Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/3069 09.05.2014 (Ausgegeben am 13.05.2014) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Dagmar Zoschke (DIE LINKE) Barrierefreie Zugänglichkeit der Wahllokale in Sachsen-Anhalt Kleine Anfrage - KA 6/8296 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport 1. Wie viele Wahllokale sind nach Kenntnis der Landesregierung zur Bundestagswahl im September 2013 eingerichtet worden und wie viele waren für mobilitätseingeschränkte Bürgerinnen und Bürger barrierefrei zugänglich? In Sachsen-Anhalt waren zur Bundestagswahl am 22. September 2013 insgesamt 2 316 Wahllokale eingerichtet. Die Anzahl der für mobilitätseingeschränkte Bürgerinnen und Bürger barrierefrei zugänglichen Wahllokale ist der Landesregierung grundsätzlich nicht bekannt. Nach Angaben der Kreiswahlleiter für die Bundestagswahl gegenüber dem Landeswahlleiter des Landes Sachsen-Anhalt waren 1 032 Wahllokale , also fast 45 % der landesweit eingerichteten Wahllokale, barrierefrei. 2. Mit welchen Maßnahmen (Informationen, Investitionshilfen oder Sonstiges) hat die Landesregierung sichergestellt bzw. wird die Landesregierung sicherstellen , dass zur Europa- und Kommunalwahl im Mai 2014 alle wahlberechtigten Menschen mit Behinderungen in Sachsen-Anhalt ihr Wahlrecht möglichst ohne fremde Hilfe am Wahltag wahrnehmen können? Die Landesregierung hat im Rahmen der vom Landeswahlleiter nach dem Europawahlgesetz und der Europawahlordnung durchzuführenden Europawahl keine Zuständigkeiten . Bei den Wahlen zu den kommunalen Vertretungen nimmt der Landeswahlleiter zentrale Wahlaufgaben gemäß § 14 Kommunalwahlgesetz des Landes Sachsen-Anhalt wahr; das für Wahlen zuständige Ministerium für Inneres und Sport ist als Verordnungsgeber und als oberste Kommunalaufsichtsbehörde zuständig. Die Beantwortung der Fragen 2 bis 4 erfolgt daher im Einvernehmen mit dem Landeswahlleiter des Landes Sachsen-Anhalt. 2 Die Gemeinden sind gemäß § 39 Europawahlordnung für die Europawahl, der Bürgermeister ist gemäß § 16 Kommunalwahlgesetz, § 13 Kommunalwahlordnung für das Land Sachsen-Anhalt für die Auswahl von Wahlräumen für die Kommunalwahlen zuständig. Soweit möglich, sollen Wahlräume in Gemeindegebäuden zur Verfügung gestellt und nach den örtlichen Verhältnissen so ausgewählt und eingerichtet werden , dass allen Wahlberechtigten, insbesondere behinderten und anderen Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung, die Teilnahme an der Wahl möglichst erleichtert wird. Die Gemeindebehörden teilen frühzeitig und in geeigneter Weise mit, welche Wahlräume barrierefrei sind. Vorgaben für die von den Gemeinden zu versendenden Wahlbenachrichtigungen enthalten zum Beispiel § 18 Absatz 1 Europawahlordnung sowie die Musterwahlbenachrichtigung für die Europawahl in Anlage 3 zur Europawahlordnung . Danach ist für jeden Wahlraum anzugeben, ob er barrierefrei oder nicht barrierefrei ist. Darüber hinaus müssen in der Wahlbenachrichtigung die Telefonnummern , unter der die Wahlberechtigten Auskünfte zu barrierefreien Wahlräumen und zu Hilfsmitteln für Blinde und Sehbehinderte erhalten, angegeben werden. Damit können alle wahlberechtigten Menschen mit Behinderungen selbst entscheiden , ob sie ein behindertengerechtes Wahllokal aufsuchen (gegebenenfalls mit einem Wahlschein) oder per Briefwahl an der Europawahl teilnehmen. Blinde oder sehbehinderte Wählerinnen und Wähler, die sich bei der Stimmabgabe nicht der Hilfe einer anderen Person bedienen wollen, können sich bei der Europawahl zur Kennzeichnung des Stimmzettels auch einer Stimmzettelschablone (Wahlschablone ) bedienen (§ 50 Absatz 4 Europawahlordnung); bei den Wahlen zu den kommunalen Vertretungen ist der Einsatz dieses Hilfsmittels nicht möglich. Die Stimmzettel, die für die Europawahl vom Landeswahlleiter zu beschaffen sind, sollen den vom Bundeswahlleiter empfohlenen Standardmaßen entsprechen, damit bundesweit einheitliche Stimmzettelschablonen hergestellt werden können. Die Stimmzettel sollen daher durch ein eingestanztes Loch am oberen rechten Rand landesweit identisch gekennzeichnet werden, um blinden und sehbehinderten Wählerinnen und Wählern das selbstbestimmte und passgenaue Einlegen des Stimmzettels in eine Wahlschablone zu ermöglichen und den Stimmzettel unbeobachtet und ohne Hilfe einer anderen Person auszufüllen. Wahlschablonen werden vom Blinden- und Sehbehinderten -Verband Sachsen-Anhalt e. V. verteilt und können dort kostenfrei angefordert werden. Die Herstellung und die Verteilung der Stimmzettelschablonen werden vom Bund finanziert. Das Kompetenzzentrum für Barrierefreiheit in Sachsen-Anhalt wird - wie bereits zur Bundestagswahl 2013 - eine Fragebogenaktion zur Barrierefreiheit der Europawahl 2014 durchführen. Der Fragebogen ist auf der Internetseite des Kompetenzzentrums (www.kb-sa.de) eingestellt und kann dort abgefordert oder im Internet ausgefüllt werden. In einer gemeinsamen Pressekonferenz des Landeswahlleiters mit dem Blinden- und Sehbehinderten-Verband Sachsen-Anhalt e. V. und dem Kompetenzzentrum werden der Öffentlichkeit am 6. Mai 2014 die Wahlschablonen und der Fragebogen zur Barrierefreiheit für die Europawahl vorgestellt. Darüber hinaus werden Hinweise für Wählerinnen und Wähler mit Mobilitätseinschränkungen, Sinnesbehinderung und kognitiven Einschränkungen gegeben. 3. Welche Maßnahmen waren oder sind darüber hinaus aus Sicht der Landesregierung gemeinsam mit den Kommunen zu ergreifen, damit bis zur Europa- 3 und Kommunalwahl im Mai 2014 die Wahllokale barrierefrei (sowohl für mobilitäts - als auch für sinnesbehinderte Bürgerinnen und Bürger) nutzbar sind? Die Wahllokale für eine Europawahl und für Kommunalwahlen müssen im Regelfall nur alle fünf Jahre bereitgestellt werden. Dazu werden Räume in Gebäuden genutzt, die ansonsten eine andere Zweckbestimmung haben (zum Beispiel Schulen, Rathäuser ). Die Gemeinden sind grundsätzlich bemüht - auch in Abstimmung mit den Behindertenbeauftragten vor Ort – barrierefreie Wahlräume zur Verfügung zu stellen. Die Durchführung von Baumaßnahmen einschließlich der Maßnahmen zur Verbesserung des barrierefreien Zugangs in Gemeindegebäuden kann durch die Gemeinden aber nur im Rahmen der zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel erfolgen. Aufgrund dieser finanziellen Grenzen wird die Schaffung der Barrierefreiheit, insbesondere in Altbauten, auch weiterhin nur schrittweise und über einen längeren Zeitraum, keinesfalls aber bis zu den am 25. Mai 2014 stattfindenden Wahlen umzusetzen sein. Die Landesregierung wirkt im Rahmen ihrer Zuständigkeit darauf hin, dass sich der Anteil barrierefreier Wahllokale schrittweise erhöht. Das Kriterium der Barrierefreiheit wurde in der Bauordnung und im Behindertengleichstellungsgesetz des Landes verankert. Dieser Rechtsrahmen gilt für die Herstellung der Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr sowie für die Bereitstellung von barrierefreien Wahlräumen . In Vorbereitung der Europawahl und der Kommunalwahlen 2014 erfolgte eine Sensibilisierung der Kommunen sowohl im Hinblick auf die Auswahl barrierefreier Wahlräume als auch zum möglichen Einsatz von Wahlschablonen. Hinweise hierzu wurden im Gemeinsamen Runderlass des Landeswahlleiters und des Ministeriums für Inneres und Sport vom 11. März 2014 zur Vorbereitung und Durchführung der Europawahl und Kommunalwahlen am 25. Mai 2014 gegeben, der auf der Internetseite des Landeswahlleiters (www.wahlen.sachsen-anhalt.de) eingestellt ist. Im Übrigen wird auf die Fragebogenaktion des Kompetenzzentrums für Barrierefreiheit in Sachsen -Anhalt verwiesen (vgl. Frage 2). 4. Welche Pläne weiteren Schritte zum Abbau von Barrieren hat sich die Landesregierung für die Landtagswahl 2016 erarbeitet bzw. gesetzt? Die Landesregierung wird entsprechend der Zielformulierung im Landesaktionsplan Sachsen-Anhalt zur Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vorgehen (Beschluss der Landesregierung vom 15. Januar 2013). Danach wird der Landeswahlleiter den Kommunen als Wahlbehörden einen aktualisierten Runderlass zur Vorbereitung und Durchführung der Landtagswahl 2016 zur Verfügung stellen. Vor der Landtagswahl 2016 wird die Landesregierung prüfen, inwieweit das Wahlrecht im Land gewährleistet, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt ihr aktives und passives Wahlrecht ausüben können. Neben den Maßnahmen zur Sicherstellung des aktiven Wahlrechts arbeitet sie daran, barrierefrei zugängliche Informationen bereitzustellen, die Menschen mit Behinderungen über ihr passives Wahlrecht aufklären und sie bei der Wahrnehmung dieses Rechts unterstützen. Der Landeswahlleiter wird die langjährige Zusammenarbeit mit dem Blinden- und Sehbehinderten-Verband Sachsen-Anhalt e. V. sowie die anlässlich der Bundestagswahl 2013 begonnene Zusammenarbeit mit dem Kompetenzzentrum für Barrierefreiheit in Sachsen-Anhalt weiter fortsetzen.