Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/2750 04.02.2014 (Ausgegeben am 04.02.2014) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Henriette Quade (DIE LINKE) Residenzpflicht und Ausschlussgründe Kleine Anfrage - KA 6/8126 Vorbemerkung des Fragestellenden: Mit der Verordnung über den vorübergehenden Aufenthalt von Asylbegehrenden außerhalb des Bereiches der Aufenthaltsgestattung vom 31. Januar 2011 wurde die räumliche Beschränkung für Asylsuchende in Sachsen-Anhalt gelockert. Entgegen der in Teilen irrtümlichen Presseberichterstattung wurde damit die räumliche Beschränkung jedoch nicht aufgehoben. Das gilt insbesondere deshalb, weil Ausländerbehörden mit Verweis auf Ziffer 61.1.2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Aufenthaltsgesetz nach eigenem Ermessen den Aufenthaltsbereich von Geduldeten bei Verstößen gegen Mitwirkungspflichten auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränken können. Außerdem gilt die räumliche Beschränkung weiterhin für Reisen in andere Bundesländer. Es ist davon auszugehen, dass eine Gruppe von Flüchtlingen weiterhin an der Ausübung des Menschenrechts auf Bewegungsfreiheit gehindert und kriminalisiert wird. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Asylsuchende mit Aufenthaltsgestattung und wie viele gedulde- te Ausländer/innen leben gegenwärtig in Sachsen-Anhalt? Bitte nach Landkreisen und kreisfreien Städten aufschlüsseln. Es wird auf die nachfolgende Übersicht verwiesen. 2 Landkreis/kreisfreie Stadt Aufenthaltsgestattung Duldung Jerichower Land 117 95 Harz 553* 54 Bördekreis 189 262 Magdeburg 352 404 Altmarkkreis Salzwedel 95 83 Stendal 152 123 Salzlandkreis 251 281 Dessau-Roßlau 95 112 Halle (Saale) 334 350 Anhalt-Bitterfeld 159 320 Saalekreis 192 256 Burgenlandkreis 175 227 Mansfeld-Südharz 163 223 Wittenberg 164 146 Die Angaben beziehen sich auf den Stichtag 31. Dezember 2013 und sind dem Ausländerzentralregister entnommen. 2. Bei wie vielen Asylsuchenden mit Aufenthaltsgestattung und bei wie vie- len geduldeten Ausländer/innen wurde der Aufenthaltsbereich nach dem 1. Februar 2011 auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt? Bitte nach Landkreisen und kreisfreien Städten aufschlüsseln. Darüber liegen keine statistischen Daten vor. Eine Ermittlung des erfragten Sachverhalts könnte daher nur im Wege einer umfangreichen Einzelauswertung der entsprechenden Ausländerakten bei sämtlichen Ausländerbehörden des Landes erfolgen, wovon mit Blick auf den damit verbundenen erheblichen Verwaltungsaufwand aus Gründen der Verhältnismäßigkeit abgesehen wurde. Darüber hinaus wäre aufgrund von Fluktuation (Umzüge, Ausreisen) und damit einhergehender Aktenabgabe bei längst nicht mehr allen im erfragten Zeitraum im Zuständigkeitsbereich der Ausländerbehörden registrierten Ausländern der aufenthaltsrechtliche Werdegang nachvollziehbar. 3. Wie viele Asylsuchende mit Aufenthaltsgestattung wurden von der Erwei- terung des Aufenthaltsbereichs auf Sachsen-Anhalt wegen a) vorliegender Straftaten, b) Verstoß gegen Mitwirkungspflichten ausgeschlossen? Bitte nach Landkreisen und kreisfreien Städten aufschlüsseln. Es wird auf die Ausführungen zu Frage 2 verwiesen. * davon 447 in der Erstaufnahmeeinrichtung (Zentrale Anlaufstelle für Asylbewerber Halberstadt) 3 4. Wie viele geduldete Ausländer/innen wurden von der Erweiterung des Aufenthaltsbereichs auf Sachsen-Anhalt wegen a) vorliegender Straftaten, b) Verstoßes gegen Mitwirkungspflichten ausgeschlossen? Bitte nach Landkreisen und kreisfreien Städten aufschlüsseln. Es wird auf die Ausführungen zu Frage 2 verwiesen. 5. In wie vielen Fällen wurden von Ausländerbehörden im Land Sachsen- Anhalt seit dem 1. Februar 2011 Bußgelder wegen Ordnungswidrigkeiten nach § 86 Abs. 1 AsylVfG und nach § 98 Abs. 3 Nr. 2 AufenthG verhängt? Bitte nach Ausländerbehörde einschließlich der Zentralen Aufnahmestelle Halberstadt aufschlüsseln. Es wird auf die Ausführungen zu Frage 2 verwiesen. 6. Wie viele Ermittlungsverfahren nach § 85 Nr. 2 AsylVfG und nach § 95 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG sind bei den Staatsanwaltschaften im Land Sachsen -Anhalt seit dem 1. Februar 2011 anhängig? Bitte nach Staatsanwaltschaft aufschlüsseln. Bei den Staatsanwaltschaften erfolgt nicht die Erfassung der Zahl der Ermittlungsverfahren , sondern die Anzahl der Beschuldigten gegen die wegen der in Rede stehenden Delikte ermittelt wird. Dabei muss die Anzahl der Beschuldigten nicht identisch sein mit der Zahl der Ermittlungsverfahren, da sich ein Ermittlungsverfahren auch gegen mehrere Beschuldigte richten kann. Demnach haben die Staatsanwaltschaften des Landes Sachsen-Anhalt seit dem 1. Februar 2011 insgesamt gegen 1.031 Beschuldigte wegen Delikten gemäß §§ 85 Nr. 2 AsylVfG, 95 Absatz 1 Nr. 7 AufenthG Ermittlungsverfahren geführt . Es wurden - bei der Staatsanwaltschaft Halle gegen 150 Beschuldigte, - bei deren Zweigstelle in Naumburg gegen weitere 39 Beschuldigte, - bei der Staatsanwaltschaft Magdeburg gegen 213 Beschuldigte, - bei deren Zweigstelle in Halberstadt gegen weitere 73 Beschuldigte, - bei der Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau gegen 491 Beschuldigte und - bei der Staatsanwaltschaft Stendal gegen 65 Beschuldigte entsprechende Ermittlungsverfahren geführt. 7. Wie viele Strafverfahren nach § 85 Nr. 2 AsylVfG und nach § 95 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG sind bei Gerichten im Land Sachsen-Anhalt seit dem 1. Februar 2011 anhängig? Wie viele Verurteilungen wegen § 85 Nr. 2 AsylVfG und nach § 95 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG wurden seit dem 1. Februar 2011 von Gerichten im Land Sachsen-Anhalt verhängt? Bitte nach Gericht aufschlüsseln. Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Staatsanwaltschaften bei Anklageerhebungen regelmäßig nur den führenden Tatvorwurf erfassen, wobei es sich meist 4 um den vom Gesetz abstrakt mit der höchsten Strafe bedrohten Tatvorwurf handelt. Da bei einer Anklageerhebung wegen mehrerer in Betracht kommender Delikte wiederum nur die Verurteilung als solche erfasst wird, ist es möglich, dass die Verurteilung wegen anderer Delikte erfolgte und wegen der Verstöße gegen das Asylverfahrensgesetz oder das Aufenthaltsgesetz ein Teilfreispruch oder eine Beschränkung der Strafverfolgung gemäß §§ 154, 154a StPO erfolgt ist. Umgekehrt ist auch denkbar, dass Anklagen wegen schwererer Delikte erfasst wurden, eine Verurteilung aber nur wegen Vergehen nach §§ 85 Nr. 2 AsylVfG oder 95 Absatz 1 Nr. 7 AufenthG erfolgte. Die nachfolgenden Angaben beziehen sich jeweils auf die Anzahl derjenigen Beschuldigten, die wegen Delikten nach §§ 85 Nr. 2 AsylVfG oder 95 Absatz 1 Nr. 7 AufenthG angeklagt und verurteilt wurden. Insgesamt sind seit dem 1. Februar 2011 von den Staatsanwaltschaften des Landes gegen 323 Beschuldigte Verfahren wegen der in Rede stehenden Vorschriften gerichtsanhängig gemacht worden, und zwar - von der Staatsanwaltschaft Halle gegen 46 Beschuldigte, - von deren Zweigstelle in Naumburg gegen weitere 14 Beschuldigte, - von der Staatsanwaltschaft Magdeburg gegen 81 Beschuldigte, - von deren Zweigstelle in Halberstadt gegen weitere 12 Beschuldigte, - von der Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau gegen 156 Beschuldigte und - von Staatsanwaltschaft Stendal gegen 14 Beschuldigte. Aufgrund von Strafbefehlsanträgen und Anklage der Staatsanwaltschaften kam es in nachfolgend benannten Fällen zu Urteilen: StA Halle: Es kam gegen 36 Beschuldigte zu Urteilen, wovon 10 Beschuldigte durch das Amtsgericht Eisleben, 11 Beschuldigte durch das Amtsgericht Halle, 9 Beschuldigte durch das Amtsgericht Merseburg und 6 Beschuldigte durch das Amtsgericht Sangerhausen verurteilt wurden. Weitere 7 Urteile ergingen nach Anklageerhebung oder Strafbefehlsantrag durch die Zweigstelle Naumburg der Staatsanwaltschaft Halle, sämtlich durch das Amtsgericht Zeitz. StA Magdeburg: Es kam zu gerichtlichen Urteilen gegen insgesamt 70 Beschuldigte, hiervon erfolgten 6 durch das Amtsgericht Aschersleben, 24 durch das Amtsgericht Bernburg , 5 durch das Amtsgericht Magdeburg, 34 durch das Amtsgericht Oschersleben und 1 durch das Amtsgericht Schönebeck. StA Magdeburg, Zweigstelle Halberstadt: 12 Verurteilungen durch das Amtsgericht Halberstadt. StA Dessau-Roßlau: Verurteilungen gegen insgesamt 119 Beschuldigte, davon gegen 77 Beschuldigte durch das Amtsgericht Bitterfeld, gegen 4 Beschuldigte durch das Amts- 5 gericht Dessau-Roßlau, gegen 3 Beschuldigte durch das Amtsgericht Köthen, gegen 25 Beschuldigte durch das Amtsgericht Wittenberg, gegen 9 Beschuldigte durch das Amtsgericht Zerbst und gegen einen Beschuldigten durch das Landgericht Dessau-Roßlau StA Stendal: Verurteilungen gegen 9 Beschuldigte, davon 4 durch das Amtsgericht Burg, weitere 4 durch das Amtsgericht Salzwedel und eine durch das Amtsgericht Stendal. 8. Gegen wie viele Asylbewerber/innen wurden seit dem 1. Februar 2011 während ihrer Unterbringung in der ZASt Halberstadt Bußgelder nach § 86 Abs. 1 AsylVfG verhängt oder Strafantrag wegen wiederholten Verstoßes nach § 85 Nr. 2 AsylVfG gestellt? Es wird auf die Ausführungen zu Frage 2 verwiesen. 9. Wird die Landesregierung Verhandlungen mit dem Bundesamt für Migra- tion und Flüchtlinge aufnehmen, um den Aufenthaltsbereich für Asylbewerber /innen in der ZASt vom Stadtgebiet Halberstadt auf den Landkreis Harz zu erweitern? Für Verhandlungen der Landesregierung mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge besteht keine Veranlassung mehr, da das Bundesamt zwischenzeitlich seine Praxis korrigiert hat und nunmehr bei der Ausstellung der Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung deren räumliche Beschränkung auf den Landkreis Harz erfolgt.