Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/3316 25.07.2014 (Ausgegeben am 25.07.2014) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Informationsweitergabe im Verfassungsschutzverbund Kleine Anfrage - KA 6/8407 Vorbemerkung des Fragestellenden: In einer Reihe von Bundesländern und im Bund wird infolge der Selbstaufdeckung des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) und der im Anschluss identifizierten Defizite u. a. bei den Verfassungsschutzbehörden derzeit über neue Verfassungsschutzgesetze und die Novellierung bestehender gesetzlicher Vorschriften diskutiert und parlamentarisch entschieden. Dies gilt auch für das Bundesland Thüringen. Die dort im parlamentarischen Verfahren befindliche Novelle des Verfassungsschutzgesetzes ist in beispielloser Weise von Verfassungsschutzbehörden anderer Länder kritisiert worden (DER SPIEGEL, Ausgabe 18/2014 vom 28. April 2014). Aus Sicherheitskreisen verlautbarte nun, dass im Mai 2014 neben dem Bundesamt für Verfassungsschutz auch Verfassungsschutzbehörden auf Länderebene ihren Mitarbeitern Anweisung erteilt hätten, keine besonders schutzwürdigen Informationen mehr an den Thüringer Nachrichtendienst weiterzuleiten (Freies Wort vom 28. Juni 2014). Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport 1. Welche Rechtsvorschriften (gesetzlich und untergesetzlich) regelten bis zum 8. November 2011 den Informationsaustausch zwischen den Behörden im Verfassungsschutzverbund und welche Rechtsvorschriften sind für diesen Informationsaustausch zum Stichtag maßgeblich? Folgende gesetzliche Rechtsvorschriften regelten in Sachsen-Anhalt zum Stichtag 8. November 2011 den Informationsaustausch zwischen den Behörden für Verfassungsschutz: 2  Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG),  Gesetz über den Verfassungsschutz im Land Sachsen-Anhalt (VerfSchG- LSA),  Gesetz zur Errichtung einer standardisierten zentralen Antiterrordatei von Po- lizeibehörden und Nachrichtendiensten von Bund und Ländern (Antiterrordateigesetz - ATDG). Folgende untergesetzliche Rechtsvorschriften regelten in Sachsen-Anhalt zum Stichtag 8. November 2011 den Informationsaustausch zwischen den Behörden für Verfassungsschutz:  Richtlinien für das nachrichtendienstliche Informationssystem (NADIS) der Verfassungsschutzbehörden,  Richtlinie für die Zusammenarbeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz und der Landesbehörden für Verfassungsschutz (Koordinierungsrichtlinie - KR) (Verschlusssache - Nur für den Dienstgebrauch),  Richtlinien für den Quellenschutz in Meldungen und Berichten der Behörden für Verfassungsschutz (Verschlusssache - Nur für den Dienstgebrauch),  Dienstanweisung Antiterrordatei der Abteilung 5 des Ministeriums des Innern des Landes Sachsen-Anhalt (DA-ATD) (Verschlusssache - Vertraulich). Die o. a. Rechtsvorschriften waren für diesen Informationsaustausch zum Stichtag maßgeblich. 2. Lagen/liegen diese Rechtsvorschriften der Parlamentarischen Kontroll- kommission des Landes Sachsen-Anhalt zur Einsichtnahme vor? Die gesetzlichen Rechtsvorschriften sind veröffentlicht. Sie wurden der Parlamentarischen Kontrollkommission nicht gesondert zur Verfügung gestellt. Seit dem Übergang der Geschäftsstelle der Parlamentarischen Kontrollkommission vom Ministerium für Inneres und Sport an den Landtag von Sachsen-Anhalt sind der Parlamentarischen Kontrollkommission nach Kenntnis der Landesregierung die genannten untergesetzlichen Rechtsvorschriften nicht vorgelegt worden. Ob diese Rechtsvorschriften vor dem Übergang der Geschäftsstelle im Rahmen von Sitzungen der Kommission vorlagen, kann nicht mehr nachvollzogen werden. Die Niederschriften zu den bis zu diesem Zeitpunkt durchgeführten Sitzungen sind an die Geschäftsstelle der Parlamentarischen Kontrollkommission beim Landtag von Sachsen-Anhalt übergeben worden. Seitens der Landesregierung bestehen keine Bedenken, die genannten untergesetzlichen Rechtsvorschriften an die Parlamentarische Kontrollkommission zu übermitteln. 3 3. Ist es zutreffend, dass Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder Anweisung erteilt haben, besonders schutzwürdige Informationen nicht mehr an den Thüringer Verfassungsschutz oder andere Verfassungsschutzbehörden weiterzugeben? Falls ja, welche Behörden haben nach Kenntnis der Landesregierung eine entsprechende Weisung erteilt? 4. Hat die Verfassungsschutzbehörde des Landes Sachsen-Anhalt oder eine andere zuständige Stelle des Landes eine entsprechende Weisung erteilt? Falls ja, was ist der genaue Inhalt der Anweisung und welche Informationen sind nach Thüringen nicht mehr zu übermitteln? 5. Falls eine entsprechende Anweisung erteilt wurde, auf welcher Grundlage erfolgte diese und wie begründet die Landesregierung eine solche Anweisung ? Die Landesregierung äußert sich grundsätzlich nicht zu Vorgängen, die nicht ihrem Zuständigkeitsbereich unterfallen. In Sachsen-Anhalt ist ausschließlich die Verfassungsschutzbehörde für das Übermitteln von Informationen im Verfassungsschutzverbund zuständig. Weisungen , besonders schutzwürdige Informationen nicht mehr an den Thüringer Verfassungsschutz oder andere Verfassungsschutzbehörden weiterzugeben, wurden nicht erteilt. 6. Welche Initiativen plant die Landesregierung im Hinblick auf eine Novelle des Verfassungsschutzgesetzes des Bundes, nachdem der Innenminister die Mitarbeit des Landes in einer entsprechenden Arbeitsgruppe bekannt gegeben hat? Wann ist mit ersten Ergebnissen dieser Arbeitsgruppe zu rechnen? Die Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder hat am 13. Juni 2014 in Bonn die Einrichtung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe vorgeschlagen, die sich mit der Änderung des BVerfSchG befassen soll. Sachsen-Anhalt hat seine Mitarbeit in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zugesagt. Sachsen-Anhalt wird in dieser Arbeitsgruppe vom Staatssekretär im Ministerium für Inneres und Sport vertreten. Erste Ergebnisse wird die Arbeitsgruppe voraussichtlich erst nach ihrer ersten Sitzung am 11. August 2014 vorlegen können. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse wird die Landesregierung über eigene Initiativen beraten.