Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/3121 22.05.2014 (Ausgegeben am 22.05.2014) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Cornelia Lüddemann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Kostenübernahme Gebärdensprachdolmetscher Kleine Anfrage - KA 6/8297 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Arbeit und Soziales Vorbemerkung: Über die dargestellten Daten hinaus liegen der Landesregierung keine weiteren Informationen vor. Genauere Daten wären nur über eine Abfrage in den einzelnen Landkreisen und kreisfreien Städten zu ermitteln, was in dem zur Verfügung stehenden Beantwortungszeitraum nicht realisierbar ist. Eine Auskunftspflicht der Kommunen besteht insoweit nicht. 1. Wie viele Anträge auf Übernahme der Kosten für die Leistungserbringung von Gebärdensprachdolmetscher/innen wurden in Sachsen-Anhalt gestellt ? Bitte für die Jahre 2008 bis 2013 angeben, differenziert nach Landkreisen und kreisfreien Städten sowie dem Anlass der Dolmetscher/innenleistung . Eine Erhebung der Anzahl der Anträge erfolgt nicht. Eine Darstellung der bewilligten Anträge und der jeweiligen Anlässe der Dolmetscher/innenleistung differenziert nach Landkreisen und kreisfreien Städten kann aus Gründen des Datenschutzes nicht erfolgen, da wegen der geringen Fallzahlen für einige Landkreise bzw. kreisfreie Städte Rückschlüsse auf die Antragsteller/innen möglich wären. Insgesamt wurden von Landkreisen und kreisfreien Städte für die Jahre 2010 bis einschließlich Juli 2013 folgende Fallzahlen für bewilligte Anträge angegeben : 2 2010 2011 2012 2013 Sachsen-Anhalt 9 24 28 10 Die „Landesarbeitsgemeinschaft der Gebärdensprachdolmetscher“ Halle und die „Beratungsstelle für Hörbehinderte e. V.“ Magdeburg haben folgende Fallzahlen für den kostenverursachenden Einsatz von Gebärdensprachdolmetscher /innen und Kommunikationsassistent/innen gemeldet: 2010 2011 2012 2013 Landesarbeitsgemeinschaft d. Gebärdensprachdolmetscher Halle 391 386 400 220 Beratungsstelle für Hörbehinderte e. V. Magdeburg 136 82 84 31 1.1 Wie viele dieser Anträge wurden abgelehnt? 1.2 Wie viele Widersprüche gegen Ablehnungen wurden eingereicht? 1.3 Wie viele dieser Widersprüche waren erfolgreich? Zu den Fragen 1.1 bis 1.3 liegen keine Daten vor. 1.4 Wie hoch waren die Gesamtkosten, die pro Jahr seit 2008 übernommen wurden? Bitte differenziert nach Landkreis/kreisfreie Stadt und für Sachsen -Anhalt insgesamt angeben. Dazu liegen der Landesregierung für die kommunale Ebene folgende Daten für den Zeitraum 2010 bis Juli 2013 vor: 2010 2011 2012 2013 Dessau-Roßlau k.A. k.A. k.A. k.A. Halle k.A. k.A. k.A. k.A. Magdeburg k.A. 464,10 € k.A. 272,83 € Altmarkkreis Salzwedel k.A. k.A. k.A. 230,90 € Anhalt-Bitterfeld 1.607,36 € 1.727,97 € 3.414,26 € 280,05 € Börde 0 € 0 € 294,07 € 124,95 € Burgenlandkreis k.A. k.A. k.A. k.A. Harz 1.080,86 € 2.130,98 € 2.769,35 € 575,41 € Jerichower Land k.A. k.A. k.A. k.A. Mansfeld-Südharz k.A. k.A. k.A. k.A. Saalekreis k.A. k.A. k.A. k.A. Salzlandkreis k.A. k.A. 124,95 € 0 € Stendal 0 € 209,08 € 142,95 € 115,45 € Wittenberg 0 € 970,37 € k.A. 0 € 3 Das Landesverwaltungsamt hat im Rechtskreis des SGB IX Gebärdendolmetscherleistungen in folgender Höhe aus dem Landeshaushalt gezahlt: 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Sachsen-Anhalt gesamt 641,78 € 2.367,19 € 2.456,44 € 1.298,06 € 2.358,75 € 969,86 € Dessau-Roßlau 70,70 € Halle 84,37 € 1.057,66 € 400,80 € 195,35 € 335,35 € 801,71 € Magdeburg 272,51 € 614,15 € 490,21€ 218,45 € 285,06 € Altmarkkreis Salzwedel 199,20 € Anhalt-Bitterfeld Börde 305,35 € 361,74 € Burgenlandkreis Harz 210,50 € 109,10 € 377,35 € Jerichower Land Mansfeld-Südharz 232,76 € 280,48 € Saalekreis 168,15 € Salzlandkreis 214,20 € Stendal 293,34 € Wittenberg 263,42 € 1.061,59 € 189,33 € 999,25 € 1.5 In welchem Einzelplan und unter welchem Haushaltstitel sind die Kosten im Landeshaushalt 2014 eingestellt? Die in der Antwort zu Frage Nr. 1.4 aufgeführten Zahlungen wurden bzw. werden aus dem Landeshaushalt Kapitel 03 10 Titel 526 02 - Sachverständige - erstattet , soweit es sich um das Land betreffende Kosten handelt. Kosten, die den Kommunen entstanden sind, werden in den jeweiligen kommunalen Haushalten verbucht. Die Gebärdensprachdolmetschervermittlungsstelle in Magdeburg und die Landesdolmetscherzentrale für Hörgeschädigte in Halle erhalten jährliche Förderungen in Form von Zuwendungsbescheiden durch das Land Sachsen-Anhalt. Gegenstand der Förderung ist die Finanzierung von Honorar- und Fahrtkosten für Gebärdensprachdolmetscherleistungen, die im Einzelfall in Verbindung mit der Tätigkeit der Beratungsstellen zusätzlich zu den Tätigkeiten der dort eingesetzten Fachkräfte anfallen (Dolmetschertopf). Die Mittel für den Dolmetschertopf sind im Landeshaushalt Kapitel 05 09 Titel 684 02 eingestellt. 4 2. Auf welchen rechtlichen Grundlagen (Verordnungen, Erlassen, internen Dienstanweisungen) basieren die Entscheidungen zu den Anträgen auf Kostenübernahme? Hör- und sprachbehinderte Menschen haben bereits aufgrund zahlreicher Vorschriften in den Sozialgesetzbüchern das Recht auf Verständigung in Gebärdensprache . Hat ein/e hörbehinderte/r Leistungsberechtigte/r Anspruch auf Leistungen nach § 97 Abs. 3 SGB XII i. V. m. § 3 des Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (AG SGB XII), so sind die Kosten eines /r Gebärdensprachdolmetschers/in, der im Zusammenhang mit der Gewährung der Leistung erforderlich ist, vom überörtlichen Träger der Sozialhilfe zu übernehmen. Der Umfang des Anspruchs bestimmt sich dabei gemäß § 2 Abs. 1 Behindertengleichstellungsverordnung des Landes Sachsen-Anhalt (BGGVO LSA) insbesondere nach dem individuellen Bedarf der/s Berechtigten. Hörbehinderte Menschen haben gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB X im Sozialverwaltungsverfahren und bei der Ausführung von Sozialleistungen nach § 17 Abs. 2 SGB I, insbesondere auch bei ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen , das Recht, Gebärdensprache zu verwenden. Die durch die Verwendung der Gebärdensprache und anderer Kommunikationshilfen entstehenden Kosten sind von der Behörde oder dem für die Sozialleistung zuständigen Leistungsträger zu tragen. Bedürfen hörbehinderte Menschen oder behinderte Menschen mit besonders starker Beeinträchtigung der Sprachfähigkeit aufgrund ihrer Behinderung zur Verständigung mit der Umwelt aus besonderem Anlass der Hilfe anderer, werden ihnen nach § 57 SGB IX die erforderlichen Hilfen zur Verfügung gestellt oder angemessene Aufwendungen hierfür erstattet. Über das Sozialrecht hinaus sind in vielen weiteren Rechtsgebieten wie beispielsweise dem Beurkundungswesen, dem Zivilprozesswesen, dem Strafprozesswesen oder im Bereich der Ordnungswidrigkeiten die Nutzung der Gebärdensprache , der Einsatz von Gebärdensprachdolmetscherinnen und -dolmetschern und Regelungen zur Kostenübernahme hierfür verankert. Das Behindertengleichstellungsgesetz des Bundes (BGG) gibt hörgeschädigten Menschen das Recht, die Deutsche Gebärdensprache oder die lautsprachbegleitenden Gebärden zu verwenden. Im Umgang mit Bundesbehörden und Bundesrecht ausführenden Landesbehörden, einschließlich der landesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, sind sie berechtigt, in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über andere geeignete Kommunikationshilfen zu kommunizieren, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist. Die Träger der öffentlichen Gewalt haben die dafür notwendigen Aufwendungen nach § 9 Abs. 1 Satz 2 BGG und gemäß der Verordnung zur Verwendung von Gebärdensprache und anderen Kommunikationshilfen im Verwaltungsverfahren nach dem BGG vom 17. Juli 2002 zu tragen. Vergleichbare Regelungen für die Verwaltungsverfahren des Landes enthält das Behindertengleichstellungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (BGG LSA). 5 Gemäß § 13 Satz 4 BGG LSA haben Träger der öffentlichen Verwaltung i. S. v. § 7 BGG LSA die Übersetzung durch Gebärdensprachdolmetscher/innen oder die Verständigung mit anderen geeigneten Kommunikationshilfen sicherzustellen und die notwendigen Aufwendungen zu tragen, soweit es für Menschen mit Hörbehinderungen zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist. Darüber hinaus finden die BGGVO LSA sowie die Kommunikationshilfenverordnung des Bundes (KHV) in der jeweils gültigen Fassung Anwendung. 2.1 Unter welcher Adresse sind die genannten Grundlagen im Netz zu finden? Nicht im Netz zugängliche Grundlagen sind der Antwort auf die Kleine Anfrage bitte anzuhängen. Die genannten Rechtsgrundlagen sind im Internet u. a. über folgende Links zu finden:  www.landesrecht.sachsen-anhalt.de,  www.gesetze-im-internet.de,  www.dejure.org. 2.2 Welche Entscheidungskriterien für eine Annahme bzw. Ablehnung der An- träge werden in diesen Unterlagen genannt? Die vorgenannten Gesetze und Verordnungen beziehen sich auf alle natürlichen Personen, die als Beteiligte eines Verwaltungsverfahrens wegen einer Hör- oder Sprachbehinderung zur Wahrnehmung eigener Rechte für die mündliche und schriftliche Kommunikation eine/n Dolmetscher/in für die Deutsche Gebärdensprache, für lautsprachbegleitende Gebärden oder andere geeignete Kommunikationshilfen beanspruchen können bzw. die als Leistungsberechtigte Anspruch auf Leistungen nach § 97 Abs. 3 SGB XII i. V. m. § 3 AG SGB XII haben . Die Hörbehinderung muss einer unmittelbaren Verständigung in der Amtssprache entgegenstehen bzw. diese so erschweren, dass ein verlässlicher Informationsaustausch nicht durchweg gewährleistet ist und/oder nur nach überdurchschnittlich hohem Zeitaufwand möglich wäre. Zum berechtigten Personenkreis gehören:  gehörlose Menschen (taub geboren, oder ertaubt),  hochgradig schwerhörige Menschen, deren Restgehör trotz Hörhilfe nicht zur Sprachaufnahme ausreicht. Für private Belange können Gebärdensprachdolmetscher/innen über die „Landesarbeitsgemeinschaft für Gebärdensprachdolmetscher“ Halle bzw. die „Beratungsstelle für Hörbehinderte e. V.“ Magdeburg in Anspruch genommen werden . Die Inanspruchnahme dieser Leistungen für den privaten Bereich ist im Rahmen des sogenannten „Dolmetschertopfs“ in Höhe der dafür vom Land Sachsen-Anhalt bewilligten Fördermittel kostenfrei. 6 2.3 Wie lange dauert in der Regel der Prüfvorgang von Seiten der zuständigen Stelle? Gibt es Regelungen zu Bearbeitungsfristen o. Ä? Aufgrund der vielen Rechtskreise, die in diesem Zusammenhang von Relevanz sein können, kann keine allgemeingültige Aussage getroffen werden. Darüber hinaus werden die erfragten Daten nicht erhoben.