Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/2872 07.03.2014 (Ausgegeben am 10.03.2014) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Thomas Leimbach (CDU) Verbreitung und Gefährlichkeit des Riesen-Bärenklaus in Sachsen-Anhalt II Kleine Anfrage - KA 6/8133 Vorbemerkung des Fragestellenden: In der ausführlichen Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage „Verbreitung und Gefährlichkeit des Riesen-Bärenklaus in Sachsen-Anhalt“ (Drs. 6/2480 vom 9. Oktober 2013) wurden die gesundheitlichen Risiken beschrieben sowie die behördlichen Zuständigkeiten im Land Sachsen-Anhalt dargelegt. Landesweit bedeutsam sei die Ausbreitung des Riesen-Bärenklaus seit den 1980er Jahren und gegenwärtig sei die Pflanze in allen Landkreisen und kreisfreien Städten dokumentiert, allerdings mit Schwerpunkten im Mansfelder Land und im Raum Bernburg. Es sei festzustellen , dass die sich seit langer Zeit ausbreitenden Bestände „schon sehr große Flächen“ dominieren. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt 1. Welche der Landesregierung bekannten Bekämpfungsmaßnahmen außerhalb von Schutzgebieten wurden in den letzten fünf Jahren ergriffen (mit Ausnahme der bekannten Maßnahmen des Landkreises MansfeldSüdharz in 2013), um die Verbreitung des Riesen-Bärenklaus einzudämmen , wo (Einzugsgebiet Gemeinde), wann, von bzw. unter Mitwirkung welcher Behörden? Das Erfordernis zur Bekämpfung des Riesen-Bärenklaus ergibt sich im Wesentlichen nicht aus Gründen des Naturschutzes, wenngleich es auch regional in besonderen Schutzgebieten zur Beeinträchtigung der heimischen Lebensgemeinschaften kommen kann. Ein Erfordernis resultiert überwiegend aus Gründen des Gesundheitsschutzes. 2 Eine Abfrage bei den unteren Gesundheitsbehörden der Landkreise und kreisfreien Städte vom September 2013 führte zu dem Ergebnis, dass in DessauRoßlau seit 2007 jährlich vom Stadtpflegebetrieb Maßnahmen zur Bekämpfung des Riesen-Bärenklaus auf öffentlichen Flächen durchgeführt werden. In Halle wird seit 2003 von Mai bis September der Riesen-Bärenklau bekämpft (federführend hier der Fachbereich Umwelt). Die Gesundheitsbehörden führen allerdings in Einzelfällen Beratungen durch, halten Informationsmaterial bereit und geben Erkenntnisse zu Beständen an die jeweils zuständigen Ämter weiter. Hinsichtlich der Nutzung von Maßnahmen der öffentlich geförderten Arbeit im Zusammenhang mit der Bekämpfung des Riesen-Bärenklaus ist bekannt, dass insbesondere in den Landkreisen Mansfeld-Südharz, Saalekreis, Salzlandkreis sowie Harz Maßnahmen des 2. Arbeitsmarktes (hier als Arbeitsgelegenheiten) u. a. zur Bekämpfung von Neophyten durchgeführt wurden bzw. werden. Darin ist die Bekämpfung des Bärenklaus situationsbedingt enthalten, wird aber statistisch nicht erfasst. Ferner ist im Landkreis Harz für 2014 eine Maßnahme mit acht Teilnehmenden in der Region Halberstadt geplant. 2. Gibt oder gab es spezielle Informationsmaterialien für Bürger allgemein zum Riesen-Bärenklau und dessen Bekämpfung? Wenn ja, von welcher Behörde wurde dieses Material herausgegeben und wann? Sind der Landesregierung Informationsmaterialien im Internet zum Riesen-Bärenklau auf den Seiten der zuständigen Behörden im Lande bekannt? Umfangreiches und spezielles Informationsmaterial, einschließlich weiterführender Verweise und Links zu Erfahrungen mit Maßnahmen in Sachsen-Anhalt, Deutschland und Europa sind u. a. auf den Internetseiten der Koordinationsstelle Invasive Neophyten in Schutzgebieten Sachsen-Anhalts (KORINA) beim Unabhängigen Institut für Umweltfragen e. V. (UfU) zu finden (http://www.korina.info/). Weitere Informationen vermittelt auch das Bundesamt für Naturschutz (http://www.neobiota.de). Folgende weitere Informationsquellen können angeführt werden:  Faltblatt „Neophyten“, Herausgeber: Landwirtschaftliche Berufsgenossen- schaft Mittel- und Ostdeutschland  „Gebietsfremde Arten“ (Positionspapier des BfN)  „Praxisleitfaden Riesenbärenklau“ (ISBN 87-7903-211-7)  „Umgang mit invasiven Arten“ (Empfehlungen für Gärtner, Planer und Ver- wender) Herausgeber: Zentralverband Gartenbau e. V. in Zusammenarbeit und Abstimmung mit dem BMU und dem BfN auf der Basis der NeophytenDatenbank des BfN. Landesspezifische Hinweise und Veröffentlichungen wurden in einer Rundmail des Landesamtes für Umweltschutz zu gebietsfremden Arten vom 6. August 2013 gegeben. 3 Ferner erfolgte die Veröffentlichung eines Sonderheftes der Reihe „Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt" (46. Jahrgang, 2009, Heft 2), in dem fachspezifische Angaben zu Neobiota gegeben wurden. In einer populär gehaltenen Broschüre der Reihe „Natura verbunden“ (Einfluss von Neobiota auf geschützte Arten und Lebensräume) wird darüber hinaus die Sensibilisierung der Bevölkerung angestrebt . 3. Welche fachaufsichtlichen Informationen sind den zuständigen Behörden wann übermittelt worden, zur Verbreitung und Bekämpfung des RiesenBärenklaus in den letzten fünf Jahren? Die Behörden des öffentlichen Gesundheitsdienstes können auf der Grundlage des Gesundheitsdienstgesetzes im Land Sachsen-Anhalt ein entsprechendes Aufklärungs- und Beratungsangebot zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung vor schädlichen Einflüssen aus der Umwelt (wie z. B. durch den RiesenBärenklau ) bereithalten. Der Umfang der erforderlichen Maßnahmen wird nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmt. Fachaufsichtliche Informationen zur Wahrnehmung dieser Aufgabe bezogen auf den Riesen-Bärenklau sind nicht übermittelt worden. Über das bereits unter Ziffer 2 genannte fachspezifische Informationsmaterial hinaus wurde am 12. Juni 2013 in Helbra ein Workshop des Landesamtes für Umweltschutz und KORINA zum Riesen-Bärenklau durchgeführt. 4. Welche Bekämpfungsmaßnahmen bzw. -methoden sind in Deutschland zugelassen? Welche Bekämpfungsmethoden werden nach dem Kenntnisstand der Fachaufsichtsbehörden als effizient und erfolgreich angesehen ? Speziell für die Bekämpfung des Riesen-Bärenklaus zugelassene Methoden sind nicht bekannt. Grundsätzlich eignen sich als wirksame Bekämpfungsmethoden :  die manuelle bzw. mechanische Bekämpfung mittels Durchstechen der Wur- zel, Ausgraben vor der Samenreife sowie das Entfernen der Blütenstände.  eine Beweidung mit Schafen nach vorheriger Entfernung der Pflanzen in Handarbeit, wobei Fragen zur eventuellen Gefährdung der Tiere durch Pflanzeninhaltsstoffe noch nicht geklärt sind.  der Einsatz zugelassener Herbizide, wobei insbesondere in Gewässernähe auf die konsequente Einhaltung der Zulassungsbestimmungen zu achten ist. Insbesondere im Hinblick auf Effizienz und Nachhaltigkeit ist eine ausreichend lange und vor allem wiederholte Bekämpfung bis zum vollständigen Zurückdrängen erforderlich. Generell ist eine erfolgreiche Bekämpfung von Neophyten langwierig. Weitere Maßnahmen zur Bekämpfung/Kontrolle der Bestände sowie deren Effizienz sind in der „Strategie zum Umgang mit dem Riesen-Bärenklau in Sachsen -Anhalt“ beschrieben und von KORINA im Internetangebot veröffentlicht (Stand: 12.06.2013). 4 5. Wie beurteilt die Landesregierung den Erfolg aller bisherigen Maßnahmen in ihrer Verantwortung in Anbetracht der fortschreitenden, mittlerweile flächendeckenden Verbreitung dieser gefährlichen Pflanze? Eine Meldepflicht von allergischen Reaktionen und Verletzungen nach Kontakt mit dem Riesen-Bärenklau besteht nicht. Daher können diesbezüglich keine Aussagen zum Erfolg aller bisherigen Maßnahmen getroffen werden. Jede erfolgreich bekämpfte Pflanze des Riesen-Bärenklaus reduziert allerdings die Gefährdungswahrscheinlichkeit der menschlichen Gesundheit. Die besten Ergebnisse wurden jeweils dort erreicht, wo kontinuierlich über Jahre hinweg unter fachlich qualifizierter Betreuung die Bekämpfung gewährleistet war. Zur Bekämpfung von Neophyten und damit auch des Riesen-Bärenklaus erfolgt in der Regel ein finanzieller Rückgriff auf entsprechend einsetzbare Förderinstrumente . Landkreise und kreisfreie Städte weisen bereits jetzt auf abzusehende Schwierigkeiten bei künftigen Maßnahmen hin, da nach gegenwärtiger Rechtslage diese Arbeiten als „wiederkehrende Maßnahmen“ nicht mehr dieser Fördermöglichkeit unterliegen werden. 6. Welche Schlussfolgerungen zieht die Landesregierung hieraus für zukünftige Bekämpfungsstrategien? Da der Erfolg nicht bezifferbar ist, können entsprechende Schlussfolgerungen für eine Bekämpfungsstrategie für den Riesenbärenklau nicht gezogen werden. Die Vermittlung von Informationen der Bevölkerung aus gesundheitlicher und naturschutzfachlicher Sicht und die örtliche Organisation von einzelnen Bekämpfungsmaßnahmen sind bereits jetzt sehr breit gefächert und sollen mit den jeweils zur Verfügung stehenden Mitteln und Methoden weiter unterstützt werden . 7. Gibt es nach Auffassung der Landesregierung Neophyten, die ähnliche Gefährlichkeitsmerkmale für den Menschen aufweisen wie der RiesenBärenklau in Sachsen-Anhalt? Verlief deren Bekämpfung ähnlich? Von den bekannten Neophyten besitzt neben dem Riesen-Bärenklau insbesondere die Beifuß-Ambrosie (Beifußblättriges Traubenkraut, Ambrosia artemisiifolia ) eine besondere Relevanz für die menschliche Gesundheit. Hier steht die stark allergieauslösende Wirkung der Pollen im Mittelpunkt. Neben der Bestandsregulierung durch unterschiedliche Bekämpfungsmaßnahmen sind vorbeugende Maßnahmen hinsichtlich der Reduzierung des Eintrags und der Verbreitung erforderlich. Nach bisherigen Erkenntnissen gelangt die Beifuß-Ambrosie primär über landwirtschaftliche Produkte, vor allem Vogelfutter , nach Deutschland. Daher hat die Europäische Kommission eine entsprechende rechtliche Regelung vorgeschlagen, die sich derzeit im Beratungsprozess befindet. Ein derzeit laufendes europäisches Forschungsprojekt „Bewertung und Eindämmung der Verbreitung und der Auswirkungen der BeifußAmbrosia in Europa“ soll dazu weitere Informationen liefern. 5 In Sachsen-Anhalt wurde neben den Aktivitäten von KORINA gemeinsam von Landesamt für Verbraucherschutz und von der Landesanstalt für Landwirtschaft , Forsten und Gartenbau ein Informations-Flyer für die Bevölkerung „Die Beifuß-Ambrosie, Ausbreitung verhindern - Gesundheit schützen“ erarbeitet. Darin werden unter anderem Hinweise zur gesundheitlichen Wirkung gegeben, Bekämpfungsmaßnahmen beschrieben und es wird zur Meldung größerer Bestände aufgerufen. Diese Informationen sind auch auf der Internetseite des Landesamtes für Verbraucherschutz eingestellt.