Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/2724 24.01.2014 (Ausgegeben am 27.01.2014) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Prof. Dr. Claudia Dalbert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Vergütung von Orchestermusikern in Sachsen-Anhalt Kleine Anfrage - KA 6/8107 Vorbemerkung des Fragestellenden: In seiner Rede in der Landtagssitzung vom 14. November 2013 hat der Kultusminister zu Protokoll gegeben, dass die Kosten pro Orchestermusiker in Sachsen-Anhalt im Jahr weit über dem Wert vergleichbarer Häuser seien. So seien beispielsweise die Kosten in der Staatskapelle in Halle „mit durchschnittlich 80 200 Euro“ weit über dem Wert vergleichbarer Häuser. Nach seinen Ausführungen lägen die Kosten für einen Musiker in Weimar bei 61 800 Euro und in Chemnitz bei 63 200 Euro. Antwort der Landesregierung erstellt vom Kultusministerium Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Die Personalkosten der Musikerinnen und Musiker setzen sich im Sinne der Personalkostenplanung aus der Vergütung zuzüglich eines Arbeitgeberanteils zusammen. Die Angaben zur Vergütung der Musikerinnen und Musiker bezieht sich jeweils auf die Person. Sie sind zu unterscheiden von den Kosten je Musikerstelle im Stellenplan des Orchesters zu den Gesamtpersonalkosten. Meine Aussagen in der Landtagssitzung am 14. November 2013 zum Standort Halle basieren (wie bereits mehrfach dargestellt) auf dem Schreiben der TOO GmbH an den Kultusminister vom 7. November 2012. Darin wurden in der Anlage für die Spielzeit 2012/2013 Personalkosten in Höhe von 9,7 Millionen Euro angegeben. Für die im selben Schreiben veranschlagten 121 Vollbeschäftigteneinheiten im Haustarifvertrag beliefen sich demnach die Kosten pro Stelle auf rund 80.200 Euro, wie der Geschäftsführer selbst ausgeführt hat. Diese Zahl wurde in einer Darstellung des Oberbürgermeisters, eingebracht in der Dringlichkeitssitzung des Stadtrates von Halle am 11. September 2013, die auch 2 dem Kultusministerium zur Kenntnis gegeben wurde, bestätigt. Darin sind aktuell sogar Gesamtpersonalkosten in Höhe von 9.936.534 Euro bei 121,6 ausgewiesenen Vollzeitstellen, sodass durchschnittliche Personalkosten je Stelle in Höhe von 81.715 Euro entstehen. Zur Beantwortung der Kleinen Anfrage durch das Land war eine Abforderung bei den Trägern der Orchester erforderlich, da das Land nicht Träger der Einrichtungen ist und somit über keine Detailkenntnisse zu den regionalen Vergütungen an den einzelnen Einrichtungen verfügt. Im Ergebnis der Abfrage muss festgestellt werden, dass die einzelnen Orchesterträger die Zusammensetzung der „Grundvergütung“ sehr unterschiedlich auslegen und sich aufgrund tariflicher Besonderheiten am jeweiligen Standort sehr unterschiedlich in der Lage sahen, die Entwicklung der Vergütung in den letzten 10 Jahren darzustellen . Eine Vereinheitlichung dieser unterschiedlichen Auffassungen ist aufgrund der Komplexität dieses Sachverhaltes (tarifrechtliche Auslegung) nicht möglich. Frage 1: Wie werden die Orchestermusiker in Sachsen-Anhalt vergütet? Wie haben sich diese in den letzten zehn Jahren entwickelt? Bitte getrennt nach den vom Land mitfinanzierten Orchestern und getrennt nach Jahresscheiben aufführen. Die tarifliche Grundlage für die Vergütung der Musikerinnen und Musiker ist der Tarifvertrag für Kulturorchester (TVK) zzgl. der Begleittarifverträge über das Kleidergeld, das Instrumentengeld und das Rohr-, Blatt- und Saitengeld. Neben den (zu verhandelnden ) flächentariflichen Steigerungen erfahren die Vergütungen der Orchestermitglieder , völlig unabhängig von Leistungskomponenten, Erhöhungen im Rahmen der Dienstaltersstufen (DAS). Die Orchester arbeiten z. T. mit Haustarifen (HTV). Die Entwicklung an den einzelnen vom Land geförderten Standorten stellt sich auf Grundlage der Meldungen der jeweiligen Träger wie folgt dar: Magdeburg - Magdeburgische Philharmonie: Die Entwicklung der Gagen erfolgte, prozentual auf die Monatsgagen gerechnet, adäquat zum TVöD bis 31. Juli 2011. Am Theater Magdeburg gilt der TVK BFußnote . linear strukturell (Ost-West-Anpassung) 2003 2,4 % von 90 % auf 91 % 2004 1,67 % auf 92,5 % 2005 auf 94,0 % 2006 auf 95,5 % 2007 auf 97 % 2008 3,10 % 2009 2,80 % 2010 1,20 % auf 100 % 2011 1,00 % 0,5%** 2011 2012 3,50 % 3,5%** 2012 2013 2,05 % 2,05%** 2013 3 ** ausstehende, mit einer Einmalzahlung nachzuzahlende Tarifsteigerungen Im Rahmen von Haustarifverträgen wurde in den Jahren 2005 bis 2010 die Zuwendung (die Zuwendung ist vergleichbar mit der Jahressonderzahlung im TVöD) gekürzt (siehe folgende Übersicht). 72 %= 2.350,00 € (Basis) 2005 23 % 2006 23 % 2007 13 % 2008 0 % 2009 40,20 % 2010 40,20 % Halle - Staatskapelle Halle Die Staatskapelle Halle ist gemäß Tarifvertrag für die Musiker in Kulturorchestern entsprechend der Gesamtzahl ihrer Musiker (über 130) in die Vergütungsgruppe A - Fußnote eingruppiert. Gemäß Haustarifvertrag vom 1. August 2004 verzichten die Musiker der Staatskapelle auf die Zulage Fußnote 1. Gemäß Haustarifvertrag vom 1. April 2009 verzichten die Musiker auf einen variablen , prozentualen Anteil der Vergütung gegen Freizeitausgleich. Die Haustarife der Orchestermusiker haben sich seit 2003 (bezogen auf Flächentarif) wie folgt entwickelt: Jahr Vergütung nach HTV 2003 kein HTV 2004 93,89 % 2005 93,89 % 2006 93,89 % 2007 93,89 % 2008 93,89 % 2009 83,68 % 2010 82,22 % 2011 86,22 % 2012 86,95 % 2013 85,86 % Im Rahmen der Befragung der Orchesterträger hat der Direktor der TOO GmbH darauf hingewiesen, dass die GmbH zuzüglich zu dieser Vergütung Rückstellungen je Musikerstelle gebildet hat, die nach geltendem Tarif seit 1. November 2013 wirksam werden. 4 Dessau - Anhaltische Philharmonie Am Anhaltischen Theater erhalten die Musikerinnen und Musiker eine Vergütung nach TVK „B mit Fußnote“ mit einer Absenkung durch Haustarife seit Januar 2003: 1. HTV 1.01.2003 - 31.01.2005: Verzicht auf Zuwendung - 5,5 % (91 % Westlohnniveau ), Tarifanpassung nicht ausgeschlossen 2. HTV 1.02.2005 - 31.08.2008: Verzicht auf Zuwendung - 5,5 % (92,5 % Westlohnniveau ), Tarifstand 2005, keine Tarifanpassung bis 31.08.2008 3. HTV 1.09.2008 - 31.12.2012: Verzicht auf Zuwendung - 5,5 % und Absenkung um 4 %, Gesamtverzicht 9,5 %, (97 % Westlohnniveau), Tarifstand 2008, keine Tarifanpassung bis 31.12.2012 4. HTV 1.01.2013 - 31.12.2013: Verzicht auf Zuwendung - 5,5 % und Absenkung um 5 %, Gesamtverzicht 10,5 % (100 % Westlohnniveau), keine Tarifanpassung bis 31.12.2013 Orchester des Nordharzer Städtebundtheaters Das Orchester des Nordharzer Städtebundtheaters ist nach TVK-D eingruppiert. Seit 2005 erfolgt die Vergütung nach Haustarif. Tarifentwicklung 2003 bis 2004 Zahlung entsprechend dem damaligen Flächentarif 2005 bis 2008 Vergütung nach Haustarif, mit Vertragsbeginn (2005) keine tarif- lichen Aufwüchse mehr Außerdem zusätzlich 8 % Sonderverzicht zur Vermeidung weiteren Stellenabbaus 2009 bis 2013 Anschluss Haustarifverträge - Verzichtsvolumen 12,5 % zur Fläche Abbau der Sonderverzichtsprozente einhergehend mit Stellenabbau Mitteldeutsche Kammerphilharmonie Schönebeck Die Musikerinnen und Musiker der Mitteldeutschen Kammerphilharmonie werden auf der Grundlage eines Haustarifvertrages vergütet, der sich am Flächentarifvertrag TVK-D in der jeweils geltenden Fassung, orientiert. Die Haustarife der Orchestermusiker haben sich seit 2003 (bezogen auf Flächentarif) wie folgt entwickelt: 2003 79,29 % 2004 80,29 % 2005 81,29 % 2006 74,60 % 2007 74,60 % 2008 74,60 % 2009 80,00 % 2010 80,00 % 5 2011 80,00 % 2012 80,00 % 2013 80,00 % Über den gesamten Zeitraum wurde keine allgemeine Zulage gemäß des jeweils gültigen Flächentarifvertrages gezahlt. Die Orchestermusiker der Mitteldeutschen Kammerphilharmonie sind nicht bei der Bayrischen Versorgungskammer (Zusatzrentenversicherung ) versichert. Philharmonisches Kammerorchester Wernigerode-PKOW Die Musikerinnen und Musiker des PKOW (außer Konzertmeister, da dieser außertariflich vergütet wird) werden auf der Grundlage eines Haustarifvertrages vergütet, der sich am Flächentarifvertrag TVK-D in der jeweils geltenden Fassung, orientiert. Entwicklung 2003‐2013 Jahr Gehalt Musiker nach HTV (prozentual vom Tarifvertrag TVK‐D) 2003 80,0 % 2004‐2009 83,0 % 2010 73,0 % 2011 75,5 % 2012‐2013 77,5 % Frage 2: Wie errechnet sich das durchschnittliche Jahresgehalt der Orchestermusiker? Bitte angeben, wonach sich das Jahresgehalt bestimmt und welche Leistungen bzw. Parameter in die Berechnung einfließen. Bitte getrennt nach den vom Land mitfinanzierten Orchestern aufführen. Bei der Errechnung/Betrachtung des Jahresgehaltes ist grundsätzlich zu unterscheiden nach Bruttogehalt Musiker (Stichwort Jahresgehalt) und Arbeitgeberbelastung (Personalkostenplanung) aus Jahresgehalt plus AGA (Rentenversicherung, Krankenversicherung , U2-Umlage, Pflegeversicherung, Arbeitslosenversicherung, Bayer VK (betriebliche Altersvorsorge)). Magdeburg - Magdeburgische Philharmonie Die Vergütung der Musiker setzt sich zusammen aus: • Grundgage, • Fußnote, • Kleidergeld, • Tätigkeitszulage, • Instrumentengeld, • Saitengeld • zzgl. 72 % der Gage als Zuwendung. 6 Halle - Staatskapelle Die Vergütung der Musiker setzt sich zusammen aus: • Grundvergütung, • Besitzstand, • Tätigkeitszulage bzw. Konzertmeisterzulage, • Zuwendungen, • Rohr-, Blatt- und Saitengeld sowie • Instrumentengeld. Für Mitglieder des Händelfestspielorchesters kommen noch ein Pauschalbetrag und ein zusätzliches Rohr-, Blatt- und Saitengeld sowie Instrumentengeld für das Spezialinstrument hinzu. Dessau - Anhaltische Philharmonie Das durchschnittliche Jahresentgelt der Orchestermusiker am Standort Dessau errechnet sich aus der Jahres-Gesamtvergütung dividiert durch die VBE des Orchesters . Dabei enthält die Jahres-Gesamtvergütung folgende Bestandteile: Grundvergütung (resp. Ortszuschlag bzw. Besitzstand), Fußnotenvergütung und Tätigkeitszulage. Nicht zur Vergütung gehören das Instrumentengeld, Rohr-, Blatt- und Saitengeld, Kleidergeld, Instrumentenreparaturen. Orchester des Nordharzer Städtebundtheaters Die Vergütung der Musikerinnen und Musiker des Orchesters des NSBT setzt sich aus • Grundgehalt, • Tätigkeitszulage, • Besitzstandzulage (ehemals Ortszuschlag), • Instrumentengeld, • Saitengeld und • Kleidergeld zusammen. Mitteldeutsche Kammerphilharmonie Schönebeck Das durchschnittliche Jahresgehalt der Musikerinnen und Musiker der Mitteldeutschen Kammerphilharmonie wird auf der Basis des steuerpflichtigen Bruttogehaltes (Jahreswerte aus dem Lohnjournal) errechnet. Inbegriffen ist das Instrumentengeld, jedoch nicht das Kleider- oder Blattgeld. Dabei wird eine Gesamtsumme aus den betreffenden Gehältern berechnet und durch die Anzahl der im jeweiligen Zeitraum beschäftigten Musiker dividiert. 7 Philharmonisches Kammerorchester Wernigerode Das durchschnittliche Jahresgehalt der Musikerinnen und Musiker des PKOW wird auf der Basis des steuerpflichtigen Bruttogehaltes (Jahreswerte aus dem Lohnjournal ) errechnet. Dabei wird eine Gesamtsumme aus den betreffenden Gehältern berechnet und durch die Anzahl der im jeweiligen Zeitraum beschäftigten Musiker dividiert . Nicht berücksichtigt werden folgende Sonderzahlungen: • Kleingruppenhonorare, • Solistenhonorare, • Einmalzahlung, • Kleidergeld und • Instrumentenreparaturgeld. Frage 3: Auf welchen Quellen beruhen die Angaben zu den durchschnittlichen Jahreskosten eines Orchestermusikers/ einer Orchestermusikerin in Weimar und in Chemnitz? Wonach richten sich dort die Gehälter und welche Angaben gehen dort in die Berechnung der Jahresgehälter ein? Bitte getrennt für das Orchester in Chemnitz und in Weimar aufführen. Die Angaben beruhen auf dem Schreiben des Geschäftsführers der TOO GmbH vom 7. November 2012. Dieser führt als Quelle die Statistik des Deutschen Bühnenvereins an. Die tarifliche Grundlage für die Vergütung der Musikerinnen und Musiker in Weimar und Chemnitz ist der TVK (Tarifvertrag für Kulturorchester) zzgl. der Begleittarifverträge einschließlich Dienstaltersstufen. Beide Orchester arbeiten nach Haustarif. Die Tarifverträge liegen der jeweiligen Landesregierung nicht vor, insofern können keine näheren Angaben zu den Bestandteilen des HTV gemacht werden.