Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/3236 27.06.2014 (Ausgegeben am 30.06.2014) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Dietmar Weihrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Umsetzungsstand von Horstschutzzonen Kleine Anfrage - KA 6/8344 Vorbemerkung des Fragestellenden: In Sachsen-Anhalt genießen die Nistbereiche von Schwarzstorch, Adlerarten, Rotmilan , Kranich und Wanderfalke ab dem 1. März eines Jahres einen besonderen Schutz (vgl. § 28 NatSchG LSA). Nach dieser Regelung dürfen grundsätzlich diese besonders störungsempfindlichen und in ihrem Bestand gefährdeten Vogelarten durch störende Handlungen nicht beeinträchtigt werden. In einem Umkreis von 100 m um den Horstbereich sind Veränderungen, wie das Anlegen von Sichtschneisen oder das Freistellen der Horststandorte verboten. Um eine ungestörte Fortpflanzung zu gewähren, vergrößert sich der Bereich in der Brutzeit auf 300 m. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt 1. Durch welche Vorschriften und Maßnahmen wird sichergestellt, dass die gesetzlichen Vorschriften für Horstschutzzonen eingehalten werden? Von der Unberührtheitsklausel des § 54 Absatz 7 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes ist mit § 28 des Naturschutzgesetzes des Landes SachsenAnhalt (NatSchG LSA) Gebrauch gemacht worden. Damit ist der Horstschutz landesspezifisch umgesetzt worden. Nach § 28 NatSchG LSA sind Beeinträchtigungen oder Gefährdungen der dort genannten Arten und ihrer Brutstandorte ganzjährig unter besonderer Berücksichtigung des Fortpflanzungszeitraumes nicht zulässig. Die Vorschrift ist, wie auch die übrigen Bestimmungen des Landesnaturschutzgesetzes , direkt geltendes Recht, das von jedermann zu befolgen ist und auf dessen Einhaltung insbesondere durch die zuständigen Behörden im Rahmen ihrer ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung geachtet wird. Weitergehende Vor- 2 schriften zur Einhaltung dieser rechtlichen Regelung werden nicht für erforderlich angesehen. Spezielle Maßnahmen, wie z. B. eine kontinuierliche Horstüberwachung , liegen im Interesse und im Arbeitsvermögen der zuständigen Behörden bzw. werden von Interessenvertretern unterstützt. 2. Verfügen die Naturschutzbehörden über eine aktuelle Auflistung bzw. Kar- tierung der bekannten Horste der o. g. Vogelarten? Wenn ja, bitte die Nistbereiche für die in Sachsen-Anhalt besonders selten vorkommenden Arten: Schwarzstorch, Fisch-, See- und Schreiadler und Wanderfalken angeben . Bitte detailliert mit Standort, Beobachtungsjahr, Bruterfolg und Umfang der Horstschutzzonenkontrollen auflisten. Diese Auflistung bitte vertraulich übermitteln. Was wurde seitens der Naturschutzbehörden unternommen , um die Regelungen zu den Horstschutzzonen umzusetzen. Falls keine Daten zu den Nistbereichen vorliegen: Wie werden die Regelungen des § 28 NatSchG LSA umgesetzt? Die Zielrichtung ist der umfassende Schutz der in § 28 NatSchG LSA genannten Arten. In der Regel hat eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung unter Berücksichtigung der Maßgaben des § 28 NatSchG LSA keinen Einfluss auf die Arten. Die Daten zu Niststandorten werden zu diesem Zweck in der Verwaltung vorgehalten. In Umsetzung der Europäischen Vogelschutzrichtlinie wird für bestimmte Vogelarten ein landesweites Monitoring durchgeführt. Weitere Arten unterliegen einem Monitoring in Stichproben bzw. auf entsprechenden Teilflächen. Die Daten werden entweder von der Staatlichen Vogelschutzwarte oder mit Hilfe eines Netzes ehrenamtlicher Betreuer, die z. T. auch Mitarbeiter der unteren Naturschutzbehörden und der Forstverwaltung sind, erhoben. Durch eine jährliche Fortschreibung im GIS-Auskunftssystem des Landes verfügen sowohl die Naturschutzbehörden als auch die Forstbehörden über die konkreten Daten zu den Vorkommen und den Bruterfolgen von Seeadler, Fischadler und Schwarzstorch. Daten zu den weiteren in § 28 NatSchG LSA genannten Vogelarten liegen allerdings nur bedingt vor. Eine Erfassung der Wanderfalkenvorkommen erfolgt durch den Arbeitskreis Wanderfalkenschutz e. V. Der Staatlichen Vogelschutzwarte Steckby liegen daher nur zusammenfassende Ergebnisse vor. Die in Sachsen-Anhalt vorhandenen Vorkommen des Kranichs werden von der AG Kranichschutz des NABU erfasst und dokumentiert. Soweit eine beabsichtigte digitale Darstellung der Brutplätze vorliegt, ist auch eine Informationsübermittlung an die Unteren Naturschutzbehörden vorgesehen. Vorkommen des Rotmilans wurden in den Jahren 2012 und 2013 landesweit erfasst . Diese Daten sind im GIS-Auskunftssystem des Landes verfügbar und wurden den Unteren Naturschutzbehörden für ihre Zuständigkeitsbereiche übermittelt. Eine jährliche landesweite Bestandserhebung ist für den Rotmilan, der mit ca. 2.000 Brutpaaren in Sachsen-Anhalt siedelt, nicht realisierbar. 3 Die Vorkommen der genannten Arten werden in den jährlichen, gegenwärtig bis zum Jahr 2012 vorliegenden Monitoringberichten des Landesamtes für Umweltschutz dargestellt. Noch nicht abschließende Daten aus dem Jahr 2013 sind der folgenden Tabelle zu entnehmen: Art Revierpaare davon Brutpaare Bruterfolg in % flügge Jungvögel Schwarzstorch 27 21 50 22 Fischadler 38 34 76 59 Seeadler 39 33 61 28 Schreiadler 0 - - - Tabelle 1: Brutdaten ausgewählter Vogelarten des Jahres 2013 Die Daten zu Nistbereichen der Arten Schwarzstorch, Fisch-, See- und Schreiadler und Wanderfalke werden deutschlandweit wegen der Seltenheit und Störungsempfindlichkeit der genannten Arten als sensible Daten behandelt. Die Mitteilung dieser Daten in dem für die Öffentlichkeit einsehbaren Teil der Beantwortung der Kleinen Anfrage ist nicht zulässig. Die vollständige Antwort der Landesregierung zu Frage 2 muss deshalb als Verschlusssache eingestuft werden. Sie kann bei der Geheimschutzstelle des Landtages nach Maßgabe der Geheimschutzordnung des Landtages eingesehen werden. 3. Welche Vorkehrungen wurden getroffen, um die Nistbereiche der anderen durch § 28 NatSchG LSA geschützten Arten zu sichern? Über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehende Sicherungen der Nistbereiche der dem § 28 NatSchG LSA unterliegenden Arten werden nicht für erforderlich erachtet. Sie sind auch bis auf mögliche spezielle Einzelfälle nicht realisierbar . 4. Laut dem NABU Sachsen-Anhalt zeigen bundesweite Erfahrungen, dass der gesetzliche Horstschutz bei der Mehrzahl der Arten gute Erfolge aufweist . Entscheidend dabei ist eine gute Zusammenarbeit zwischen Naturschutzbehörden , ehrenamtlichen Naturschützern und die Information über den entsprechenden Gesetzestext bei den betroffenen Nutzern oder Eigentümern . Erfolgte seitens der Naturschutzverwaltung ein Informationstransfer hinsichtlich der im Landesnaturschutzgesetz neu geregelten Horstschutzzonen gegenüber Akteuren (Land- und Forstwirtschaft, Jagdverbände ) betroffener Standorte? Bei der Betreuung der Horste der Adlerarten und des Schwarzstorches findet in der Regel eine enge Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen Horstbetreuern , Fachbehörde, unteren Naturschutzbehörden und Landnutzern statt. Diese Zusammenarbeit kann in den vergangenen Jahren als erfolgreich angesehen werden. Beim Auftreten einzelner Probleme, wie Störungen im Horstumfeld , wurde durch intensive Kontakte zwischen den Beteiligten eine zeitnahe Problemlösung angestrebt. Für weitere, wesentlich häufiger vorkommende Arten ist eine direkte und zeitnahe Information aller betroffenen Landnutzer nahezu unmöglich. Wenngleich, 4 wie z. B. beim Rotmilan, eine Konstanz in der Besiedlung der Standorte gegeben ist, ist jederzeit mit Neuansiedlungen oder Umsiedlungen zu rechnen. Landnutzer sind daher durch die unmittelbar geltende Gesetzesregelung verpflichtet , in angemessener Art und Weise zu prüfen, ob Horststandorte geschützter Arten durch störende Handlungen betroffen sein können. 5. Die zuständigen Naturschutzbehörden können für Horstschutzzonen Aus- nahmen unter den Voraussetzungen des § 45 Abs. 7 des Bundesnaturschutzgesetzes zulassen. Welche Behörden sind für die Ausnahmeregelungen zuständig und wie viele dieser Ausnahmen wurden wo genau und mit welcher Begründung seit 2011 in Sachsen-Anhalt zugelassen? Auch hier können die Standorte vertraulich übermittelt werden. Die Ausnahmeerteilung gemäß § 45 Absatz 7 BNatSchG ist durch die Bestimmungen zur Zuständigkeit der Naturschutzbehörden geregelt. Demzufolge obliegt die Zuständigkeit für die betreffenden Arten bis auf zwei Einschränkungen der oberen Naturschutzbehörde im Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt. Für Kranich und Fischadler wurde die Zuständigkeit den Landkreisverwaltungen übertragen. Die Erteilung von Ausnahmen nach den Vorschriften des § 28 Satz 4 NatSchG LSA ist relevant für die Berichterstattung zur Umsetzung der EU-Vogelschutzrichtlinie , die im Abstand von zwei Jahren zu leisten ist. Eine Ausnahmeerteilung für genannte Arten wurde in den Jahren seit Bestehen der Horstschutzregelung nicht erteilt.