Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/2998 08.04.2014 (Ausgegeben am 08.04.2014) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Jan Wagner (DIE LINKE) Berücksichtigung von Radabstellanlagen bei der Errichtung oder Sanierung landeseigener Liegenschaften und Baumaßnahmen Kleine Anfrage - KA 6/8253 Vorbemerkung des Fragestellenden: Die Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt (BauO LSA) verlangt in § 48, dass bei Erwartung von Quell- und Zielverkehr zu Einrichtungen via Fahrrad entsprechende Radabstellanlagen gebaut oder erweitert werden sollen. Außerdem kündigte die Landesregierung eine Evaluierung des Landesradverkehrsplans (LRVP) an (vergleiche Drs. 6/1241). Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr Vorbemerkung: Mit Inkrafttreten der Änderungen der Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt am 1. September 2013 wurde den Gemeinden nunmehr in § 85 BauO LSA die Möglichkeit gegeben, örtliche Bauvorschriften über die „[…] Zahl, Größe und Beschaffenheit der notwendigen Stellplätze sowie Abstellplätze für Fahrräder nach § 48 Abs. 1, die unter Berücksichtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, der Bedürfnisse des ruhenden Verkehrs und der Erschließung durch Einrichtungen des öffentlichen Personennahverkehrs für bauliche Anlagen erforderlich sind, einschließlich des Mehrbedarfs bei Änderungen oder Nutzungsänderungen der baulichen Anlagen. […]“ (§ 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauO LSA) zu erlassen. Somit können die Gemeinden durch eine Satzung im eigenen Wirkungskreis festlegen , ob und ggf. für welche Teile des Gemeindegebietes Abstellplätze für Fahrräder (Radabstellanlagen) bei der Neuerrichtung oder Nutzungsänderung baulicher Anlagen hergestellt werden müssen. Ob die Gemeinde eine solche Satzung erlässt, entscheidet sie im Rahmen ihrer Selbstverwaltungshoheit. 2 1. In welcher Form trägt die Landesregierung dieser Aufforderung bereits Rechnung? Die Errichtung oder Sanierung landeseigener Liegenschaften und Einrichtungen , bei denen Quell- und Zielverkehr via Fahrrad zu erwarten ist, liegen i.d.R. in der Zuständigkeit des Ministeriums für Finanzen (Staatliches Liegenschaftsund Baumanagement). Bei den Hochbaumaßnahmen des Landes werden im Rahmen des Bauantrages von den Ressorts und während der Planung vom Landesbetrieb Bau- und Liegenschaftsmanagement Land Sachsen Anhalt (BLSA) die bedarfsgerechte Anzahl der notwendigen Abstellplätze für Fahrräder sowie die Art der Ausführung definiert. Die Abstellplätze für Fahrräder werden dann im Rahmen der Hochbaumaßnahmen auf dem Grundstück bzw. im Gebäude realisiert. Im Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Wissenschaft und Wirtschaft wird im Zusammenhang mit Baumaßnahmen, insbesondere im Bereich der Hochschulen , die Herstellung von Radverkehrsanlagen berücksichtigt. Die vom Ministerium für Inneres und Sport sowie seinem nachgeordneten Bereich (allgemeine Verwaltung) genutzten Landesliegenschaften verfügen derzeit über einen ausreichenden Bestand an Radabstellanlagen. Der Vorschrift des § 48 BauO LSA wurde somit in der Vergangenheit Rechnung getragen. Sofern bei einzelnen Liegenschaften zukünftig ein wachsender Bedarf für Radabstellanlagen festzustellen ist, wird dies bei anstehenden Baumaßnahmen berücksichtigt . Auch für die Liegenschaften der Landespolizei wird im Rahmen der Großen Neu-, Um- und Erweiterungsbauten (GNUE) durch den Bauherrn die Bauordnung - natürlich auch der § 48 - des Landes Sachsen-Anhalt vollumfänglich berücksichtigt . Die Anzahl der Abstellplätze für Fahrräder orientiert sich dabei grundsätzlich am Bedarf. Außerhalb von Baumaßnahmen wird bestehender Bedarf zur Beschaffung von Radabstellanlagen durch den Nutzer - im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel - umgesetzt. Der Bau straßenbegleitender Radverkehrsanlagen im Zuge von Landesstraßen richtet sich im Wesentlichen nach den Vorschriften  Richtlinie für die Anlage von Stadtstraßen (RASt 06), Ausgabe 2006 und  Empfehlung für Radverkehrsanlagen (ERA), Ausgabe 2010. Beide Vorschriften sind per RdErl. durch das für diesen Bereich zuständige Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr eingeführt und somit bei der Planung und dem Bau entsprechender Radverkehrsanlagen zu beachten. Die RASt 06 verweist bzgl. der Anforderungen an Fahrradabstellanlagen und deren Ausführungsformen unter Kapitel 6.1.7.9 auf die Hinweise zum Fahrradparken der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) und auch die ERA enthält unter Kapitel 0 einen Bezug auf dieses FGSV-Dokument. 3 2. Bei welchen Baumaßnahmen trägt die Landesregierung aus welchen Gründen dieser Aufforderung bislang keine Rechnung? Die Landesregierung beachtet bei der Errichtung oder Sanierung landeseigener Liegenschaften oder Baumaßnahmen generell die gesetzlichen Vorgaben. 3. Inwieweit hält die Landesregierung die Hinweise zum Fahrradparken der „Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e. V.“ (FGSV) aus dem Jahr 2012 als notwendige Grundlage zur Berücksichtigung von Radabstellanlagen bei Hochbaumaßnahmen in Verantwortung des Landes ? Spezifische Anforderungen an die Mindestanzahl, Gestaltung und Konstruktion der Abstellflächen bzw. die Anwendung der Hinweise zum Fahrradparken der FGSV können die Gemeinden eigenverantwortlich im Rahmen der Aufstellung einer Gemeindesatzung gemäß § 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauO LSA regeln. Bestehen spezifische Anforderungen in der Satzung der Gemeinde, auf deren Hoheitsgebiet sich die landeseigene Liegenschaft befindet, werden diese bei der Abwicklung von Hochbaumaßnahmen in der Verantwortung des Landes selbstverständlich umgesetzt. Mit Bezug auf die Antworten zu den Fragen 1 und 4 sieht die Landesregierung keine Veranlassung und vor dem Hintergrund der Selbstverwaltungshoheit der Gemeinden keine Handhabe die Hinweise zum Fahrradparken der FGSV als verbindliche Grundlage zur Berücksichtigung von Fahrradabstellanlagen bei Hochbaumaßnahmen in Verantwortung des Landes vorzugeben. 4. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, die Hinweise zum Fahr- radparken der FGSV verbindlich bei der Bewilligung von Fördermitteln für die Schulbaumodernisierung, die Städtebauförderung, den Sportstättenbau sowie sonstiger Förderungen von Hochbaumaßnahmen anzuwenden ? Fahrradstellplätze für Schulen sind im Rahmen von Schulbauvorhaben grundsätzlich förderfähig. Verbindliche Vorgaben an Antragsteller / Zuwendungsempfänger , die Hinweise zum Fahrradparken der FGSV einzuhalten, sind im Bereich der Schulbauförderung derzeit nicht vorgesehen. Da es sich bei der Fragestellung ausschließlich um Belange landeseigener Liegenschaften und Baumaßnahmen handelt, kommt eine finanzielle Unterstützung zulasten der Städtebauförderung nicht in Betracht, als es sich um Zuwendungen gem. § 23 LHO handelt, insofern um Leistungen an Stellen außerhalb der Landesverwaltung zur Erfüllung bestimmter Zwecke. Landeseigene Liegenschaften bzw. Baumaßnahmen werden nicht gefördert. Die verbindliche Vorgabe der Hinweise zum Fahrradparken der FGSV für landeseigene Liegenschaften als Fördervoraussetzung im Rahmen der Städtebauförderung ist daher entbehrlich. 4 Die Anwendung der Hinweise zum Fahrradparken der FGSV im Bereich des Sportstättenbaus wird begrüßt, weil damit eine Erhöhung der Fahrradnutzung erreicht werden kann. Eine verbindliche Anwendung bei der Bewilligung von Fördermitteln für den Sportstättenbau ist nicht vorgesehen. Der jeweilige Antragsteller muss auf Basis der geplanten Nutzung der Sportstätte darstellen, in welchem Maße und in welcher Qualität, Fahrradstellplätze zur Verfügung gestellt werden sollen. Im Zuständigkeitsbereich des Finanzministeriums wird das Förderprogramm STARK III für die Förderung der energetischen Sanierung von Kindertageseinrichtungen und Schulen betrieben. Innerhalb der aktuellen Förderperiode wird kein Projekt gefördert, das sich auf einer landeseigenen Liegenschaft befindet. Sonstige Förderprogramme für Hochbaumaßnahmen in Verantwortung des Landes bestehen dort nicht. Die Fragen 5 und 6 werden wegen des Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet . 5. Welche Erkenntnisse der sog. kurzfristigen Evaluierungsphase des Lan- desradverkehrsplans (LRVP), welcher nach diesem Plan 2012 abgeschlossen werden sollte, konnten in bisherigen Planungen zur Schaffung und zum Ausbau von Radabstellanlagen Einfluss finden? 6. Wann liegen erste Ergebnisse der Evaluierung des LRVPs vor? Der Evaluationsbericht liegt mit Stand Dezember 2013 abschließend vor und wurde vom Kabinett am 18. Februar 2014 zur Kenntnis genommen. Derzeit erfolgt die Einstellung der Ergebnisse in den Internetauftritt des MLV. Im Zuge der Evaluation sind neben der Einbindung aller Ressorts der Landesregierung öffentlichkeitswirksame Termine sowie eine umfassende Befragung der Landkreise und kreisfreien Städte, zur Umsetzung des LRVPs in deren Wirkungsbereich , durchgeführt worden. Im Zuge dieser Einbeziehung Dritter in die Evaluation des LRVPs wurden auch Radabstellanlagen thematisiert. Im Rahmen der anschließenden Wertung und der in der interministeriellen Arbeitsgruppe Radverkehr (IMAG Radverkehr) erfolgten Wichtung der vielzählig vorgetragenen Anregungen, Hinweise und Forderungen, wurde die Thematik der Radabstellanlagen als wesentlich für die Radverkehrsförderung eingestuft. Vor diesem Hintergrund enthält der Evaluationsbericht eine Empfehlung zur Prüfung, ob Bedarf hinsichtlich einer Konkretisierung der in der Landesbauordnung gemachten Vorgaben zu Fahrradabstellanlagen bzw. ob die Möglichkeit der Erarbeitung spezieller Regelungen in der zugehörigen Verwaltungsvorschrift besteht. Weiterhin ist die Thematik der Radabstellanlagen in der Empfehlung zur Gründung einer Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen (AGFK) mit Bezug auf die Zuständigkeit der Gemeinden als ein Befassungsthema dieser AGFK beispielhaft aufgegriffen worden.