Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/3343 04.08.2014 (Ausgegeben am 05.08.2014) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Nadine Hampel (SPD) Straßenbegleitende Radwege Kleine Anfrage - KA 6/8415 Vorbemerkung des Fragestellenden: Zu der Beantwortung der Kleinen Anfrage Drs. 6/3056 (KA 6/8286) haben sich noch Nachfragen ergeben. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr Vorbemerkung Die Fortschreibung der derzeit gültigen Bedarfspläne für straßenbegleitende Radwege an Bundes- und Landesstraßen (Stand 03/2010) erfolgt ausweislich des Landesradverkehrsplanes (LRVP) turnusmäßig alle 5 Jahre; d. h. erstmalig im Jahr 2015. In diesem Zusammenhang sollen auch die Bewertungsfaktoren und Gewichtungen bei der Dringlichkeitsreihung unter Berücksichtigung der aktuellen Regelwerke überarbeitet werden. Die Fortschreibung der Bedarfspläne erfolgt entsprechend der nachstehend beschriebenen Vorgehensweise. Im ersten Schritt ist die Notwendigkeit einer Radverkehrsverbindung für den Tourismus -, Freizeit- und Alltagsradverkehr auf der Basis von Netzplanungen zu ermitteln. Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass bei einem Großteil der Außerortsstrecken von Bundes- und Landesstraßen die Notwendigkeit einer Radverkehrsverbindung seitens der Landesregierung, insbesondere mit Blick auf den Alltagsradverkehr gesehen wird. Davon ausgenommen sind die Abschnitte der Ortsumgehungen, da in diesen Bereichen der Radverkehr die Ortsdurchfahrt nutzen kann und soll. Im zweiten Schritt ist der Bedarf einer Radverkehrsanlage anhand der geltenden Regelwerke zu prüfen. Die Landesregierung sieht den Bedarf nach einer Radverkehrs- 2 anlage an Außerortsstraßen in Anlehnung an die Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA 2010) aus Gründen der Verkehrssicherheit als gegeben an, wenn im Prognosejahr 2025 die Verkehrsbelastung des Streckenabschnittes, unabhängig von der zulässigen Geschwindigkeit, einen bestimmten Grenzwert überschreitet und kein Alternativweg für den Radverkehr vorhanden ist. Der festgestellte Bedarf einer Radverkehrsanlage gibt noch nicht die Art der Radverkehrsführung - auf der Fahrbahn oder abgesetzt von der Fahrbahn - vor. Für den zielführenden und effizienten Einsatz der vorhandenen finanziellen und personellen Ressourcen ist im dritten Schritt eine Prioritätenermittlung für alle festgestellten Bedarfe erforderlich. Diese Prioritätenreihung soll anhand einer landesweit einheitlichen Multikriterienanalyse, die sich auch in anderen Bundesländern bewährt hat, entsprechend den Vorgaben des LRVP, Seite 47, durchgeführt werden. Danach wird die Priorität einer Radverkehrsanlage anhand der Bewertung verschiedener Kriterien mit einer der Bedeutung des Kriteriums angepassten und angemessenen Wichtung ermittelt. Die Maßnahmen können dabei eine Punktezahl auf einer Skala von 1,00 bis 10,00 Punkte erreichen. Die Multikriterienanalyse wird folgende Bewertungskriterien beinhalten:  Maß der Gefährdung (Gesamtgewicht 55%) mit ‒ Gefährdung durch den Kraftfahrzeugverkehr (Gewichtung 40 %) ‒ Gefährdung durch den Schwerverkehr (Gewichtung 5 %) ‒ Gefährdung durch die Kurvigkeit der Straße (Gewichtung 10 %)  Maß der Betroffenheit (Gesamtgewicht 45%) mit ‒ vorhandene Radverkehrsstärke (Gewichtung 5 %) ‒ Bedeutung als Schulweg (Gewichtung 15 %) ‒ Überdeckung mit touristischen Radrouten (Gewichtung 10 %) ‒ Bedeutung für das Erreichen Zentraler Orte (Gewichtung 10 %) ‒ Nähe eines relevanten Großobjektes in Einzellage (Gewichtung 5 %). Anhand der über die Multikriterienanalyse ermittelten Punktezahlen und im Abgleich mit den finanziellen und personellen Kapazitäten der Straßenbauverwaltung (SBV) sowie den territorialen Randbedingungen erfolgt die Einordnung der Radwegemaßnahmen in einen Vordringlichen Bedarf (VB), dessen Umsetzung innerhalb der Gültigkeit der Bedarfspläne - Zeitraum 2015-2020 - realistisch ist, und einen weiteren Bedarf (WB). Die sich zum Zeitpunkt der Erstellung der Multikriterienanalyse in einem fortgeschrittenen Planungstand befindlichen Radwegemaßnahmen werden keiner erneuten Überprüfung unterzogen, sondern gelten als gesetzte Maßnahmen des VB. 1. Wie eine positive Bedarfsnachweisprüfung zur Feststellung der Dringlich- keit erbracht werden muss? Nach welchen Regeln und Vorschriften erfolgt die Bedarfsnachweisprüfung? Der grundsätzliche Bedarf einer Radverkehrsanlage ist anerkannt/positiv erbracht , wenn die prognostizierte Verkehrsbelastung auf dem betroffenen Stre- 3 ckenabschnitt der Bundes- oder Landesstraße > 2.500 Kfz/24h (DTV2025) beträgt , es sich bei dem Streckenabschnitt nicht um eine Ortsumgehung oder einen Teil einer Ortsumgehung handelt und kein Alternativweg für den Radverkehr vorhanden ist. Die Feststellung des grundsätzlichen Bedarfs anhand der prognostizierten Verkehrsbelastung richtet sich nach den Richtlinien für die Anlage von Landstraßen (RAL) und der ERA 2010, hier insb. Tab. 19, sowie den Festlegungen der SBV. Ist der grundsätzliche Bedarf einer Radverkehrsanlage festgestellt, erhöht sich gemäß ERA 2010 die Priorität und Dringlichkeit der Maßnahme im landesweiten Vergleich in Abhängigkeit verschiedener Kriterien. Die Prioritätenreihung mittels der Multikriterienanalyse erfolgt nach den Vorgaben der ERA 2010 sowie des LRVP, Seite 47. 2. Gibt es neben einer Verkehrszählung auch die Möglichkeit, eine bedarfs- ermittelnde Bürgerbefragung durchzuführen? Gibt es Straßenbereiche im Land, bei denen bereits eine Verkehrszählung durch eine Einwohnerbefragung durchgeführt bzw. ergänzt wurde? Wenn ja, bitte Orte benennen sowie die Fragen aufführen, die gestellt worden. Wie fließen die mittels Einwohnerbefragung gewonnenen Erkenntnisse in das Verfahren zur Bedarfsnachweisführung ein? Grundsätzlich besteht immer die Möglichkeit, in Abhängigkeit der Planungsaufgabe eine Verkehrszählung durch eine bedarfsermittelnde Bürgerbefragung zu ergänzen. Im Zuge der Fortschreibung der Bedarfspläne für straßenbegleitende Radwege an Bundes- und Landesstraßen ist dies nicht vorgesehen. Im Zuge der anstehenden Bedarfsplanfortschreibung werden der grundsätzlichen Bedarfsfeststellung sowie der Multikriterienanalyse die Daten der allgemeinen Verkehrszählung 2010, sofern nicht aktuellere Verkehrszahlen vorliegen, zugrunde gelegt. Diese Daten enthalten in der Regel Angaben zur vorhandenen Radverkehrsstärke. Die Bewertung des potentiellen Radverkehrs wird in der Multikriterienanalyse über die Kriterien:  Bedeutung als Schulweg,  Überdeckung mit touristischen Radrouten,  Bedeutung für das Erreichen Zentraler Orte und  Nähe eines relevanten Großobjektes in Einzellage vorgenommen. Dies gewährleistet eine landesweit einheitliche Vorgehensweise. Die vier vorstehend genannten Kriterien decken die Inhalte, die bei einer Bürgerbefragung zu erwarten sind, dahingehend ab, dass sie die möglichen Ziele der Bürger bzw. der potentiellen Radfahrer - wie z.B. Schulen, Versorgungseinrichtungen und Ärzte im nahegelegenen Ort bzw. Ortsteil sowie touristische Ziele und Ziele der Naherholung - berücksichtigen. Diese Kriterien haben jeweils eine höhere Wichtung als das Kriterium „vorhandene Radverkehrsstärke“. 4 Für die Bewertung der Bedeutung des zukünftigen Radweges als Schulweg erfolgt die Befragung der Gemeinden, welche nach vorliegenden Erfahrungen ihrerseits die Schulbehörden einbeziehen. Die Bewertung der anderen Kriterien erfolgt auf Basis der in der SBV vorliegenden Standortinformationen. In der SBV liegen die Ergebnisse einer Einwohnerbefragung der Stadt Wernigerode aus dem Jahr 2003 für die Planung eines Radweges an der Landesstraße 82 zwischen Silstedt und Wernigerode vor. Nach Auswertung der Befragung fanden die Ergebnisse bei der Erstellung des damaligen Bedarfsnachweises entsprechende Berücksichtigung. Dabei wurde die Anzahl der genannten potentiellen Radfahrer, die täglich den Radweg nutzen würden, auf die Spitzenstunde bezogen mit dem Richtwert der damals gültigen Richtlinie verglichen (siehe Beantwortung Frage 3 der KA 6/8286). Dies stellte jedoch nur einen Teil des damals gültigen Bedarfsnachweises dar. Bei der Befragung der Stadt Wernigerode waren durch die Einwohner des Ortsteiles Silstedt folgende Fragen schriftlich zu beantworten: 1. Wie viele Personen umfasst ihr Haushalt? 2. Würden Mitglieder Ihres Haushaltes einen Radweg zwischen Silstedt und Wernigerode nutzen? Antwortmöglichkeiten: ja/ nein/ wissen wir noch nicht 3. Für welche Wege würden die Mitglieder Ihres Haushaltes den Radweg wie oft nutzen? Antwortmöglichkeiten: jeweils Benennung der Personenanzahl und Angabe der Häufigkeit der Nutzung mit täglich (Mo-Fr)/ mehrmals wöchentlich / gelegentlich  für den Weg zur Arbeit  für den Weg zur Schule  für den Weg zu Verkaufs- und Dienstleistungseinrichtungen  für den Weg zu Sport- und Freizeiteinrichtungen  für sonstige Wege (zu benennen). 4. Fahren Haushaltsmitglieder, die einen Radweg benutzen würden, bereits jetzt mit dem Fahrrad nach Wernigerode? Antwortmöglichkeiten: ja/ nein/ wenn nein, warum nicht