Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/3169 06.06.2014 (Ausgegeben am 10.06.2014) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Dietmar Weihrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Abgeordneter Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Lärmemissionen an Kraftfahrzeugen Kleine Anfrage - KA 6/8328 Vorbemerkung des Fragestellenden: Lärmemissionen stellen eine Belästigung dar und führen in vielen Fällen auch zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen für betroffene Bürgerinnen und Bürger. Lärmemissionen an Kraftfahrzeugen entstehen oft bei unzulänglichem technischen Zustand von Kraftfahrzeugen bzw. infolge von technischen Veränderungen, die nach den Hauptuntersuchungen vorgenommen werden. Die daraus resultierenden Lärmemissionen wären grundsätzlich vermeidbar. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport 1. Wie viele Verkehrskontrollen wurden seit dem Jahr 2009 zur Ermittlung von Schallemissionen an Kraftfahrzeugen durchgeführt? Wie viele Fahrzeuge wurden dabei überprüft und wie viele Fahrzeuge wurden beanstandet? Bitte in Jahresscheiben angeben. Flächendeckende Verkehrskontrollen mit dem alleinigen Ziel der Ermittlung von Schallemissionen an Kraftfahrzeugen werden durch die Polizei Sachsen-Anhalts nicht durchgeführt. Da in den polizeilichen Statistiken die Anzahl von Verkehrskontrollen nicht erfasst wird, kann eine Beantwortung der Frage 1 und der Folgefragen nicht erfolgen. 2 2. Wie viele Kraftfahrzeuge wurden seit 2009 im Rahmen der Technischen Hauptuntersuchung hinsichtlich von Lärmemissionen beanstandet? Wie viele Kraftfahrzeuge mussten daraufhin stillgelegt werden? Bitte in Jahresscheiben angeben. Es liegt dazu keine amtliche Statistik vor. Eine Abweichung vom Geräuschverhalten bei der Hauptuntersuchung nach § 29 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung stellt einen erheblichen Mangel dar. Da das Fahrzeug aber dadurch nicht als „verkehrsunsicher " eingestuft werden kann, ist eine Stilllegung des Fahrzeuges wegen unzulässigen Geräuschverhaltens nicht möglich. 3. Welcher Grenzwert (in Dezibel) führt zur Beanstandung eines Kraftfahrzeu- ges, Lastkraftwagens bzw. Motorrades? Grenzwerte sind nur für das Fahrgeräusch in Verbindung mit dem Inverkehrbringen neuer Fahrzeuge geregelt. Je nach Erstzulassung des Fahrzeuges und der Fahrzeugart gelten unterschiedliche Grenzwerte für das Fahrgeräusch. Die derzeit festgelegten Fahrgeräusch-Grenzwerte für neu in Verkehr kommende Fahrzeuge betragen: • PKW - 74 dB • Fahrzeuge zur Güterbeförderung Motorleistung kleiner 75 KW - 77 dB Motorleistung über 75 KW aber weniger 150 KW - 78 dB Motorleistung von 150 KW und darüber - 80 dB • Krafträder Hubraum kleiner gleich 80 cm3 - 75 dB Hubraum über 80 cm3 aber kleiner gleich 175 cm3 - 77 dB Hubraum über 175 cm3 - 80 dB Für die Beurteilung der Geräuschemissionen im Rahmen einer Hauptuntersuchung oder bei einer Kontrolle der Geräuschemission von im Verkehr befindlichen Fahrzeugen gelten die • Richtlinien für die Überprüfung des Standgeräusches von Krädern im Rahmen der regelmäßigen technischen Überwachung der Kräder nach § 29 StVZO sowie zur Kontrolle der Geräuschemission im Verkehr befindlicher Kräder oder • Richtlinien für die Messung des Standgeräusches von Kfz im Nahfeld im Rah- men der obligatorischen Überwachung nach § 29 und der Anlage VIII StVZO. Nach der erstgenannten Richtlinie bildet der im Fahrzeugschein eingetragene Wert des Standgeräusches die Grundlage für die Beurteilung. Der nach dem in der Richtlinie vorgeschriebenen Verfahren ermittelte Standgeräuschvergleichswert (SGVW) darf dabei 5 dB über dem in der Zulassungsbescheinigung I (ehemals Zulassungsschein) eingetragenen liegen. Grenzwerte für die Standgeräuschemissionen sind nicht festgelegt oder in Vorschriften geregelt. Bei älteren Fahrzeugen 3 (Erstzulassung vor dem 16.11.1984) ist zu beachten, dass der in den Fahrzeugdokumenten eingetragene Standgeräuschwert noch nicht nach der „Nahfeldmessung “ ermittelt wurde. Ein Vergleich der Nahfeldmessung mit dem in den Papieren eingetragenen Standgeräuschwert ist aber nur möglich, wenn • bei Pkw und Lkw 17 dB(A) • bei Krädern und Kleinkraftkrädern 21 dB(A) hinzugefügt werden. Bei diesen Werten ist die oben aufgeführte Toleranz von 5 dB(A) noch nicht berücksichtigt . Dies bedeutet, dass bei diesen Fahrzeugen der Mittelwert der gemessenen Werte des Standgeräusches bei Pkw und Lkw um 22 dB (A) und bei Krädern und Kleinkrafträdern 26 dB(A) über dem in den Fahrzeugdokumenten eingetragenen Standgeräusch liegen darf. Die Toleranz ist deshalb so hoch, weil der ursprüngliche Wert in 7,0 m Entfernung ermittelt wurde und jetzt im Abstand von 0,5 m gemessen wird. 4. Wie ist die räumliche Verteilung und Auslastung der Schallpegelmessgeräte gegeben? Bitte für die Polizeidirektionen Süd, Nord und Ost sowie für die Landesbereitschaftspolizei differenziert angeben. Die Verteilung der in der Landespolizei vorhandenen Schallpegelmessgeräte stellt sich wie folgt dar: Dienststelle Anzahl der Messgeräte PD Nord 2 PD Ost 10 PD Süd 2 LBP 2 Über die Auslastung der Messgeräte wird keine polizeiliche Statistik geführt. 5. Kann die Landespolizei auch dann Schallemissionsmessungen an Kraftfahr- zeugen in einem ausreichenden Maße gewährleisten, wenn eine auffällige räumliche Ungleichverteilung hinsichtlich von Schallpegelmessgeräten bei den jeweiligen Polizeidirektionen existiert? Falls ja, wie wird in der Praxis sichergestellt, dass flächendeckend im gesamten Land Schallpegelmessungen durchgeführt werden können? Werden ggf. Schallpegelmessgeräte auf Leihbasis zwischen den Polizeidirektionen ausgetauscht, um räumliche Unterschiede in der Ausstattung zu beheben? Die Polizei kann im Rahmen ihrer Zuständigkeit Schallemissionen landesweit messen. Dazu werden die in den Polizeidirektionen und der Landesbereitschaftspolizei vorhandenen Schallpegelmessgeräte genutzt. Die Ungleichverteilung ist durch die unterschiedliche Beschaffung der Schallpegelmessgeräte durch die Polizeidirektionen und die Landesbereitschaftspolizei im Rahmen deren Haushaltsbewirtschaftung begründet. Ein Austausch der Schallpegelmessgeräte, z. B. auf 4 Leihbasis, erfolgt nicht. Etwaige wechselseitige Bedarfsartikulationen zwischen den Behörden und/oder der Landesbereitschaftspolizei bestehen nicht. Im Übrigen ist anzumerken, dass die in der Polizei vorhandenen Schallpegelmessgeräte nicht geeicht und die Messungen damit nicht beweissicher sind. Unter Verweis auf die Beantwortung der Frage 3. dienen die Schallpegelmessgeräte lediglich der Verdachtserlangung im Rahmen von Verkehrskontrollen. 6. Plant die Landesregierung eine Ausweitung der Kontrollen von Schallemis- sionen an Kraftfahrzeugen? Wenn ja in welchem Umfang? Wenn nein, warum nicht? Die Kontrolle der Schallemissionen an Kraftfahrzeugen wird weiterhin regelmäßiger Bestandteil der polizeilichen Verkehrsüberwachung sein, auch unter Zuhilfenahme der Schallpegelmessgeräte. Darüber hinaus wurden und werden die Schallpegelmessgeräte im Rahmen spezieller Verkehrsüberwachungs- und Verkehrssicherheitsmaßnahmen , z. B. „Aktionswochen sicherer Harz“, „Gegen Bikerunvernunft “ eingesetzt. Eine Ausweitung der bisherigen Praxis ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Primärziels der polizeilichen Verkehrsüberwachung bzw. Verkehrssicherheitsarbeit, nämlich die Reduzierung der Unfälle mit schweren Personenschäden und Getöteten, nicht vorgesehen.