Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/2877 07.03.2014 (Ausgegeben am 10.03.2014) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Frank Hoffmann (DIE LINKE) Längere Schulwege, mehr Verkehr - Folgen der Schulentwicklungsplanung Kleine Anfrage - KA 6/8222 Vorbemerkung des Fragestellenden: Die Schulentwicklungsplanung des Landes Sachsen-Anhalt wird Veränderungen im Schulnetz nach sich ziehen, besonders im ländlichen Raum. Das wird sich auch auf die Leistungserbringung der Schülerverkehre auswirken. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr 1. Welche personellen und sächlichen Aufwendungen zur Anpassung der Ausstattung werden entstehen? Welche veränderten Bedarfe an vorzuhaltenden Bussen sind zu erwarten? Die Schulentwicklungspläne werden beginnend mit dem Schuljahr 2014/15 umgesetzt . Folgerichtig können die Träger der Schülerbeförderung erst nach Beginn des Schuljahres Aussagen zu ggf. auftretenden quantitativen Sachverhalten treffen. Bei der Abschätzung der personellen und sächlichen Aufwendungen zur Anpassung der Ausstattung muss berücksichtigt werden, dass die Schülerbeförderung in den Linienverkehr integriert ist. Veränderungen in der Gestaltung der Fahrpläne und der Linienführung können daher auch Ursachen außerhalb der Schulentwicklungsplanung haben. Darüber hinaus ist auch zu berücksichtigen, dass die Fallzahlen im Rahmen der Schülerbeförderung schwanken, da das Schulgesetz des Landes SachsenAnhalt (SchulG) neben der Schülerfahrkarte auch die Kostenerstattung vorsieht. 2 2. Wie ist die aktuelle Beschaffenheit der Infrastruktur bezüglich der Bushal- testellen? Gibt es Bedarfe der Errichtung neuer Haltestellen und wie ist die Möglichkeit der Förderung eventueller Investitionen aus dem ELERProgramm ? Teilfrage 1 Die jeweiligen Aufgabenträger legen die Anforderungen an die Beschaffenheit der Bushaltestellen in eigener Verantwortung fest. Dabei müssen sie auch die Anforderungen an die Barrierefreiheit gemäß § 13 des Gesetzes des Landes Sachsen-Anhalt zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz Sachsen-Anhalt) beachten. Die Landesregierung geht deshalb davon aus, dass die Beschaffenheit der Haltestellen dementsprechend anforderungsgerecht ist. Teilfrage 2 Der Bedarf zur Errichtung neuer Haltestellen wird von den kommunalen Aufgabenträgern anlässlich der Schulentwicklungsplanung überprüft. Die Kommunen können die Errichtung von Haltestellen im Rahmen der Dorferneuerungs - und -entwicklungsmaßnahmen aus ELER finanzieren. Die Maßnahme Dorferneuerung/Dorfentwicklung, die auch in der Förderperiode 2014 - 2020 angeboten werden soll, ermöglicht die Förderung investiver Vorhaben zur Verbesserung der innerörtlichen Verkehrsverhältnisse. Das gilt im Bereich von Kreis-, Landes- und Bundesstraßen aber nur für Randbereiche oder Nebenanlagen in der Baulast der Gemeinden. Weiter förderfähig sind „… Bauund Erschließungsvorhaben einschließlich der Gestaltung von Plätzen und Freiräumen … zur Erhaltung und Gestaltung des dörflichen Charakters …“. Die Förderung wird aktuell auf der Grundlage der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der regionalen ländlichen Entwicklung in Sachsen-Anhalt (Richtlinie RELE), RdErl. des MLU vom 30.04.2008, MBl. LSA S. 354 ff., zuletzt geändert durch RdErl. des MLU vom 21.10.2013, MBl. LSA S. 713, gewährt. Die Fördertatbestände sind näher beschrieben im Teil D (Dorferneuerung und Vorhaben land- und forstwirtschaftlicher Betriebe zur Diversifizierung). Die Förderung der Dorferneuerung dient einer Weiterentwicklung der Orte auf der Grundlage wirtschaftlicher, historischer und kultureller sowie landschaftlicher und ökologischer Gegebenheiten. Die Maßnahmen sollen zu einer positiven Entwicklung der Agrarstruktur, einer nachhaltigen Stärkung der Wirtschaftskraft und der Innenentwicklung der Orte beitragen sowie den eigenständigen Charakter ländlicher Siedlungen und die Kulturlandschaft bewahren. Förderfähig sind Vorhaben, die den vorgenannten Zwecken dienen. Ob diese Voraussetzungen bei Bushaltestellen vorliegen, ist im Einzelfall zu überprüfen. 3 Sind nicht ausreichend Fördermittel verfügbar, ist eine Projektauswahl durchzuführen , die sich am Förderzweck orientiert, d. h., es werden die Vorhaben ausgewählt , die dem Förderzweck am besten dienen. Die organisierten Akteure vor Ort erhalten zunehmend Mitwirkungs- und Mitentscheidungsmöglichkeiten (integrierte ländliche Entwicklungskonzepte / integrierte gemeindliche Entwicklungskonzepte / Leaderkonzepte). 3. Wie ist die Situation, beispielsweise bei kreisübergreifender Leistungs- erbringung, betreffend möglicher Umsteiger? Wo trifft das zu und wie viele Schüler sind betroffen? Die Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen sind bemüht, Umsteigebeziehungen auf das unabweisbar Erforderliche zu beschränken und für den Fall einer Umsteigenotwendigkeit den Anschluss sicherzustellen. Es können naturgemäß nur wenige Schüler im Land betroffen sein, da grundsätzlich alle Schüler im Landkreis bzw. in der kreisfreien Stadt ihres Wohnortes beschult werden. Daher beschränken sich Umsteigenotwendigkeiten auf Einzelfälle , die jedoch im ganzen Land auftreten können. Es werden keine konkreten Zahlen erfasst. 4. Gibt es Absprachen bei kreisübergreifenden Schülerverkehren zur Leis- tungserbringung zwischen den Kreisen (wer fährt)? Alle kreisübergreifenden Verkehre sind zwischen den betroffenen Aufgabenträgern bzw. Verkehrsunternehmen abgestimmt. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. 5. Wie sind die Sicherheitsbedingungen in den Bussen hinsichtlich der An- schnallpflicht oder einer Sitzplatzgarantie für die jüngeren Schüler? Die Sicherheitsbedingungen in den Bussen entsprechen den gesetzlichen Vorgaben . In Sachsen-Anhalt ist der Schülerverkehr weitgehend in den Linienverkehr integriert und wird mit Kraftfahrzeugen des Linienverkehrs durchgeführt. Die gesetzlichen Grundlagen für den Einsatz dieser Fahrzeuge sind in § 22 der Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr (BOKraft ), § 21a der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) und § 35a StraßenverkehrsZulassungs -Ordnung (StVZO) geregelt. § 35a StVZO enthält Regelungen zur Ausrüstungspflicht mit Sicherheitsgurten. Von diesen Regelungen sind Kraftomnibusse für den Einsatz im Nahverkehr ausgenommen, die auch für stehende Fahrgäste konzipiert sind. Dies sind Kraftomnibusse ohne besonderen Gepäckraum sowie Kraftomnibusse mit zugelassenen Stehplätzen im Gang auf einer Fläche, die mindestens die Fläche für zwei Doppelsitze umfasst. In diesem Zusammenhang wird auf die darauf abgestimmte Geschwindigkeitsbegrenzung nach § 3 StVO verwiesen. Danach beträgt die zulässige Höchstge- 4 schwindigkeit auch unter günstigsten Umständen außerhalb geschlossener Ortschaften für Kraftomnibusse mit Fahrgästen, für die keine Sitzplätze mehr zur Verfügung stehen, 60 km/h. 6. Die Finanzierung der Schülerverkehre erfolgt über gefahrene Kilometer (§ 71 Schulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt, Schülerbeförderung). Wie effizient ist die Routengestaltung? Werden die Abrechnungen der erbrachten Fahrleistung überprüft und wenn ja, durch wen? Die Finanzierung der Schülerverkehre erfolgt auf der Grundlage von Satzungen der Landkreise und kreisfreien Städten oder auf Grundlage von Vereinbarungen zwischen den Landkreisen/kreisfreien Städten und den Verkehrsunternehmen. Das ÖPNVG LSA hat mit § 9 Rahmenbedingungen dafür geschaffen, dass die gefahrenen Kilometer nicht der Maßstab für eine Finanzierung sein müssen. Vor diesem Hintergrund sind die Aufgabenträger gemeinsam mit den Verkehrsunternehmen ständig bestrebt, eine Optimierung der Routengestaltung im Interesse der Schüler und anderen Fahrgäste zu erreichen. Die Abrechnungen werden durch die Aufgabenträger in eigener Verantwortung überprüft. 7. Wie viel Kilometer werden in den Landkreisen und kreisfreien Städten für den Schülerverkehr gefahren und wie lange sind die Schüler in den Frühund Nachmittagsstunden unterwegs (Minimum, Maximum, Durchschnitt)? Bitte Aufgliederung nach Landkreisen und kreisfreien Städten vornehmen. Der Landesregierung liegt kein Zahlenmaterial zu den gefahrenen Kilometern und zur Fahrtdauer vor. Dieses wird auch nicht erfasst. Die Träger der Schülerbeförderung regeln die Belange der Schülerbeförderung ortsrechtlich in eigener Zuständigkeit. So regeln die Satzungen Mindestentfernungen als Anspruchsvoraussetzung für die Erstattung von Aufwendungen für den Schulweg und die schulstufenbezogen zulässigen (zumutbaren) Wegezeiten. Als zumutbar gelten nach der überwiegenden Rechtsprechung im Bereich der Primarstufe (Grundschule) ca. 45 Minuten Schulwegzeit in eine Richtung, für die Sekundarstufen I und II (Sekundarschule, Gemeinschaftsschule, Gymnasien , Gesamtschulen) ca. 60 Minuten. Nach einer aktuellen Erhebung der Landesregierung bei den Flächenkreisen werden diese Zeiten mit Ausnahme von Einzelfällen eingehalten. Auf eine Erhebung bei den kreisfreien Städten wurde abgesehen, da die Landesregierung davon ausgeht, dass dort keine unzumutbaren Wegezeiten eintreten.