Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/3390 29.08.2014 (Ausgegeben am 01.09.2014) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Sabine Dirlich (DIE LINKE) Integrationsfachdienste Kleine Anfrage - KA 6/8434 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Arbeit und Soziales Vorbemerkung: Da beim Integrationsamt nur Erhebungen über die Gesamtzahl der Unterstützungsfälle - ohne Zuordnung zur regionalen Dienstelle - vorliegen, ist eine nach einzelnen Dienststellen getrennte Auflistung nicht möglich. 1. Wie viele Personen waren in den vergangenen fünf Jahren in den Integra- tionsfachdiensten in Sachsen-Anhalt im Bereich der Beratung und Betreuung von Menschen mit Behinderungen beschäftigt? Bitte in Jahresschritten , in Vollzeitäquivalenten und nach einzelnen Dienststellen auflisten . Die Integrationsfachdienste (IFD) sind in 4 regionale Fachdienststellen aufgeteilt : Region Halle-Merseburg (IFD H/M), Region Magdeburg-Stendal (IFD M/ST), Region Wittenberg-Dessau (IFD W/D), Region Halberstadt-Sangerhausen (H/S). Bis zum 31. Mai 2011 gab es zusätzlich einen Fachdienst speziell für hörbehinderte Menschen (IFD/H.) Der IFD/H. wurde als eigenständiger Dienst zum 30. Juni 2011 in Abstimmung mit dem Ministerium für Arbeit und Soziales aufgelöst . Die Beschäftigten des IFD/H. sind von den IFD-Trägern übernommen worden, mit deren IFD diese Beschäftigten bereits in Bürogemeinschaften gearbeitet hatten. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Stellenzahl aller IFD ab dem Jahr 2009 nach Personen und Vollzeitäquivalenten: 2 Jahr Personen Vollzeitäquivalente (VZÄ) 2009 29 26,5 2010 29 26,5 2011 29 26,5 2012 29 26,75 2013 28 26 Diese Fachkraftstellen gliedern sich auf die folgenden IFD wie in der Tabelle dargestellt, auf: Jahr IFD H/M VZÄ/ Fachkräfte IFD M/ST VZÄ/ Fachkräfte IFD W/D VZÄ/ Fachkräfte IFD H/S VZÄ/ Fachkräfte IFD/H VZÄ/ Fachkräfte 2009 6,25 (7) 6,9 (8) 3,0 (3) 4,0 (4) 6,5 (7) 2010 6,25 (7) 6,9 (8) 3,0 (3) 4,0 (4) 6,5 (7) 2011 6,25 (7) 6,9 (8) 3,0 (3) 4,0 (4) 6,5 (7) 2012 8,0 (9) 8,7 (10) 5,0 (5) 5,0 (5) - 2013 7,4 (8) 8,75 (10) 4,9 (5) 5,0 (5) - 2. Wie viele Menschen mit Behinderung wurden in den vergangenen fünf Jahren durch die Integrationsfachdienste in Sachsen-Anhalt betreut? Bitte in Jahresschritten und nach einzelnen Dienststellen auflisten. Die Unterstützungsfälle insgesamt sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen . Jahr Gesamtsumme der Unterstützungsfälle (qualifizierte Beratung und Betreuung) 2009 2213 2010 2202 2011 1726 2012 1579 2013 1438 3. Wie viele Betriebe wurden in Sachsen-Anhalt innerhalb der letzten fünf Jahre von den Integrationsfachdiensten beraten? Bitte in Jahresschritten und nach einzelnen Dienststellen auflisten. Die Beratung von Betrieben gliedert sich nach 2 Schwerpunkten, die in der folgenden Tabelle getrennt dargestellt sind: 3 3.a Betriebliche Beratung im Rahmen der beruflichen Begleitung schwerbehin- derter Arbeitnehmer/innen mit dem Ziel des Erhalts, 3.b Betriebliche Beratung im Auftrag von Reha-Trägern oder den Trägern der Arbeitsvermittlung zur Vermittlung in Arbeit. Jahr 3.a 3.b Gesamt 2009 762 1028 1790 2010 980 931 1911 2011 932 787 1719 2012 869 493 1632 2013 842 395 1237 4. Wie viele Menschen mit Behinderung konnten innerhalb der letzten fünf Jahre durch die Integrationsfachdienste in den sogenannten ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden? Bitte in Jahresschritten und nach einzelnen Dienststellen auflisten. Nach § 109 Abs. 1 SGB IX sind Integrationsfachdienste Dienste Dritter, die bei der Durchführung der Maßnahmen der Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben beteiligt werden. Hinsichtlich der Aufgabe der Integrationsfachdienste zur Vermittlung von schwerbehinderten Menschen auf geeignete Arbeitsplätze (§ 110 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX) im Auftrag der Träger der Arbeitsvermittlung (Bundesagentur für Arbeit /Jobcenter) gab es im Land Sachsen-Anhalt in der Regel keine Beauftragung durch die Träger der Arbeitsvermittlung. Die Integrationsfachdienste haben bis zur Instrumentenreform (Novellierung SGB II und SGB III) zum 1. April 2012 arbeitsuchende schwerbehinderte Menschen unter Nutzung des Vermittlungsgutscheines (Beauftragung durch den schwerbehinderten Menschen selbst) in Arbeit vermittelt. Der durch die Instrumentenreform vollzogene Wandel bei der Arbeitsvermittlung (Anbieter von Vermittlungsleistungen für den allgemeinen Arbeitsmarkt müssen zertifiziert sein, um Vermittlungsgutscheine bei den Trägern der Arbeitsvermittlung einlösen zu können) veränderte die Praxis der Träger der Arbeitsvermittlung zur Einlösung der Vermittlungsgutscheine. Die Integrationsfachdienste haben sich jedoch gemäß Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen nicht zertifizieren lassen, sodass ihre Tätigkeit bei der Arbeitsvermittlung seit April 2012 auslaufend beendet wurde. Die Vermittlung in Arbeit leisten die Integrationsfachdienste nur noch im speziellen Auftrag der jeweils zuständigen Reha-Träger gemäß § 113 Abs. 2 SGB IX und im Rahmen der Modellprojekte (siehe Antwort zu Frage 6) im Auftrag des Integrationsamtes. Die folgende Tabelle beinhaltet die Zahl der Vermittlungen in Arbeit insgesamt. 4 Jahr Vermittlungen in Arbeit (ohne Vermittlung in Ausbildung) 2009 251 2010 206 2011 145 2012 90 2013 38 5. Wie viele Menschen mit Behinderung wurden innerhalb der letzten fünf Jahre durch die Integrationsfachdienste in einer Berufsausbildung für den sogenannten ersten Arbeitsmarkt betreut? Bitte in Jahresschritten und nach einzelnen Dienststellen auflisten. Gemäß § 110 Abs. 2 Nr. 1a SGB IX haben die Integrationsfachdienste die Aufgabe , die Bundesagentur für Arbeit auf deren Anforderung bei der Berufsorientierung und Berufsberatung in den Schulen zu unterstützen sowie nach § 110 Abs. 2 Nr. 1b die betriebliche Ausbildung schwerbehinderter, insbesondere seelisch und lernbehinderter Jugendlicher zu begleiten. Auch hier hat die Bundesagentur für Arbeit die Integrationsfachdienste nicht mit diesen Aufgaben beauftragt . Somit beschränkt sich die Unterstützung für Menschen mit Behinderung im Rahmen einer Berufsausbildung durch die Integrationsfachdienste auf die in § 102 Abs. 2 Satz 4 SGB IX genannte Aufgabe der psychosozialen Betreuung im Auftrag des Integrationsamtes. Die Angaben beziehen sich daher lediglich auf die konkreten Aufgaben für diese spezielle Klientel. Jahr Zahl der unterstützten Auszubildenden 2009 6 2010 5 2011 7 2012 8 2013 7 6. Welche anderen Schwerpunkte haben die Integrationsfachdienste inner- halb der letzten fünf Jahre bearbeitet? Bitte ausführlich und differenziert nach den einzelnen Dienststellen darstellen. Die weiteren Schwerpunkte der Arbeit der Integrationsfachdienste sind nach Unterpunkten dargestellt. (1) Die Integrationsfachdienste waren von 2007 - 2013 in Sachsen-Anhalt an der Umsetzung des Bundesarbeitsmarktprogramms Job 4000 (Artikel 3 des Programms: Unterstützung schwerbehinderter Menschen, insbesondere Schulabgänger, bei der Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt) beteiligt . In Sachsen-Anhalt wurden in Abstimmung mit dem Ministerium für Arbeit und Soziales sowohl schwerbehinderte Jugendliche bei der beruflichen Orientierung und Anbahnung vorwiegend betrieblicher Ausbildungs- 5 verhältnisse unterstützt, als auch Mitarbeiter aus Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) bei der Erprobung des Übergangs auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. (2) Seit Juni 2012 bis zum Dezember 2019 sind die Integrationsfachdienste an der Durchführung des Modellprojektes „Unterstützung des Übergangs von Schülerinnen und Schülern mit geistiger Behinderung und weiterer schwerbehinderter Schülerinnen und Schüler von der Schule in Arbeit und Beruf“- Modell ÜFB in Sachsen-Anhalt wesentlich beteiligt. Dieses Modellprojekt wird aus Mitteln der Ausgleichsabgabe finanziert und ist gekoppelt mit dem Handlungsfeld „Berufsorientierung“ der Initiative Inklusion . Für das Bundesprogramm „Initiative Inklusion“ stellt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Mittel aus dem Ausgleichsfond zur Verfügung . Das Handlungsfeld „Berufsorientierung“ (Artikel 1 der Initiative Inklusion ) hat eine Laufzeit bis 2015/2016, so dass alle Maßnahmen der vertieften Berufsorientierung, die bis zum Schuljahr 2015/2016 beginnen, abgedeckt sind. Nach Auslaufen des Handlungsfeldes „Berufsorientierung“ der Initiative Inklusion können weitere Unterstützungen im Rahmen des Landesmodellprojektes ÜFB für schwerbehinderte bzw. gleichgestellte Schülerinnen und Schüler aus Förderschulen für Geistigbehinderte (§ 8 Abs. 3 Nr. 7 SchulG LSA) und für Körper- und Sinnesbehinderte sowie für integrativ beschulte schwerbehinderte Jugendliche erfolgen. Im Land Sachsen-Anhalt wird die vertiefte berufliche Orientierung aus diesem Bundesprogramm bzw. dem Landesmodellprojekt in Absprache mit den Kooperationspartnern Bundesagentur für Arbeit- Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen-, Kultusministerium, Landesverwaltungsamt/Integrationsamt durch die Integrationsfachdienste umgesetzt. Unterstützt werden Schülerinnen und Schüler der Schulen für Geistigbehinderte (§ 8 Abs. 3 Nr. 7 SchulG LSA), seit Januar 2013 auch Kinder aus Förderschulen für Körperbehinderte und Sinnesbehinderte sowie integrativ beschulte schwerbehinderte Jugendliche bei der beruflichen Orientierung. Darüber hinaus werden in diesem Modellprojekt Schulabsolventinnen und -absolventen betreut, die auch nach Abschluss der schulischen Bildung in einer WfbM Unterstützung bei der beruflichen Orientierung benötigen. Kernelemente der Umsetzung dieses Modellprojektes sind: - die Entwicklung von Strukturen und Netzwerken in Sachsen-Anhalt; - die Entwicklung wichtiger Instrumente (schulische und berufliche Kompe- tenzanalyse, Berufswegekonferenzen, persönliche Zukunftsplanung, Netzwerkkonferenzen); - die Durchführung und Auswertung individueller betrieblicher Praktika (Orientierungs- Erprobungs- und Belastungspraktika) über den Zeitraum von 2 - 3 Jahren mit den einzelnen Schülerinnen und Schülern; - die Anbahnung von Arbeits- oder Ausbildungsverhältnissen und deren Sicherung; - Nachhaltigkeitskontrolle; - Modulare Lehrerfortbildung. (3) Seit 2013 bis einschließlich Dezember 2019 wird ausschließlich aus Mitteln der Ausgleichsabgabe das Modellprojekt „Unterstützung des Übergangs 6 von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Werkstätten für behinderte Menschen in Sachsen-Anhalt auf den allgemeinen Arbeitsmarkt“ - Modell ÜWA - durch die Integrationsfachdienste umgesetzt. Dieses Modellprojekt soll an die positiven Erfahrungen, die die Mitarbeiter der Integrationsfachdienste im Rahmen der Unterstützung im Bundesarbeitsmarktprogramm Job 4000 gemacht haben, anknüpfen. Der gesetzliche Auftrag der Förderung des Übergangs von behinderten Menschen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ist in § 5 Abs. 4 Werkstättenverordnung (WVO) geregelt. Die Verantwortung für die Herausentwicklung liegt bei den WfbM. Das Ministerium für Arbeit und Soziales, das Landesverwaltungsamt/Integrationsamt , die Landesarbeitsgemeinschaft der WfbM (LAG WfbM) und die Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen haben gemeinsam ein Konzept für das Landesmodellprojekt ÜWA erarbeitet. Der im Konzept beschriebene Unterstützungsprozess stellt einen wichtigen Schritt zur Umsetzung der im Landesaktionsplan des Landes SachsenAnhalt verankerten Maßnahmen zur Förderung des Übergangs aus dem Berufsbildungs- und Arbeitsbereich der WfbM auf den allgemeinen Arbeitsmarkt dar. Das Konzept ergänzt das Landesmodellprojekt „Unterstützung des Übergangs von Schülerinnen und Schülern mit geistiger Behinderung und weiterer schwerbehinderter Schülerinnen und Schüler von der Schule in Arbeit und Beruf in Sachsen-Anhalt“. Absolventinnen und Absolventen der Förderschulen für Geistigbehinderte (§ 8 Abs. 3 Nr. 7 SchulG LSA), für Körper - und Sinnesbehinderte und aus Förderzentren bzw. integrativem Unterricht , die trotz umfassender Unterstützung zunächst in eine WfbM gehen, können gezielt weiter gefördert werden, um ihnen nach weiteren Entwicklungsprozessen zu einem späteren Zeitpunkt den Weg in eine inklusive Arbeitswelt zu öffnen. Darüber hinaus können die sogenannten Quereinsteiger (behinderte Menschen, die aufgrund schwerwiegender gesundheitlicher Probleme infolge Unfalls oder wegen schwerer Erkrankung in einer WfbM tätig sind) mit der intensiven Unterstützung der Fachkräfte der WfbM und der Integrationsfachdienste den Weg zurück in die allgemeine Arbeitswelt finden. Das Landesmodellprojekt ÜWA wurde am 11. Oktober 2013 mit Unterzeichnung einer Absichtserklärung durch alle Akteure gestartet und wird begleitet durch eine Steuerungsgruppe, die 2 - 3 mal jährlich tagt. Ferner kommen die Akteure in 4 regionalen Netzwerkkonferenzen 1 mal jährlich zusammen, um sich über die Fortschritte oder Hemmnisse im Umsetzungsprozess auszutauschen. (4) Die Integrationsfachdienste werden vom Integrationsamt beauftragt, die be- rufliche Begleitung schwerbehinderter Menschen nach § 38a Abs. 5 SGB IX (Unterstützte Beschäftigung) durchzuführen. (5) Die Integrationsfachdienste sind im Rahmen der Leistungsgewährung des Integrationsamtes (Kündigungsschutz und begleitende Hilfe) nach § 102 SGB IX gutachterlich tätig. Jährlich werden 250-300 Fachdienstliche Stellungnahmen angefertigt.