Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/312 22.08.2011 (Ausgegeben am 23.08.2011) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Dietmar Weihrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Giftmüllrazzia bei der S.D.R. Biotec Verfahrenstechnik GmbH Kleine Anfrage - KA 6/7099 Vorbemerkung der Fragestellenden: Das Landeskriminalamt Sachsen hat am 10. März 2011 Durchsuchungen auf dem Gelände der Firma S.D.R. Biotec Verfahrenstechnik GmbH durchgeführt. Laut Medieninformation des Landeskriminalamtes Sachsen und der Staatsanwaltschaft Leipzig wird seit Februar 2010 wegen des Verdachts des unerlaubten Betreibens von Anlagen gemäß § 327 Abs. 2 StGB gegen die Geschäftsführer der Firma ermittelt. Nach den Ermittlungen wurden Durchsuchungsbeschlüsse vom Amtsgericht Leipzig wegen des unerlaubten Betreibens von Anlagen vollstreckt. Dabei wurden die Firma in Pohritzsch sowie mehrere Deponien und Verwertungsanlagen in Sachsen, SachsenAnhalt und Thüringen durchsucht. In der Abfallimmobilisierungsanlage der Firma werden Filterstäube aus Müllverbrennungsanlagen, Schlämme aus der Metallverarbeitung und andere gefährliche Abfälle gelagert. Die Firma steht im Verdacht, gefährliche Abfälle unvollständig bzw. gar nicht stabilisiert und falsch deklariert auf Deponien verbracht zu haben. Zum 1. April verlor die S.D.R. Biotec ihre Betriebsgenehmigung . Im Zusammenhang mit diesem Ermittlungsverfahren hat das Landesverwaltungsamt eine Anzeige wegen illegalen Abfallablagerungen gegen die landeseigene MDSE gestellt. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt 1. Welche Deponien in Sachsen-Anhalt wurden von der Firma S.D.R. Biotec beliefert? Aus der Anlage der S.D.R. Biotec Verfahrenstechnik GmbH sind die Deponien Freiheit III, Griebo und Grube Greppin mit Abfällen zur Verwertung angeliefert worden. 2 2. Wann sind die Lieferungen erfolgt und wird noch weiterhin Immobilisat von der Firma S.D.R. Biotec Verfahrenstechnik GmbH nach Sachsen-Anhalt geliefert ? Die Anlieferungen erfolgten - zur Deponie Freiheit III in den Jahren 2005 bis 2009, - zur Deponie Griebo in den Jahren 2005 bis 2009 und - zur Deponie Grube Greppin in den Jahren 2009 und 2010. Seit der Bekanntgabe des die Annahme von aus der Anlage der Firma S.D.R. Biotec Verfahrenstechnik GmbH stammenden Abfällen des AS 190203 (bedingt) untersagenden Bescheides des Landesverwaltungsamtes vom 29. November 2010 (vgl. Antwort zu Frage 4) sind keine solchen Abfälle mehr angeliefert worden. 3. Welche Abfälle wurden auf den Deponien abgelagert? Bitte nach Abfall- schlüsselnummern aufgliedern. Es sind Abfallarten des - AS 19 02 03 (vorgemischte Abfälle, die ausschließlich aus nicht gefährlichen Ab- fällen bestehen), - AS 19 03 05 (stabilisierte Abfälle mit Ausnahme derjenigen, die unter 19 03 04 fallen) und des - AS 19 03 07 (verfestigte Abfälle mit Ausnahme derjenigen, die unter 19 03 06 fal- len) verbracht worden. 4. Gab es bereits im Vorfeld der Razzia infolge Kontrollen der Landesbehörden Anhaltspunkte für Gesetzesverstöße? Wenn ja, ab wann? Im Rahmen von stichprobenhaften Auswertungen der durch die MDSE mbH geführten Nachweise zu Entsorgungen verschiedener Abfälle auf verschiedenen Deponien in den Jahren 2008 und 2009 sind eine Reihe von Einzelmängeln festgestellt worden . Darauf hin erfolgten eine vertiefte Überprüfung der Einhaltung der Vorgaben der in 2009 aktualisierten Deponieverordnung und eine Intensivierung der Überwachung der Deponien. Angesichts der so festgestellten Überschreitungen von Zuordnungswerten für verschiedene Parameter bei Lieferungen von Abfällen des AS 19 02 03 (vorgemischte Abfälle, die ausschließlich aus nicht gefährlichen Abfällen bestehen) der Firma S.D.R. Biotec Verfahrenstechnik GmbH, insbesondere aber des Parameters Blei, ist unter dem 29. November 2010 der Bescheid zur (bedingten) Untersagung der Verwertung dieser Abfälle ergangen. Dies bedeutet, dass die MDSE angewiesen wurde, Abfälle der Firma S.D.R. Biotec Verfahrenstechnik GmbH nicht mehr anzunehmen, sofern nicht durch eigene, jeweils angeordnete Untersuchungen des gerade angelieferten Abfalls eine Übereinstim- 3 mung der angelieferten mit den grundlegend charakterisierten Abfällen sowohl hinsichtlich der genutzten Abfallschlüssel als auch der Zuordnungskriterien nachgewiesen wurde. 5. Welche Gründe haben das Landesverwaltungsamt dazu bewogen, ein Ord- nungswidrigkeitsverfahren gegen die MDSE zu stellen und die Staatsanwaltschaft über den Verdacht der illegalen Abfallentsorgung zu informieren ? In wie vielen Fällen wurden fehlerhafte Deklarationen und Überschreitungen von Zuordnungskriterien festgestellt? In Auswertung der im Zusammenhang mit der Verwertung der betreffenden Abfälle festgestellten Sachverhalte wurde ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eröffnet. Gemäß § 41 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten war das Verfahren wegen des dabei entstehenden Verdachtes auf insbesondere unerlaubten Umgang mit gefährlichen Abfällen gemäß § 326 Abs. 1 Nr. 4 StGB an die Staatsanwaltschaft abzugeben . Im Jahre 2010 sind im Ergebnis jeder der vier stichprobenartigen behördlichen Probenahmen zu den oben genannten aus der Anlage der Firma S.D.R. Biotec Verfahrenstechnik GmbH stammenden Abfällen fehlerhafte Deklarationen und Überschreitungen von Zuordnungswerten festgestellt worden. 6. Wie bewertet die Landesregierung die Verwicklung der landeseigenen MDSE in Ermittlungen über die illegale Entsorgung von Abfällen? Die Abgabe eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens gegen die MDSE Mitteldeutsche Sanierungs- und Entsorgungsgesellschaft mbH an die Staatsanwaltschaft durch die obere Abfallbehörde im Zusammenhang mit der Annahme von Abfällen der S.D.R. Biotec Verfahrenstechnik GmbH erfolgte vorsorglich im Hinblick auf § 41 OWiG. Eine Verwicklung in möglicherweise illegale Handlungen der S.D.R. Biotec Verfahrenstechnik GmbH kann die Landesregierung nicht erkennen. 7. Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung aus den Vorfällen um die S.D.R. Biotec und die Verwicklung der MDSE? Bei einer von der MDSE zwischenzeitlich in Eigenverantwortung durchgeführten ersten Untersuchung kommt der Gutachter zum Ergebnis, dass nach seiner Beurteilung keine schädlichen Umweltauswirkungen von den S.D.R.-Abfällen ausgehen. Im Rahmen ihrer Verantwortung hat die Landesregierung die MDSE Mitteldeutsche Sanierungs- und Entsorgungsgesellschaft mbH dennoch aufgefordert, für die in Rede stehenden Deponien der MDSE bzgl. der eingebauten Abfälle der S.D.R. Biotec Verfahrenstechnik GmbH in Abstimmung mit der oberen Abfallbehörde Gefährdungsabschätzungen im Sinne des § 12 Abs. 5 Deponieverordnung vorzunehmen. Die bei der MDSE erforderlichen Maßnahmen werden durch entsprechende Gesellschafterbeschlüsse flankiert. Die zuständigen Behörden setzen die Vorgaben der Landesregierung durch konsequenten Vollzug um.