Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/3237 27.06.2014 (Ausgegeben am 30.06.2014) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Jürgen Barth (SPD) Überwachung von Handel und Anwendung illegaler Pflanzenschutzmittel Kleine Anfrage - KA 6/8347 Vorbemerkung des Fragestellenden: Der Handel mit illegalen Pflanzenschutzmitteln ist nach Einschätzung von EUROPOL einer der am schnellsten wachsenden Bereiche der organisierten Kriminalität in der Europäischen Union. Die in illegalen Pestiziden häufig enthaltenen gefährlichen Substanzen belasten grenzüberschreitend Natur und Umwelt und schädigen Anwender und Verbraucher. In Deutschland waren nach Auskunft der Bundesregierung (Bundestagsdrucksache 17/14727) in den Jahren 2008 bis 2012 siebzehn Prozent der im Rahmen des Pflanzenschutzkontrollprogramms untersuchten Proben wegen fehlerhafter Wirkstoffgehalte , fehlerhafter Beistoffgehalte oder unzulässiger Verunreinigungen nicht verkehrsfähig, also illegal. Die Proben stammten im Wesentlichen aus dem Großund Einzelhandel, kaum von Anwendern und nicht von Betrieben der im Art. 68 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 genannten Bereiche Produktion/Formulierung, Verpackung , Kennzeichnung, Lagerung und Transport. Die Kontrolle der Herstellungs-, Handels- und Anwenderebene einschließlich der Einführer und Ausführer (Verkehrsund Anwendungskontrollen) obliegt den Ländern. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt Vorbemerkung: Das Pflanzenschutzrecht enthält umfangreiche Bestimmungen zum Verkehr und zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, deren Einhaltung von den Bundesländern genau überwacht wird. Um die Effizienz dieser Kontrollen zu erhöhen, haben die Länder 2004 beschlossen, ihre Überwachungsprogramme untereinander abzustimmen und nach einheitlichen Standards zu arbeiten. Unter der Geschäftsführung des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) arbeitet die Arbeitsgemeinschaft Pflanzenschutzmittelkontrolle (AG PMK) mit Fachleuten der Länder die Empfehlungen für 2 solche Standards in Form eines Handbuchs aus und koordiniert das Bund-LänderKontrollprogramm . Das Handbuch zum Pflanzenschutz-Kontrollprogramm beinhaltet Informationen über die verschiedenen Rechtsgrundlagen und Kontrollbereiche, Vorgaben zu den einzelnen Prüftatbeständen, Aussagen zum Kontrollumfang und Hinweise zur Berichterstattung an den Bund und weiter an die Europäische Kommission. Die Grundlage der Kontrollen zum Pflanzenschutzrecht in Sachsen-Anhalt bildet das Bund-Länder-Pflanzenschutzkontrollprogramm. Ziel des Pflanzenschutz-Kontrollprogramms ist die Einhaltung pflanzenschutzrechtlicher Vorschriften beim Inverkehrbringen und bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln und Pflanzenschutzgeräten. Verstöße werden verfolgt und geahndet. Aus den Ergebnissen des Kontrollprogramms werden zudem Rückschlüsse auf zukünftige Schwerpunkte bei Aufklärung und Beratung gezogen und ermittelt, ob die bestehenden Rechtsgrundlagen angepasst werden müssen. Die Umsetzung der Kontrollvorgaben erfolgt in Sachsen-Anhalt durch die Kontrollkonzeption für das jeweilige Kontrolljahr. Hierin werden Schwerpunkte der Kontrollen im Land aufgrund landesspezifischer Pflanzenschutzanwendungen festgelegt. 1. Wie viele Betriebe unterliegen in Sachsen-Anhalt den seit fünf Jahren be- stehenden Kontrollverpflichtungen nach Art. 68 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009? Die Grundgesamtheit der Betriebe, die einer Kontrollverpflichtung unterliegen setzt sich aktuell wie folgt zusammen: Anzahl Landwirtschaftsbetriebe: 4.232 (Agrarstrukturerhebung 2013) Anzahl registrierte Dienstleister: 512 (Stand Mai 2014) Anzahl Inverkehrbringer: 399 (Stand Mai 2014) 2. Wie viele Verkehrs- und Anwendungskontrollen wurden im Jahr 2012 und im Jahr 2013 durchgeführt? Jahr Anwendungskontrollen Verkehrs-kontrollen Anwen- dungskontrollen Betriebskontrollen Probenahmen 2012 98 113 195 103 2013 120 76 204 119 3. Wie viele Betriebe sind in Sachsen-Anhalt jeweils den im Art. 68 der Ver- ordnung (EG) Nr. 1107/2009 genannten Bereichen: Produktion/Formulierung , Verpackung, Kennzeichnung, Lagerung, Transport, Vermarktung und Verwendung von Pflanzenschutzmitteln zuzuordnen? In Sachsen-Anhalt gibt es keine Produktionsstätten für die technischen Wirkstoffe von Pflanzenschutzmitteln. Zwei Unternehmen sind dem Bereich Formulierung und Verpackung zuzuordnen. 3 Die Lagerung und der Transport von Pflanzenschutzmitteln für die „berufliche Verwendung“ erfolgt überwiegend durch die Inverkehrbringer und Anwender, d. h. durch die registrierten Händler und durch die landwirtschaftlichen Betriebe bzw. Dienstleister (s. zu Frage 1). 4. Wie viele Verkehrs- und Anwendungskontrollen entfallen im Jahr 2012 und im Jahr 2013 jeweils auf Betriebe der im Art. 68 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 genannten Bereiche Produktion/Formulierung, Verpackung, Kennzeichnung, Lagerung, Transport, Vermarktung und Verwendung von Pflanzenschutzmitteln? Die in der Antwort zu Frage 2 aufgeführten Verkehrskontrollen beinhalten unter anderem die Kontrolle der Verpackung, Kennzeichnung und Lagerung bzw. der Vermarktung. Bei jeder Verkehrskontrolle werden diese Tatbestände überprüft. Im Jahr 2012 wurden 103 von den 399 registrierten Inverkehrbringern, im Jahr 2013 wurden 119 der registrierten Inverkehrbringer kontrolliert. Die „Anwendungskontrollen“ setzen sich aus Kontrollen während der Anwendung , Betriebskontrollen und Probenahmen zusammen. Durch die Anwendungskontrollen wird die sachgerechte Verwendung von Pflanzenschutzmitteln auf dem Feld überprüft, d. h. unter anderem Einhaltung der guten fachlichen Praxis, der Anwendungsbestimmungen und Auflagen, Sachkunde des Anwenders , TÜV des Pflanzenschutzgerätes usw. Im Fall einer Betriebskontrolle wird die Aufzeichnungspflicht, die Lagerung, Verpackung und Kennzeichnung geprüft . Im Jahr 2012 wurden insgesamt 406 Kontrollen zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, im Jahr 2013 wurden 400 Kontrollen durchgeführt. 5. Wie viele Funde von Pflanzenschutzmitteln waren jeweils in Betrieben der im Art.68 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 genannten Bereiche Produktion /Formulierung, Verpackung, Kennzeichnung, Lagerung, Transport, Vermarktung und Verwendung von Pflanzenschutzmitteln wegen fehlerhafter Wirkstoffgehalte, fehlerhafter Beistoffgehalte oder unzulässiger Verunreinigungen nicht verkehrsfähig? Die systematische Kontrolle von Pflanzenschutzmitteln auf fehlerhafte Zusammensetzung erfolgt entsprechend dem Bund-Länder-Kontrollprogramm im Pflanzenschutz. Der Umfang und die zu untersuchenden Parameter werden jährlich entsprechend der Kapazitäten des BVL für die Länder festgelegt. Die Planproben werden aus dem Handel entnommen und durch das BVL untersucht . 2012 wurden durch Sachsen-Anhalt sieben sogenannte Planproben mit den Wirkstoffen Chlorthalonil bzw. Metazachlor eingeschickt. Alle Gebinde waren verkehrsfähig. 2013 wurden drei Planproben mit dem Wirkstoff Prothioconazol überprüft, die ebenfalls verkehrsfähig waren. Zusätzlich werden im Fall von Auffälligkeiten bezüglich Verpackung, Kennzeichnung , Zulassung anlassbezogen Verdachtsproben aus dem Handel entnommen . Hier wurden in den Jahren 2012 und 2013 keine nicht verkehrsfähigen Pflanzenschutzmittel in Sachsen-Anhalt festgestellt. Die Zusammensetzung von Pflanzenschutzmitteln im Bereich der Anwendung wird nicht überprüft. 4 6. Gibt es auf Bundes- oder Landesebene Leitlinien oder einheitliche Vorgaben zu Qualität, Umfang und Durchführung der Kontrollen in den Betrieben der im Art. 68 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 genannten Bereiche Produktion/Formulierung, Verpackung, Kennzeichnung, Lagerung und Transport von Pflanzenschutzmitteln? Das Handbuch - Pflanzenschutzkontrolle dient als Leitlinie für die Durchführung der Kontrollen (s. auch Vorbemerkung). Es enthält Vorgaben zur Kontrollausrüstung und -durchführung, beispielsweise hinsichtlich der zu kontrollierenden Tatbestände der verschiedenen Kontrollbereiche. Vorgaben zum Umfang der Kontrollen gibt es weder von der EU noch vom Bund. 7. Auf welche Weise erlangen die für die Überwachung zuständigen Behör- den Kenntnis vom Transport nicht in Deutschland zugelassener Pflanzenschutzmittel , die zur Verwendung in einem anderen Mitgliedstaat oder einem Drittland bestimmt sind? Gemäß § 24 PflSchG hat, wer Pflanzenschutzmittel zu gewerblichen Zwecken oder im Rahmen sonstiger wirtschaftlicher Unternehmungen in den Verkehr bringen oder zu gewerblichen Zwecken einführen oder innergemeinschaftlich verbringen will, dies der für den Betriebssitz und den Ort der Tätigkeit, im Falle der Einfuhr der für den Betriebssitz oder die Niederlassung des Verfügungsberechtigten zuständigen Behörde vor Aufnahme der Tätigkeit unter Angabe seines Namens, seiner Anschrift und seiner Telekommunikationsdaten, anzuzeigen . Hersteller und Inverkehrbringer von Pflanzenschutzmitteln sind in den Ländern registriert und werden im Rahmen von Verkehrskontrollen überwacht. Hier erfolgt die Kontrolle der Aufzeichnungspflicht über Verkauf von Pflanzenschutzmitteln . Im Falle der Herstellung von nicht in Deutschland zugelassenen Pflanzenschutzmitteln in Deutschland für den Export wird ebenfalls der Hersteller überwacht . Soll ein Pflanzenschutzmittel in den innergemeinschaftlichen freien Verkehr überführt werden, werden die zuständigen Länderbehörden (Pflanzenschutzdienste ) in Fällen von nicht in Deutschland zugelassenen Pflanzenschutzmitteln vom Zoll informiert und die Verkehrsfähigkeit der Ware vor der Freigabe geprüft . Im Falle des Transportes von nicht in Deutschland zugelassenen Pflanzenschutzmitteln im Transit, d. h. von außerhalb der EU nach außerhalb der EU, steht die Ware unter Zollverschluss und kann nicht in den freien Warenverkehr überführt werden. 5 8. Auf welche Weise werden Transporte nicht in Deutschland zugelassener Pflanzenschutzmittel, die zur Verwendung in einem anderen Mitgliedstaat oder einem Drittland bestimmt sind, überwacht? Der Transport von Pflanzenschutzmitteln wird nicht überwacht. Die Herstellung von nicht zugelassenen Pflanzenschutzmitteln wird beim Hersteller überwacht. Die Einfuhr bzw. Überführung von Pflanzenschutzmitteln in den freien Warenverkehr wird vom Zoll in Zusammenarbeit mit den Pflanzenschutzdiensten überwacht. 9. Auf welche Weise werden die für die Überwachung zuständigen Behörden der Nachbar-Bundesländer oder anderer Mitgliedstaaten benachrichtigt, wenn ein Transport nicht in Deutschland zugelassener Pflanzenschutzmittel deren Gebiet erreicht? Siehe Antwort auch zu Frage 8. 10. Auf welche Weise wird der Internethandel von Pflanzenschutzmitteln überwacht? Internethändler von Pflanzenschutzmitteln unterliegen gemäß § 24 PflSchG der Anzeigepflicht und sind in den entsprechenden Landesregistern registriert. Die Überwachung von Handelsplattformen wie eBay oder Amazon erfolgt bundeseinheitlich , koordiniert durch die AG PMK. Regelmäßig werden Angebote im Internet zu speziellen Schlagworten gesucht und auf Zulässigkeit geprüft. Brandenburg beispielsweise nimmt als örtlich zuständige Behörde zu eBay Kontakt auf und erteilt auf Anfrage anderer Bundesländer Auskünfte über die bei eBay tätigen Händler. 11. Mit welchem Personal- und Sachaufwand rechnet die Landesregierung, um den gesetzlichen Anforderungen an die Überwachung des Verkehrs und der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in qualitativer und quantitativer Hinsicht zu genügen? Für die Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen an die Überwachung des Verkehrs und der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (amtliche Kontrolle) in Umsetzung der Novelle des Pflanzenschutzgesetzes aus dem Jahr 2012 besteht ein zusätzlicher Personalaufwand in Höhe von 11 Vollbeschäftigteneinheiten . Es entsteht Sachaufwand für die Erstellung einer Datenbank für Kontrollen /Genehmigungen/Vollzug einschließlich der jährlichen Anpassung und Pflege und für die Kontrollausrüstung für Inspektoren, für Analytik und Probenahme (vorgeschrieben im Handbuch Pflanzenschutzkontrollprogramm zum BundLänder -Programm zur Überwachung des Inverkehrbringens und der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln nach dem Pflanzenschutzgesetz vom April 2014) sowie für zwei PKW. Hinsichtlich der bestehenden Aufgaben sind ausreichend Stellen vorhanden, es besteht allerdings ein Nachbesetzungsbedarf in Höhe von 14 VBE, der mit den vorhandenen Neueinstellungskontingenten nicht abgedeckt werden kann.