Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/3730 08.01.2015 (Ausgegeben am 12.01.2015) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Eva von Angern (DIE LINKE) Täter-Opfer-Ausgleich bei Jugendlichen und Heranwachsenden in SachsenAnhalt Kleine Anfrage - KA 6/8591 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Arbeit und Soziales Vorbemerkung: Der Täter-Opfer-Ausgleich (TOA) bei Jugendlichen und Heranwachsenden ist eine punktuelle Maßnahme innerhalb eines jugendstrafrechtlichen Verfahrens und in § 10 Abs. 1 Nr. 7 Jugendgerichtsgesetz (JGG) als eine mögliche richterliche Weisung geregelt . Das SGB VIII enthält keine vergleichbare Regelung als Instrument der Kinderund Jugendhilfe. Der TOA bei Jugendlichen und Heranwachsenden gehört in der Regel nicht zum Leistungsspektrum der Hilfen zur Erziehung nach § 27 ff SGB VIII. Insofern gehört er auch nicht zu den Sozialleistungen, die gemäß § 36 a SGB VIII vorrangig von der öffentlichen Jugendhilfe zu erbringen sind. Der JFMK-Beschluss vom 4./5. Juni 2009 trifft unter TOP 3.4 „Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe und Jugendgericht“ zum Täter-Opfer-Ausgleich für Jugendliche im Punkt 9 folgende Aussagen: „Der Täter-Opfer-Ausgleich hat sich zu einem wichtigen und sehr wirksamen Verfahren entwickelt, um der besonderen Situation des Opfers einer Straftat besser Rechnung tragen zu können und den Rechtsfrieden wieder herzustellen. Eine ähnliche Intention verfolgen Mediationsverfahren, die in der Jugendhilfe und in Schulen verstärkt eingesetzt werden, um Konflikte zu bearbeiten bzw. zu bewältigen. Die Jugend- und Familienministerinnen, -minister, -senatorinnen und -senatoren der Länder stellen allerdings fest, dass der Täter-Opfer-Ausgleich in der Regel nicht zum Leistungsspektrum der Hilfen zur Erziehung nach § 27 ff SGB VIII gehört. Insofern 2 gehört er auch nicht zu den Sozialleistungen, die gemäß § 36 a SGB VIII vorrangig von der öffentlichen Jugendhilfe zu erbringen sind. Die Ministerinnen, Minister, Senatorinnen und Senatoren halten einen weiteren Ausbau des Täter-Opfer-Ausgleichs für sinnvoll.“ Aus diesem Grund ist das Ministerium für Arbeit und Soziales bestrebt, die Möglichkeiten einer gemeinsamen Finanzierung des Täter-Opfer-Ausgleiches über ESFMittel durch das Ministerium für Justiz zukünftig sicherzustellen. Es bietet sich vor allem im Sinne eines hochwertigen Opferschutzes an, die Erfahrungen und die Qualität der Akteure des Erwachsenen-Täter-Opfer-Ausgleich auch für den Jugend-TäterOpfer -Ausgleich nutzbar zu machen. Durchgeführt wird der TOA in Sachsen-Anhalt überwiegend durch freie Träger oder die Jugendämter. Eine Datenerhebung seitens des Landes erfolgt insoweit nicht. Der Landesregierung liegen lediglich statistische Berichte des Landesverbandes für Straffälligen- und Bewährungshilfe Sachsen-Anhalt e. V. für die Jahre 2011 und 2012 vor. Damit können die nachfolgenden Fragen nur zum Teil beantwortet werden. 1. Wie viele Fälle des Täter-Opfer-Ausgleichs gab es in den Jahren 2011 bis heute bei Jugendlichen und Heranwachsenden in Sachsen-Anhalt? Bitte differenziert nach Jahren aufschlüsseln. Jahr Fälle nach JGG 2011 321 2012 348 Andere Informationen liegen der Landesregierung nicht vor. Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. 2. Durch wen, welche Stelle, welchem Träger bzw. Verein und in welcher ter- ritorialen Region (Stadt) wurde und wird in Sachsen-Anhalt in den Jahren 2011 bis heute der Täter-Opfer-Ausgleich bei Jugendlichen und Heranwachsenden realisiert? Bitte differenziert nach Jahren aufschlüsseln. 3. Welche Vereinbarungen und Wiedergutmachungsleistungen wurden nach Klärung der Vorfälle im Ergebnis der Ausgleichsgespräche vereinbart und abgeschlossen? 4. Wie schätzt die Landesregierung die Erfolgsquote bei Täter-Opfer-Aus- gleichsverfahren für Jugendliche und Heranwachsende im oben genannten Zeitraum ein? Bitte getrennt nach Jahren aufschlüsseln. Die in den Fragen 2 bis 4 erbetenen Informationen liegen der Landesregierung nicht vor. Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. 5. Wie und in welcher Höhe wurde und wird der Täter-Opfer-Ausgleich bei Jugendlichen und Heranwachsenden in den letzten vier Jahren finanziert? Direkt vom Land wurde bisher lediglich ein Träger finanziell i. H. v. jährlich 8.572,00 € in den letzten vier Jahren gefördert. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 3 6. Sind der Landesregierung Fälle bekannt, dass es in Regionen des Landes Sachsen-Anhalt aufgrund finanzieller Probleme bzw. Engpässe zukünftig kein Täter-Opfer-Ausgleich bei Jugendlichen und Heranwachsenden mehr durchgeführt werden kann? Wenn ja, welche und wo? Wie und mit welchen Maßnahmen wird die Landesregierung darauf reagieren? Es ist bisher ein Fall bekannt, in welchem sich das Jugendamt des Landkreises Börde aus der Finanzierung des TOA zurückzieht. Eine Durchführung des TOA ist gleichwohl möglich (siehe Antwort zu Frage 7). 6. Sollte die Frage unter Ziffer 6 mit „ja“ beantwortet werden, würde dies letztendlich bedeuten, dass Jugendrichterinnen und –richter in den betroffenen Regionen (Städten) keinen Täter-Opfer-Ausgleich für Jugendliche und Heranwachsende mehr aussprechen könnten? Den in den Vorbemerkungen erwähnten statistischen Berichten ist zu entnehmen , dass der Soziale Dienst der Justiz im TOA tätig wird, wenn an einem Standort kein freier Träger diesen durchführt oder unterstützende Hilfe notwendig wird. Ein TOA kann daher durch Jugendrichterinnen und –richter weiterhin ausgesprochen werden.