am 28.2.2013 bestätigte der Ortschaftsrat Garz die Planung. Die Planung zum Ausbau der Ortsdurchfahrt Warnau wurde vom Ortschaftsrat mit Schreiben vom 29.11.2011 befürwortet. Für erforderliche Baumfällungen werden als Ersatzpflanzungen Linden favorisiert.