Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/3560 03.11.2014 (Ausgegeben am 04.11.2014) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Ralf Wunschinski (CDU) Aktueller Sachstand des Genehmigungsverfahrens der Grube Angersdorf Kleine Anfrage - KA 6/8523 Vorbemerkung des Fragestellenden: Die ehemalige Kaligrube Angersdorf ist laut Gutachten akut gebirgsschlaggefährdet. Der Grubenbetreiber GTS plant eine Stabilisierung durch das Einlagern von Sondermüll in Form von Dickstoffversatz mit giftigen Filterstäuben. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft Frage 1: Wie ist der aktuelle Sachstand für das Genehmigungsverfahren zur Einlagerung von Sondermüll für die Grube Angersdorf? Mit dem Begriff „Sondermüll“ wird umgangssprachlich der Rechtsbegriff der gefährlichen Abfälle beschrieben. Die Landesregierung geht davon aus, dass die Frage auf das Genehmigungsverfahren nach Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) für die Dickstoffversatzanlage Angersdorf abstellt. Mit Datum vom 5. Februar 2010 reichte das Unternehmen GTS Grube Teutschenthal Sicherungs GmbH & Co. KG einen Antrag auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Dickstoffversatzanlage in Angersdorf beim Landesamt für Geologie und Bergwesen Sachsen-Anhalt (LAGB) ein. Aufgrund von Defiziten in den Antragsunterlagen wurde dieser Antrag mit Schreiben vom 30. Mai 2012 durch die GTS zurückgezogen. Bislang erfolgte keine neue Antragstellung. Demnach ist derzeit kein Genehmigungsverfahren nach BImSchG für eine Dickstoffversatzanlage in Angersdorf anhängig . Gemäß den Regelungen des BImSchG und der zugehörigen Verordnungen ist für das Genehmigungsverfahren der Dickstoffversatzanlage (wie bisher geplant) die 2 Durchführung eines förmlichen Genehmigungsverfahrens erforderlich, d. h. durch den Gesetz- und Verordnungsgeber ist eine Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens vorgeschrieben. Darüber hinaus sind zur Durchführung von untertägigen Sicherungsmaßnahmen im Grubenfeld Angersdorf auch bergbauliche Tätigkeiten und Maßnahmen (Herrichten des Grubengebäudes) erforderlich, die einer Zulassung nach Bundesberggesetz (BBergG) bedürfen. Hierzu werden derzeit unternehmensintern die Planungen der bergbaulichen Tätigkeiten und Maßnahmen zur infrastrukturellen Vorbereitung von Versatzarbeiten erarbeitet. Diese sollen zeitnah im LAGB zur Zulassung vorgelegt werden. Das notwendige bergrechtliche Zulassungsverfahren sieht laut Gesetzgebung keine Öffentlichkeitsbeteiligung vor. Mit der bergrechtlichen Zulassung der vorbereitenden Tätigkeiten und Maßnahmen zur Herrichtung des Grubengebäudes wird keine Entscheidung über die zum Einsatz kommenden Versatzstoffe vorweggenommen . Frage 2: Wie beurteilt die Landesregierung die Langzeitsicherheit im Hinblick auf den Verbleib der einzulagernden Schadstoffe in der Grube? Inwieweit finden dabei die Ergebnisse und Erkenntnisse aus der Grube Morsleben Berücksichtigung (Artikel Volksstimme, 3. September 2014 „Morsleben ist löchrig wie ein Schweizer Käse“)? Für die Grubenfelder Teutschenthal und Angersdorf konnten nach intensiver Prüfung durch die Bergbehörde in den Jahren 2000 und 2006 die Langzeitsicherheitsnachweise (LZSN) für die derzeitigen Versatztätigkeiten bestätigt werden. Nunmehr wird eine Fortschreibung des LZSN durch die GTS bzw. durch ein beauftragtes Ingenieurbüro erarbeitet. Die aufgeworfenen Themengebiete im Zusammenhang mit der Grube Morsleben werden in den Betriebsplanunterlagen und Zulassungsverfahren der Grube Teutschenthal Berücksichtigung finden, sofern die zugrundeliegenden Randbedingungen vergleichbar sind. Frage 3: Aktuell ist geplant, ein Dickstoffversatz der Hohlräume. In welchem Umfang sind zur Stabilisierung der Grube alternative Verfahren und Materialien geprüft worden? In den 80er-Jahren wurden detaillierte Untersuchungen zu einer Flutung der Hohlräume der Grube Teutschenthal mit Lauge durchgeführt. Aufgrund der komplizierten Gebirgsverhältnisse sowie der bergbaulichen und wirtschaftlichen Randbedingungen wurde dieses Versatzkonzept verworfen. In den 90er-Jahren wurde intensiv nach neuen Versatzkonzepten für die sicherungsbedürftige Grube Teutschenthal gesucht. Dabei wurden die Ansprüche an das Versatzmaterial in Abhängigkeit von den geologischen und geomechanischen Verhältnisse definiert und mit dem Dickstoffversatzverfahren eine geeignete Sicherungstechnologie entwickelt. 3 Im Rahmen einer gutachterlichen Bewertung zur Versatznotwendigkeit im Grubenfeld Angersdorf wurden auch im Jahr 2010 mögliche, nicht abfallbasierte Versatzalternativen betrachtet. Diese Alternativen waren unter Berücksichtigung der Bestätigung des LZSN sowie ressourcen- und umweltpolitischer Fragestellungen und unter wirtschaftlichen Aspekten als nicht angemessen bewertet worden. Frage 4: Wie stellt man angesichts der Struktur und Größe der Grube sicher, dass Trinkwassergefährdungen ausgeschlossen werden? Im Rahmen des bereits geführten und bestätigten LZSN ist belegt worden, dass die Barriereintegrität (Unverletzbarkeit der Schutzschichten) gewährleistet ist und bleibt. Es wurde nachgewiesen, dass die Versatzstoffe dauerhaft nicht mit der Biosphäre in Kontakt kommen werden bzw. dass mit den Versatzmaßnahmen gerade dem dauerhaften Schutz der Barriereintegrität Rechnung getragen wird. Frage 5: Die angelieferten Filterstäube sind hochgradig kontaminiert. Aufgrund ihrer staubartigen Konsistenz sind erhebliche Sicherheitsvorschriften einzuhalten, um eine Verflüchtigung zu verhindern. Welche Technologie und welches Sicherheitskonzept sind vorgesehen, um eine Gefährdung der Anrainerkommunen und der vor Ort Beschäftigen auszuschließen? Aussagen zur Technologie und zum Sicherheitskonzept können derzeit noch nicht getroffen werden, da aktuell kein Antrag zur Genehmigung einer Dickstoffversatzanlage nach BImSchG vorliegt. Die Planungen der GTS sind hier vorab nicht bekannt. Im Falle einer erneuten Antragstellung wird im Genehmigungsverfahren die Einhaltung aller relevanten Sicherheitsstandards geprüft und bewertet werden. Frage 6: Feinstäube neigen zu Verpuffungsreaktionen. Durch die Kontamination der Filterasche könnten freigesetzte Giftstoffe zu einer Umweltkatastrophe im weitläufigen Umfeld der Grube führen. Wie soll der Umgang mit diesen Stäuben vor Ort realisiert werden? Wie bereits ausgeführt, liegt derzeit kein Antrag auf Genehmigung einer Dickstoffversatzanlage in Angersdorf vor, in der Feinstäube zu Versatzstoffen konditioniert werden sollen. Zur Beschreibung und Bewertung des Umgangs mit den Stäuben vor Ort ist die Anlagen- und Technologiebeschreibung in den Antragsunterlagen abzuwarten . In Bezug auf das Auftreten von umgangssprachlich als Verpuffung bezeichneten Feinstaubexplosionen kann ausgeführt werden, dass Feinstäube aus Müllverbrennungsanlagen , die als Versatzstoff untertägig eingesetzt werden, nicht zu Staubexplosionen neigen. Bei den Feinstäuben handelt es sich um Filterstäube aus der Abgasbehandlung von Verbrennungsanlagen. Die bei hohen Temperaturen entstandenen Filterstäube enthalten aufgrund ihrer Entstehung kaum brennbare Bestandteile. Im Rahmen der abfallrechtlichen Zulassungen der Versatzmaterialien ist gemäß Versatzverordnung 4 (VersatzV) u. a. auch der TOC (Total Organic Carbon = gesamter organischer Kohlenstoff ) sowie der Glühverlust zu prüfen und ein Grenzwert von maximal sechs % (TOC) bzw. zwölf % (Glühverlust) einzuhalten. Die Filterstäube aus Müllverbrennungsanlagen weisen aufgrund ihrer Genese wesentlich geringere Werte auf. Eine Explosionsfähigkeit von Filterstäuben kann aufgrund der fehlenden Brennbarkeit somit im ordnungsgemäßen Betrieb ausgeschlossen werden. Frage 7: In welchem Umfang ist eine direkte Beteiligung der Anrainerkommunen am Genehmigungsverfahren über die gesetzlich vorgeschriebenen Rahmen hinaus geplant? Mit dem Gesetz zur Verbesserung der Öffentlichkeitsbeteiligung und Vereinheitlichung von Planfeststellungsverfahren hat der Gesetzgeber die frühzeitige Beteiligung Betroffener in den Verwaltungsverfahren geregelt. Hierüber wurde die GTS durch das LAGB im Sommer 2014 schriftlich informiert. Frage 8: Wird es weitere Bürgerinformationen seitens der Landesregierung und des Betreibers geben? Inwieweit eine Bürgerinformation seitens der Landesregierung zum Genehmigungsverfahren nach BImSchG angezeigt ist bzw. sein wird, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht abgeschätzt werden, da keine Planungen des Unternehmens vorliegen und somit auch keine Aussagen zum Verfahren und dessen Verlauf getroffen werden können. Frage 9: Ist für den Fall der Genehmigung beabsichtigt, eine Umweltverträglichkeitsprüfung zu fordern? Wie bereits ausgeführt, liegt derzeit kein Antrag auf Genehmigung einer Dickstoffversatzanlage in Angersdorf vor. Die Notwendigkeit zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) wurde bereits im Rahmen des zurückgezogenen Verfahrens geprüft und war unter den damals beantragten Randbedingungen zu negieren . Das Prüfergebnis des LAGB wurde durch den Behördengutachter bestätigt. Inwieweit mit den neuen Planungen geänderte Randbedingungen vorliegen werden, die ggf. zu einer Neubewertung der UVP-Pflicht führen, kann erst mit Vorlage des Antrages entschieden und bewertet werden. Frage 10: Inwieweit finden die Altrechte, der sich im Umfeld befindlichen Firmen, Berücksichtigung in dem dann laufenden Verfahren? Es ist nicht ersichtlich, welche Altrechte gemeint sind/sein könnten.