Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/3569 04.11.2014 (Ausgegeben am 04.11.2014) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Dr. Katja Pähle (SPD) Betreuung von Kindern mit chronischen Erkrankungen in Kita und Schule Kleine Anfrage - KA 6/8528 Vorbemerkung des Fragestellenden: Immer mehr Erzieherinnen und Erzieher/Lehrerinnen und Lehrer in Kindertagesstätten und Schulen treffen im Alltag auf Kinder und Jugendliche mit chronischen Erkrankungen (Allergien, Epilepsie, Diabetes mellitus, Asthma, Morbus crohn etc.). Durchschnittlich kann davon ausgegangen werden, dass 7 bis 10 % der Kinder und Jugendlichen in Deutschland an einer chronischen Beeinträchtigung leiden. Der Großteil von ihnen besucht Kindertagesstätten oder Schulen ohne besonderes Integrationsprofil , denn sie können im Allgemeinen medikamentös so gut eingestellt werden , dass dies grundsätzlich möglich ist. Dennoch erfordert der Umgang mit Kindern mit chronischen Erkrankungen oftmals eine besondere Aufmerksamkeit von Erzieherinnen und Erziehern/Lehrerinnen und Lehrern und gelegentlich auch ein Mitwirken an der Therapie. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Arbeit und Soziales 1. Wie viele Kinder und Jugendliche in Sachsen-Anhalt haben eine diagnos- tizierte chronische Erkrankung? Zur Beantwortung dieser Frage können lediglich die Krankenhausdiagnosedaten aus dem Jahr 2012 (Statistisches Bundesamt) für Kinder und Jugendliche bis 20 Jahre mit Wohnsitz in Sachsen-Anhalt für beide Geschlechter herangezogen werden. Bezogen auf jeweils 100.000 Einwohner ergeben sich nachfolgende Fallzahlen: 2 Chronische Virushepatitis 1 Diabetes mellitus 481 Epilepsie 1656 Chronische rheumatische Herzkrankheiten 1 Chronische ischämische Herzkrankheiten 1 Chronische Rhinitis, Rhinopharyngitis und Pharyngitis 10 Chronische Sinusitis 89 Chronische Krankheiten der Gaumenmandeln und der Rachenmandel 5011 Chronische Laryngitis und Laryngotracheitis 1 Chronische Krankheiten der unteren Atemwege 657 Crohn-Krankheit (Enteritis regionalis) Morbus Crohn 128 Chronische Leberkrankheit 5 Sonstige chronische Polyarthritis 1 Chronisches nephritisches Syndrom 2 Chronische tubolointerstitielle Nephritis 2 Chronische Nierenkrankheit 11 Chronische Atemwegskrankheit mit Ursprung in der Perinatalperiode 54 2. Wird im Studium oder in der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern über chronische Erkrankungen und deren Auswirkungen auf den Alltag in Kindertagesstätte und Schule informiert? Die Ausbildung von staatlich anerkannten Erzieherinnen und Erziehern erfolgt als eine Form der beruflichen Weiterbildung an der Fachschule (FS) Sozialpädagogik im Bereich Sozialwesen. Für den Einsatz in den sozialpädagogischen Arbeitsfeldern Kindertageseinrichtungen, Kinder- und Jugendarbeit, Hilfen zur Erziehung und für sozialpädagogische Tätigkeiten in der Schule erwerben sie die Fähigkeit, Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsaufgaben zu übernehmen und in allen sozialpädagogischen Bereichen als Erzieher oder Erzieherin selbstständig und eigenverantwortlich tätig zu sein. Voraussetzung für diese berufliche Weiterbildung ist u. a. eine erfolgreich abgeschlossene mindestens zweijährige einschlägige Berufsausbildung, wie es in der zweijährigen Berufsfachschule (BFS) Sozialassistenz möglich ist. Die Ausbildung orientiert sich an pädagogischen, hauswirtschaftlichen und sozialpflegerischen Schwerpunkten, die als Tätigkeitsmerkmale für den späteren beruflichen Einsatz als Sozialassistentin und Sozialassistent gelten. Eine allgemeine Zielstellung der Ausbildung ist, über die Fächer Gesundheitslehre , Gesundheitspflege, Ernährungslehre und Ernährungspraxis fachtheoretische und fachpraktische Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu vermitteln. Die aufgeführten Lerninhalte bieten ausreichend Gelegenheit, die Bedeutung 3 und Notwendigkeit der Krankenbeobachtung sowie Krankheitszeichen zu reflektieren . Themen Ziele Gesundheitslehre einschließlich Gesundheitsvorsorge Faktoren für äußere Krankheitsursachen und innere Krankheitsbedingungen kennen, die die Entstehung begünstigen Persönliche Einflussnahme auf die Gesundheit Maßnahmen zur Erhaltung und Pflege der eige- nen Gesundheit aufzeigen und begründen Störungen der Gesundheit durch zivilisatorische Einflüsse Funktionsstörungen des Herz-Kreislauf-Systems kennen, Allergien als Überreaktion des Körpers kennen, Einfluss und Wirkung von Alltagsdrogen und Rauschmitteln begreifen und erläutern Krankenbeobachtung - Krankheitszeichen Spezielle Krankheitszeichen kennen, körperli- che und seelische Begleiterscheinungen be- schreiben Mit der beruflichen Weiterbildung an den FS Sozialpädagogik verfügen die Erzieherinnen und Erzieher über breites und integriertes Wissen: - zu Strategien des Selbstmanagements und der Gesundheitsprävention in Ausbildung und Beruf, - zu Möglichkeiten der biologischen und zivilisatorischen Erhaltung der Ge- sundheit des Menschen, - zu nachhaltigen Veränderungen im Lebensumfeld, - zur gesunden Ernährung und zu den Grundsätzen von Belastung und Erho- lung. Durch die Wahrnehmung ihrer natürlichen Umwelt erkennen die Erzieherinnen und Erzieher die enge Verflechtung von Erziehung, Gesundheit und Bewegung. Darauf aufbauend entwickeln sie alters- und entwicklungsspezifische Angebote für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Dabei stellt die Gesundheitsprävention einen wichtigen Bildungsanlass für die Persönlichkeitsentwicklung dar. 3. Welche Empfehlungen für Kindertagesstätten und Schulen gibt es hin- sichtlich der Notfall-Versorgung von Kindern mit chronischen Erkrankungen (Umgang mit Medikamenten bei einem allergischen Schock, Umgang mit Medikamenten bei hypoglykämischem Schock, Umgang mit Medikamenten bei asthmatischen Anfällen)? 4 Am 20.09.2014 fand im Ministerium für Arbeit und Soziales des Landes Sachsen -Anhalt eine Fachtagung zum Thema: Kinder mit Allergien, Anaphylaxien oder Diabetes in Kindertageseinrichtungen statt. Derzeit wird eine Handreichung zur Medikamentenabgabe in Kindertageseinrichtungen des Landes Sachsen-Anhalt durch das Ministerium für Arbeit und Soziales in Zusammenarbeit mit der Unfallkasse Sachsen-Anhalt abgestimmt. Die Empfehlungen bezüglich der Schulen sind in einem Runderlass des Kultusministeriums (RdErl. des MK vom 3.1.2012 - 21- 80009 Richtlinie zur Verabreichung von Medikamenten an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen (Medikamenten-Erlass) SVBl. LSA S. 23) geregelt. Die Personenberechtigten können die Versorgung ihrer Kinder mit Medikamenten der Schule oder einer von dieser beauftragten oder ermächtigten Lehrkraft, einer pädagogischen Mitarbeiterin oder einem pädagogischen Mitarbeiter übertragen , soweit diese bereit sind, die erforderliche Unterstützung vorzunehmen. Die Verabreichung von Medikamenten für chronisch kranke Schülerinnen und Schüler durch Lehrkräfte, Pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Betreuungskräfte ist möglich. Voraussetzung sind genaue Angaben zu den Einnahmezeitpunkten und durch die Ärztin oder den Arzt bestätigte Dosierungsangaben . Grundsätzlich ist die Verabreichung von Medikamenten in Form von Injektionen nicht erlaubt. Bei Notfallsituationen, beispielsweise bei allergischen Reaktionen, kann nach Einzelfallentscheidung von dem Grundsatz abgewichen werden, wenn schriftliche Handlungsanweisungen der behandelnden Ärztin oder des behandelnden Arztes sowie eine Einweisung der Lehrkraft, der pädagogischen Mitarbeiterin, des pädagogischen Mitarbeiters oder der Betreuungskraft vorliegt. Zu Erste-Hilfe-Maßnahmen sind ohnehin alle in der Schule bzw. Kindertagesstätte tätigen Personen verpflichtet. 4. Welche Empfehlungen für Kindertagesstätten und Schulen gibt es hin- sichtlich der Grundsätzlichen Unterstützung von Kindern und Jugendlichen in der Therapie chronischer Erkrankungen (Gabe von Medikamenten während des Besuchs der Kindertagesstätte bzw. Schule oder während Ausflügen bzw. Klassenfahrten)? Hierzu wird auf die Beantwortung zur Frage 3 sowie den Rahmenhygieneplan für Kindereinrichtungen verwiesen (s. Punkt 3.6 Umgang mit Arzneimitteln). Dieser ist unter folgendem Link im Internet abrufbar: http://www.verbraucherschutz.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Politik _und_Verwaltung/MS/Verbraucherschutz/hygiene/Hygieneplaene/rahmenplankindereinrichtungen 0407.pdf Bei Ausflügen bzw. Klassenfahrten sind Schulen aufgefordert, rechtzeitig im Rahmen der Möglichkeiten Vorkehrungen zu treffen, die der Schülerin oder dem Schüler eine Teilnahme an Klassenfahrten und Ausflügen ermöglichen. 5 Grundsätzlich kann wie bei der Vergabe von Medikamenten gem. Medikamenten -Erlass verfahren werden. Die besondere Betreuungssituation während der Klassenfahrten und an Wandertagen ist zu berücksichtigen. Im Einzelfall ist zu prüfen, ob und wie unter Berücksichtigung der geplanten Unternehmungen die Verabreichung der Medikamente sichergestellt werden kann. Möglicherweise ist zu erwägen, ob ein Familienmitglied an der Unternehmung teilnimmt.