Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/3023 23.04.2014 (Ausgegeben am 24.04.2014) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Rüdiger Erben (SPD) Sicherheit bei Großveranstaltungen Kleine Anfrage - KA 6/8277 Vorbemerkung des Fragestellenden: Durch die jüngste Änderung der Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt (BauO LSA) unterfallen Versammlungsstätten im Freien mit Szeneflächen nur noch dann den bisherigen Vorschriften als Sonderbauten, wenn diese mit Tribünen, die keine fliegenden Bauten sind und insgesamt mehr als 1.000 Besucher fassen, ausgestattet sind. Damit werden für die Public-Viewing-Veranstaltung während der FußballWeltmeisterschaft 2014, die außerhalb von Stadien, Arenen oder Freilufttheatern mit „festen“ Tribünen stattfinden, keine der bislang geltenden baurechtlichen, technischen und betrieblichen Sicherheitsbestimmungen zum Schutz der Besucher mehr unmittelbar Anwendung finden. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr 1. Teilt die Landesregierung die oben beschriebene Rechtsauffassung des Fragestellers, wonach für die Public-Viewing-Veranstaltungen während der Fußball-Weltmeisterschaft 2014, die außerhalb von Stadien, Arenen oder Freilufttheatern mit „festen“ Tribünen stattfinden, keine der bislang geltenden baurechtlichen, technischen und betrieblichen Sicherheitsbestimmungen zum Schutz der Besucher mehr unmittelbar Anwendung finden ? Die Landesregierung teilt die Rechtsauffassung nicht. Die Vorschriften der Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt (BauO LSA) galten außerhalb von genehmigten Versammlungsstätten mit „festen“ Tribünen zu keinem Zeitpunkt. Nach § 2 Abs. 4 Nr. 7 b) BauO LSA fallen Versammlungsstätten im Freien mit Szenenflächen dann als Sonderbauten unter den Anwendungsbereich der Bauordnung , wenn sie mit Tribünen, die keine Fliegenden Bauten sind und insge- 2 samt mehr als 1.000 Besucher fassen, ausgestattet sind. Aufgrund dieser seit dem 01.09.2013 geltenden gesetzlichen Klarstellung, die insoweit die von der Bauministerkonferenz beschlossenen Musterbauordnung umsetzt, führt ein aus Fliegenden Bauten bestehender Besucherbereich nicht zur Versammlungsstätte und insbesondere nicht zur Sonderbaueigenschaft. Notwendiges Merkmal einer Versammlungsstätte ist eine dauerhafte Zweckbestimmung für die in § 2 Abs. 1 Versammlungsstättenverordnung genannten Nutzungen. Dies ist bei einer bloßen vereinzelt oder gar einmalig durchgeführten Veranstaltung nicht gegeben , so dass keine Versammlungsstätte im Sinne des Bauordnungsrechts vorliegt. Die Regelung des § 2 Abs. 4 Nr. 7 b) BauO LSA hat deshalb auch vor seiner Novellierung insoweit keine Anwendung gefunden. Hinsichtlich der Fliegenden Bauten gilt unverändert die Regelung des § 75 BauO LSA. Im Übrigen sieht bereits der 2012 herausgegebene Leitfaden für die kommunale Praxis „Sicherheitskonzepte für Großveranstaltungen“ (http://www.mi.sachsen-anhalt.de/sicher-heit-und-ordnung/katastrophenschutz /sicherheitskonzepte-fuer-grossveranstaltungen-leitfaden/) vor, dass in die Vorbereitung von Großveranstaltungen auch die untere Bauaufsichtsbehörde einbezogen werden kann. Für Fragen der Fliegenden Bauten ist die Bauaufsichtsbehörde unverändert zuständig. 2. Aufgrund welcher Rechtsvorschriften können die zuständigen Behörden Maßnahmen zum Schutz der Besucher auf Public-Viewing-Veranstaltungen während der Fußball-Weltmeisterschaft 2014, die außerhalb von Stadien, Arenen oder Freilufttheatern mit „festen“ Tribünen stattfinden , ergreifen? Die Vorschriften des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (SOG LSA) finden bei der Erfüllung der Aufgaben der Gefahrenabwehr Anwendung . Vorschriften des Bundes- oder Landesrechts, in denen die Gefahrenabwehr besonders geregelt ist, gehen dem SOG LSA vor. Soweit die besonderen Rechtsvorschriften keine abschließenden Regelungen enthalten, ist das SOG LSA anzuwenden (vgl. § 4 Abs. 1 SOG LSA). Die Durchführung der in Rede stehenden Public-Viewing-Veranstaltungen ist in der Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt weder besonders noch abschließend geregelt. Damit ist hinsichtlich der Abwehr der von diesen Veranstaltungen ausgehenden Gefahren grundsätzlich der Anwendungsbereich des SOG LSA eröffnet. Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen können auf der Grundlage der Befugnisgeneralklausel des SOG LSA zum Schutz der Besucher die erforderlichen Maßnahmen, ggf. die Erstellung eines Sicherheitskonzepts, angeordnet werden . Zum Inhalt eines Sicherheitskonzepts wird auf Anlage 3 des Leitfadens für die kommunale Praxis „Sicherheitskonzepte für Großveranstaltungen“ verwiesen . Darüber hinaus können Maßnahmen zum Schutz der Besucher auch auf Rechtsvorschriften, in denen die Gefahrenabwehr besonders geregelt ist, gestützt werden. 3 3. Welche Behörde ist zuständig für die Anordnung von Maßnahmen zum Schutz der Besucher auf Public-Viewing-Veranstaltungen während der Fußball-Weltmeisterschaft 2014, die außerhalb von Stadien, Arenen oder Freilufttheatern mit „festen“ Tribünen stattfinden, wenn die bauaufsichtliche Zuständigkeit und Zuständigkeit als allgemeine Sicherheitsbehörde auseinanderfallen? Die Sicherheitsbehörden haben im Rahmen der ihnen jeweils übertragenen Aufgaben zu handeln. Die Zuständigkeiten ändern sich hinsichtlich der Durchführung von Großveranstaltungen nicht. So obliegt bspw. der Bauaufsichtsbehörde weiterhin die Überwachung der Einhaltung der an Fliegende Bauten zu stellenden bauordnungsrechtlichen Anforderungen. Maßnahmen, die die Beteiligung mehrerer Sicherheitsbehörden (Gemeinden, Verbandsgemeinden, Landkreise, besondere Sicherheitsbehörden) erfordern, sind, soweit eine Abstimmung durch das Landesverwaltungsamt nicht notwendig erscheint, grundsätzlich durch den Landrat - bei Beteiligung einer kreisfreien Stadt, unter gleichberechtigter Mitwirkung des Oberbürgermeisters - zu koordinieren (vgl. Ausführungsbestimmungen zum SOG LSA zu § 1; MBl. LSA 1994, S. 13, zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 07.09.2001 MBl. LSA 2001, S. 893).