Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/3340 04.08.2014 (Ausgegeben am 05.08.2014) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Andreas Steppuhn (SPD) Umsetzung des gesetzlichen Mindestlohnes in den Zuständigkeitsbereichen der Landesverwaltung Kleine Anfrage - KA 6/8391 Vorbemerkung des Fragestellenden: Zum 1. Januar 2015 wird absehbar der gesetzliche Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro eingeführt. Die Landesregierung wird sich darauf einstellen müssen, den Mindestlohn auch in den Bereichen der Landesverwaltung, bei Beteiligungsgesellschaften und bei Dienstleistungsaufträgen und Auftragsvergaben umzusetzen. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Arbeit und Soziales Vorbemerkung: Der Bundestag hat am 3. Juli 2014 das Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie (Tarifautonomiestärkungsgesetz ) verabschiedet. Der Bundesrat hat dem Gesetz am 11. Juli 2014 zugestimmt. Damit wird der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro brutto je Zeitstunde zum 1. Januar 2015 eingeführt. Bis zum 31. Dezember 2016 sind tarifliche Abweichungen auf der Grundlage des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes erlaubt. Ab dem 1. Januar 2017 gilt der gesetzliche Mindestlohn dann ohne diese Einschränkungen. Die Landesregierung begrüßt das Tarifautonomiestärkungsgesetz (BT-Drucksache 18/1558; BR-Drucksache 288/14), mit dem ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn als unterste Grenze des Arbeitsentgelts eingeführt wird, um Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Niedriglöhnen zu schützen. Auch sieht sich die Landesregierung in einer besonderen Verantwortung und Vorbildfunktion im Hinblick auf eine umfassende Umsetzung in denjenigen Bereichen, auf die sie einen direkten Zugriff hat. 2 Vom persönlichen Anwendungsbereich ausgenommen sind nach § 22 des Gesetzes zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (Mindestlohngesetz - MiLoG als Artikel 1 des Tarifautonomiestärkungsgesetzes) bestimmte Gruppen von Praktikantinnen und Praktikanten, teils nur für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten sowie für Langzeitarbeitslose in den ersten sechs Monaten der Beschäftigung. 1. Was unternehmen die einzelnen Ministerien sowie nachgelagerten Behör- den, damit ab dem 1. Januar 2015 in ihren Zuständigkeitsbereichen überall der gesetzliche Mindestlohn gezahlt wird? Da es sich bei der Zahlung eines Mindestlohns von 8,50 Euro brutto pro Zeitstunde ab dem 01.01.2015 um eine gesetzliche Verpflichtung handelt, bedarf es grundsätzlich keiner besonderen Aktivität der Landesregierung zur Umsetzung. Für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in einem Arbeitsverhältnis zum Land Sachsen-Anhalt stehen (Beschäftigte), findet grundsätzlich der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) Anwendung. Nach der seit dem 1. Januar 2014 geltenden Entgelttabelle liegt das niedrigste Stundenentgelt nach dem TV-L (Entgeltgruppe 1, Stufe 2) bei 9,05 Euro (ohne Jahressonderzahlung sowie sonstige individuell zustehende Entgeltbestandteile). Es liegt damit oberhalb des künftigen gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro. Das gleiche gilt für die niedrigsten Stundenentgelte in speziellen Tarifverträgen, wie z. B. dem Tarifvertrag zur Regelung der Arbeitsbedingungen von Beschäftigten in forstwirtschaftlichen Verwaltungen, Einrichtungen und Betrieben der Länder (TV-L-Forst). Die im Rahmen bestehender Dienstleistungsverträge zu zahlenden Löhne richten sich nach den geltenden Tarifverträgen, die gegebenenfalls von den Dienstleistern (Arbeitgebern) angepasst werden müssen. Bei solchen Verträgen wird das jeweils zuständige Ressort der Landesregierung darauf hinwirken, dass die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden. Soweit in Beteiligungsunternehmen des Landes vereinzelt noch Stundenlöhne unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns gezahlt werden sollten, ist die Notwendigkeit einer Vertragsanpassung durch das jeweilige Beteiligungsunternehmen zu prüfen. Im Rahmen der Wahrnehmung der Anteilseignerrechte des Landes in der Gesellschafterversammlung oder dem Aufsichtsrat des Beteiligungsunternehmens werden das Zentrale Beteiligungsmanagement oder das für die Beteiligung zuständige Fachressort auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zur Umsetzung des Mindestlohns hinwirken. 2. In welchen Bereichen der Landesverwaltung, ihrer nachgelagerten Behörden und Beteiligungsgesellschaften werden aktuell noch Stundenlöhne unterhalb von 8,50 Euro gezahlt? Bitte auch Leiharbeitsverhältnisse und geringfügige Beschäftigungsverhältnisse bei der Beantwortung der Frage mit einbeziehen. Vereinzelt werden in Dienstleistungsbereichen, wie dem Wachdienst und der Gebäudereinigung, aktuell noch Stundenlöhne unterhalb von 8,50 Euro gezahlt, wobei es sich in diesen Fällen um derzeit geltende Tariflöhne handelt. Die Branche der Sicherheitsdienstleistungen ist vom Arbeitnehmer-Entsendegesetz zwar 3 gedeckt (s. Vorbemerkung der Landesregierung), allerdings existiert hier gegenwärtig kein gültiger Mindestlohntarifvertrag, sodass für diese Branche ab dem 01.01.2015 der gesetzliche Mindestlohn gilt. Die Gebäudereiniger werden ebenfalls vom Arbeitnehmer-Entsendegesetz erfasst. Hier gilt gegenwärtig ein Mindestlohn von 7,96 Euro, der zum 01.01.2015 auf 8,21 Euro angehoben wird und zum 31.10.2015 ausläuft, sodass ab diesem Zeitpunkt auch in dieser Branche der gesetzliche Mindestlohn gilt. Darüber hinaus wird teilweise Praktikantinnen und Praktikanten (s. hierzu auch die Vorbemerkung der Landesregierung), Aushilfskräften , Saisonarbeitskräften und studentischen Hilfskräften derzeit noch eine Vergütung gewährt, die unter dem künftigen gesetzlichen Mindestlohn liegt. Ein Arbeitsverhältnis zwischen Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern und dem Land (Entleiher) besteht nicht. Vertragspartner ist hier das verleihende Unternehmen. Die vom Verleiher an seine Beschäftigten gezahlten Entgelte richten sich nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und tarifvertraglichen Regelungen. Geringfügig Beschäftigte im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV („450-Euro-Jobs“) fallen unter den Geltungsbereich des TV-L. 3. Was unternimmt die Landesregierung, um sicherzustellen, dass bestehende Verträge mit Dienstleistern oder mit Kantinen so angepasst werden, dass der neue Mindestlohn zum 1. Januar 2015 auch dort uneingeschränkt gezahlt werden kann? In der Regel erfolgt eine Anpassung dieser Verträge im Rahmen bestehender Tarifanpassungsklauseln. Bei bestehenden Dienstleistungsverträgen wird das jeweilige Ressort der Landesregierung (Vertragspartner) darauf hinwirken, dass die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden. 4. Ist es geplant, die Mehrkosten für die Umsetzung des neuen Mindestlohnes auch im kommenden Landeshaushalt zu berücksichtigen? Wenn ja, in welcher Höhe? Im Rahmen der Regierungsplanung für den Doppelhaushalt 2015/2016 werden alle Ausgabenansätze so dotiert, dass sowohl bereits bestehende als auch zu erwartende rechtliche Verpflichtungen ausfinanziert werden können. Hierzu zählen auch die zu erwartenden Auswirkungen der Regelungen zum gesetzlichen Mindestlohn. Eine Bezifferung des Personalaufwandes bzw. des zu erwartenden Mehraufwandes ist aus systematischen Gründen nicht möglich. Der Personalaufwand in dem erfragten Umfang wird nicht ausschließlich durch die eigentlichen Personalausgabeansätze (haushaltssystematisch Hauptgruppe 4) abgebildet. Personalaufwand kann vielmehr auch in anderen Ausgabepositionen enthalten sein, ohne dass er anhand der Haushaltsansätze ermittelbar wäre. 4 5. Was unternimmt die Landesregierung, damit bei der öffentlichen Auftragsvergabe sichergestellt ist, dass alle Auftragnehmer auch tatsächlich den gesetzlichen Mindestlohn einhalten? Die Auftragnehmer haben die sich aus den gesetzlichen Bestimmungen ergebenden Folgen bei ihrer Kalkulation zu berücksichtigen. Das schließt die Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns mit ein. Gemäß § 10 Absatz 1 Satz 1 Landesvergabegesetz dürfen öffentliche Aufträge, die das Arbeitnehmer-Entsendegesetz erfasst, nur an Bieter vergeben werden, die sich bei der Angebotsabgabe schriftlich verpflichtet haben, ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bei der Ausführung ihrer Leistungen Arbeitsbedingungen zu gewähren, die mindestens den Vorgaben desjenigen Tarifvertrages entsprechen, an den das Unternehmen aufgrund des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes gebunden ist. Nach Satz 2 (2. Alternative) gilt dies entsprechend für andere gesetzliche Bestimmungen über Mindestentgelte, worunter auch der zu erwartende gesetzliche Mindestlohn fällt. Mit der Verordnung über die Anwendung des Formularwesens bei der Vergabe öffentlicher Bauaufträge vom 30. April 2013 hat das Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft ein einheitliches Formularwesen für öffentliche Aufträge geschaffen . Gemäß Anlage 1 zu § 2 „Erklärung zur Tariftreue und Entgeltgleichheit“ müssen die Auftragnehmer verbindlich erklären, dass sie die Vorschriften des § 10 Landesvergabegesetz einhalten. Wird diese Erklärung nicht oder nur unvollständig abgegeben, führt dies zum Ausschluss des Bieters während des laufenden Vergabeverfahrens. Verstöße gegen diese Verpflichtung nach Vertragsschluss können zu einer fristlosen Kündigung des Vertrages und zu einer Auftragssperre für die Dauer von bis zu drei Jahren führen.