Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/3525 17.10.2014 (Ausgegeben am 20.10.2014) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Schusswaffen, Waffenausbildung und Nutzung von Schusswaffen bei der sachsen-anhaltischen Polizei Kleine Anfrage - KA 6/8487 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: 1. In wie vielen Fällen haben Polizeibeamtinnen und -beamte des Landes Sachsen Anhalt in den Jahren 2012 und 2013 von der Schusswaffe Gebrauch gemacht? Bitte in Jahresscheiben angeben und mindestens in folgenden Kategorien aufgliedern: Warnschüsse, Alarmschüsse, Schüsse auf Menschen, Schüsse auf gefährliche Tiere, Schüsse auf Tiere nach Wildunfällen, Schüsse auf Fahrzeuge, sonstiger Einsatz von Schusswaffen . In der Landespolizei Sachsen-Anhalt wird auf der Grundlage eines Beschlusses der Ständigen Konferenz der Innenminister- und Senatoren der Länder vom 13. Juni 1984 eine Statistik zum Schusswaffengebrauch geführt. Diese Statistik ermöglicht keine Unterscheidung der Schüsse auf gefährliche Tiere und Schüsse auf Tiere nach Wildunfällen, da diese Fälle nur als Gesamtzahl erfasst werden . Auch die Schussabgabe auf Fahrzeuge wird nicht gesondert statistisch erhoben . Diese Fälle gehen jeweils in die Erfassung der Schusswaffenanwendung gegen Personen oder Sachen ein. Weitergehende statistische Angaben zum Schusswaffengebrauch entsprechend der Anfrage „sonstiger Einsatz von Schusswaffen und Alarmschüssen“ liegen der Landesregierung nicht vor. 2 davon Jahr Schusswaffen - anwendungen gesamt Schusswaffengebrauch gegen Per- sonen Schusswaffengebrauch zum Töten gefährlicher, kranker oder verletzter Tiere Schusswaffengebrauch gegen sonstige Sachen 2012 311 2 309 0 2013 246 1 245 0 2. In wie vielen Fällen wurden durch Schüsse von Polizeibeamtinnen und -beamten des Landes Sachsen-Anhalt in den Jahren 2012 und 2013 Menschen verletzt oder getötet? Bitte nach Jahren und Verletzten bzw. Getöteten aufschlüsseln. Im Jahre 2012 wurde eine Person durch Schüsse von Polizeibeamtinnen und -beamten des Landes Sachsen-Anhalt getötet und keine weitere Person verletzt . Im Jahre 2013 sind keine Personen getötet oder verletzt worden. 3. Über welche Schusswaffen verfügt die sachsen-anhaltinische Polizei? Bit- te nach Typ und jeweiliger Anzahl und - soweit es sich Spezialbewaffnung handelt - nutzender Einheit aufgliedern. Die Polizei des Landes Sachsen-Anhalt verfügt derzeit über Kurz-, Lang- und Trainingswaffen. Diese Waffen befinden sich entweder im Einsatz oder werden im Landesgerätelager für Spezialmaßnahmen u. a. vorgehalten. In der nachfolgenden Tabelle (Stand: 06.10.2014) ist der gesamte Landesbestand dargestellt: lfd.Nr. Waffenart Hersteller Typ Kaliber Anzahl nutzende Einheit SIG Sauer P225 / P6 9mm x 19 8.985 Standardbewaffung Schutz- und Kriminalpolizei / TPA-LGL GLOCK Glock 17 9mm x 19 177 LKA (SE)/ TPA-LGL GLOCK Glock 26 9mm x 19 148 LKA (SE)/ TPA-LGL 1 Pistolen Heckler und Koch Granatpistole 40mm x 46 4 LKA Smith&Wesson/ Colt versch. .38 Special 99 LKA (SE)/FH Pol/ TPA-LGL 2 Revolver Smith&Wesson/ Colt versch. .357 Magnum 52 LKA (SE)/ TPA-LGL 3 Maschinen- pistole Heckler und Koch MP5 9mm x 19 1.041 Standardbewaffung Schutz- und Kriminalpolizei / TPA-LGL 4 Flinten Benelli M4 Super 90 12/76 7 LKA (SE) 3 Accuracy SSG AWP .308 Winchester 16 LKA (SE) Accuracy SSG AWM .338 Lapua Magnum 2 LKA (SE) Heckler und Koch HK 33 .223 Remington 5 LKA (SE)/ TPA-LGL Heckler und Koch G36 K A3 .223 Remington 12 LKA (SE) Heckler und Koch PSG 1 .308 Winchester 15 LKA (SE)/ TPA-LGL 5 Gewehre Heckler und Koch G8 .308 Winchester 4 LBP (TEE) SIG Sauer/ Simunition FX P6 9mm FX 59 B/E GLOCK Glock 17 T 9mm FX 26 LKA (SE) Heckler und Koch/ Simunition FX MP5 9mm FX 28 B/E 6 Trainingswaffen GLOCK Glock 26 T 9mm FX 12 LKA (SE) LKA - Landeskriminalamt Sachsen-Anhalt LBP - Landesbereitschaftspolizei Sachsen-Anhalt FH Pol - Fachhochschule Polizei Sachsen-Anhalt TEE - Technische Einsatzeinheit TPA-LGL - Technisches Polizeiamt-Landesgerätelager B/E - Behörden und Einrichtungen SE - Spezialeinheiten (SEK/MEK) 4. Welche gesetzlichen und untergesetzlichen Vorschriften regeln die Art und Weise des Einsatztrainings sowie der Schusswaffenaus- und Fortbildung bei der Landespolizei im Einzelnen? Der gesetzliche Rahmen für die Art und Weise des Einsatztrainings sowie der Schusswaffenaus- und Fortbildung wird durch die Vorschriften des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt und die Strafprozessordnung gebildet. Durchführungsbestimmungen zu Einsatztraining und Schießausbildung sind geregelt in den Polizeidienstvorschriften  PDV 100 - Führung und Einsatz der Polizei  PDV 201 - Aus- und Fortbildung für die Verwendung in Einsatzeinheiten  PDV 211 - Schießtraining in der Aus- und Fortbildung sowie im  Leitfaden 371 - Eigensicherung. Weitere Inhalte ergeben sich aus der Konzeption „Schießtraining in der Ausund Fortbildung im Land Sachsen-Anhalt“, die mit Erlass des Innenministeriums am 30. Juli 2008 in Kraft gesetzt wurde. 4 Die Ausbildungsinhalte werden  für die Laufbahngruppe 2, erstes Einstiegsamt, durch den Modulkatalog für den Studiengang „Polizeivollzugsdienst“ (B.A.) an der Fachhochschule Polizei Sachsen-Anhalt sowie  für die Laufbahngruppe 1, zweites Einstiegsamt, durch den Ausbildungsplan geregelt. Der im Erlass des MI LSA vom 16. Dezember 2009 „Spezialeinheiten und Spezialkräfte des Landes Sachsen-Anhalt“, Az.: 24.2/23.2-12364 VS-NfD geforderten intensiven Fortbildung wird mit der im Juni 2006 erstellten Verfügung des LKA Sachsen-Anhalt „Konzeption für die Fortbildung in den Spezialeinheiten und bei ausgewählten Spezialkräften“, Az.: 3/53-12426 VS-NfD Rechnung getragen . Punkt 5.3.14 regelt das Einsatztraining im Besonderen. 5. Wie oft trainieren Polizistinnen und Polizisten in der Aus- sowie in der Fortbildung das Schießen mit welchem Waffentyp? Bitte - soweit unterschiedlich - auch nach Verwendung der Polizeibeamtinnen und -beamten aufgliedern (Schutzpolizei, Bereitschaftspolizei, SEK, ...). Wird durch alle Polizistinnen und Polizisten in Sachsen-Anhalt das Vorgehen gegen bewaffnete Straftäter (VGBS) trainiert? In der Ausbildung wird das Schießen mit der Pistole P 6 und der Maschinenpistole MP 5 trainiert. Dafür sieht der Modulkatalog für die Laufbahngruppe 2, erstes Einstiegsamt, insgesamt 114 Lehrveranstaltungsstunden (eine LVS entspricht 45 Minuten) vor. Am Ende des Einführungsstudiums legen die Polizeikommissaranwärterinnen und -anwärter eine Kontrollübung „Pistole“ gemäß Nr. 6.6.4 der PDV 211 sowie eine Kontrollübung „Maschinenpistole“ gemäß Nr. 6.6.5 der PDV 211 als Leistungsüberprüfung ab. In der Laufbahngruppe 1, zweites Einstiegsamt, sind insgesamt 124 Lehrveranstaltungsstunden vorgesehen . Am Ende des Grundkurses legen die Polizeimeisteranwärterinnen und - anwärter eine Kontrollübung „Pistole“ gemäß Nr. 6.6.4 der PDV 211 sowie eine Kontrollübung „Maschinenpistole“ gemäß Nr. 6.6.5 der PDV 211 als Leistungsüberprüfung ab. Bei erfolgreich absolvierter Kontrollübung dürfen die Anwärterinnen und –anwärter die Waffen auch in den berufspraktischen Abschnitten der Ausbildung bzw. des Studiums im Dienst führen. In der Fortbildung trainieren die Polizeivollzugsbeamtinnen und –beamten des Landes Sachsen-Anhalt das Schießen jeweils einmal im Quartal. Dabei wird mit einem Anteil von 75 vom Hundert das Schießen mit der Pistole P 6 und mit einem Anteil vom 25 vom Hundert das Schießen mit der Maschinenpistole MP 5 trainiert. Das Vorgehen gegen bewaffnete Straftäter wird unter Berücksichtigung der methodischen und didaktischen Vorgaben der Schießkonzeption sowie des Modulkatalogs oder Ausbildungsplans trainiert. Der Umfang des Schießtrainings der Spezialeinheiten und im Personenschutz regelt sich nach der „Dienstanweisung für das Schießtraining der Spezialeinheiten und im Personenschutz" vom 6. Juli 2010; Az.: 35.1-2-12431 VS-NfD wie folgt: 5 Mobiles Einsatzkommando  Pro Einsatzbeamter o ein Schießtraining je zwei Wochen im Jahr o mindestens 1.000 Trainingsschüsse mit Dienst- und Maschinenpistole (Glock 26; Maschinenpistole 5) im Jahr o 60 Stunden im Jahr - entspricht 18,7 % der zu erbringenden Fortbil- dungszeit im Jahr Spezialeinsatzkommando  Pro Einsatzbeamter o ein Schießtraining je Woche o mindestens 2.500 Trainingsschüsse mit Dienst- und Maschinenpistole im Jahr  Begrenzte Anzahl der Einsatzbeamten o Schießtraining mit Sonderbewaffnung wie Schrotflinte Benelli M4 (12), Gewehr G 36 (223.) und o Mehrzweckgerät (MZG/40 mm) erfolgt im Rahmen des allgemeinen Schießtrainings, mit einer begrenzten Anzahl ausgewählte Einsatzbeamten o einmal im Jahr erfolgt eine Kontrollübung Präzisionsschützen  mindestens ein Schießtraining für jeden Präzisionsschützen je zwei Wochen im Jahr  pro Präzisionsschütze 400 - 800 Schuss pro Jahr  Waffe: Präzisionsschützengewehr im Kaliber 308 (Accuracy und PSG 1); im Kaliber 338 (Accuracy) 6. Welche Art der Waffenhaltung wird bei der Landespolizei in der Aus- und Fortbildung gelehrt? Welche Rolle spielt dabei die sog. „Offensive Waffenhaltung “ bzw. „entschiedene Sicherheitshaltung“? Wird in SachsenAnhalt die „Aufmerksame Sicherungshaltung“ trainiert und angewendet? Welches ist die in Sachsen-Anhalt von der Polizei bevorzugte Waffenhaltung ? In der Aus- und Fortbildung werden gemäß Nr. 5.3 der PDV 211 die Waffenhaltungen  aufmerksame Sicherungshaltung,  entschlossene Sicherungshaltung und  entschlossene Schießhaltung trainiert. Dies erfolgt unter besonderer Berücksichtigung der „Fingerdisziplin“ (Finger immer außerhalb der Abzugsvorrichtung der Waffe) und der Laufdisziplin (Laufhaltung der Waffe generell nicht auf Personen). Diese Waffenhaltungen sind immer situativ anzuwenden und werden entsprechend des Deeskalationsmodells aus dem Leitfaden 371 nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausgewählt .