Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/2979 01.04.2014 (Ausgegeben am 01.04.2014) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Gewalthandlungen von Polizeibeamtinnen und -beamten im Jahr 2013 Kleine Anfrage - KA 6/8171 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Justiz und Gleichstellung 1. Wie viele Ermittlungsverfahren sind gegen Polizeibedienstete insbeson- dere wegen Körperverletzung im Amt (§ 340 StGB), (gefährliche/schwere) Körperverletzung (§§ 223, 224, 226 StGB) sowie sonstigen Gewaltstraftaten im Jahr 2013 aufgrund welcher Sachverhalte zu welchem Zeitpunkt eingeleitet worden? Im Jahre 2013 sind nach einem Bericht des Generalstaatsanwalts 87 Vorwürfe gegen Polizeibeamte wegen Gewalthandlungen unter einem Js-Aktenzeichen erfasst worden. Hiervon betrafen 81 Sachverhalte den Vorwurf der Körperverletzung im Amt und sechs Sachverhalte den Vorwurf der einfachen oder gefährlichen Körperverletzung. Der Vorwurf sonstiger Gewalttaten wie der eines Verbrechens der schweren Körperverletzung oder eines Kapitaldelikts ist nicht erhoben worden. Die Anzahl der Js-Aktenzeichen selbst liegt unter 87, weil mehrere Verfahren mehrere Polizeibeamte gleichzeitig betrafen. Ausweislich der den Staatsanwaltschaften vorliegenden Daten sind die Ermittlungen wegen Körperverletzungsdelikten gegen zehn Beamte wegen „erwiesener Unschuld“ gemäß § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung eingestellt worden. In drei Fällen ist die Aufnahme von Ermittlungen mangels Anfangsverdachts abgelehnt worden. 68 Verfahren sind gemäß § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung eingestellt worden, weil die Ermittlungen im Sinne dieser Vorschrift keinen genügenden Anlass zur Anklageerhebung geboten haben. 2 Zwei Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung im Amt gegen drei beschuldigte Polizeibeamte sind offen. Zwei Verfahren sind wegen Geringfügigkeit gemäß § 153 Abs. 1 Strafprozessordnung eingestellt worden. Ein Verfahren endete mit einer gerichtlichen Ahndung. Hinsichtlich der insgesamt 81 Vorwürfe wegen Körperverletzungsdelikten, die nicht zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens oder nicht zur Anklageerhebung führten, hätte der nähere Sachverhalt nur aufgrund einer händischen Auswertung jeder einzelnen Ermittlungsakte dargestellt werden können, wovon im Hinblick auf die damit verbundene Belastung der Ermittlungsbehörden abgesehen wurde. Dem mit einer gerichtlichen Entscheidung abgeschlossenen Verfahren der Staatsanwaltschaft Magdeburg, Zweigstelle Halberstadt, zum dortigen Aktenzeichen 822 Js 77366/13 lag zwar ursprünglich der Vorwurf der Körperverletzung im Amt zugrunde, der Polizeibeamte ist jedoch durch rechtskräftigen Strafbefehl wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 17 Tagessätzen verurteilt worden, weil er den einer Verkehrsordnungswidrigkeit verdächtigen Anzeigeerstatter wiederholt duzte und als „Pfeife“ bezeichnete. In dem gemäß § 153 Abs. 1 Strafprozessordnung eingestellten Verfahren der Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau zum dortigen Aktenzeichen 507 Js 28589/13 soll der beschuldigte Polizeibeamte bei einem privaten Spaziergang einen als unzurechnungsfähig bekannten sich angriffslustig gebärdenden Bürger „geschubst“ haben, sodass dieser zu Boden fiel. Obgleich auch eine Rechtfertigung durch Notwehr nicht auszuschließen war, hat die Staatsanwaltschaft zur Vermeidung weiterer Ermittlungen die Einstellung wegen Geringfügigkeit vorgezogen. Aus demselben Grund hat die Staatsanwaltschaft Stendal das Verfahren zum dortigen Aktenzeichen 305 Js 7299/13 wegen Geringfügigkeit gemäß § 153 Abs. 1 Strafprozessordnung eingestellt. Der Beschuldigte, ein Beamter des Landes Niedersachsen, soll anlässlich der Festnahme eines aus dem Maßregelvollzug Entwichenen dessen Halbbruder als „Assi“ beschimpft und an den Hinterkopf geschlagen haben. Nach Angaben des Beschuldigten will dieser den angetrunkenen und ausfällig werdenden Anzeigeerstatter weder beschimpft noch geschlagen haben. Vielmehr habe er dem Anzeigeerstatter, den er der Fluchthilfe und des Führens eines nicht pflichtversicherten und nicht zugelassenen Kraftfahrzeugs verdächtigt habe, lediglich das Basecap „vom Kopf gefegt“, nachdem dieser der Aufforderung, sich zwecks Identifizierung ohne Kopfbedeckung betrachten zu lassen, nicht nachgekommen sei. Die Angaben wurden von zwei weiteren an dem Einsatz beteiligten Polizeibeamten bestätigt. 2. Wie viele Strafverfahren werden gegen Polizeibedienstete wegen oben genannten Deliktarten aufgrund welcher Sachverhalte mit welchem Verfahrensstand zum Stichtag geführt? 3. Wie viele Strafverfahren sind gegen Polizeibedienstete wegen oben ge- nannten Deliktarten aufgrund welcher Sachverhalte mit welchen Verfahrensausgängen zu welchem Zeitpunkt abgeschlossen worden? 3 Im Jahre 2013 sind Strafverfahren gegen Polizeibeamte wegen Gewalttaten nicht geführt worden, sondern nur ein Verfahren wegen Beleidigung (vgl. Antwort zu Frage 1). Sämtliche Strafverfahren aus den Jahren 2010 bis 2012 sind vor 2013 abgeschlossen worden. 4. Wie viele Disziplinarverfahren gegen Polizeibedienstete wegen oben ge- nannten Deliktarten wurden im Jahr 2013 aufgrund welcher Sachverhalte zu welchem Zeitpunkt eingeleitet? Im Jahr 2013 wurden zwei Disziplinarverfahren wegen einer möglichen Gewaltstraftat im Zusammenhang mit der Dienstausübung von Polizeibeamten eingeleitet . In beiden Fällen erfolgte die Einleitung wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt: a) Einleitung am 17.11.2013 Der Polizeibeamte soll am 17.10.2013 den Geschädigten im Zuge einer Maßnahme geschlagen haben. b) Einleitung am 20.12.2013 Der Polizeibeamte soll am 31.03.2013 den Geschädigten im Zuge einer Maßnahme weggestoßen und gegen ein Fahrzeug gedrückt haben. 5. Welchen Verfahrensstand haben die Disziplinarverfahren gegen Polizei- bedienstete wegen oben genannter Deliktarten aufgrund welcher Sachverhalte zum Stichtag? Die Disziplinarverfahren wurden zeitgleich mit der Einleitung wegen der in gleicher Sache geführten Strafverfahren ausgesetzt. Zum Stichtag 31.01.2014 dauerte diese Aussetzung noch an. Das Disziplinarverfahren unter Nr. 4 Buchst. a wird demnächst fortgesetzt, nachdem am 24.01.2014 die strafrechtlichen Ermittlungen wegen einer Körperverletzung im Amt gemäß § 153 Abs. 1 StPO eingestellt wurden.