Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/3771 21.01.2015 (Ausgegeben am 22.01.2015) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Henriette Quade (DIE LINKE) Kenntnisse zur sogenannten „NSU/NSDAP“-CD Kleine Anfrage - KA 6/8612 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Der Landesregierung ist kein Datenträger mit dem Titel „NSU/NSDAP“ oder „NSDAP/NSU“ bekannt. Sie hat allerdings Kenntnis von der Existenz einer DVD und einer CD, die beide jeweils unter anderem zwei Dateien mit einem namentlichen Bezug zum so genannten „Nationalsozialistischen Untergrund“ enthalten. So enthält eine dieser Dateien die Formulierung „NSU/NSDAP“. Die andere Datei enthält die Formulierung „Nationalsozialistischer Untergrund der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei“. Diese DVD und diese CD waren bereits Gegenstand einer Befassung des Ausschusses für Inneres und Sport des Landtages von Sachsen-Anhalt in Bezug auf den Selbstbefassungsantrag 6/INN/65 der Landtagsfraktion DIE LINKE. Die Landesregierung geht somit davon aus, dass sich auch diese Kleine Anfrage auf diese beiden Datenträger bezieht. 1. Zu welchem Zeitpunkt und auf welche Weise haben welche Behörden des Landes Sachsen-Anhalt erstmals Kenntnis genommen oder erhalten von der Existenz eines Datenträgers mit dem Titel „NSU/NSDAP“ oder „NSDAP/NSU“? Der Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt erhielt aus einem Schreiben des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom 16. April 2014 erstmals Kenntnis von der Existenz eines Datenträgers, der die in der Vorbemerkung genannten Dateien enthielt. Das Landeskriminalamt Sachsen-Anhalt erfuhr hiervon erstmals aus 2 einem elektronischen Fernschreiben des Bundeskriminalamtes vom 16. April 2014. 2. Liegen der Landesregierung aus heutiger Sicht Anhaltspunkte dafür vor, dass ein entsprechender Datenträger bzw. Kopien und Auszüge hiervon sich im Besitz von Anhängern der rechten oder neonazistischen Szene in Sachsen-Anhalt befanden oder befinden bzw. in der Vergangenheit durch solche Personen verbreitet worden sind? Mit einer Pressemitteilung vom 2. Juni 2014 informierte das Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg die Öffentlichkeit darüber, dass Ende Februar 2014 eine von ihm geführte Vertrauensperson ihrem VP-Führer die in der Vorbemerkung genannte DVD übergeben habe. Ergänzend führte es in dieser Pressemitteilung aus: „Dem LfV Hamburg liegen dafür Anhaltspunkte vor, dass die DVD 2006 von der ehemaligen VP des BfV „Corelli“ an die Quelle des LfV versandt worden ist.“ Eigene Erkenntnisse, die die in der Fragestellung bezeichneten Anhaltspunkte ergeben könnten, liegen der Landesregierung nicht vor. 3. Auf wessen Anregung oder Anweisung, in welcher Weise und mit welchem Ergebnis ist überprüft worden, ob ein entsprechender Datenträger in der Vergangenheit in Sachsen-Anhalt jemals im Zuge von Exekutivmaßnahmen sichergestellt wurde oder Behörden auf andere Weise zur Kenntnis gelangt ist? 4. Auf wessen Anregung oder Anweisung, in welcher Weise und mit welchem Ergebnis haben Behörden des Landes Sachsen-Anhalt selbst überprüft oder waren an einer entsprechenden Überprüfung durch welche anderen Stellen beteiligt, ob und inwieweit Anhaltspunkte dafür existieren, dass Inhalte des Datenträgers - womöglich auch nur zum Teil - auf Urheber zurückgeführt werden können, bei denen es sich um in SachsenAnhalt wohnhafte oder hier im Zusammenhang mit der rechten oder neonazistischen Szene aktive Personen handelt? Mit dem in der Antwort zu Frage 1 genannten Schreiben des Bundesamtes für Verfassungsschutz wurde der Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt gebeten, zu prüfen, ob der betreffende Datenträger im eigenen Arbeitsbereich bekannt ist, die beschriebenen Dokumente (ein Bild und ein Begleitschreiben) bekannt sind, Erkenntnisse zu einer Gruppierung „NSU/NSDAP“ vorliegen und es möglicherweise Erkenntnisse zu dem Ersteller des Datenträgers und/oder dem Verfasser des Begleitschreibens gibt. Eine inhaltsgleiche an das Landeskriminalamt Sachsen-Anhalt gerichtete Erkenntnisanfrage enthält das in der Antwort zu Frage 1 genannte Fernschreiben des Bundeskriminalamtes. Die Koordinierungsgruppe TRIO des Landeskriminalamtes Sachsen-Anhalt hatte daraufhin neben der Staatsschutzabteilung des Landeskriminalamtes auch alle weiteren polizeilichen Staatsschutzdienststellen mit einer entsprechenden Prüfung beauftragt. 3 Die durchgeführten Prüfungen der vorhandenen Akten und die erfolgten Quellenbefragungen ergaben, dass bis zum Zeitpunkt der Übersendung der in der Antwort zu Frage 1 genannten Schreiben weder dem Verfassungsschutz Sachsen -Anhalt noch der Polizei des Landes Sachsen-Anhalt der betreffende Datenträger oder die beschriebenen Dokumente bekannt waren. Erkenntnisse, ob Inhalte auf diesem Datenträger auf die Urheberschaft von in Sachsen-Anhalt wohnhaften oder hier im Zusammenhang mit der rechten oder neonazistischen Szene aktiven Personen zurückzuführen sind, lagen der Landesregierung zum damaligen Zeitpunkt und liegen ihr auch derzeit nicht vor. Im Zuge der bundesweit geführten Ermittlungen erging seitens des Generalbundesanwaltes beim Bundesgerichtshof mit Schreiben vom 17. Oktober 2014 ein weiterer Ermittlungsauftrag an das Landeskriminalamt Sachsen-Anhalt. Die von der Koordinierungsgruppe TRIO des Landeskriminalamtes daraufhin veranlasste Prüfung ergab, dass die Polizei des Landes Sachsen-Anhalt einen entsprechenden Datenträger weder im Zuge von Exekutivmaßnahmen noch auf andere Weise aufgefunden hat oder ihr ein solcher bekanntgeworden ist.