Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/3433 11.09.2014 (Ausgegeben am 11.09.2014) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Harry Czeke (DIE LINKE) Partnerschaftsprinzip in der EU-Förderperiode 2014 bis 2020 Kleine Anfrage - KA 6/8470 Vorbemerkung des Fragestellenden: Die Europäische Kommission hat im Januar 2014 eine Reihe von Standards zur Verbesserung von Konsultation, Beteiligung und Dialog im Zusammenhang mit Partnern - wie regionale, lokale, städtische und andere Behörden, Gewerkschaften, Arbeitgeber , Nichtregierungsorganisationen und Stellen für die Förderung der sozialen Eingliederung , Gleichstellung der Geschlechter und Nichtdiskriminierung - bei der Planung , Durchführung, Überwachung und Bewertung der aus den Europäischen Struktur - und Investmentfonds (ESIF) finanzierten Projekte verabschiedet. Gemäß dem europäischen Verhaltenskodex zum Partnerschaftsprinzip sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Zusammenarbeit ihrer für Ausgaben aus den Strukturund Investmentfonds der EU zuständigen Behörden mit Projektpartnern zu stärken, um den Austausch von Informationen, Erfahrungen, Ergebnissen und bewährten Verfahren während des Programmplanungszeitraums 2014 bis 2020 zu erleichtern und so den effizienten Einsatz der Mittel zu fördern. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium der Finanzen Ich frage die Landesregierung: Beabsichtigt die Landesregierung die Wirtschafts- und Sozialpartner zukünftig stärker in den Programmierungsprozess einzubeziehen? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht? 2 Vorbemerkung: Da der Programmierungsprozess für die Förderperiode 2014 - 2020 nahezu abgeschlossen ist, wird bei der Beantwortung der Kleinen Anfrage auch auf die Programmumsetzung der Förderperiode 2014 - 2020 eingegangen. Dies vorausgeschickt, beantwortet die Landesregierung die Frage wie folgt: a. Einbindung der Partner bei der Programmerstellung Die EU-Programme für die Fonds EFRE, ESF und ELER wurden federführend von den im Ministerium der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt angesiedelten Verwaltungsbehörden (EU-VB und VB ELER) erstellt. Die inhaltliche Ausgestaltung der Programme erfolgte in enger Partnerschaft mit den Wirtschafts- und Sozialpartnern: Grundlage für die Erstellung der EU-Programme war eine sozioökonomische Analyse und eine daraus abgeleitete SWOT-Analyse, um auf dieser Basis prioritäre Förderbedarfe herauszuarbeiten. Hier bestand die Möglichkeit für die Partner, Stellungnahmen dazu einzureichen. Des Weiteren organisierten die Verwaltungsbehörden eine Dialogreihe „Zukunftsdialoge - Eine Strategie für mein Land“, die allen Partnern offen stand (Oktober bis Dezember 2012). In den fünf thematischen Workshops  Innovation und Interregionale Zusammenarbeit für Wachstum und Entwicklung in Sachsen-Anhalt 2014 - 2020  Demographie bewältigen - Abwanderung eindämmen - Strategien für die Entwicklung des ländlichen Raums  Bildung und lebenslanges Lernen  Energiepolitik und Nachhaltigkeit  Die Bedeutung von Chancengleichheit und Nichtdiskriminierung für Wachstum und Beschäftigung in Sachsen-Anhalt 2014 - 2020 wurde die zukünftige Schwerpunktsetzung und Ausgestaltung der Förderpolitik diskutiert. Die Wirtschafts- und Sozialpartner konnten im Rahmen von Kurzvorträgen Bedarfe und Empfehlungen für die künftige Förderung vortragen. Stellungnahmen im Anschluss an die Veranstaltungen wurden beim weiteren Prozess der Erstellung der Programme berücksichtigt. Im Rahmen der Programmierung des ELER fanden in der Zeit von November 2011 bis September 2013 drei, speziell auf das Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum (EPLR) zugeschnittene Partnerveranstaltungen statt. Hierzu wurden verschiedene Programmierungsabschnitte gewählt, zu denen die Partner ihre Stellungnahmen , Hinweise und Anregungen vortragen konnten. Darüber hinaus wurde die Programmierung des EPLR durch diverse Verbands- und Fachveranstaltungen begleitet. Die Liste der Partnerveranstaltungen kann im Entwurf des EPLR 2014 - 2020 im Kapitel 16 nachverfolgt werden. Aufbauend auf den Ergebnissen der verschiedenen Partnerbeteiligungen haben die Verwaltungsbehörden im Einklang mit den EU-Verordnungsentwürfen zunächst Strategische Eckpunkte für EFRE, ESF und ELER erarbeitet, die im Internet 3 veröffentlicht und zusätzlich den Wirtschafts- und Sozialpartnern zur Verfügung gestellt wurden. Im zweiten Quartal 2013 wurden diese Eckpunkte konkretisiert und mit Förderprogrammen untersetzt. Bis Mitte Juli 2013 bestand die Möglichkeit zur Stellungnahme für die Wirtschafts- und Sozialpartner. Erst im Anschluss fand die Kabinettsbefassung statt. Zusätzlich organisierten die Verwaltungsbehörden im August 2013 ein Erläuterungsgespräch zur Programmstruktur für die Wirtschafts- und Sozialpartner. Auf Grundlage der Programmstruktur erarbeiteten die Verwaltungsbehörden im zweiten Halbjahr 2013 die Entwürfe der EU-Programme und veröffentlichten diese im Januar 2014 mit der Bitte um Stellungnahme und der Einladung zu einer Dialogveranstaltung am 17.02.2014 an die Wirtschafts- und Sozialpartner. Die aufgrund von Anmerkungen überarbeiteten Entwürfe der EU-Programme wurden im April 2014 erneut ins Internet eingestellt. Hier bestand die letztmalige Möglichkeit der Wirtschaftund Sozialpartner, Stellung zu den Entwürfen der EU-Programme zu nehmen. Die Partner erhielten im Anschluss eine Reaktion, in welchen Punkten die Vorschläge Berücksichtigung fanden und in welchen nicht. Dies wurde ausführlich begründet. Die Programmierung der EU-Fonds-Förderung wurde auch durch einen umfassenden Dialog zur Stärkung der „Eigenständigen Regionalentwicklung“ begleitet. Geeignete Maßnahmen und Verfahren sind in den Programmen verankert - so zum Beispiel die Mitwirkung der Kommunalen Spitzenverbände bei der Auswahl und Genehmigung der neuen lokalen Entwicklungsstrategien und LEADER-Aktionsgruppen. Im Mai 2014 reichte das Land die drei EU-Programme (OP EFRE, OP ESF und EPLR) zur Genehmigung in Brüssel ein. Neben dem oben dargestellten Prozess wurden die Wirtschafts- und Sozialpartner auch über folgende Aktivitäten in den Programmierungsprozess einbezogen:  Die Förderperiode 2014 - 2020 ist seit 2012 Tagesordnungspunkt im Rahmen der Begleitausschüsse 2007 - 2013.  Die Unterarbeitsgruppen der Begleitausschüsse, die AG Umwelt und die AG Chancengleichheit, in der diverse Wirtschafts- und Sozialpartner mitarbeiten, diskutieren Themen zur Ausrichtung der Förderperiode 2014 - 2020.  An den wichtigen Sitzungen der Steuerungsgruppe „Fondsübergreifende Strategie des Landes“, die zum Zwecke der Abstimmungen im Programmierungsprozess eingesetzt ist, nahmen Wirtschafts- und Sozialpartner teil.  Die Verwaltungsbehörde EFRE/ESF nimmt regelmäßig an den Sitzungen des Beirats der Wirtschafts- und Sozialpartner teil.  Der Stand der Programmierung wurde in zahlreichen Veranstaltungen einzelner Wirtschafts- und Sozialpartner diskutiert (z. B. Landesbauernverband 10.01.2012, Landkreistag Sachsen-Anhalt 20.11.2012, Tagung der Wirtschaftsförderer am 28.03.2013, Regionalforum IHK Halle/Dessau). Folgende Wirtschafts- und Sozialpartner waren kontinuierlich in den Prozess der Programmierung eingebunden:  Allgemeiner Arbeitgeberverband der Wirtschaft für Sachsen-Anhalt e. V.  Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände Sachsen-Anhalt e. V.  Bauernbund Sachsen-Anhalt e. V. 4  Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. (BUND), Landesverband Sachsen-Anhalt  Deutscher Bauernbund Sachsen-Anhalt e. V.  Deutscher Gewerkschaftsbund Sachsen-Anhalt  Handwerkskammer Magdeburg  Handwerkskammer Halle (Saale)  Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt Landesverband Sachsen-Anhalt  Industrie- und Handelskammer Magdeburg  Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau  Landesbauernverband Sachsen-Anhalt e. V.  Landesforstverein Sachsen-Anhalt e. V.  Landesfrauenrat Sachsen-Anhalt e. V.  Landesheimatbund Sachsen-Anhalt e. V.  Landesverband für Landschaftspflege Sachsen-Anhalt e. V.  Landfrauenverband Sachsen-Anhalt e. V.  Landjugendverband Sachsen-Anhalt e. V.  Landkreistag Sachsen-Anhalt e. V.  LIGA der Freien Wohlfahrtspflege im Land Sachsen-Anhalt e. V.  NaturFreunde Deutschlands  Landesverband Sachsen-Anhalt e. V  Naturschutzbund Deutschland e. V. (NABU), Landesverband Sachsen-Anhalt  Ornithologenverband Sachsen-Anhalt e. V.  Schutzgemeinschaft Deutscher Wald e. V. Landesverband Sachsen-Anhalt  Städte- und Gemeindebund Sachsen-Anhalt  Verband Deutscher Privatschulen Sachsen-Anhalt e. V.  Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Bezirk Sachsen-Anhalt Nord  Waldbesitzerverband Sachsen-Anhalt e. V. Insgesamt bleibt festzustellen, dass gemäß den Vorgaben der EU eine enge und intensive Zusammenarbeit mit den Wirtschafts- und Sozialpartnern im iterativen Programmierungsprozess durch die Landesverwaltung sichergestellt wurde; dies gilt für alle wesentlichen Programmierungsschritte auch bezüglich der Einbeziehung des Landtags. b. Einbindung der Partner bei der Programmdurchführung Das zentrale Instrument der Partnerschaft bei der Programmdurchführung bildet nach wie vor der Begleitausschuss, der die Partner nach Art. 49 der VO (EU) Nr. 1303/2013 mindestens einmal im Jahr umfassend informiert und in die Abstimmungen zu wichtigen Themen der Programmumsetzung und -steuerung einbezieht. Zur Gewährleistung der kontinuierlichen Beteiligung der Partner wird grundsätzlich weiterhin je eine Sitzung pro Quartal stattfinden. Die Zusammensetzung des Begleitausschusses erfolgt im Einklang mit Artikel 5 und Artikel 48 der VO (EU) Nr. 1303/2013. Um die Arbeitsfähigkeit des Gremiums sicherzustellen, wird im Rahmen des Begleitausschusses auf das bewährte Prinzip der Entsendung eines Vertreters der Spitzenverbände zurückgegriffen. Die konkrete Ausgestaltung der Zusammenarbeit wird in der Geschäftsordnung des Gremiums geregelt. Das zweite institutionelle Partnerschaftsinstrument stellt die Lenkungsgruppe zur Begleitung und Bewertung dar, die als Untergremium des Begleitausschusses der 5 Steuerung des Bewertungsprozesses und der fachlichen Begleitung der laut Evaluierungsplan umgesetzten Bewertungstätigkeiten dienen wird. Um die Kapazitäten der Wirtschafts- und Sozialpartner für die aktive Begleitung der Programmumsetzung weiter zu stärken, ist die Fortführung des Projekts „Wirtschaftsund Sozialpartner-Kompetenzzentrum“, welches aus Mitteln der Technischen Hilfe finanziert wird, vorgesehen. Die Partner schließen sich unter der Führung eines Lead-Partners zusammen. Zur Begleitung der formalen wie der inhaltlichen Aufgabenstellungen richten sie einen Beirat ein. Das Kompetenzzentrum soll in seiner Zuständigkeit in der Förderperiode 2014 - 2020 auf alle drei Fonds erweitert werden. Bei der Stärkung der „Eigenständigen Regionalentwicklung“ besteht das Ziel darin, die Kommunalen Spitzenverbände von Anfang an in die Koordinierung der Regionalisierungsinstrumente einzubeziehen. Insofern ist auch für die Umsetzungsphase eine Stärkung der Einbeziehung der Partner gewährleistet durch die Einbeziehung aller drei EU-Fonds in die Zuständigkeit des Wirtschafts- und Sozialpartner-Kompetenzzentrums, die Öffnung der Strukturfonds für die LEADER-Methode sowie durch die Stärkung der eigenständigen Regionalentwicklung . Eine erleichterte und effektivere Beteiligung der Partner ist auch durch die Zusammenfassung der Begleitausschüsse zu erwarten.