Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/2696 15.01.2014 (Ausgegeben am 16.01.2014) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Cornelia Lüddemann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Abgeordnete Verena Wicke-Scheil (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Ethikkommissionen zur Präimplantationsdiagnostik Kleine Anfrage - KA 6/8153 Vorbemerkung des Fragestellenden: Zur konkreten Regelung des Vorgehens bei der zukünftig in Einzelfällen erlaubten Präimplantationsdiagnostik (PID) wird die Verordnung zur Regelung der Präimplantationsdiagnostik (Präimplantationsdiagnostikverordnung - PIDV) am 1. Februar 2014 in Kraft treten. Da eine PID nur erlaubt ist, wenn der Antrag einer Frau zuvor von einer Ethikkommission bewilligt wurde, sind Gentests an Embryonen bis dahin verboten . Die Bundesländer müssen in der Zwischenzeit u. a. Verfahrensregeln und Gebühren für Antragsteller festlegen und die Mitglieder der Ethikkommissionen für Präimplantationsdiagnostik benennen. Im Rahmen der Beratungen dieser Verordnung hat der Bundesrat den Vorschlag der Bundesregierung in zwei zentralen Punkten geändert: Statt eines Automatismus der Zulassung von Zentren, in denen die Präimplantationsdiagnostik durchgeführt werden darf, erfolgt diese aufgrund einer Ermessensentscheidung (Berücksichtigung der öffentlichen Interessen, der Vielfalt der Bewerber und des Bedarfs an Zentren). Die Ethikkommissionen für Präimplantationsdiagnostik haben bei der Entscheidung die „im konkreten Einzelfall maßgeblichen psychischen, sozialen und ethischen Gesichtspunkte “ zu berücksichtigen und treffen Entscheidungen mit 2/3 Mehrheit. Anders als in der Beschlussvorlage ist im Plenum des Bundesrates keine Begrenzung der Zahl der Ethikkommissionen für Präimplantationsdiagnostik auf eine pro Bundesland vorgenommen worden. Die Bundesländer Hamburg, Schleswig-Holstein, Bremen, Niedersachsen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern planen eine gemeinsame Ethikkommission zu bilden. 2 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Arbeit und Soziales 1. Wie wird von Seiten der Landesregierung sichergestellt, dass bis zum In- krafttreten der Präimplantationsdiagnostikverordnung (PIDV) am 1. Februar 2014 reproduktionsmedizinische Einrichtungen keine Präimplantationsdiagnostik (PID) anbieten/durchführen? Nach § 3 Abs. 3 Embryonenschutzgesetz (ESchG) ist Voraussetzung für die Durchführung einer Präimplantationsdiagnostik (PID) unter anderem, dass die entsprechende reproduktionsmedizinische Einrichtung als Zentrum im Sinne der Präimplantationsdiagnostikverordnung (PIDV) zugelassen ist. Eine Durchführung der PID entgegen dieser Vorschriften, insbesondere ohne Zulassung als Zentrum, ist nach § 3 Abs. 4 ESchG sanktionsbewehrt. Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, dass derzeit ohne Zulassung reproduktionsmedizinische Einrichtungen aus Sachsen-Anhalt PID anbieten oder durchführen. Es wird vielmehr davon ausgegangen, dass sich die entsprechenden Einrichtungen rechtstreu verhalten. 2. Ist entsprechend § 3 Absatz 2a PIDV geplant, bei der Zulassung der Zent- ren, in denen die PID durchgeführt werden darf, mit anderen Bundesländern zu kooperieren und einen Staatsvertrag zur Errichtung einer gemeinsame Stelle abzuschließen, die über die Zulassung entscheidet? Falls ja, mit welchen Bundesländern fanden/finden Gespräche statt und welchen Stand haben diese? Falls nein, warum nicht? Falls nein, welche Behörde soll im Bundesland diese Funktion wahrnehmen? Es ist derzeit nicht vorgesehen, einen Staatsvertrag im Sinne des § 3 Abs. 2a PIDV zu schließen. Gemäß § 3 Abs. 2 PIDV sind bei der Prüfung der Zulassung und der Auswahl zwischen mehreren geeigneten Bewerbern, die öffentlichen Interessen, die Vielfalt der Bewerber und der Bedarf an Zentren für Präimplantationsdiagnostik ermessensleitend zu berücksichtigen. Derartige Merkmale können geeigneter im Land durch eine eigene Behörde geprüft und das Landesinteresse berücksichtigt werden. Zulassungsbehörde ist derzeit mangels anderer Regelung das für Gesundheit zuständige Ministerium als oberste Landesgesundheitsbehörde. Erwogen wird eine Aufgabenübertragung auf die Ärztekammer Sachsen-Anhalt mit deren Einwilligung auf der Grundlage des § 72 Abs. 1 des Gesetzes über die Kammern für Heilberufe Sachsen-Anhalt (KGHB-LSA). Die Ärztekammer ist bereits Genehmigungs- und Überwachungsbehörde für künstliche Befruchtungen gemäß § 121 a SGB V. 3. Ist eine zentrale Ethikkommission für Präimplantationsdiagnostik im Bun- desland vorgesehen, wie dies die Mehrheit der Bundesländer im Gesundheitsausschuss des Bundesrates in der PIDV verankern wollte? Ja (s. a. Antwort zu Frage 4). 3 4. Ist vorgesehen, dem Vorbild der Bundesländer Hamburg, Schleswig- Holstein, Bremen, Niedersachsen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern zu folgen und via Staatsvertrag eine gemeinsame Ethikkommission zu bilden? Falls nein, warum nicht und warum wird ein Bedarf für mehr als eine Ethikkommission im Bundesland gesehen? Es ist derzeit nicht vorgesehen, dem in Vorbereitung befindlichen Staatsvertrag zwischen den Ländern Hamburg, Schleswig-Holstein, Bremen, Niedersachsen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern beizutreten. Die durch o. g. Staatsvertrag zu bildende Ethikkommission soll ihren Sitz bei der Ärztekammer Hamburg haben. Daraus folgt, dass für die antragsberechtigten Frauen aus Sachsen-Anhalt infolge der weiten Entfernung nach Hamburg nicht unerhebliche Beschwernisse im Zusammenhang mit der Prüfung ihres Antrages entstehen, z. B. wenn die Kommission entsprechend § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 PIDV eine mündliche Anhörung durchführt. Die zentrale Ethikkommission mehrerer Bundesländer würde für Sachsen-Anhalt zudem anteilig Kosten verursachen , auch wenn mangels Zulassung eines PID-Zentrums in unserem Bundesland eine Beteiligung einer Ethikkommission nicht notwendig wäre. Ziel der Landesregierung ist es daher, bei entsprechender Notwendigkeit, eine Ethikkommission in und für Sachsen-Anhalt zu bilden. Die Notwendigkeit von mehreren Ethikkommissionen in Sachsen-Anhalt wird nicht gesehen. 5. Gab/gibt es Absprachen zwischen den Bundesländern, um bei der Ausgestaltung der Ethikkommissionen für Präimplantationsdiagnostik für eine möglichst große Einheitlichkeit der Regelungen zu sorgen? Falls ja, mit welchem Ergebnis? Falls nein, warum nicht und ist dies noch geplant ? Zwischen den Bundesländern erfolgte und erfolgen unter Einbeziehung des Bundes eine Vielzahl von Abstimmungen und Austauschen hinsichtlich der Ausgestaltung der Regelungen zur Bildung von Ethikkommissionen, welche derzeit noch andauern. Ein abschließendes Ergebnis kann daher nicht mitgeteilt werden. 6. Wie, durch wen und nach welchen Kriterien sollen die Mitglieder der Ethikkommission auf Landesebene zukünftig ausgewählt werden? Derzeit bedarf es keiner Klärung des Auswahlverfahrens, weil eine Antragstellung für eine Zulassung als PID-Zentrum sich nicht abzeichnet. 7. Mit wie vielen Anträgen zur Zulassung als Zentrum, in denen die PID durchgeführt werden darf, rechnet die Landesregierung? Liegen der Landesregierung solche Anträge bereits vor, und falls ja, wie viele und von wem? Der Landesregierung liegen derzeit noch keine Anträge auf Zulassung als Zentrum , in welchem die PID durchgeführt werden darf, vor. Ausgehend von den 3 genehmigten reproduktionsmedizinischen Einrichtungen in Sachsen-Anhalt, wird mit höchstens 3 Anträgen gerechnet. 4 8. Wie viele Zentren, in denen die PID durchgeführt werden darf, sind aus Sicht der Landesregierung notwendig? Wird bei dieser Einschätzung die sich abzeichnende Situation in den angrenzenden Bundesländern einbezogen /berücksichtigt? Welche Rolle spielt, dass in der Debatte im Bundestag bei der Einführung der PID von einem Bedarf von ein bis maximal drei notwendigen Zentren in ganz Deutschland ausgegangen wurde? Nach § 3 Abs. 2 PIDV besteht kein Anspruch auf Zulassung als Zentrum. Es ist, das Vorliegen mehrerer Anträge vorausgesetzt, Aufgabe der Zulassungsbehörde im Rahmen des Ermessens und unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen , der Vielfalt der Bewerber und des Bedarfs an Zentren hierüber eine Entscheidung zu treffen. Dies kann ohne konkrete Anhaltpunkte nicht vorweggenommen werden. Das derzeitige Fehlen eines Antrages dürfte jedoch ein Indiz für einen geringen Bedarf in Sachsen-Anhalt sein.