Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/3318 25.07.2014 (Ausgegeben am 28.07.2014) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Andreas Steppuhn (SPD) Festlegung der Verfahrensweise zur Neuausschreibung der Kehrbezirksausschreibungen für Schornsteinfeger zum 1. Januar 2015 Kleine Anfrage - KA 6/8389 Vorbemerkung des Fragestellenden: Im Zusammenhang mit der Neuausschreibung der Bezirke zum 1. Januar 2015 ist es zu teilweisen Neuzuschnitten der Bezirke gekommen; hierbei wurden bereits zwei Bezirke (Magdeburg 05 und 09) nach dem Erlass aufgeteilt. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft Vorbemerkung: Die Kehrbezirke Magdeburg (MD) 05 und 09 sind bislang nicht neu zugeschnitten worden. Der Kehrbezirk MD 05 wurde zum Zeitpunkt der Fragestellung noch durch den Kehrbezirksinhaber betreut. Dieser tritt auf eigenen Wunsch vorfristig zum 31.07.2014 in den Ruhestand. Eine eventuelle Aufteilung kann erst danach vorgenommen werden. Die Bestellung des Kehrbezirksinhabers von MD 09 musste mit Bescheid vom 25.02.2014 wegen zahlreicher Verstöße gegen die Berufspflichten eines bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers (bBSF) widerrufen werden. Nach Eintritt der Bestandskraft des Bescheids erfolgte am 16.04.2014 die Übergabe der Kehrbezirksdaten . Die Aufgaben werden seitdem durch den benachbarten bBSF (MD 08), als von der Landeshauptstadt Magdeburg bestellter Vertreter, wahrgenommen. Eine Aufteilung des Kehrbezirks ist aus vorgenannten Gründen bis jetzt nicht erfolgt, sie ist aber zeitnah beabsichtigt. 2 Frage Nr. 1: Auf welcher Grundlage werden die neuen Zuschnitte für die jeweiligen Bezirke vorgenommen? Am 18.12.2013 wurden die unteren Schornsteinfegeraufsichtsbehörden der Landkreise und kreisfreien Städte per Rundverfügung des Landesverwaltungsamtes (LVwA) aufgefordert, die durchschnittlichen Arbeitswerte (AW) der hoheitlichen Tätigkeiten der bBSF in den einzelnen Kehrbezirken des jeweiligen Zuständigkeitsbereiches zu übermitteln, um bei einem beabsichtigten Neuzuschnitt der Kehrbezirke eine gewisse Vergleichbarkeit zu gewährleisten und damit die Motivation zum vorzeitigen Kehrbezirkswechsel zu verringern. Anlass dafür war ein Prüfauftrag des Ministeriums für Wissenschaft und Wirtschaft (MW) vom 16.12.2013 aufgrund der von Gesetzes wegen nach § 42 Schornsteinfeger-Handwerksgesetz (SchfHwG) anstehenden Ausschreibung der zu besetzenden Kehrbezirke zum 01.01.2015. Frage Nr. 2: Welches Datenmaterial wird zur Grundlage genommen, die Festlegung zu treffen , dass Bezirke, deren hoheitliche Arbeitswerte unterhalb von 18.000 Einheiten liegen, aufgelöst werden sollen? Auf die o. g. Rundverfügung hin haben die unteren Schornsteinfegeraufsichtsbehörden umfangreiches Zahlenmaterial über die hoheitlichen Tätigkeiten im jeweiligen Kehrbezirk erstellt und an das LVwA gesandt. Dort wurden diese Daten zusammengefasst , ausgewertet, in Diagrammform graphisch dargestellt und am 12.02.2014 an das MW übergeben. Das MW hat daraufhin festgelegt, dass die hoheitlichen AW eines Kehrbezirkes künftig nicht unter 18.000 liegen sollen. Frage Nr. 3: Wurde im Vorfeld eine Auswertung zu den Daten in Frage 4 in den Bezirken vorgenommen, um einen Überblick über den Umfang der hoheitlichen Tätigkeiten zu bekommen? Wenn ja, wurde hierzu eine Plausibilitätsprüfung der Daten vorgenommen? Eine Plausibilitätsprüfung erfolgte in der unter Antwort zu Frage Nr. 2 beschriebenen Weise durch den zuständigen Sachbearbeiter im LVwA in enger Zusammenarbeit mit den entsprechenden Landkreisen/kreisfreien Städten. Frage Nr. 4: Welche Rechtsgrundlagen haben zu der Festlegung geführt, dass bezogen auf Frage 2, Bezirke aufgelöst werden sollen, die altersbedingt unter Beachtung der gesetzlichen Altersgrenze von 67 Jahren (§ 12 Abs. 1 Nr. 3 SchfHwG) frei werden? Mit Erlass vom 05.05.2014 wurde festgelegt, dass Kehrbezirke aufgelöst werden sollen , wenn sie unter 18.000 hoheitliche AW haben und derzeit nicht besetzt sind (wegen Erreichens der Altersgrenze, gesundheitlicher Gründe, Widerruf oder erfolgreicher Bewerbung des vorherigen Kehrbezirksinhabers auf einen anderen Kehrbezirk ). Hintergrund dieser Festlegung war zum einen, dass eine kontinuierliche Stabilisierung der Kehrbezirke auch in den nächsten Jahren erfolgen soll. Zum anderen wird auf diese Weise gewährleistet, dass der Neuzuschnitt nicht zu Lasten der be- 3 setzten Kehrbezirke geht, da nur solche Kehrbezirke in die Umverteilung aufgenommen werden, die aus unterschiedlichen Gründen (s. o.) nicht besetzt sind und weniger als 18.000 hoheitliche AW haben. Als Rechtsgrundlage kommt § 7 SchfHwG zum Tragen, der der zuständigen Behörde (LVwA) erlaubt, Kehrbezirke einzurichten. Zur Sicherung der Betriebs- und Brandsicherheit, des Umwelt- und Klimaschutzes und der Energieeinsparung ist es zwingend geboten, alle Kehrbezirke zu überprüfen, um einer unnötigen Fluktuation der Kehrbezirksinhaber entgegenzuwirken. Frage Nr. 5: Unter welchem Gesichtspunkt will das Wirtschaftsministerium eine weiterführende gesetzliche Regelung zum § 10 SchfHwG schaffen? Das MW beabsichtigt nicht, weiterführende gesetzliche Regelungen zum § 10 SchfHwG zu schaffen. Frage Nr. 6: Welche Verbände und Organisationen wurden in Vorbereitung der Festlegung dieser Verfahrensweise zur Neuaufteilung der Schornsteinfeger-Bezirke beteiligt ? Frage Nr. 7: Warum wurde, bezogen auf Frage 6, der Zentralverband Deutscher Schornsteinfeger e. V. (ZDS) als Arbeitnehmervertretung nicht einbezogen? Mit den Spitzenverbänden und -organisationen des Landes (LIV und ZDS) werden regelmäßig Gespräche zu Themen des Schornsteinfegerwesens geführt. Auch in der Diskussion im Vorfeld der anstehenden Ausschreibungen zur Neubesetzung der Kehrbezirke zum 01.01.2015 gab es eine Vielzahl an Gesprächen und Erörterungsterminen . Frage Nr. 8: Was erhofft sich die Landesregierung von dem Neuzuschnitt der jeweiligen Bezirke ? Ausgangspunkt ist die mögliche Gefährdung der Feuersicherheit durch die in der Vergangenheit vermehrt zu beobachtenden Bestrebungen zum Kehrbezirkswechsel (sogenannte Kehrbezirks-Hopping). So wurden seit dem 01.01.2010 (Stand vom 18.12.2013) landesweit 52 Kehrbezirke ausgeschrieben. In etwa 30 % dieser Fälle haben die auf diesem Wege bestellten bBSF ihr Interesse an einer Fortführung ihrer Tätigkeit im zugewiesenen Kehrbezirk verloren und sich um einen anderen Kehrbezirk bemüht. Dies führt wiederum zu einem erhöhten Erfordernis von vorübergehenden Vertretungen bis zur Neubesetzung des Kehrbezirks nach Abschluss des Ausschreibungsverfahrens . Mit ihnen ist eine teils nicht unerhebliche Zusatzbelastung für die Vertreter selbst verbunden, die letztendlich der Gewährleistung der Feuersicherheit abträglich ist. Zudem besteht die Gefahr, dass es bei den Bürgerinnen und Bürgern durch einen häufigen Wechsel ihres Ansprechpartners bzw. eventuell schon durch bekannt werdende Wechselabsichten zu Verunsicherungen kommen könnte. 4 Frage Nr. 9: Rechnet die Landesregierung, bezogen auf Frage 8, damit, dass der Neuzuschnitt zu mehr oder zu weniger Arbeitsplätzen im Schornsteinfegerhandwerk des Landes führt? Im Fokus der Landesregierung muss die Gewährleistung der Feuer- und Brandsicherheit stehen. Seit vollständigem Inkrafttreten des Schornsteinfeger-Handwerksgesetzes zum 01.01.2013 ist die vorher im § 15 SchfG normierte Pflicht zur Beschäftigung eines Gesellen weggefallen. Der Neuzuschnitt der Kehrbezirke soll dazu führen, dass künftig wieder eine größere Stabilität in den Kehrbezirken eintritt. Dadurch kann mit dem Effekt gerechnet werden, dass der Neuzuschnitt der Beschäftigung eines Gesellen zuträglich ist und auf Dauer sichere Beschäftigungsverhältnisse begründet werden. Frage Nr. 10: Führt die Vergrößerung der Bezirke nicht automatisch dazu, dass Schornsteinfegermeister weniger Perspektiven im Hinblick auf die Bewerbungen für die frei werdenden Bezirke erhalten? Frage Nr. 11: Führt die Festlegung über den Neuzuschnitt der Bezirke nicht automatisch dazu , dass Besitzstände der bisherigen Schornsteinfegermeister, die die Bezirke innehaben, gesichert werden? Seit 1. Januar 2013 sind Schornsteinfeger in ihren Kehrbezirken nur noch eingeschränkt hoheitlich tätig. Für alle anderen allgemeinen Schornsteinfeger-Arbeiten - wie zum Beispiel Kehrarbeiten - kann jeder Schornsteinfeger in jedem Kehrbezirk tätig sein und die Vergütung jeweils frei aushandeln. Grund ist, dass der Bund das Schornsteinfegerwesen im Jahr 2008 aufgrund europarechtlicher Vorgaben neu regeln musste. Danach musste das bisherige Schornsteinfegermonopol in den einzelnen Kehrbezirken und vor allem die garantierte wirtschaftliche Auskömmlichkeit der einzelnen Kehrbezirke entfallen. Infolge dessen gilt bundesweit, dass die Tätigkeit als bBSF öffentlich auszuschreiben ist. Ein bBSF kann grundsätzlich nur für einen Bezirk bestellt werden; die Bestellung ist auf sieben Jahre befristet. Damit gibt es deutlich mehr Möglichkeiten, sich auf Kehrbezirke zu bewerben als in der Vergangenheit, in der die Kehrbezirke unbefristet vergeben wurden. Dies gilt auch, wenn sich die Zahl der Kehrbezirke geringfügig verringert . Frage Nr. 12: Wie ist die Verfahrensweise zur Neuausschreibung der Bezirke mit der von der EU gewollten Liberalisierung im Schornsteinfegerhandwerk zu vereinbaren? Dem Grundgedanken einer Liberalisierung des Schornsteinfegerhandwerks steht es nicht entgegen, dass die vorhandenen Bezirke so ausgestattet werden, dass eine verlässliche Bearbeitung und damit die Feuer- und Brandsicherheit gewährleistet wird.