Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/3138 28.05.2014 (Ausgegeben am 28.05.2014) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Dietmar Weihrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Stand der Sanierungsmaßnahmen der Wehre in der Bode Kleine Anfrage - KA 6/8289 Vorbemerkung des Fragestellenden: Seit März 2010 (Drucksache 5/2515) ist dem Landtag bekannt, dass die Bode-Wehre in Oschersleben, Gröningen und Rothenförde wegen ihrer Baufälligkeit zur Disposition stehen. So mussten bspw. aus Standsicherheitsgründen bei dem Wehr in Rothenförde schon 2008 alle Tafeln gezogen werden, sodass das Bauwerk seitdem keine regulierende Funktion mehr besitzt. Infolgedessen setzte laut der Presse (Volkstimme 19. Oktober 2013) eine Austrocknung der einzigartigen Fauna und Flora an der Bode ein. Seitdem verschiebt sich im Fall Rothenförde der Baubeginn der Sanierungsmaßnahme immer weiter nach hinten (Generalanzeiger 16. September 2012). Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt 1. Oberhalb der Wehre Oschersleben und Gröningen verfügt die Bode nicht über die für sie typischen Fließgewässerverhältnisse. Welche Zielvorstellungen formuliert die Landesregierung für die Entwicklung der Bode? Existieren Stellungnahmen der Naturschutzbehörden dazu und wie lauten sie? Die Zielvorstellungen zur gewässerökologischen Entwicklung der Bode sind im Bewirtschaftungsplan und Maßnahmenprogramm zur Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL) der FGG Elbe vom 22.12.2009 veröffentlicht (www.fgg-elbe.de). Gemäß § 102 des Wassergesetzes für das Land Sachsen-Anhalt (WG LSA) vom 16. März 2011 hat Sachsen-Anhalt Beiträge für den Bewirtschaftungsplan und das Maßnahmenprogramm der FGG Elbe erstellt . 2 Zusätzlich sind diese Informationen im Gewässerrahmenkonzept für das Land Sachsen-Anhalt, verfügbar unter www.saubereswasser.sachsen-anhalt.de, dargestellt . Inhaltlich präzisiert werden die Zielvorstellungen zur gewässerökologischen Entwicklung der Bode in den Gewässerentwicklungskonzepten (GEK) für die Einzugsgebiete der Oberen und Unteren Bode, die sich in Vorbereitung und Abstimmung befinden. Bei der Erarbeitung der GEK werden die Naturschutzbehörden umfassend einbezogen . Alle für die Maßnahmen nach EG-WRRL erforderlichen Stellungnahmen des Naturschutzes werden im Bearbeitungsprozess eingeholt und fließen bereits in die verschiedenen Planungsunterlagen mit ein (Vorplanung, Entwurfsund Genehmigungsplanung, Ausführungsplanung). Die Stellungnahmen liegen dem Träger des jeweiligen Verfahrens vor. Für die GEK ist das der Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) und bei Planfeststellungsverfahren die zuständige Vollzugsbehörde. 2. Existiert ein Gewässerentwicklungskonzept für die Bode nach EG- Wasserrahmenrichtlinie? Wenn ja, welche Maßnahmen werden zu den Wehren vorgeschlagen? Für das Einzugsgebiet der Bode werden insgesamt zwei Gewässerentwicklungskonzepte erstellt. Das im Entwurf bereits ausführlich mit den Beteiligten erörterte GEK „Untere Bode“ ist im Internet auf den Seiten des Landesbetriebes für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) veröffentlicht (http://www.lhw.sachsen-anhalt.de/gewaesserkundlicher-landesdienst/ gewaesserentwicklungskonzepte -sachsen-anhalt/gewaesserentwicklungskonzeptuntere -bode/) Das GEK „Obere Bode“ ist derzeit noch in Bearbeitung und wird zum Jahresende 2014 vorliegen. In den GEK sind Maßnahmenskizzen zu allen Wehranlagen der Bode enthalten . Grundsätzlich erfolgt eine Variantenprüfung entsprechend den Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie nach folgender Rangfolge: 1. Stauniederlegung / vollständiger Rückbau 2. Stauverringerung / Teilrückbau 3. Sohlgleite 4. Teil-Sohlgleite 5. Naturnahes Umgehungsgerinne 6. Schlitzpass In der Regel ist wegen des Mindestwasser-Anspruchs von abzweigenden Gewässersträngen , schutzwürdigen Altarmen, Altwässern, Auwaldstrukturen und FFH-Lebensraumtypen im Oberwasser oder bestehender / beantragter Wasserrechte für Wasserkraftnutzungen ein vollständiger Wehr-Rückbau nicht möglich. 3 3. Wurde die Beseitigung der Wehre zugunsten der Entwicklung des Fließ- gewässers als Planungsvariante im Vorfeld der Planungen zur Ertüchtigung der Wehre geprüft? Bitte ausführlich begründen und im Vergleich zur gewählten Variante abwägen. Ja. Siehe Beantwortung Frage 2. 4. In welcher Planungsphase befinden sich die Maßnahmen für die Wehre in Oschersleben und Gröningen aktuell? Wann ist jeweils mit einem Baubeginn zu rechnen? Für die Wehre Oschersleben und Gröningen liegen Planunterlagen vor. Genehmigungsbehörde ist das Landesverwaltungsamt (LVwA). Die Unterlagen befinden sich in der Vollständigkeitsprüfung, die Verfahren selbst sind noch nicht eröffnet. Der Baubeginn liegt nach erteilter Genehmigung in Verantwortung des Vorhabenträgers, Aussagen dazu liegen der Landesregierung nicht vor. 5. Welches Ergebnis liegt nach der Prüfung der Wasserkraftnutzung an die- sen Wehren vor? Welche baulichen Varianten, auch in Bezug des Fischschutzes vor Turbinenschlag, wurden dabei in Betracht gezogen? Wieviel Energie kann durch die Wasserkraftanlagen erzeugt werden? Ein Ergebnis der Prüfung der Wasserkraftnutzung liegt noch nicht vor. Die wasserrechtlichen Verfahren für die Wehrstandorte Oschersleben und Gröningen sind noch nicht eröffnet. Die Wasserkraftanlage in Oschersleben soll 760.500 KWh, die in Gröningen 600.000 KWh im Jahr erzeugen. 6. Der Baubeginn für die Maßnahme am Wehr in Rothenförde wurde laut dem o. g. Schreiben noch für Ende 2013 in Aussicht gestellt. In welcher Bauphase befindet sich die Maßnahme aktuell? Die in 2013 vorbereiteten Holzungen zur Baufeldfreimachung sind abgeschlossen . Die Leistungen für den Wehrumbau sind bereits ausgeschrieben. 7. Die Bode ist ein wichtiger Bestandteil der Tourismusinitiative „Blaues Band“. Beinhalten die Sanierungsmaßnahmen Ein- und Ausstiegsmöglichkeiten für Kanutouristen? Lassen sich die Wehre nach der Sanierung für RadwanderInnen passieren? Im Zuge der Sanierungsmaßnahmen werden keine Ein- und Ausstiegsmöglichkeiten für Kanutouristen geschaffen. Der Ein- und Ausstieg in unmittelbarer Nähe des Wehres ist aus Gründen des Unfallschutzes nicht möglich. Eine Nutzung durch RadwandererInnen wird im Genehmigungsverfahren geprüft . 4 8. Welche Bauformen werden für die Fischaufstiegsanlagen für die jeweils geplanten Maßnahmen favorisiert? Für welche Fischarten werden diese ausgelegt? Die Bauform der Fischaufstiegsanlagen für die jeweils geplanten Maßnahmen wird im wasserrechtlichen Verfahren festgelegt. Sie ergibt sich u. a. aus Leitströmungen , Wasserdargebot, Hochwasserneutralität, Treibgut- und Geschiebeaufkommen , Eingriffsminimierung und FFH-Verträglichkeit, Baugrund, Bauwerkszustand , Wasserrechten, Grundstückszugriff, Denkmalstatus, Zuwegung sowie der Minimierung des Bau- und Unterhaltungsaufwandes. Für die Bodewehre sind folgende Fischarten für die Dimensionierung der Fischaufstiegsanlagen maßgeblich:  Bereich Staßfurt bis Mündung in die Saale: Stör (Dimensionierung I) und Wels (Dimensionierung II)  Bereich Oschersleben bis oberhalb Staßfurt: Lachs/ Rapfen (Dimensionie- rung I) und Zander/ Blei (Dimensionierung II).  In Abhängigkeit von der hydrologischen Situation und der Machbarkeit am jeweiligen Standort wird auf die Dimensionierung I oder II abgestellt. 9. Sind im Zuge der Sanierung Informationstafeln für Bürger und Bürgerin- nen zu Flora & Fauna am jeweiligen Standort vorgesehen? Wenn ja, welche und Entscheidung bitte begründen. Im Zuge der Sanierung bzw. eines Umbaus der Wehranlagen werden Tafeln aufgestellt, die entsprechend der jeweiligen Finanzierung (Bund, EU) grundsätzliche Informationen zum Bauvorhaben enthalten. Über das Aufstellen zusätzlicher Informationstafeln wird im Einzelfall entschieden. 10. Welche Wasserstands Änderungen erwartet der Landesbetrieb für Hoch- wasserschutz und Wasserwirtschaft an den jeweiligen Wehren nach der Sanierung? Bitte ausführlich nach Abflussszenario, Länge der Auswirkung nach Ober- und Unterwasser und den Möglichkeiten der Wehrtafelregulierung antworten. Die Wasserspiegellagen werden im Genehmigungsverfahren festgelegt. Detaillierte Aussagen zu möglichen Auswirkungen sind erst nach Abschluss der Genehmigungsverfahren möglich. 11. Nach Erstellung der Wasserkraftanlage bei Haldensleben wurde die Regu- lierung des Wasserstandes der Bode am Hadmersleber Wehr vom Landesbetrieb für Hochwasserschutz an den Betreiber der Wasserkraftanlage übergeben. Maßnahmen am Wehr in Hadmersleben wirken sich in beide Fließrichtungen aus. Wie wird eine fachgerechte Betätigung des Wehres gewährleistet? Werden Erfolgskontrollen betreffend ökologische Durchgängigkeit durchgeführt? 5 Die Steuerung an Schützentafelwehr, Walzenwehr und Zweitafelwehr im Mühlgraben ist im Planfeststellungsbeschluss vom 24.01.2011 geregelt. Zur Einhaltung der Stauhöhen werden Staumarken gesetzt. Das Setzen der Staumarken an der Wasserkraftanlage Hadmersleben bereitet das Landesverwaltungsamt zurzeit vor. Die Kontrolle der Funktionstüchtigkeit der Fischaufstiegsanlagen und Fischabstiegsanlagen ist noch nicht abgeschlossen, da der Vorhabenträger den Fischaufstieg noch baulich verbessert. 12. Wie positioniert sich die Landesregierung zur Frage der Ertüchtigung von Wehren vor dem Hintergrund der Wasserrahmenrichtlinie und den Zielen des Arten- und Naturschutzes? Wie steht die Landesregierung zum Rückbau von Wehren zur Fließgewässerentwicklung? Bitte begründen. Zur Planung der ökologischen Durchgängigkeit erfolgt für alle Wehranlagen an Gewässern erster Ordnung in Sachsen-Anhalt durch den LHW anhand der in der Antwort zu Frage 2 aufgeführten Rangfolge. Die möglichen Maßnahmen sind nach dem wasserwirtschaftlichen Nutzen geordnet.