Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/295 11.08.2011 (Ausgegeben am 16.08.2011) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Angelika Hunger (DIE LINKE) Weichmacher in Kindertagesstätten (Kitas) Kleine Anfrage - KA 6/7105 Vorbemerkung des Fragestellenden: Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hat laut einer Studie vom März 2011 bundesweit in ausgewählten Kindertagesstätten (Kitas) eine erhöhte Konzentration von gesundheitsschädlichen Weichmachern (Phthalaten) ermittelt. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Arbeit und Soziales Frage Nr. 1: Warum hat sich keine Kita in Sachsen-Anhalt an der oben genannten Studie beteiligt? Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Frage Nr. 2: Wurde im Ergebnis der Studie eine Untersuchung für die Situation in Kitas des Landes angestrengt oder beabsichtigt dies die Landesregierung in Zukunft? Mehrere Studien des Umweltbundesamtes (UBA) haben bereits vor der BUNDStudie gezeigt, dass bestimmte Weichmacher häufiger und in höheren Konzentrationen im Innenraum vorkommen als in der Vergangenheit. Das UBA untersucht unter anderem im Umwelt-Survey seit vielen Jahren regelmäßig die Belastung Erwachsener und von Kindern mit Weichmachern und anderen Schadstoffen. Obwohl die bundesweit vorhandenen Studien nur bedingt miteinander vergleichbar sind und nicht direkt auf die Situation in einzelnen Kindertageseinrichtungen in Sachsen -Anhalt übertragen werden dürfen, wird davon ausgegangen, dass die gesund- 2 heitliche Risikoabschätzung und Situationsbewertung von Weichmachern im Umfeld von Kindern durchaus auch für Sachsen-Anhalt zutrifft. Handlungsbedarf wird daher weniger in der Ausweitung der vorhandenen Untersuchungsprogramme auf die Kitas des Landes gesehen, als vielmehr in Maßnahmen, die zu einer Minderung der Exposition führen. Unabhängig davon, dass zurzeit keine Planungen für umfangreiche Untersuchungsprogramme in den Kindertageseinrichtungen des Landes erfolgen, wird die gängige Praxis einer einzelfallbezogenen Untersuchung unter konkreter Fragestellung zur Innenraumluftbelastung sowie die Bedarfsgegenständeüberwachung weiter fortgesetzt (siehe Antwort zu Frage Nr. 3). Frage Nr. 3: Wie erfolgt in Sachsen-Anhalt die Erhebung solcher und anderer Schadstoffbelastungen in öffentlichen Einrichtungen für Kinder? Abgesehen von speziellen Studien und Untersuchungsprogrammen findet die Untersuchung der Schadstoffbelastung der Innenraumluft in öffentlichen Einrichtungen für Kinder anlassbezogen zur Abklärung spezieller Problemstellungen statt. In der Regel werden die Gesundheitsämter von den Trägern der Einrichtungen kontaktiert oder erhalten Hinweise/Beschwerden von Dritten. Je nach Frage- und Problemstellung werden Luft-, Staub- oder Materialproben aus dem Innenraum entnommen und untersucht . Hierfür steht am Landesamt für Verbraucherschutz (LAV) eine moderne Analysentechnik zur Verfügung. Besonders mit Blick auf die Gesundheit von Kindern werden durch das LAV relevante Bedarfsgegenstände auf die Einhaltung bestehender rechtlicher Anforderungen geprüft. Speziell wird das Phthalat-Verbot für Spielwaren und das Austreten aus Lebensmittelkontaktmaterialien kontrolliert. Hierbei ist der Kontrollaufwand materialabhängig , aber analytisch nicht nur auf Kunststoffe zu beschränken. Regelmäßig wird die Verwendung von PVC geprüft, um gezielt die bestehende Regelung zum Gehalt an freiem Vinylchlorid zu kontrollieren. Frage Nr. 4: Mit welchen Maßnahmen verhindert die Landesregierung, dass gesundheitsschädliche Substanzen das Umfeld von Kindern belasten? Ein Maßnahmen-Komplex bezieht sich auf die Durchführung der amtlichen Bedarfsgegenständeüberwachung , die in Bezug auf Weichmacher besonders Lebensmittelbedarfsgegenstände , Spielzeug und Bedarfsgegenstände mit Hautkontakt bzw. Schleimhautkontakt einschließt. Die seit Jahren bestehende grundsätzliche Problematik von Phthalaten in Bedarfsgegenständen ist Gegenstand der ständigen amtlichen Überwachung durch die zuständigen Vollzugsbehörden (siehe Antwort zu Frage Nr. 3). Ein weiterer Komplex von Maßnahmen betrifft die Überwachung der Verpflichtungen, die den Herstellern, Importeuren und dem Handel aufgrund des europäischen Chemikalienrechts (REACH) auferlegt werden. Hierzu gehören die Beschränkungen des Inverkehrbringens und der Verwendung bestimmter Stoffe, Zubereitungen und Erzeugnisse sowie Auskunftspflichten über besonders besorgniserregende Stoffe. 3 Frage Nr. 5: Welche Position vertritt die Landesregierung bei der von Umweltverbänden geforderten Höchstwertfestlegung für die Belastung der Innenraumluft? Für die Beurteilung von Schadstoffbelastungen der Innenraumluft einschließlich der Ableitung des Handlungsbedarfs sind Werte-Kategorien sehr hilfreich. Bewährt haben sich die Leit- und Richtwerte für die Innenraumluft, die als Handreichung von der ad-hoc-Arbeitsgruppe der Innenraumlufthygiene-Kommission des Umweltbundesamtes und der Obersten Landesgesundheitsbehörden abgeleitet und regelmäßig an den neuesten Erkenntnisstand angepasst werden. Die Landesregierung sieht die Fortschreibung dieser toxikologisch begründeten Richtwerte für weitere Stoffe in der Innenraumluft, wie die Weichmacher, als wichtige Aufgabe dieses Gremiums. Ein wirksamer Eingriff zur Expositionsminderung kann allerdings nicht über die Festlegung von Höchstwerten für die Belastung der Innenraumluft erfolgen, sondern über Zulassungsregelungen von Stoffen und Verwendungsverbote. Frage Nr. 6: Welche Position bezieht die Landesregierung zum Verbot gesundheitsgefährdender Weichmacher in allen Produkten im Umfeld von Kindern? Der Rat von Sachverständigen für Umweltfragen hatte im Mai 2004 empfohlen, das bestehende Verbot von verschiedenen Phthalat-Verbindungen auf alle Produkte für Kinder unter drei Jahren, über die eine Schadstoffaufnahme möglich ist, und auf Kinderspielzeug generell auszudehnen. Dieser Empfehlung schließt sich die Landesregierung an.