Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/2693 15.01.2014 (Ausgegeben am 16.01.2014) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Daniel Sturm (CDU) Touristischer Bootsverkehr auf der Saale und Unstrut 2013 Kleine Anfrage - KA 6/8094 Vorbemerkung des Fragestellenden: Zum Touristischen Bootsverkehr auf der Saale und Unstrut habe ich im Jahre 2009 an die Landesregierung eine Kleine Anfrage gerichtet, die umfänglich am 1. Oktober 2009 (Drs. 5/2202) beantwortet wurde. Dabei hat die Landesregierung u. a. ausgeführt : „Der Wassertourismus in der Saale-Unstrut-Region hat eine noch junge Tradition und hat sich in den letzten 10 bis 12 Jahren wirtschaftlich gut entwickelt. Im Zeitraum 2005 bis 2009 kann von einer Steigerung der Gästezahlen i. H. v. 25 bis 30 % ausgegangen werden. Das Revier Obere Saale und Unstrut wird traditionell für die Befahrung mit muskelkraftgetriebenen Booten genutzt. Zur Förderung des Kanutourismus wurden mehre kommunale und private Investitionsvorhaben gefördert. Insgesamt ist, wie auch die Schleusenstatistiken belegen, eine positive Entwicklung der Gästezahlen zu verzeichnen.” Seit her sind vier Jahre ins Land gegangen, die weitere Erfahrungen erbracht haben. Während dieser Zeit hat auch erfreulicherweise der Umfang des Wassertourismus zugenommen, auch was die Jahreszeiten anbelangt. Mehr und mehr wird von den Bootsbenutzern die schöne Jahreszeit im Herbst, vornehmlich der Oktober, genutzt. Im Jahre 2009 habe ich auch unter Ziffer 5 zur finanziellen Entlastung des Landesbetriebes für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) gefragt: „Welche Möglichkeiten sieht das Land, die Schleusen durch Anwohner, Vereine oder private Initiativen, gegen einen geringen Obolus, öffnen und schließen zu lassen (s. Holland)?“ Diese Möglichkeit wurde damals aus verschiedenen Gründen verneint. Unter Bezugnahme auf die oben näher bezeichnete Antwort der Landesregierung und der vorgenannten Entwicklung frage ich die Landesregierung: 2 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft Frage 1: Wie hat sich der Wassertourismus in der Saale-Unstrut-Region seit her weiter entwickelt? Nach Auskunft des Saale-Unstrut Tourismus e. V. (SUT e. V.) ist der touristische Bootsverkehr auf Saale und Unstrut zu einem attraktiven Bestandteil der Tourismuslandschaft im Burgenlandkreis geworden. In den vergangenen Jahren wurde eine stetig steigende Nachfrage verzeichnet und so haben sich die Gästezahlen in der Region um 50 % erhöht. Die Kombination von Aktivangeboten mit kulturellen und regionaltypischen Angeboten der Region hat zu dieser Zunahme insbesondere auch im Herbst geführt. Nach Einschätzung des Landesbetriebes für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft Sachsen-Anhalt (LHW) kann ein stetiger Anstieg der Inanspruchnahme des Schleusenangebots nur für die Unstrut bestätigt werden. Die Entwicklung an der Saale stagniert seit 2006 und schwankt nur in Abhängigkeit vom Sommerwetter. Frage 2: Hält es die Landesregierung im Interesse des Tourismus heute noch für vertretbar, schon Anfang des Monats Oktober das Schleusen an Saale und Unstrut in der Saale-Unstrut-Region einzustellen? Nach Einschätzung des SUT e. V. muss für die Anbieter und Gäste der Region der Monat Oktober noch als Reisezeit angesehen werden, insbesondere im Herbst zur Weinlese ist immer mit einer starken Nachfrage zu rechnen. Das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt (MLU) stellt dazu fest, dass eine Erweiterung des Schleusenangebotes auf den gesamten Monat Oktober aus finanziellen Gründen nicht zu leisten ist. Der LHW muss nach dem Personalentwicklungskonzept 2011 weiter Stellen abbauen. Der Aufgabenbestand geht jedoch nicht zurück, vielmehr wird der Bestand an zu betreibenden Anlagen im Zuge der Realisierung der Hochwasserschutzkonzeption 2020 zunehmen. Diese Situation erfordert eine Beschränkung des LHW auf die Pflichtaufgaben nach dem Wasserhaushaltsgesetz und dem Wassergesetz des Landes. Da eine gesetzliche Verpflichtung zur Durchführung des touristischen Schleusenbetriebs für das Land nicht gegeben ist, soll gemäß dem Aufgabenerledigungskonzept des MLU, das dem Landtag vorliegt (Drs.6/2573), künftig auf diese Aufgabe verzichtet werden. Derzeit wird auf kommunaler Ebene geprüft, die gesamten saisonalen Schleusungen selbst durchzuführen. Bei dieser Aufgabe handelt es sich vorrangig um eine Unterstützung des regionalen Tourismus und damit im Schwerpunkt um eine kommunale Angelegenheit. Frage 3: Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, im Monat Oktober dem gestiegenen Interesse des Wassertourismus entgegen zu kommen? Wie bereits in der Antwort auf Frage 1 dargelegt, kann ein stetiger Anstieg der Inanspruchnahme des Schleusenangebots anhand der vom LHW getätigten Erfassungen nur für die Unstrut bestätigt werden. Die Entwicklung an der Saale stagniert seit 2006 3 und schwankt nur in Abhängigkeit vom Sommerwetter. Für das Jahr 2013 ist aufgrund des Hochwasserereignisses im Juni 2013 insgesamt von einem Rückgang der Zahlen auszugehen, da die Wasserstände über zwei Monate über dem höchsten schiffbaren Wasserstand lagen. Unabhängig von dieser differenzierten Entwicklung an Saale und Unstrut werden unter den derzeitigen Gegebenheiten vom MLU keine Möglichkeiten gesehen, den Schleusenbetrieb (erfolgte in diesem Jahr bis zum 07.10.2013) auf den gesamten Monat Oktober zu verlängern (siehe auch Beantwortung zu Frage 2). Die Prüfung einer finanziellen Beteiligung anderer Ressorts (Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft , Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr, Ministerium für Arbeit und Soziales) im Oktober 2011 hat zu dem Ergebnis geführt, dass keine Möglichkeiten einer Mitfinanzierung bestehen. Bezüglich einer längerfristig möglichen Veränderung des manuell bedienten Schleusenbetriebs an der Saale wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. Frage 4: Ist der Landesregierung bekannt, dass die Fähre zwischen Schellsitz und Naumburg seit über 15 Jahren von einem privaten Verein e. V. betrieben wird, der eine entsprechende Vereinbarung mit der Stadt Naumburg getroffen hat, wonach die Fährleute verpflichtet sind, sich den Bedingungen des Fährverkehrs unterziehen, also einen Fährschein erwerben müssen? Der Landesregierung ist bekannt, dass die Fähre zwischen Schellsitz und Naumburg von einem privaten Verein betrieben wird. Dieser (nicht eingetragene) Verein hat die Fährtätigkeit auf der Basis eines mit der Stadt Naumburg geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrags mit Wirkung zum 01.03.2002 übernommen. Von einer vom Fragesteller erwähnten Vereinbarung des Vereins mit der Stadt Naumburg hat die Landesregierung keine Kenntnis. Die Pflicht für den Erwerb eines Fährscheins, die sogenannte Fährerlaubnis, ergibt sich bereits aus § 7 Abs. 1 Satz 1 Landesschifffahrts- und Hafenverordnung des Landes Sachsen-Anhalt (LSchiffHVO). Dabei wird nicht unterschieden, welche Rechtsform der Betreiber hat (GmbH, e. V. o. ä.) oder ob die Fähre (oder das Fahrgastschiff) vom Eigentümer selbst, einem Pächter o. ä. betrieben wird. Frage 5: Sieht die Landesregierung graduelle Unterschiede in der Verantwortung eines Fährmanns und eines Schleusenbedieners? Zum Verantwortungsbereich des Fährmanns zählt nach Auskunft des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr:  Verantwortung für die körperliche Unversehrtheit der Fahrgäste während der Überfahrt,  Verantwortung als Schiffsführer für die Sicherheit an Bord,  Verantwortung als Schiffsführer für die Ausrüstung und den sicheren Zustand des Fahrzeuges sowie die notwendigen Dokumente (z. B. Fährzeugnis),  Verantwortung für den die Fährstelle passierenden Schiffsverkehr (z. B. § 20 Abs. 2 LSchiffHVO „grüner Ball“), 4  Verantwortung für die Sperrung des Gewässers und deren Freigabe durch Absenken des Querseils,  Verantwortung für die Sicherung des Fahrzeuges und der zugehörigen Anlagen (Winden) nach Betriebsschluss,  Verantwortung im Havariefall und bei Rettungsmaßnahmen. Nach Auskunft des MLU handelt es sich bei den Schleusen an Saale und Unstrut um denkmalgeschützte Verkehrsanlagen, die aufgrund ihrer Bauart ein erhöhtes Gefährdungspotenzial für Wasserwanderer darstellen. Die technische Sicherheit muss während des Schleusenvorgangs durch eine dauerhafte verlässliche Fachaufsicht gewährleistet werden. Damit verbunden sind auch Fragen der Schadenshaftung. Zur Sicherung einer dauerhaft verlässlichen Fachaufsicht bedarf es einer vorherigen Schulung des Schleusenpersonals. Frage 6: Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass man in einer Zeit, in der staatliche finanzielle Ressourcen knapper werden, dem Beispiel der Stadt Naumburg folgen und diese Aufgabe nach und nach privatisieren könnte? Die fünf Schleusen in der Saale und die fünf Schleusen in der Unstrut erfüllen neben der eigentlichen Funktion als Schiffsschleuse auch Aufgaben der Hochwasserabführung im Hochwasserfall. Eine Privatisierung des Schleusenbetriebs ist deshalb nicht vorgesehen. Ausgehend von Erfahrungen in Brandenburg wird derzeit im Rahmen eines Pilotprojektes an der Herrenmühlenschleuse in Weißenfels vom LHW die Möglichkeit geprüft, den Schleusenbetrieb in der Saale flexibel den wassertouristischen Anforderungen bei gleichzeitiger erheblicher Reduzierung des Personalaufwandes anzupassen. Ziel entsprechender Maßnahmen könnte es sein, an den Schleusen der Saale schrittweise zu einem automatisch gesteuerten und fernüberwachten Schleusenselbstbedienungsbetrieb überzugehen. Die Überwachung des Schleusenbetriebes von einer Zentrale würde jedoch auch künftig Personal binden; insoweit wird auf die in der Antwort zu Frage 2 geschilderte Sachlage hingewiesen.