Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/298 12.08.2011 (Ausgegeben am 16.08.2011) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Rüdiger Erben (SPD) Metalldiebstähle in Sachsen-Anhalt Kleine Anfrage - KA 6/7107 Vorbemerkung des Fragestellenden: Nach Angaben des Nachrichtenportals „Spiegel-Online“ wird in den Regionen Halle (Saale) und Magdeburg von Bahnanlagen so viel Eisen und Buntmetall wie in keinen anderen Regionen Deutschlands gestohlen (vgl. http://www.spiegel.de/wirtschaft/ unternehmen/0,1518,770594,00.html - Abruf am 5. Juli 2011). Überdies wird in der regionalen Presse zunehmend regelmäßig von schwerwiegenden Metalldiebstählen, zuletzt etwa aus Windkraftanlagen in der Altmark (vgl. Volksstimme - Lokalausgabe Osterburg vom 18. Juni 2011), berichtet. Vor dem Hintergrund enorm gestiegener Weltmarktpreise für Metalle scheint der Metalldiebstahl für Straftäter ein lukratives Geschäft zu sein. Gemäß § 38 Abs. 3 der Gewerbeordnung (GewO) ist die Landesregierung ermächtigt , durch Rechtsverordnung zu bestimmen, in welcher Weise Gewerbetreibende zum Beispiel beim Ankauf von Altmetallen ihre Bücher zu führen und dabei Daten über einzelne Geschäftsvorgänge, Geschäftspartner, Kunden und betroffene Dritte aufzuzeichnen haben. Die Landesregierung hat von dieser Verordnungsermächtigung bislang keinen Gebrauch gemacht. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft Vorbemerkung: Gemäß § 38 Abs. 3 GewO (Gewerbeordnung) sind die Landesregierungen ermächtigt , durch Rechtsverordnung zu bestimmen, in welcher Weise bestimmte Gewerbetreibende nach § 38 Abs. 1 GewO ihre Bücher zu führen und dabei Daten über ein- 2 zelne Geschäftsvorgänge, Geschäftspartner, Kunden und betroffene Dritte aufzuzeichnen haben. Zurzeit hat kein Bundesland von dieser Verordnungsermächtigung Gebrauch gemacht . Frage Nr. 1: Wie haben sich die Fallzahlen des Diebstahls von Buntmetall und Schrott in Sachsen-Anhalt seit 2008 entwickelt? Bitte auch den Gesamtwert des registrierten Diebesgutes darstellen. Fallzahlen des Diebstahls von Buntmetall und Schrott 2008 2.089 2009 830 2010 1.441 1. Halbjahr 2011 1.262 Nachdem die Zahl der Fälle bereits im Jahr 2010 eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 73,6 % aufwies, setzte sich dieser Trend im 1. Halbjahr 2011 fort. Bereits jetzt sind 87,5 % der Delikte des gesamten Jahres 2010 erreicht. Im direkten Vergleich der Fallzahlen des 1. Halbjahres ist im Jahr 2011 sogar eine Steigerung um 112,5 % festzustellen. Das 1. Halbjahr 2011 übertrifft damit den bisherigen Halbjahreshöchststand aus dem Jahr 2008 (1 168 Straftaten). entstandener Schaden in Millionen Euro 2008 2,94 2009 1,52 2010 1,73 1. Halbjahr 2011 1,11 Auch bei den registrierten Schadenssummen zum Zeitpunkt der Anzeigenerstattung ergibt sich ein ähnliches Bild wie zuvor bei den Fallzahlen. Im 1. Halbjahr 2011 wurden bereits 64,2 % der Schadenssumme des Jahres 2010 erreicht. Dabei betrug im Jahr 2010 die Anzahl der Fälle mit einem Gesamtschaden über 1 000 € nur etwa 23 % der Fälle - die überwiegende Zahl der Fälle des Buntmetalldiebstahls verursacht Schäden bis 1 000 €. Die zuvor dargestellten Zahlen beziehen sich auf Recherchen im Integrierten Vorgangsbearbeitungssystem der Polizei des Landes Sachsen-Anhalt (IVOPOL). Es handelt sich dabei um eine Eingangsstatistik, also den Sachstand zum Zeitpunkt der Anzeigenerstattung. In der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS), die nach Abschluss der polizeilichen Ermittlungen erstellt wird (Ausgangsstatistik), ist kein Straftatenschlüssel für das Deliktphänomen des Diebstahls von Buntmetall und Schrott enthalten . Die Entwicklung der Fallzahlen des Diebstahls von Buntmetallen korrespondiert mit der Entwicklung der Rohstoffpreise für Industriemetalle. Dabei folgen die Fallzahlen mit leichter Verzögerung der Preisentwicklung auf dem Weltmarkt. 3 Frage Nr. 2: Wie entwickelte sich die Aufklärungsquote bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Diebstahl von Buntmetall und Schrott stehen, seit dem Jahr 2005? Da es sich bei den recherchierten Zahlen um eine Eingangsstatistik handelt, sind Angaben zur Aufklärungsquote nicht möglich. Hierzu wäre eine zeit- und personalintensive Analyse der im IVOPOL recherchierten Fälle erforderlich gewesen, die in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht leistbar war. Die überwiegende Zahl der Fälle des Diebstahls von Buntmetallen ereignet sich auf Baustellen und in öffentlichen Einrichtungen und Firmen einschließlich dortiger Lagerplätze . Die Aufklärungsquote der PKS für diese Delikte kann annäherungsweise herangezogen werden. Sie betrug im Jahr 2010 für die Tatörtlichkeit Rohbauten/ Baustelle 15,9 % (2009: 14,1 %) und für die Tatörtlichkeit Dienst-/Büro-/Lagerräume 21,3 % (2009: 23,8 %). Frage Nr. 3: Inwieweit sieht die Landesregierung in der Einführung einer Buchführungspflicht für den gewerblichen An- und Verkauf von Altmetallen ein geeignetes Mittel zur Eindämmung des Diebstahls von Buntmetall und Schrott sowie zur Erhöhung des Entdeckungsrisikos für potentielle Täter? Beabsichtigt die Landesregierung von der Ermächtigung des § 38 Abs. 3 GewO in Bezug auf den gewerblichen An- und Verkauf von Altmetallen Gebrauch zu machen? Wenn ja, bis wann? Aus Sicht der Landesregierung ist die mögliche Einführung einer Buchführungspflicht für den gewerblichen An- und Verkauf von Altmetallen zur Eindämmung des Diebstahls von Buntmetall und Schrott sowie zur Erhöhung des Entdeckungsrisikos für potentielle Täter mit dem damit entstehenden Bürokratieaufwand abzuwägen. Ablehnend einer Buchführungspflicht stehen die Landesregierungen vieler anderer Bundesländer , insbesondere deren Wirtschaftsressorts gegenüber (siehe Länderabfrage in der Anlage 1 initiiert durch die Staatskanzlei Sachsen-Anhalt). Die Innenressorts der Bundesländer sehen in der Wiedereinführung der Buchführungspflicht jedoch ein wichtiges Instrument für eine erfolgreiche polizeiliche Ermittlungstätigkeit , die auch dazu geeignet scheint, bei potenziellen Straftätern zu einer abschreckenden Wirkung zu führen. So beabsichtigt gegenwärtig das Hessische Ministerium des Innern und für Sport, erneut die Einführung einer Buchführungspflicht für den gewerblichen An- und Verkauf von Altmetallen zu initiieren. Hierzu ist ein Antrag bei einer der nächsten Innenministerkonferenzen vorgesehen. In Abhängigkeit der von dort zu erwartenden Ergebnisse tritt Sachsen-Anhalt für eine bundeseinheitliche Lösung ein. 4 Anlage 1 Buchführungspflicht für den Gewerbezweig An- und Verkauf von Altmetallen gemäß § 38 Abs. 3 GewO Länderumfrage (Stand: 28. Juni 2011) Länder Rückmeldung BW (-) Derzeit ist nicht beabsichtigt, eine Buchführungspflicht mit Nämlichkeitsnachweis einzuführen. BY (-) Die Wiedereinführung der Buchführungspflichten wird nicht angestrebt. BE (-) Die Wiedereinführung der Buchführungspflichten wird nicht angestrebt. BB (-) Derzeit ist nicht beabsichtigt, eine Buchführungspflicht einzuführen. HB (-) Die Wiedereinführung der Buchführungspflichten wird nicht angestrebt. HH (-) Derzeit ist nicht beabsichtigt, eine Buchführungspflicht einzuführen. HE (-) Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann eine Unterstützung der Buchführungspflicht nicht in Aussicht gestellt werden. MV Keine Rückmeldung bis zum 28. Juni 2011 NI (-) Die Wiedereinführung der Buchführungspflichten wird nicht angestrebt. NW (-) Die Wiedereinführung der Buchführungspflichten wird nicht angestrebt. RP (+/-) Kein aktueller Handlungsbedarf, ggf. wäre Einführung sinnvoll. SH (-) Die Wiedereinführung der Buchführungspflichten wird derzeit nicht angestrebt. SL (-) Derzeit ist nicht beabsichtigt, eine Buchführungspflicht einzuführen. SN (-) Es ist nicht beabsichtigt, eine Buchführungspflicht einzuführen. TH (+/-) Soweit sich eine große Ländermehrheit abzeichnet, wäre Thüringen geneigt, das Thema erneut aufzugreifen und in eine konkrete Prüfung einer Buchführungspflicht mit den betroffenen Ressorts einzutreten.