Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/3209 18.06.2014 (Ausgegeben am 18.06.2014) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Holger Hövelmann (SPD) Lohn- und Sozialstandards im Fernbusverkehr Kleine Anfrage - KA 6/8337 Vorbemerkung des Fragestellenden: Wie man der jüngsten Berichterstattung in den Medien (Hannoversche Zeitung vom 21. März 2014 „Busfahrer im Blick“ sowie dem NDR-Bericht „Schwere Verstöße bei Fernbussen“ vom 20. Februar 2014) entnehmen konnte, führt eine harte Wettbewerbssituation im Fernbusverkehr zu einer ernsthaften Gefährdung der in diesem Sektor beschäftigten Busfahrerinnen und Busfahrer und nicht zuletzt der Fahrgäste. Die Nichtbeachtung der geltenden Lohn- und Sozialstandards, der Bestimmungen des Arbeitsschutzes (Lenk- und Ruhezeiten, Busfahrerarbeitsplatz) und auch der Sicherheitsbestimmungen (Fahrzeuge) scheint keine Seltenheit zu sein. Dies hat auch im Koalitionsvertrag der die Bundesregierung tragenden Parteien Niederschlag gefunden. Dort heißt es: „Die Entwicklung auf dem Fernbusmarkt beobachten wir aufmerksam auch mit Blick auf die Auswirkungen auf den Schienenverkehr , die Einhaltung von Arbeits- und Sozialstandards und die Sicherheit. Mit Hilfe des Bundesamtes für Güterverkehr gewährleisten wir eine ausreichende Kontrolldichte .“ Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr 1. Welche Behörden sind in Sachsen-Anhalt für die Überwachung der Ein- haltung der Lohn- und Sozialstandards, der Arbeitsschutz- und der Sicherheitsbestimmungen im Bereich des Fernlinienbusverkehrs zuständig ? Für die Überwachung der Einhaltung von Sicherheitsbestimmungen insbesondere der Arbeitsschutzbestimmungen sowie der Bestimmungen zu Lenk- und Ruhezeiten im Bereich des Fernlinienbusverkehrs ist in Sachsen-Anhalt das 2 Landesamt für Verbraucherschutz (LAV), Fachbereich (FB) 5 - Arbeitsschutz - zuständig. Die Überwachung der Sozialvorschriften im öffentlichen Straßenverkehr erfolgt durch die Polizei LSA bzw. durch das Bundesamt für Güterverkehr (BAG). Die Überprüfung der Löhne erfolgt durch die Zollämter. 2. Inwieweit werden in Sachsen-Anhalt vermehrt Kontrollen von Fernbussen durch die zuständigen Behörden durchgeführt? Es werden nicht vermehrt Kontrollen von Fernbussen durch die zuständigen Behörden durchgeführt. Der Umfang der durchzuführenden Kontrollen der Lenkzeiten, Fahrtunterbrechungen und Ruhezeiten für Kraftfahrer im Straßengüter- und Straßenpersonenverkehr ist für alle EU-Mitgliedsstaaten einheitlich in der Richtlinie 2006/22 EG geregelt. Gemäß Artikel 2 dieser Richtlinie hat jeder Mitgliedstaat die Kontrollen so durchzuführen, dass 3 % der Tage (seit Januar 2010) überprüft werden , an denen Fahrer von in den Geltungsbereich der Verordnungen (EWG) Nr. 3820/85 und (EWG) Nr. 3821/85 fallenden Fahrzeugen arbeiten. Dabei sind mindestens 30 % aller überprüften Arbeitstage bei Straßenkontrollen (durch BAG und Länderpolizeibehörden) und mindestens 50 % der überprüften Arbeitstage bei Kontrollen auf dem Betriebsgelände von Unternehmen (durch die Arbeitsschutzverwaltung) zu prüfen. Die Überwachung der Kraftfahrer im Straßengüter - und Straßenpersonenverkehr im Rahmen der Betriebskontrollen erfolgt dabei im Sinne der Richtlinien 2006/22/EG risikobasiert. Die Polizei Sachsen-Anhalts kontrolliert Kraftomnibusse im Rahmen der allgemeinen Verkehrsüberwachung im Straßenverkehr, wobei keine Unterscheidung zwischen Linienbus-, Reisebus- oder Fernbusverkehr erfolgt. Auch von dem BAG wird bei Kontrollen keine Differenzierung vorgenommen. 3. Zu welchen Ergebnissen haben diese Kontrollen bislang geführt, welche Regelverstöße wurden dabei in wie vielen von wie vielen Fällen wie oft festgestellt? Die Bundesländer unterrichten den Bund nach einem durch die EU vorgegebenen Berichtsmuster über die Ergebnisse der Überwachung der Lenk- und Ruhezeiten im Straßenverkehr. Hierbei wird sowohl bei den Betriebs- als auch bei den Straßenkontrollen nur nach Personenverkehr und Güterverkehr unterschieden . Eine gesonderte Kontrollintensität bzw. Meldepflicht für Fernbusunternehmen ist weder vorgesehen noch wird eine solche praktiziert. Dem entsprechend können keine gesonderten Angaben zu Kontrollergebnissen im Fernbusbereich gemacht werden. Allgemein wurden bei Betriebskontrollen im Personenverkehr im Jahr 2013 durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des LVA in Omnibusunternehmen in Sachsen-Anhalt von 74 Busfahrern 3.525 Arbeitstage kontrolliert. Dabei wurden 368 Zuwiderhandlungen gegen die Sozialvorschriften im Straßenverkehr festgestellt . Bei den Regelverstößen handelt es sich ganz überwiegend um die Nichteinhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten für die Busfahrer sowie um die Verletzung der Benutzervorschriften für das im Bus installierte EG-Kontrollgerät, welches die Lenk- und Ruhezeiten des Fahrers registriert . In 16 Fällen wurden gegen Unternehmer, Disponenten und Busfahrer Bußgeldbescheide und in 12 Fällen Verwarnungen mit Verwarnungsgeld erlas- 3 sen. Gegenüber dem Jahr 2012 ist eine leichte Abnahme der Schwere der durch die Arbeitsschutzverwaltung des Landes Sachsen-Anhalt festgestellten Verstöße zu verzeichnen. Von den im Jahre 2013 insgesamt im Rahmen der allgemeinen Verkehrskontrolle polizeilich kontrollierten 359 Kraftomnibussen sind insgesamt 194 Fahrzeuge beanstandet worden. Dabei waren 15 Beanstandungen wegen Mängeln nach der TechKontrollVO, 281 Verstöße gegen das Fahrpersonalrecht und 67 allgemeine/sonstige Verkehrsverstöße festzustellen. Im Jahre 2014 wurden bislang 58 Kraftomnibusse kontrolliert, von denen 28 beanstandet wurden (3x Mängel nach TechKontrollVO, 53 Verstöße gegen das Fahrpersonalrecht und 8 allgemeine/sonstige Verstöße). Die dabei festzustellende Differenz zwischen den beanstandeten Fahrzeugen und den Beanstandungen ergibt sich aus der Tatsache, dass u. a. im Fahrpersonalrecht mehrere Verstöße eines Fahrzeugführers im Rahmen einer Kontrolle festgestellt werden können. 4. Welche Behörde ist für die durch die Länder auszuübende Kontrolle der Qualifizierung von Busfahrerinnen und Busfahrern gemäß § 5 BerufsQualifikations -Gesetz (BKrFQG) in Sachsen-Anhalt zuständig? Mit Zuständigkeitsverordnung vom 26. September 2008 (BKrFQG-ZustVO; GVBL. LSA, S. 316) wurde in Sachsen-Anhalt das Landesverwaltungsamt als zuständige Behörde für die Überwachung der Tätigkeit der für die Weiterbildung der in § 7 Abs. 1 Nr. 5 BKrFQG bezeichneten staatlich anerkannten Ausbildungsstätten und der in § 7 Abs. 1 Nr.1 BKrFQG bezeichneten Fahrschulen benannt. Die Überwachung der in § 7 Abs. 1 Nr. 3 und 4 BKrFQG bezeichneten Ausbildungsbetriebe und Bildungseinrichtungen obliegt den Industrie- und Handelskammern . 5. Zu welchen Erkenntnissen haben Kontrollen von Fernbussen in Bezug auf die Einhaltung von § 5 BKrFQG geführt? Der Polizei Sachsen-Anhalts und dem BAG liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 6. Über welche Erkenntnisse verfügen die zuständigen Behörden zur Ent- wicklung der Sozialstandards und der Lohnbedingungen in der Fernbusbranche seit der Liberalisierung des Fernbusmarktes? Es liegen keine Erkenntnisse vor.