Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/364 01.09.2011 Hinweis: Die Drucksache steht vollständig digital im Internet/Intranet zur Verfügung. Bei Bedarf kann Einsichtnahme in der Bibliothek des Landtages von Sachsen-Anhalt erfolgen oder die gedruckte Form abgefordert werden. (Ausgegeben am 07.09.2011) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Eva von Angern (DIE LINKE) Jugendarrest und dessen Wirksamkeit Kleine Anfrage - KA 6/7143 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Justiz und Gleichstellung 1. Gegenüber wie vielen Personen wurde seit dem Jahr 2005 bis heute Jugendarrest vollzogen? Bitte differenziert nach Jahren und Geschlecht aufschlüsseln? Die Vollstreckung der Jugendarreste von 2005 bis heute stellt sich wie folgt dar: Jahreszahl männlich weiblich 2005 621 96 2006 596 62 2007 614 83 2008 662 125 2009 538 107 2010 575 119 2011 277 40 (bis 03.08.2011) Gesamt: 3.883 632 2. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung darüber, wie viele derjeni- gen, gegen die Jugendarrest vollzogen wurde, später zu Jugendstrafen verurteilt wurden? Bitte ab dem Jahr 2005 und getrennt nach Jahresscheiben aufschlüsseln. In dem Zeitraum von Januar 2008 bis zum 3. August 2011 haben insgesamt 154 männliche Arrestanten im Anschluss an den Jugendarrest eine Jugendstrafe in der 2 Jugendanstalt Raßnitz verbüßt. Aufgeschlüsselt nach Jahresscheiben ergibt sich folgendes Bild: Jahreszahl Gefangene 2008 52 2009 44 2010 39 2011 19 (Stichtag: 03.08.2011) Gesamt: 154 Die Zahlen aus den Jahren 2005 bis 2007 stehen für einen Vergleich nicht mehr zur Verfügung, da bis zur Einführung des Jugendstrafvollzugsgesetzes (JStVollzG LSA) zum 1. Januar 2008 für die Datenverarbeitung und Speicherung von Gefangenendaten § 184 Abs. 1 des Strafvollzugsgesetzes (StVollzG) anzuwenden war und mithin personenbezogene Daten spätestens zwei Jahre nach der Entlassung bzw. Verlegung des Gefangenen zu löschen waren. 3. Wie hat sich die Straffälligkeit bzw. Rückfallquote derjenigen entwickelt, gegen die Jugendarrest vollzogen worden ist? Für das Land Sachsen-Anhalt können derzeit keine belastbaren Aussagen zur Straffälligkeitsentwicklung bzw. Rückfallquote nach vollzogenem Jugendarrest getroffen werden, da es hierfür umfangreicher Auswertungen des Bundeszentral- und Erziehungsregisters bedürfte. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass auch andere Sanktionsformen bei jungen, heranwachsenden und/oder erwachsenen Gefangenen zum Tragen kommen als nur freiheitsentziehende Maßnahmen (zum Beispiel die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung, die vorrangige stationäre Unterbringung in einer Sucht- oder psychiatrischen Klinik usw.). 4. Wie wird der Jugendarrest in Sachsen-Anhalt vollzogen und umgesetzt? Gibt es so genannte „Schließzeiten“ (zum Beispiel in den Schulferien)? Welche Konzepte zur sozialpädagogischen Betreuung existieren für den Jugendarrest in Sachsen-Anhalt? Zum Vollzug und zur inhaltlichen Umsetzung des Jugendarrestes in Sachsen-Anhalt wird auf das als Anlage beigefügte umfassende Konzept der Jugendarrestanstalt in Halle verwiesen. Die Jugendarrestanstalt wird in jedem Jahr für ca. zwei Wochen über Weihnachten /Neujahr und für ca. drei Wochen innerhalb der Sommerferien geschlossen. 5. Gibt es in Sachsen-Anhalt alternative Projekte zum Jugendarrest? Wenn ja, welche? Nein, alternative Projekte zum Jugendarrest existieren in Sachsen-Anhalt nicht. Das Jugendgerichtsgesetz (JGG) sieht jedoch in den §§ 9 und 17 JGG - neben dem Zuchtmittel „Jugendarrest“ - als weitere Sanktionen gegen jugendliche Straffällige 3 Erziehungsmaßregeln wie die Erteilung von Weisungen, die Inanspruchnahme von Hilfe zur Erziehung sowie die Jugendstrafe vor. 6. Welche Maßnahmen beabsichtigt die Landesregierung einzuleiten, um dem Problem der Jugendkriminalität wirksam entgegenzutreten? Eine Vielzahl von Handlungsstrategien der Landesregierung zur Bekämpfung der Jugendkriminalität lassen sich den Vereinbarungen des aktuellen Koalitionsvertrages für die sechste Legislaturperiode des Landtags von Sachsen-Anhalt für 2011 bis 2016 entnehmen (zum Beispiel der weitere Ausbau von Kindertageseinrichtungen, die Förderprogramme zur frühkindlichen Bildung, die Maßnahmen zur Wirtschaftsund Arbeitsmarktentwicklung sowie eine auf soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit ausgerichtete Familien-, Kinder- und Jugendpolitik). Zudem haben sich die auf Landes- und Kommunalebene eingerichteten Gremien des Landespräventionsrates, des Runden Tisches gegen Gewalt sowie eine verstärkte Zusammenarbeit von Jugendämtern, Schulen und Jugendfreizeitzentren, Angebote wie „Sport gegen Gewalt“ oder die „Mondscheinnutzung von Sporthallen“ sowie die sozialpädagogische Beratungstätigkeit bei den Jugendkommissariaten (JUBP) als wirksam erwiesen. Des Weiteren wird Jugendlichen, die bereits eine Freiheitsstrafe verbüßen müssen, in der Jugendanstalt Raßnitz eine Vielzahl von besonderen Behandlungsmaßnahmen angeboten, die darauf ausgerichtet sind, defizitäre Entwicklungen aus dem Kindes - und Jugendalter nachhaltig abzubauen. Zu diesen Maßnahmen zählen beispielsweise diverse schulische und berufliche Bildungsangebote, soziale Trainingsmaßnahmen , ein Anti-Gewalt-Training für Gewaltstraftäter, ein spezielles Trainingsprogramm für rechtsmotivierte Gewaltstraftäter, eine professionelle Suchtberatung, diverse Sport- und Freizeitangebote oder auch das Modellprojekt „MOVES“, das entlassene junge Gefangene unterstützt. 7. Wie schätzt die Landesregierung beabsichtigte Vorhaben zur Einführung eines Warnschussarrestes für junge Gewalttäter ein? In Ziffer 9.3. des Koalitionsvertrages für die sechste Legislaturperiode des Landtags von Sachsen-Anhalt für 2011 bis 2016 wurde vereinbart, dass sich die Landesregierung auf Bundesebene dafür einsetzen werde, dass das Jugendgerichtsgesetz den aktuellen Erfordernissen angepasst wird und entsprechende Initiativen des Bundes abgewartet werden. Eine Gesetzesinitiative wird von Seiten Sachsen-Anhalts nicht angestrebt, entsprechende Gesetzesvorhaben würden aber - im Rahmen der üblichen Beteiligung - fachlich begleitet werden. Zurzeit liegt kein Gesetzentwurf zur Einführung des Warnschussarrestes vor. 4 Jugendarrestanstalt Halle Am Kirchtor 20a, 06108 Halle - Strukturen und Konzepte des Jugendarrestvollzugs in Sachsen-Anhalt – (Stand: 01.12.2006) genehmigt mit Erlass des Ministeriums der Justiz des Landes Sachsen-Anhalt 5 I Einleitung Jugendarrest ist als Zuchtmittel Reaktion auf Verfehlungen Jugendlicher und Heranwachsender oder als sogenannter „Beugearrest“ oder „Ungehorsamsarrest“ auch Druckmittel, nicht erfüllte Auflagen und Weisungen nunmehr endlich zu erfüllen (§§ 11, 15 JGG). Der Gesetzgeber hat die Ziele des Jugendarrestes und seine Ausgestaltung insbesondere in § 90 JGG (in Konkretisierung zu §§ 13, 16 JGG) genannt. Diese Vorgaben bedürfen im Rahmen der Arrestvollstreckung, insbesondere aber des Arrestvollzugs weiterer Bestimmungen zur Umsetzung. Für die Vollstreckung, das heißt für die Frage, ob, wann und wie lange der Arrest vollzogen wird und die anzuwendenden Verfahrenswege sind neben §§ 90, 87 Abs. 3 und Abs. 4 JGG ergänzend die Richtlinien zum JGG (hier insbesondere zu §§ 82 bis 85 JGG) zu berücksichtigen . Vollstreckungsrechtliche Fragen werden im Folgenden so weit wie möglich ausgeklammert . Ergänzend für den Vollzug, dass heißt die inhaltliche Ausgestaltung des Aufenthalts, kommt insbesondere die Jugendarrestvollzugsordnung (JAVollzO) zur Anwendung. Fragen zur inneren Verwaltung der Jugendarrestanstalt – als Organisation des Vollzuges - werden durch die Jugendarrestgeschäftsordnung LSA (JAGO) beantwortet. Die vorliegenden Konzepte sollen die genannten Vorgaben ergänzen und deren Umsetzung in der praktischen Arbeit im Rahmen des Vollzuges ermöglichen und beschreiben. Zur besseren Darstellung werden die Konzepte und Strukturen – nach einer kurzen Problemdarstellung - anhand der JAVollzO beschrieben. II Einführung 1. Erziehung und Arrest nach § 90 JGG a) Als Zuchtmittel soll der Arrest eindringlich das begangene Unrecht vor Augen führen und bewusst machen, dass der Jugendliche für dieses Unrecht einzustehen hat. Sein Ehrgefühl ist zu wecken. Neben der Aufarbeitung der Straftat, der Darstellung der Situation eines eventuellen Opfers und der Begründung der Sozialschädlichkeit eines Verhaltens ist deshalb das Aufzeigen des möglichen Weges im Falle weiterer Straftaten in eine längerfristige Freiheitsentziehung erforderlich. b) Die erzieherische Gestaltung des Arrestvollzuges soll die Arrestziele unterstützen. Allgemein lässt sich zur Methodik sagen, dass eine Kombination aus Unterstützung, Motivation, Anerkennung, Konsequenz, Verlässlichkeit, durchsetzbaren festen Regeln und Sanktionsmöglichkeiten den Arrestalltag bestimmen sollen. c) Als Hilfe zur Vermeidung künftiger Straftaten stehen das Erfassen der Lebenssituation , die Herausarbeitung möglicher Hilfen und die aktive Unterstützung bei der Bewältigung von Problemlagen im Vordergrund. Aber auch die Strukturierung des Tagesablaufs , Aufzeigen alternativer Verhaltensregeln und sinnvoller Freizeitbeschäftigung können solche Hilfe beinhalten. 2. Problemlagen bei der Umsetzung Aufgrund des wöchentlichen Wechsels des Bestandes an Arrestanten, ihrer vielfältigen individuellen Problemlagen und der Kürze der Arrestdauer von maximal vier Wochen erfordert die Aufstellung jeglichen Konzepts, erst recht aber dessen Umsetzung ein hohes Maß an Flexibilität für die Gestaltung des Arrestvollzugs. Allgemeine Regeln treffen häufig nicht auf den einzelnen Arrestanten zu und bedürfen je nach Charakter und individueller Lebensfüh- 6 rung- und Einstellung der Anpassung bis hin zur Abweichung von Regeln. Viele Arrestanten sind erstmals der gewohnten häuslichen Umgebung entzogen und bedürfen deshalb besonderer Aufmerksamkeit, während andere aus einer Heimerziehung Trennungserfahrungen mitbringen und wiederum andere - insbesondere junge Erwachsene - bereits ihr Leben in der Selbständigkeit eingerichtet haben. So können Konzepte letztlich nur als Richtlinien dienen, die eine weitgehende Gleichbehandlung ermöglichen sollen, aber dennoch Raum für die individuelle Gestaltung des Vollzuges an einzelnen Arrestanten zulassen. Jede Erziehung ist nur dann Erfolg versprechend, wenn sich die zu erziehende Person zumindest auf eine Ansprache einlässt und bereit und auch in der Lage ist, erzieherische Maßnahmen anzunehmen. Bei hartnäckiger Verweigerung oder körperlicher oder geistiger Unfähigkeit , auf Maßnahmen angemessen zu reagieren, können trotz Ansprache und Motivation sämtliche erzieherischen Ansätze wirkungslos sein. Hier stellt sich einerseits die Frage nach der Tauglichkeit des Arrestes als erzieherischem Mittel und andererseits das Problem, ob nicht aus grundrechtlicher Sicht (Persönlichkeit, Freiheit, Verhältnismäßigkeit) die Vollstreckung abgebrochen werden muss. Insbesondere fallen hier stark betäubungsmittelabhängige oder psychiatrisch vorbelastete Arrestanten auf. Insbesondere letztgenannter Personenkreis bedarf besonderer Aufmerksamkeit bei der Erfassung und Aufarbeitung der Problemlagen . Weitere Schwierigkeiten ergeben sich aus den unterschiedlichen Altersstrukturen im Rahmen der Vollstreckung. So sind neben Jugendlichen von 14 Jahren überwiegend Heranwachsende im Durchschnittsalter von etwa 18 Jahren, aber auch junge Erwachsene bis zum Alter von 23 Jahren im Vollzug untergebracht, woraus Problemlagen und Verständigungsprobleme der Arrestanten untereinander entstehen können, aber auch eine Chance für die Erziehung Jugendlicher, wenn die Erwachsenen eine positive Vorbildfunktion wahrnehmen. In jedem Fall kann ein allgemein gehaltenes Konzept wie hier auf solche Altersstrukturen nur bedingt eingehen. Letztlich sind die Vorstellungen des Gesetzgebers und des Verordnungsgebers an den praktischen Gegebenheiten wie der Lage der Jugendarrestanstalt, deren Räumlichkeiten und Ausstattung, dem Personalbestand einschließlich ehrenamtlicher Mitarbeiter und den Versorgungsmöglichkeiten auszurichten. III Strukturen und erzieherische Arbeit in der Jugendarrestanstalt Halle (JAA) § 1 JAVollzO In der JAA Halle werden nach dem Vollstreckungsplan des Landes Sachsen-Anhalt alle von Jugendrichtern im Lande Sachsen-Anhalt angeordneten Arreste vollzogen, also auch Freizeit - und Kurzarreste nach JGG sowie die nach § 98 OWiG verhängten Arreste. Das Gebäude der JAA Halle liegt in unmittelbarer Nachbarschaft der Justizvollzugsanstalt Halle I (JVA Halle I), abgetrennt durch eine das ganze Gelände umgebende hohe Mauer. Die JAA Halle ist eine eigene Vollzugsanstalt des Landes Sachsen-Anhalt, deren Versorgung mit Verpflegung und sonstigen sächlichen Mitteln einschließlich baulicher Maßnahmen durch die Verwaltung der Justizvollzugsanstalt Halle I wahrgenommen wird. Die JAA Halle liegt im nördlichen Stadtbereich und ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen . Die JAA Halle verfügt auf zwei von drei Etagen über 18 Arresträume mit insgesamt 36 Plätzen . Davon sind in einem abgetrennten Teil zwei Räume mit vier Plätzen für weibliche Arrestanten sowie ein Gemeinschaftsraum mit Fernseher eingerichtet. 7 Jeder Arrestraum verfügt über eine Nasszelle mit Wasch- und Toilettenbecken. Die Arresträume sind in der Regel mit zwei Betten, zwei Schränken, zwei Stühlen und einem Tisch ausgestattet. In zwei größeren Arresträumen sind jeweils vier Betten nebst zugehörigem weiteren Mobiliar aufgestellt. Diese Räume dienen insbesondere der Aufnahme von – männlichen - Freizeitarrestanten . Ein weiterer größerer Raum dient als gemeinsamer Fernsehraum für die männlichen Arrestanten. Auf jeder Etage befindet sich schließlich eine (Gemeinschafts-) Dusche und ein Dienstzimmer. Alle Fenster der Arresträume sind aus Sicherheitsgründen vergittert. Im Erdgeschoss sind die Räume für die Verwaltung sowie der Speiseraum nebst Vorbereitungsküche , die Bibliothek, die Kammer und ein Arztzimmer untergebracht. Ein Teil des Dachbodens wird als Sport- und Aufenthaltsraum genutzt, ansonsten - wie ein Teil des Kellers - als Lager. §§ 2, 3 JAVollzO 1. Personal Leiter der Jugendarrestanstalt ist ein weiterer aufsichtführender Richter (§ 10 Richtergesetz LSA) am Amtsgericht Halle-Saalkreis, der ausweislich der JAGO LSA die JAA nach außen repräsentiert (Leitung der JAA). Der Vollstreckungsleiter ist ein nach dem Geschäftsverteilungsplan des Amtsgerichts HalleSaalkreis bestimmter Jugendrichter. Er ist durch das Ministerium der Justiz auch zum Vollzugsleiter bestimmt worden, § 90 JGG (Vollzugsleitung der JAA). Leiter und Vollzugsleiter sind Dienstvorgesetzte der Mitarbeiter des Vollzugsdienstes der JAA. Da Vollzugsaufgaben mit den von der Leitung wahrzunehmenden Verwaltungsaufgaben häufig in Beziehung stehen, arbeiten Leitung und Vollzugsleitung eng zusammen. Der Vollzugsleiter hat einen wesentlichen Teil seiner in der JAVollzO genannten Aufgaben den Mitarbeitern des Vollzugsdienstes übertragen (§ 2 Abs.2, Satz 2 JAVollzO). Die Vollzugsdienstleitung wird durch einen Beamten des gehobenen Verwaltungs- und Vollzugsdienstes wahrgenommen. Er ist für die Umsetzung der Vorgaben der Leitung und der Vollzugsleitung verantwortlich. Er ist Dienstvorgesetzter der Mitarbeiter des allgemeinen Vollzugsdienstes. Ihm obliegt die gesamte Ladungstätigkeit (insoweit Vollstreckungsaufgaben ) unter Anleitung des Vollstreckungsleiters. Er stellt die Dienstpläne auf und entscheidet in Abwesenheit oder Unerreichbarkeit der Leitung und der Vollzugsleitung nach deren Maßgabe . Die allgemeinen Aufgaben des Vollzugsdienstes werden durch sechs männliche und zwei weibliche Beamte ausgeübt, die in einem Drei-Schicht-Wechselsystem rund um die Uhr alle allgemeinen Aufgaben des Arrestvollzuges wahrnehmen. Tagsüber sollen in der Frühschicht und in der Spätschicht wenigstens zwei Mitarbeiter eingesetzt werden. Die Leitung des Sozialen Dienstes der Justiz hat eine Sozialarbeiterin inne, die der Dienstaufsicht des Leiters der JAA und des Ministeriums der Justiz untersteht. Sie unterstützt und berät die Vollzugsleitung bei der Ausgestaltung des Vollzuges, übernimmt die individuelle Beratung der Arrestanten und leitet Praktikanten an. Näheres ist dem gesonderten Konzept für den Sozialen Dienst zu entnehmen. Außerdem sind in wechselnder Zahl ehrenamtliche Mitarbeiter tätig, deren Einsatz und Tätigkeit im Wesentlichen durch die Leiterin des Sozialen Dienstes koordiniert wird. 8 Ein Verwaltungsunterbau besteht nicht. Sämtliche Aufgaben einschließlich Führung der Personalakten werden, soweit sie nicht unmittelbar mit dem Vollzug in der JAA durch die Mitarbeiter wahrgenommen werden können, durch die Verwaltung der JVA Halle I erledigt. Schließlich ist an dieser Stelle der Verein zur Förderung der Jugendarbeit in der Jugendarrestanstalt Halle e. V. (Verein) zu nennen, der insbesondere über ihm zugewiesene Bußgelder Möglichkeiten zur Beschäftigung mit den Arrestanten schafft. 2. Zusammenarbeit, Reglement, Besprechungen Um eine weitest gehende Gleichbehandlung der Arrestanten zu erreichen, wird den Mitarbeitern ein nur ihnen zugänglicher Ordner, in dem Gesetze, Verordnungen und Verfügungen der Leitung und der Vollzugsleitung enthalten sind, zur Verfügung gestellt. Bedeutsame Entscheidungen , Beobachtungen und Informationen zu Vorfällen oder zu einzelnen Arrestanten werden in einem Informationsbuch, das jeder Mitarbeiter bei Schichtbeginn einzusehen hat, eingetragen. Diese Beobachtungen und auch Festlegungen sind aber vor allem in den Schichtübergaben an die übernehmenden Mitarbeiter weiter zu geben. Regelmäßig zur Übergabe der Früh- an die Spätschicht nimmt auch der Soziale Dienst teil. In dieser Mittagskonferenz werden auch bedeutendere Anliegen oder Festlegungen unter Leitung des Vollzugsdienstleiters besprochen. Regelmäßig wöchentlich wird in der Vollzugskonferenz des Vollzugsleiters mit dem Vollzugsdienstleiter und der Leiterin des Sozialen Dienstes und gegebenenfalls weiteren Mitarbeitern über anstehende Probleme beraten und auch vollstreckungsrechtliche Entscheidungen werden vorbereitet. Schließlich finden regelmäßig etwa alle zwei Monate Dienstbesprechungen unter Leitung des Vollzugsleiters oder des Leiters statt, in denen grundsätzliche Dinge besprochen und mitgeteilt werden. § 4 JAVollzO Die Ladung der Arrestanten erfolgt nach Anweisung durch den Vollstreckungsleiter in der JAA Halle selbst. Für die Ladungstätigkeit wird ein spezielles Computerprogramm verwendet . Die Ladung zum Arrestantritt erfolgt unmittelbar nach Eingang der vollständigen Vollstreckungsunterlagen in der JAA. Die Ladung der Arrestanten erfolgt dann auf einen Termin innerhalb weniger Wochen. § 5 JAVollzO Die Aufnahme, die Verwahrung von Gegenständen und die Geschlechtertrennung werden entsprechend der Vorgaben durchgeführt. Erlaubte und verbotene Gegenstände sind in der Anlage zur Hausordnung genannt. § 6 JAVollzO Die Arresträume werden nur dann einzeln belegt, wenn die Situation des Arrestanten es erfordert oder nicht alle Betten ausgelastet sind, zum Bespiel wenn nicht alle Geladenen erschienen sind. Freizeitarreste werden abweichend von Absatz 1 bei männlichen Arrestanten weitgehend in Gemeinschaftsräumen vollzogen. 9 Während des Tages treffen die Arrestanten beim gemeinschaftlichen Essen und bei anderen Aktivitäten aufeinander. In der übrigen Zeit sind sie in den Arresträumen untergebracht. Ein Umschluss auf andere Arresträume ist nur im Ausnahmefall zulässig. § 7 JAVollzO Am Aufnahmetag, spätestens am nächsten Tag, führt der Betreuer zur Persönlichkeitserforschung und Problemerfassung ein Eingangsgespräch (s. u. § 10). § 8 JAVollzO Der Vollzugsleiter hat zugelassen, dass Arrestanten geduzt werden können, sofern diese nicht widersprechen. Weiteres siehe unten § 10. § 9 JAVollzO Erziehung bedingt klare Regeln, Vorgaben und Information, um Unsicherheiten, Missverständnisse oder Widersprüchlichkeiten weitestgehend auszuschließen. Die Erfahrungen in der JAA Halle haben gezeigt, dass Arrestanten ein sehr feines Gespür für Regelungslücken haben und dem entsprechend solche für sich zu nutzen suchen. Mit der Aufstellung umfangreicher schriftlicher Regelwerke wie Hausordnung, allgemeine Verhaltensregeln und Erläuterungen zu den verschiedenen Programmen konnten viele Lücken geschlossen und Diskussionen vermieden werden. Die Regelungsdichte wird laufend verfeinert und dem Arrestvollzug angepasst. Dabei ist trotzdem auf Flexibilität, Klarheit und Widerspruchslosigkeit zu anderen Regeln zu achten. Die Regeln und Kriterien über den Tagesablauf werden den Arrestanten in einer Informationsmappe ausgehändigt, die sie zu lesen und in ihrem Arrestraum aufzubewahren haben. Bei der Aufnahme und im Eingangsgespräch werden die Regeln erläutert. Am Tag nach der Aufnahme erfolgt eine gemeinsame Einweisung der „neuen“ Arrestanten durch einen Mitarbeiter. Ebenso werden täglich nach dem Frühstück der Tagesablauf einschließlich der anstehenden Maßnahmen und das erwartete Verhalten erläutert. § 10 JAVollzO 1. Betreuungssystem Um die erzieherische Einflussnahme zu erhöhen, ist ein Betreuungssystem eingerichtet, in dem jedem (Dauer-) Arrestanten ein Mitarbeiter des Vollzugsdienstes als Betreuer zugewiesen ist. Dadurch wird gewährleistet, dass der Arrestant einen festen, mit seinen spezifischen Problemen vertrauten Ansprechpartner hat. Andererseits kann sich der Mitarbeiter in der Betreuung auf einen kleinen Kreis von Arrestanten konzentrieren, deren Probleme erfassen und sie im Vollzug beobachten und beraten. Letztlich ist ihm die Einschätzung über die Frage der Wirksamkeit des Arrestes und verbliebener Problemlagen erleichtert. Betreuer ist ein Mitarbeiter der Früh- oder Spätschicht am Montag. Als Vertreter ist jeweils ein Mitarbeiter der jeweils anderen Schicht eingeteilt, um die Betreuung in den Zeiten zu gewährleisten , in denen der Betreuer nicht anwesend ist. Der Schichtplan ist so gestaltet, dass während der Arrestdauer auch von bis zu vier Wochen jeweils entweder der Betreuer oder der Vertreter wenigstens wochentags anwesend sind. 10 Das Betreuungssystem entbindet die Mitarbeiter natürlich nicht davon, Beobachtungen über Arrestanten, die nicht in die eigene Zuständigkeit fallen, deren Betreuer mitzuteilen oder anstehende Probleme sofort zu lösen. Nach der Aufnahme wird durch den Betreuer das Eingangsgespräch (§ 7) geführt, um Lebensführung und besondere Problemlagen des Arrestanten zu erfragen. In diesem Gespräch wird auch auf den Zusammenhang zwischen Fehlverhalten und Arrest eingegangen und dem Arrestanten das Unrecht seines Verhaltens verdeutlicht. Die Verhaltensregeln und die Hausordnung, Betreuungssystem und Stufenprogramm (s. u.) werden erläutert. Je nach Problemlagen gibt der Betreuer Hilfestellung bis hin zur Kontaktaufnahme mit Eltern, Behörden oder Betreuungspersonen, sofern das Einverständnis des Arrestanten vorliegt. In besonderen Lagen informiert er den Vollzugsleiter und/oder den Sozialen Dienst der JAA. Alle Erfahrungen dokumentiert der Betreuer in der Personalakte des Arrestanten. Während des Arrestvollzuges beobachtet der Betreuer den Arrestanten in seinem Verhalten, seiner Ordnung und Sauberkeit. Er registriert Veränderungen, erhöhte Problemlagen und reagiert mit weiteren Gesprächen und Hilfsangeboten. Er nimmt an wichtigen, den Arrestanten betreffenden Besprechungen und Entscheidungen des Vollzugs- und Vollstreckungsleiters durch Berichte und Stellungnahmen teil. Letztlich erstellt der Betreuer den Schlussbericht (s. § 27), in dem er den Verlauf des Arrestvollzuges , Veränderungen, Perspektiven des Arrestanten und eine Einschätzung über die Wirksamkeit des Arrestes wiedergibt. 2. Stufenkonzept Erzieherische Gestaltung des Vollzuges bedeutet neben dem negativen Eindruck der Freiheitsentziehung auch Anerkennung und Motivation. Durch Gewährung von Vorteilen wird die Motivation der Arrestanten geweckt, im eigenen Interesse das Verhalten zu überdenken und den herrschenden Regeln anzupassen, mit dem Ziel, die gewonnenen Erfahrungen auch in Freiheit anzuwenden. Anerkennung und Freude über das Erreichte stärken die Motivation zum Wohlverhalten und zeigen Alternativen zum oftmals negativen Verhalten in Freiheit auf. Wettbewerbe sind unter jungen Menschen beliebt, um Erfolge und Anerkennung zu sammeln . Deshalb haben die Mitarbeiter der JAA ein Stufenprogramm entworfen, welches die Ziele des Jugendarrestvollzuges gemäß § 90 JGG zumindest im Dauerarrest miteinander vereinigt . Die Arrestanten können durch ihr eigenes Verhalten den Arrestverlauf aktiv mitgestalten und sich Vorteile erarbeiten, aber auch eigene Fähigkeiten entdecken oder vertiefen. Die bisherigen Erfahrungen sind sehr positiv und unterstreichen die häufig fehlende Anerkennung im Alltagsleben der Arrestanten. Das Programm gliedert sich in vier Stufen, die verschiedene Möglichkeiten des Arrestvollzuges beinhalten. In der Stufe Vier wird nur die grundlegende Versorgung nach §§ 11 Abs. 2, 4, 17 JAVollzO gewährt, nämlich Unterkunft, Verpflegung, Aufenthalt im Freien und ärztliche Versorgung. Nach Möglichkeit soll bereits das Eingangsgespräch (s. oben 1.) stattfinden. Im Übrigen dient diese Zeit zur Besinnung und ermöglicht durch Abgeschiedenheit von anderen Arrestanten das Nachdenken über die eigenen Ursachen des Freiheitsentzuges. Nur Aufenthalt im Freien und die Mahlzeiten werden gemeinsam mit den anderen Arrestanten verbracht . Am Morgen des Tages nach der Aufnahme erfolgt bereits automatisch eine Einstufung in die Stufe Drei, in der bereits Vorzüge wie die Ausleihe von Büchern, gemeinsames Fernsehen und ein Telefonat gewährt werden. Ein Aufstieg ist jedoch bei Fehlverhalten zunächst ausgeschlossen . Ab dem vierten Tag des Arrestvollzuges kann der Arrestant die Stufe Zwei erreichen. In dieser Stufe ist ihm die Teilnahme an allen innerhalb der JAA angebotenen Maßnahmen möglich . Ab dem siebten Tag kann der Arrestant die Stufe Eins erreichen (das heißt: Arrestanten mit Dauerarrest von bis zu einer Woche können höchstens die Stufe Zwei erreichen). In der Stufe Eins ist den Arrestanten die Teilnahme an allen innerhalb und außerhalb der JAA stattfin- 11 denden Maßnahmen gestattet. Außerdem werden kleine Vorzüge wie der Besitz ansonsten nicht erlaubter Gegenstände gewährt, zum Beispiel ein Radio Das Erreichen der Stufe Drei ist lediglich von unauffälligem Verhalten des Arrestanten abhängig . Lediglich bei grobem Fehlverhalten wird eine Höherstufung zunächst verwehrt. Die Einstufung in die nächsten Stufen ist von Tagespunktzahlen abhängig, die die Mitarbeiter des Vollzuges während ihrer Schicht, spätestens zum Schichtende verteilen. Die Punkte - maximal fünf - ergeben sich aus dem Verhalten der Arrestanten untereinander und gegenüber den Bediensteten, ihrer Beteiligung an Maßnahmen, Reaktionen auf Ansprachen und nicht zuletzt ihrer Ordnung und Sauberkeit. Der Vollzugsdienstleiter überprüft täglich die Ordnung und Sauberkeit in den Arresträumen und verteilt hierfür ebenfalls Punkte. Die Beurteilung durch verschiedene Mitarbeiter soll subjektive Eindrücke weitgehend ausgleichen und zu einer durchschnittlichen Bewertung führen. Die Punkte sind so zu vergeben, dass jeder Arrestant die Möglichkeit zur Höherstufung auch bei geringen Fähigkeiten hat. Die Arrestanten werden über die Einstufung täglich durch Aushang informiert und durch Ansprache auf Verbesserungsmöglichkeiten hingewiesen. Das Erreichen der nächsten Stufe und das Verbleiben darin sind weiterhin davon abhängig, dass eine Mindestpunktzahl über mehrere Tage erreicht wird. Unterschreiten der Mindestpunktzahl oder die Verhängung einer Hausstrafe führen zur Rückstufung mit der Möglichkeit, in die nächste Stufe wieder aufsteigen zu können. Unabhängig vom Stufenprogramm ist die Teilnahme an besonderen Angeboten und Maßnahmen wie Sport oder Soziale Trainingskurse. Für diese Maßnahmen muss aus erzieherischen Gründen auf das Stufenprogramm verzichtet werden. Zum Beispiel ist die Teilnahme an sportlichen Maßnahmen als Pflicht für die Arrestanten ausgestaltet (§ 16 JAVollzO). Soziale Trainingskurse dienen der Problembewältigung und deren Erfolg kann nicht von Wohlverhalten abhängig gemacht werden, sondern ist unter Umständen auch durch Zwang und die Verpflichtung zur Teilnahme durchzusetzen. 3. Stubendurchgang Jeweils am Donnerstag findet im Beisein des Vollzugsleiters, des Vollzugsdienstleiters und der Sozialarbeiterin ein Stubendurchgang statt. Dieser diente anfangs insbesondere der Erfassung von Schäden, der Einschätzung der Ordnung und Sauberkeit und zur Gewinnung von Erkenntnissen über bauliche oder vollzugliche Maßnahmen. Die Arrestanten verstanden den Durchgang schnell als eine Art Wettbewerb, begannen mit intensiver Reinigung und Aufräumen und freuten sich über Lob, wenn der Arrestraum ordentlich und sauber war. Sie strengten sich deshalb besonders an. Aus Ihrem Bemühen hat sich ein Wettbewerb mit der Vergabe von Punkten entwickelt. Die drei Arresträume mit den meisten Punkten erhalten am Wochenende unabhängig vom Stufenprogramm als Belohnung die Möglichkeit für eine weitere Freizeitmaßnahme wie das Betrachten eines Videos oder eine zusätzliche Freistunde. Hierauf müssen sich die „Sieger“ einigen. Dadurch, dass der Stubendurchgang kein ausschließlicher Bestandteil des Stufenprogramms ist, erhalten auch die Arrestanten mit einer Woche Dauerarrest die Möglichkeit zur Teilnahme unabhängig von ihrer sonstigen Einstufung im Stufenprogramm. Damit soll auch ihre Motivation im o. a. Sinne geweckt werden. § 11 JAVollzO Die Arrestanten werden zu Pflege- und Reinigungsarbeiten herangezogen. Die Arresträume sind ebenso wie Gemeinschaftsräume zu reinigen und in Ordnung zu halten. Die über die in den Arresträumen und gemeinsamen Reinigungsarbeiten hinausgehend geleisteten Stunden werden als gemeinnützige Stunden angeschrieben. Gelegentlich besteht 12 auch die Möglichkeit für gemeinnützige Arbeit außerhalb der JAA, zum Beispiel im Bauhof der Franckeschen Stiftungen, bei dem Amtsgericht Halle-Saalkreis und anderen öffentlichen Einrichtungen. Ob diese - freiwillig geleisteten - Stunden auf eventuelle Auflagen oder Weisungen angerechnet werden, entscheidet der erkennende Jugendrichter. Die Auswahl der Arrestanten für solche Arbeiten erfolgt im Rahmen des Stufenkonzepts bei Freiwilligkeit - gegebenenfalls nach entsprechender Motivation. Arrestanten, die zum wiederholten Male in einer Sache Arrest verbüßen, weil sie Auflagen immer noch nicht erfüllt haben, sind in der Regel von diesen Arbeiten ausgeschlossen. Ausbildende Maßnahmen oder Unterricht finden nicht statt. Arrestanten aus Halle und nächster Umgebung wird im Wege des Ausgangs die Teilnahme an laufenden Ausbildungsund Arbeitsmaßnahmen bei regelmäßiger Teilnahme ermöglicht. Allerdings wird in unregelmäßigen Abständen durch den Sozialen Dienst ein Sozialer Trainingskurs „Arbeit und Berufswelt“ als Bewerbungstraining angeboten. § 12 JAVollzO Die eigenen Bekleidungsgegenstände haben die Arrestanten in ihren Schränken in den Arresträumen ordentlich abzulegen. Arbeitskleidung wird zur Verfügung gestellt. Außerdem ist Bekleidung für bedürftige Arrestanten etwa im Falle polizeilicher Zuführung vorhanden. Das Essen wird durch jeweils zwei Arrestanten (die Küchenarbeiter) in Begleitung eines Mitarbeiters aus der Küche der benachbarten JVA Halle I abgeholt und in der Vorbereitungsküche ausgegeben. Rauchen ist den Arrestanten ab dem 16. Lebensjahr auf dem Hof und auf dem Arrestraum gestattet. Jeder Arrestant erhält bei Arrestantritt einen eigenen Aschenbecher für den Arrestraum , den er am Ende der Arrestzeit gereinigt wieder abzuliefern hat. Mitarbeiter des Vereins bieten etwa zweimal wöchentlich die Möglichkeit zum Einkauf von Zigaretten, Tabak, Getränken und Süßigkeiten an, welches die Arrestanten von Eigengeld bezahlen können. Die Ausgaben werden gesondert notiert und anschließend aus dem bei der Habe befindlichen Bargeld entnommen. Arrestanten ohne Geld sind vom Einkauf ausgeschlossen . Aufenthalt im Freien auf dem Hof der JAA wird täglich im Rahmen des Tagesplans und je nach Witterung gewährt. Im Sommer finden weitere Veranstaltungen im Freien statt. Am Wochenende können auch Freizeitarrestanten teilnehmen. Den Arrestanten steht im Arrestraum eine durch eine Tür abgetrennte Nasszelle mit Toilette, Waschbecken und Spiegel zur Verfügung. Außerdem können sie täglich zu bestimmten Zeiten die Gemeinschaftsduschen benutzen (außer mittwochs). § 16 JAVollzO Die JAA Halle verfügt mit einem kleinen Außengelände nur über eingeschränkte Sportmöglichkeiten . In den täglich stattfindenden Freistunden unter freiem Himmel besteht die Möglichkeit zur Nutzung einer stationären Tischtennisplatte. Durch den Verein der JAA wurden weitere Tischtennisplatten angeschafft und auf einem Teil des Dachbodens aufgestellt. Gelegentlich finden insbesondere an den Wochenenden Tischtennisturniere statt. In den Wintermonaten mietet der Verein der JAA regelmäßig eine in der Nähe der JAA gelegene Sporthalle an, die wöchentlich einmal genutzt werden kann. In den Sommermonaten ist die Nutzung eines in der Nähe gelegenen Sportplatzes der MLU Halle-Wittenberg möglich. Auch ist gegenüber der JAA ein öffentlicher „Bolzplatz“, der gelegentlich aufgesucht wird. 13 § 17 JAVollzO Die Aufnahmeuntersuchung bei Dauerarrestanten findet im Arztzimmer der JAA durch eine Ärztin der JVA Halle I statt. Der medizinische Dienst der JVA Halle I steht auch sonst während der Dienstzeiten für dringende Fälle zur Verfügung. Außerdem hat die JAA mit einem Arzt und einem Zahnarzt eine Vereinbarung getroffen, dass notfalls auch ohne die „Praxisgebühr “ dringende Behandlungen an Arrestanten durchgeführt werden können. Zur Nachtzeit und an den Wochenenden wird in Notfällen auf den notärztlichen Bereitschaftsdienst in Halle zurückgegriffen. Regelmäßig einzunehmende Medikamente werden den Arrestanten nur im Ausnahmefall überlassen, sondern in der Habe verwahrt und durch einen Mitarbeiter jeweils ausgehändigt. Arrestanten mit schweren, ärztlich bestätigten Entzugssymptomen aufgrund Betäubungsmittelkonsum werden entweder nicht aufgenommen oder bei späterer Feststellung in Unterbrechung des Arrestes entlassen. Einerseits besteht keinerlei Möglichkeit, die Entgiftungsphase ärztlich zu betreuen, noch sind derart abhängige Konsumenten durch die Mittel des Arrestvollzuges erzieherisch zu erreichen. Ähnliches gilt für Arrestanten mit schweren psychischen Beeinträchtigungen. Stellt sich während der Arrestvollstreckung heraus, dass ein Arrestant mit schweren Defiziten durch die Maßnahmen des Arrestvollzuges nicht zu erreichen ist, wird er - auch aus Verhältnismäßigkeitsgründen - in Unterbrechung des Arrestes entlassen. § 18 JAVollzO In der anstaltseigenen Bibliothek können die Arrestanten Bücher und Zeitschriften ausleihen . Die Ausleihzeiten sind festgelegt. Es gibt eine eigene Bibliotheksordnung. Einrichtung und Betrieb der Bibliothek ist insbesondere dem Sozialen Dienst überlassen, der grundsätzlich auch die Ausleihe überwacht. Der gemeinsame Büchertausch führt zur Empfehlung von Literatur unter den Arrestanten und der Beobachtung der Verhaltensweisen untereinander durch den Sozialen Dienst, wodurch Rückschlüsse auf eventuell erforderliche Hilfen möglich sind. Nach Möglichkeit unterstützt ein Arrestant den Sozialen Dienst. Die Motivation zum Lesen wird durch gelegentliche Buchvorlesungen einer ehrenamtlichen Mitarbeiterin mit anschließender Buchbesprechung gefördert. Regelmäßig werden gemeinsame Spielerunden angeboten, in denen die Arrestanten Gesellschaftsspiele kennen und spielen lernen. Sie können einige Spiele auch in die Arrestzellen mitnehmen und bei gemeinschaftlicher Unterbringung mit anderen nutzen. Nach dem Abendessen wird den Arrestanten bis zum Einschluss das Betrachten von Fernsehsendungen oder Videofilmen im Fernsehraum angeboten. Durch den Verein der JAA und den Sozialen Dienst werden weitere Angebote wie Grillabende , Fahrradausflüge, Museums- und Ausstellungsbesuche organisiert. Nach Neueröffnung der Gedenkstätte „Roter Ochse“, die unmittelbarer Nachbar der JAA Halle ist, werden regelmäßig deren Ausstellungen mit den Arrestanten besucht. § 19 JAVollzO Seelsorge im engeren Sinne wird durch die Arrestanten nicht nachgefragt. In der Umgebung der JAA Halle sind mehrere Kirchen. Im Bedarfsfalle kann Ausgang zum Besuch eines Gottesdienstes gewährt werden. Ein ehrenamtlicher Mitarbeiter mit religiösem Hintergrund bietet wöchentlich zweimal Gesprächsmöglichkeiten an. Die Gespräche sind vertraulich und werden durch die Arrestanten rege genutzt, um ihre Befindlichkeiten unbefangen darstellen zu können. Religiöse Einflussnahme findet nicht statt. 14 § 20 JAVollzO Besuche von Angehörigen oder Mitarbeitern von Hilfseinrichtungen (Heimerzieher; Jugendgerichtshilfe ) werden in der JAA Halle nur bei erzieherischer Notwendigkeit gestattet, etwa zur Wiederherstellung gespannter Familienbeziehungen oder zur Regelung unaufschiebbarer Angelegenheiten. Ansonsten sollen die erzieherischen Möglichkeiten des Arrestes ohne direkte Einflussnahme oder Ablenkung von außen umgesetzt werden. Schriftverkehr ist uneingeschränkt zugelassen. Dadurch soll auch zum Schreiben angeregt werden. Jeweils Mittwochabends besteht die Möglichkeit, für ein kurzes Telefonat ein Kartentelefon zu nutzen. Telefonkarten können in der JAA im Rahmen des Einkaufs erworben werden. § 21 JAVollzO Ausgang wird gewährt zur Teilnahme an laufenden Ausbildungen, für Arztbesuche und zur Wahrnehmung unaufschiebbarer Behördentermine. § 22 JAVollzO Schonende Durchsuchungen finden bei der Aufnahme statt. Auch bei den wöchentlichen Stubendurchgängen werden neben Begutachtung von Sauberkeit und Ordnung stichprobenartig die Sachen der Arrestanten durchsucht. Von Sicherungsmaßnahmen wird generell zurückhaltend Gebrauch gemacht. Zunächst ist mit Mitteln der Ansprache und Motivation, gegebenenfalls sogar mit Arrestunterbrechung zu reagieren. Den Arrestanten, die durch Bemalen oder durch Zerkratzen von Wänden oder Möbeln auffallen , werden insbesondere die Schreibutensilien abgenommen. Eine Absonderung von anderen Arrestanten geschieht durch Einzelunterbringung, Einzelfreistunde und Ausspeisung im Arrestraum. Ein besonders gesicherter Arrestraum ist nicht vorhanden. § 23 JAVollzO Auch von Hausstrafen wird nur in besonderen Ausnahmefällen Gebrauch gemacht. Besonders der Ausschluss von gemeinschaftlichen Veranstaltungen ist den meisten Arrestanten unangenehm und zeigt die gewünschte Wirkung. Die Hausstrafen sollen so schnell wie möglich verhängt und vollstreckt werden. § 24 JAVollzO In der Bibliothek ist für schriftliche Eingaben ein Kasten aufgehängt, zu dem nur der Vollzugsleiter einen Schlüssel hat. Außerdem können die Arrestanten den Vollzugsleiter während seiner Anwesenheit jederzeit um ein Gespräch bitten. Schriftliche Eingaben sind auch sonst dem Vollzugsleiter unverzüglich vorzulegen. § 25 JAVollzO Die Arrestanten werden zum Antritt der Vollstreckung von Dauerarrest jeweils montags zwischen 08.00 Uhr und 10.00 Uhr geladen und entsprechend montags früh entlassen. 15 Freizeitarrest wird am Freitagnachmittag zwischen 14.00 Uhr und 17.00 Uhr angetreten, um den veränderten Arbeits- und Ausbildungszeiten sowie Freizeitverhalten und den Verkehrsverhältnissen gerecht zu werden. Da in der JAA Halle Arrest für das ganze Land SachsenAnhalt vollstreckt wird, soll insbesondere den Arrestanten mit weiten Wegen durch Entlassung am Sonntagabend die Teilnahme an Arbeit oder Ausbildung am Montag ermöglicht werden. § 26 JAVollzO Die Vorbereitung einer Nachsorge ist insbesondere aufgrund der Kürze mancher Arrestvollstreckung ein zentraler Punkt der Problembewältigung als Ziel des Arrestvollzuges. Bereits im Eingangsgespräch mit dem Betreuer oder in den Gesprächen mit dem Sozialen Dienst sollen solche Fürsorgemaßnahmen erkannt und anschließend gemeinsam mit dem Arrestanten vorbereitet werden. Die Kontaktaufnahme mit den entsprechenden Stellen. geschieht in der Regel telefonisch Der Arrestant wird zur Entlassung noch einmal zur Wahrnehmung von Terminen oder zur Antragstellung ermuntert. Gegebenenfalls nehmen Betreuer oder sonstige Mitarbeiter von Hilfseinrichtungen die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme während der Arrestvollstreckung durch einen Besuch wahr. Da Arrestanten aus dem ganzen Lande Sachsen-Anhalt in der JAA Halle aufgenommen werden und insbesondere bei Vorführungen häufig nicht über finanzielle Mittel zur Bezahlung öffentlicher Verkehrsmittel verfügen, werden ihnen Fahrgutscheine vermittelt. § 27 JAVollzO Den Schlussbericht fertigt nach Arrestvollstreckung der jeweilige Betreuer, in Einzelfällen der Soziale Dienst in Absprache mit dem Betreuer. Das Betreuungssystem lässt aufgrund der Kenntnis des Betreuers eine genaue Einschätzung der Persönlichkeit, der Probleme und der Fortschritte bei der Problembewältigung sowie der Wirkung des Arrestes zu. Jeder Schlussbericht wird durch den Vollzugsdienstleiter und den Vollzugsleiter geprüft und im Falle anderweitiger Erfahrungen und Erkenntnisse mit dem Betreuer besprochen und gegebenenfalls geändert. IV Ausblick Die Betreuungsangebote – insbesondere die aktiven Hilfsangebote - werden ständig den Gegebenheiten angepasst. Ein Konzept des Sozialen Dienstes als Standards für die soziale Arbeit im Jugendarrestvollzug ist in Vorbereitung. Unsere Erfahrungen zeigen die Wirksamkeit aktiver Hilfe bei der Problembewältigung. Das Ziel soll es daher sein, den Jugendarrestvollzug als einen sozialen Trainingskurs auszugestalten , in dessen Rahmen neben der Einzelfallhilfe insbesondere die soziale Kompetenz der Arrestanten gesteigert wird. Leider ist es auch in einer großen Stadt wie Halle kaum möglich, ehrenamtliche Mitarbeiter für die soziale Arbeit zu gewinnen. Vielfältige Pläne zur Verbesserung insbesondere der Hilfsangebote an Arrestanten liegen vor und warten auf Umsetzung. So ist die Einrichtung eines weiteren sozialen Trainings als Gruppenunterricht unter der Fragestellung „Warum bin ich hier?“ sowie die Ausweitung des Trainingskurses „Arbeit und Berufswelt“ in Planung. Weitere Angebote wie zum Beispiel Trainings „Umgang mit Behörden“ und „Umgang mit Rauschmitteln“ hängen von der Personalsituation des Sozialen Dienstes ab.